Sozialpsychologie 2
FS25
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Kartei Details
Karten | 117 |
---|---|
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Psychologie |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 16.06.2025 / 16.06.2025 |
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Anwendungsgebiete der Sozialpsychologie (Auswahl)
1) Gesundheit
2) Politik
3) Personal und Führung
4) Nachhaltigkeit und Umweltschutz
5) Organisationen
6) Mobilität und Verkehrspsychologie
7) Marketing
8) Digitalisierung
9) Rechtsprechung
Definition Urteilsheuristiken
Urteilsheuristiken sind einfache „Faustregeln“, die auf leicht zu erhaltende Informationen angewendet werden und unter geringem Verarbeitungsaufwand ein hinreichend genaues Urteil erlauben.
- Leicht zu verarbeitende Informationen = heuristische Hinweisreize
- Kein perfekter Zusammenhang zwischen Hinweisreizen und Realität und tatsächlicher Ausprägung = Systematische Urteilsverzerrungen (Biases)
Verhaltensökonomie: Wertfunktion als Grundlage
Prospect-Theorie als Grundlage
- Auf Basis der Prospekt-Theorie von Kahneman & Tversky (1979) werden einige Besonderheiten der menschlichen Wahrnehmung und Entscheidung beschrieben und erläutert. Die Theorieentwicklung basiert auf der Beobachtung, dass das tatsächliche menschliche Verhalten von dem Verhalten, welches auf Basis eines rationalen Verhaltens erwartet würde, abweicht. Die Prospekt-Theorie ist in diesem Sinne das Gegenstück zur rationalen ökonomischen Entscheidungstheorie.
- Im Zentrum der Prospekt-Theorie steht die Wertfunktion. Die Wertfunktion stellt anhand der Gegenüberstellung von subjektivem Wert und objektivem Gewinn oder Verlust dar, wie Werte von Menschen wahrgenommen werden.
Framing: Wertfunktion
Beispiel Geld (Abnehmende Grenznutzen): Wenn man bereits 2 Millionen hat, sind 10 Tausend nicht so wichtig, aber wenn man 0 Franken hat, sind 10 Tausend sehr viel.
–> Wir beurteilen alles auf Basis eines Referenzpunktes (Framing)
–> Zudem wirken Verluste stärker als Gewinne = wenn man 10.– verliert, tut es sehr weh, aber wenn man 10.– wieder finden würde, würde es den Verlust nicht wegmachen (das negative Gefühl kann nicht aufgehoben werden) –> evolutionsbiologisch bedingt –> wir wollen Ding behalten, die wir haben
Erklärung Verlustaversion und Besitztumseffekt
- Menschen ist es unangenehmer etwas zu verlieren, als dass es angenehm ist, etwas zu gewinnen.
- Dieses Phänomen nennt sich Verlustaversion und lässt sich ebenfalls auf die Erkenntnisse der Prospekt-Theorie zurückführen.
- Verlustaversion führt zu Trägheit und dazu, dass Menschen Dinge behalten, die sie bereits besitzen. So zeigt sich die Verlustaversion u.a. im Besitztumseffekt. Menschen neigen dazu, Dinge, die sie bereits besitzen nur ungern wegzugeben.
Ein quasi-Besitz wird beispielsweise durch Default-Optionen in Bestellformularen erzeugt.
Verhaltensökonomie: Mental accounting
Erklärung
Mit mentaler Buchführung oder "mental Accounting" wird eine Gruppe von kognitiven Regeln bezeichnet, die Menschen anwenden, wenn sie ihre finanziellen Aktivitäten organisieren, bewerten und kontrollieren (R. H. Thaler, 1985).
Menschen benutzen mentale Buchführungssysteme um Übersicht über ihre finanziellen Aktivitäten zu erhalten und ihre Ausgaben unter Kontrolle zu behalten. Für die verschiedenen
Konten stehen unterschiedliche Budgets zur Verfügung. Aus Sicht des Marketings kann es beispielsweise sinnvoll sein, ein Produkt so zu positionieren, dass der Kauf des Produkts eher einem Konto zugeordnet wird, dem mehr Budget zugeordnet wird (z.B. Luxusgut versus Gewohnheitsgut).
Beispiel
- Sie wollen heute Abend ins Kino. Sie haben aber heute morgen die Eintrittskarte im Wert von 20 CHF verloren. Kaufen Sie sich nochmals ein Ticket? (Gruppe vorne)
- Sie wollen heute Abend ins Kino. Sie haben aber heute morgen 20 CHF verloren. Kaufen Sie sich ein Ticket? (Gruppe hinten)
–> Bei der 1. Gruppe ist es sehr viel unwahrscheinlicher, dass sie nochmals ein Ticket kaufen
–> wie Kategorisieren, so auch Einnahmen und Ausgaben = mentales Konto
Erklärungen der Nutzung von Heuristiken
Bedingungen der Anwendung von Urteilsheuristiken
Urteilsheuristiken werden in Abhängigkeit von bestimmten Bedingungen flexibel angewendet:
- Wichtigkeit der Urteilsaufgabe /Persönliche Relevanz der Urteilsaufgabe
- Zur Verfügung stehende zeitliche oder kognitive Ressourcen
- Angemessenheit der Aufgabe (Fähigkeit)
Achtsamkeit und Gedankenlosigkeit
Nutzung von Technologie und Achtsamkeit
–> Video
Definition Achtsamkeit
Achtsamkeit ist eine bestimmte Form der Aufmerksamkeitslenkung, bei der die Aufmerksamkeit in absichtsvoller und nicht wertender Weise auf den gegenwärtigen Moment gerichtet wird.
Zwei zentrale Komponenten der Achtsamkeit aus psychologischer Perspektive:
- Selbstregulation der Aufmerksamkeit auf die Erfahrung im Hier und Jetzt
- Einnahme einer offenen und akzeptierenden Haltung
Definition Achtsamkeit - Jon Kabat-Zinn –> Video
Grundlagen der Achtsamkeit
Arten der Achtsamkeit:
- Achtsamkeit als Persönlichkeitseigenschaft (Trait)
- Achtsamkeit als Zustand (variierend zwischen Situationen) (State)
- Achtsamkeit als Fähigkeit (Skill)
Verwandte Konzepte:
- Objektive Selbstaufmerksamkeit
- Need for Cognition
Definition Gedankenlosigkeit und Achtsamkeit nach Langer
Gedankenlosigkeit ist die rigide Nutzung von Informationen ohne Beachtung möglicher neuer Aspekte, Details oder alternativer Betrachtungsweisen.
Achtsamkeit ist ein flexibler geistiger Zustand, in welchem Personen sich aktiv mit der Gegenwart beschäftigen, neue Dinge bemerken und kontextsensitiv sind.
Definition Mindlessness - Ellen Langer –> Video
Zentrale Forschungserkenntnisse aus der sozialpsychologischen Achtsamkeitsforschung
Auswirkungen von Achtsamkeit:
- Grössere Kontrolle automatischer und unbewusster Impulse.
- Generell höhere Lebenszufriedenheit und Optimismus (Fragebogenstudien)
- Positiver Einfluss auf den Selbstwert (experimentelle Studien)
- Negative Auswirkung auf «Mitleiden», positiver Einfluss auf die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme und den generellen Empathielevel (nach acht Wochen Achtsamkeitstraining)
- Erhöhte Fähigkeit zur Emotionsregulation
- Toleranz in sozialen Beziehungen.
Negative Auswirkungen der Achtsamkeitsmeditation
- Unerwünschte Nebenwirkungen von Achtsamkeitsübungen: Angstzustände, verändertes Selbsterleben
- Selbsterhöhung durch Meditation
Gerechtigkeitstheorien – Gerechtigkeit Definition
In der Moderne akzeptieren alle Konzeptionen der Gerechtigkeit als gemeinsame Grundnorm die prinzipiell gleiche Würde aller Menschen. Damit tritt die Gerechtigkeit in eine enge und spannungsvolle Beziehung zur Gleichheit. Die neueren Auseinandersetzungen drehen sich hauptsächlich um die distributive Gerechtigkeit, also die Regel der gerechten Verteilung von Gütern und Lasten des sozialen Zusammenlebens.
Funktionen:
- Instrumentell (dass man überhaupt miteinander arbeiten kann, z.B. Lohn)
- Relational (bestimmt unsere relationalen Beziehungen)
- Moralisch
- Ungerechtigkeitssensibilität
- Gerechtigkeitsheuristik
- Integrativ
Anwendungskontexte: Arbeitsplatz, Familie, Politik, Gesellschaft, …
Dimensionen der Gerechtigkeit
- Distributive Gerechtigkeit
- Prozedurale Gerechtigkeit
- Informationale Gerechtigkeit (wird nicht behandelt)
- Interpersonale Gerechtigkeit (wird nicht behandelt)
Vier Prinzipien distributiver Gerechtigkeit
1. Beitragsprinzip oder Leistungsprinzip = Aufteilung gebunden an Voraussetzungen (Leistungen, Aufwendungen, Investitionen für gemeinsame Leistung).
2. Gleichheitsprinzip = Aufteilung ohne Abklärung personenspezifischer Beiträge.
3. Bedürfnisprinzip = Aufteilung gebunden Bedürftigkeit oder situative Umstände (unverschuldete Not-, Zwangs- oder Krisenlage)
4. Anrechtsprinzip = Die Aufteilung richtet sich nach dem sozialen Status
Probleme der Festlegung bei der distributiven Gerechtigkeit
- Leistungsmessung
- Kontextabhängigkeit
- Soziale Vergleichsprozesse
- Selbstwertdienliche Attribution
- Persönlicher Vorteil
- Persönliche Motive
Austauschbeziehungen
Anwendungsbereiche: Überblick
- Ökonomischer Austausch
- Enge Sozialbeziehungen
- Hilfeverhalten
- In der Praxis kombinieren Menschen Verteilprinzipien.
Ökonomischer Austausch
Austauschrelevante Ergebnisse:
- Lohn, Beförderung, Statusinsignien, etc.
Kompensationstheorie:
- Unterbezahlung = Reduktion der Leistung
- Überbezahlung = Beitragserhöhung
–> Beispiel: Lohngerechtigkeit
Enge Sozialbeziehungen
Austauschrelevante Ergebnisse:
- Verständnis, emotionale Unterstützung, Sexualität, materielle Sicherheit, etc.
Probleme bei der Anwendung der Austauschtheorie auf enge Sozialbeziehungen:
- Unterschiedliche Zeitperspektive
- Schwierigkeit der Messung der Beiträge und Erträge
Hilfeverhalten
Kompensatorisches Helfen:
- Die helfende Person will eine Unausgewogenheit ausgleichen.
Auslöser: Beobachtete Hilfsbedürftigkeit
Reaktion der Hilfeempfänger:
- Wiedergutmachung
- Abwertung der Wohltäter
Verfahrensgerechtigkeit: Prozedurale Gerechtigkeit
Distributive versus prozedurale Gerechtigkeit: Fairness, Angemessenheit oder soziale Akzeptanz von Verfahren der Ergebnisfindung
Grundlagen:
- Menschen sind nicht nur am Ergebnis einer Entscheidung interessiert, sondern auch daran, wie sie zu Stande gekommen ist
- Akzeptanz ist höher, wenn Menschen Einfluss auf den Prozess nehmen können.
Anwendungsbeispiele
- Entwicklung in Gemeinden und Quartieren
- Change Management in Organisationen
- Schlichtungsverfahren
Interpersonale Attraktion
Arten von Beziehungen
- Eltern-Kind-Beziehung
- Paarbeziehung und Ehe
- Geschwisterbeziehungen
- Verwandtschaftsbeziehungen
- Freundschaft
- Bekannte
Gründe für das schliessen von Freundschaften / Partnerschaften
- Unterstützung (emotional, finanziell, materiell, sexuell)
- Ähnlichkeiten (Bestätigung der eigenen Identität)
Paarbeziehungen
Im sozialpsychologischen Sinne sind Partnerschaften und Ehe sexuelle und und soziale Gemeinschaften. Normalerweise ist die Bindungsbeziehung zwischen Lebenspartnern symmetrisch: Die Partner geben und erhalten gegenseitig Trost und Unterstützung.
Die Bindungsstile, die Menschen in Paarbeziehungen zeigen, können in drei Kategorien eingeteilt werden (z.B. Hazan und Shaver 1987).
(1) sicher, (2) ängstlich/ambivalent und (3) vermeidend
Dabei sind etwa 60 % der Erwachsenen in Paarbeziehungen sicher gebunden und je 20 % ängstlich/ambivalent und vermeidend.
Die sozialpsychologische Forschung zu Paarbeziehungen weist für homo- und heterosexuelle Paare vergleichbare Befunde auf.