M10
Allgemeine und spezielle Krankheitslehre psychischer Erkrankungen
Allgemeine und spezielle Krankheitslehre psychischer Erkrankungen
Set of flashcards Details
Flashcards | 50 |
---|---|
Language | Deutsch |
Category | Psychology |
Level | University |
Created / Updated | 15.03.2022 / 03.08.2024 |
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Diagnostik
Differentialdiagnostische Abgrenzung depressiver Störungen von:
- Bipolaren u. schizoaffektiven Störungen
- Normalen u. komplizierten Trauerreaktionen
- Depressiven Syndromen (als indirekte Folge körperlicher Erkrankungen oder Einnahme psychotroper Substanzen)
Beachte: Klassifikatorisch zentrale Symptome müssen für Betroffene nicht notwendigerweise vordergründig sein
->Zentral können u.a. auch Schlafstörungen oder körperliche Beschwerden sein
Ätiologie der Depression
Schutzfaktoren (Salutogene Faktoren):
- Intaktes soziales Netz
- Erleben von positiven Beziehungen
- Guter Gesundheitszustand
- Mobilität, Unabhängigkeit, Autonomie
- Keine finanziellen Probleme
- Guter körperlicher Zustand
- Höherer Bildungsgrad
- Erfahrung von Zuwendung in der Kindheit
Faktoren des Lebensstils (z. B. Bewegung, Ernährung, Stressbewältigung)
Psychologische Faktoren (z. B. Eigenverantwortung, Motivation)
Zugang zu gesundheitsrelevanten Leistungen (z. B. Krankenversorgung, Bildungs- und Sozialeinrichtungen)
Ätiologie der Depression
Risikofaktoren (pathogene Faktoren)
- Weiblich
- Familienstand (ledig, geschieden, verwitwet)
- niedriger sozioökonomischer Status (geringes Einkommen, Armut, Arbeitslosigkeit, soziale Isolation)
- Belastende Lebensereignisse/ Stress
- niedrige Bildung
- Stadt > Land
- Körperliche Erkrankungen (Diabetes, Myokardinfarkt, Krebs, Schlaganfall u.a. Risiko von 20-25% für Depression während Krankheitsverlauf)
Ätiologie der Depression
- Genetisch
- Biologisch
- Psychosozial
- Psychologische Konstrukte
- z.B. Zwillingsstudien; Konkordanz bei MZ etwa 50%, bei DZ 10-25%
- Dysregulation von Neurotransmittern (Noradrenalin, Serotonin, Dopamin); neuroendokrine Veränderungen; abnorme Schlafmuster; Störungen des circadianen Rhythmus
- kritische Lebensereignisse und Stressfaktoren; bedeutsame Ereignisse vor allem bei den ersten Episoden und weniger bei späteren Episoden; Verlust eines Elternteils vor dem 11. Lj/ broken home; Verlust des Ehepartners
- Verstärkerverlust; erlernte Hilflosigkeit, dysfunktionale Kognitionen
Behandlung: Biologisch orientierte Ansätze
Psychopharmakotherapie: am häufigsten zum Einsatz kommende Behandlung
SSRIs mittlerweile am häufigsten verschrieben -> Lösten trizyklische Antidepressiva aufgrund des günstigeren Nebenwirkungsprofils ab
Nachteile:
- Compliance-Probleme bzgl. der Medikamenteneinnahme
- Nach Absetzen der Medikamente nur eingeschränkter Schutz vor Rückfällen
Behandlung: Biologisch orientierte Ansätze
Alternativen zu Psychopharmaka
- Elektrokonvulsionstherapie (EKT): bei schweren u. therapieresistenten Depressionen
- Neurostimulationsverfahren: Stimulation depressionsrelevanter Kerngebiete über im Gehirn implantierte Elektroden
- Ketamin
- Transkranielle Magnetstimulation (TMS)
- Lichttherapie (bei SAD)
- Wachtherapie
- Sport
Verhaltenstherapie bei Depressionen
Zentrales Element: Steigerung der Rate positiver Aktivitäten und Erlebnisse (aufbauend auf Verstärker-Verlust-Modell):
- Erarbeitung von Aktivitäten zur positiven Beeinflussung der Stimmung (z.B. Liste positiver Aktivitäten)
- Erstellung von konkretem Plan zur Integration positiver Aktivitäten in den Alltag
- strukturierter Tagesablauf; beginnend mit kleinen Aktivitäten zur Erfolgssicherung: Systematische und nachhaltige Umsetzung des erstellten Plans
- Stärkung sozialer, kommunikativer, emotionaler u./o. Problemlöse-Kompetenzen mit Blick auf Relevanz interpersonaler Verstärker
- Intensive Berücksichtigung positiver interpersonaler Erfahrungen und körperlicher Aktivität
- Verbesserung der Selbstverstärkungskompetenzen der Patienten
- Erarbeitung des Zusammenhangs zwischen Verhalten und emotionalem Erleben (z.B. Tagebuch)
- Versuch, systematische Zusammenhänge zwischen Art der Aktivität und Stimmung zu identifizieren
Vergleichsweise einfache Grundidee und Vorgehen von behavioraler Aktivierung
Vorteilhaft v.a. für schwer beeinträchtigte Patienten
Besondere Herausforderung: Eindruck von monotonem „schlecht fühlen“ -> Schwierigkeiten, Zusammenhang zwischen Verhalten und Stimmung zu erkennen
KVT (kognitive Verhaltens-Therapie): Integration behavioraler und kognitiver Vorgehensweisen
Elemente eines typischen KVT-Therapieprogramms: Dreieck aus Handeln - Denken - Fühlen
- Diagnostik, Psychoedukation u. Beziehungsaufbau
- Herleitung des therapeutischen Rationals (Modell der „depressiven Spirale“)
- Aufbau positiver Aktivitäten
- Bedarfsweise: Training notwendiger Kompetenzen
- Kognitive Umstrukturierung
- Rückfallprophylaxe
Modell der depressiven Spirale
- Gefühle von Niedergeschlagenheit, keine Lust etwas zu tun
- Es gibt keine positiven Erlebnisse im Alltag
- Die Stimmung wird immer schlechter, man macht nur noch das nötigste
- Es gibt nichts mehr, an dem man sich freuen kann
- Die Stimmung ist auf dem Nullpunkt, es ist einem alles zu viel
Beck: Kognitives Modell der Depressionsentstehung
Negative Triade pessimistische Sichtweisen von sich selbst, der Welt und der Zukunft
Negative Schemata oder Überzeugungen, die durch negative Lebenserfahrungen ausgelöst werden (z.B. Unfähigkeit, Schuld, Perfektionismus) steuern Wahrnehmung
Kognitive Verzerrungen (Denkfehler) steuern Bewertung und damit Gefühle
--> Depression
Beck: Kognitive Verzerrungen/ Denkfehler
- Willkürliche Schlussfolgerungen
- Selektive Abstraktion: Misserfolge, Fehler und Schwächen werden selektiv verallgemeinert
- Übergeneralisierung: Wenn es einmal so war, dann wird es immer so sein
- Magnifizierung oder Minimierung
- Übertriebenes Verantwortungsgefühl: Ich bin für jedes Problem verantwortlich
- Personalisierung: Alles (Negative) hat mit mir zu tun
- Katastrophisieren: Denke immer an das Schlimmste
- Absolutes, dichotomes Denken: Es gibt nur gut oder schlecht, schwarz oder weiss
Bipolare Störungen: Störungsbild
- Wiederholte Episoden deutlich beeinträchtigter Stimmung u. Veränderungen im Aktivitätsniveau (Stimmungs- u. Aktivitätsauslenkungen)
- Depressive oder (hypo-)manische Auslenkungen mit starker Variation in Häufigkeit und Reihenfolge
- Verlauf i.d.R. chronisch
Manische Episoden
- Mindestens 1 Woche abnorme, anhaltend gehobene, expansive oder reizbare Stimmung
- Übersteigertes Selbstgefühl, Größenideen, vermindertes Schlafbedürfnis, gesprächig/Rededrang, Ideenflucht/Gedankenrasen, erhöhte Ablenkbarkeit, psychomotorische Unruhe, übermäßige Beschäftigung mit angenehmen Aktivitäten
- deutliche Beeinträchtigung (Beruf; soziale Aktivitäten; Beziehungen) oder Hospitalisierung zur Abwendung von Selbst-und Fremdgefährdung notwendig, oder psychotische Symptome vorhanden
- Nicht auf organische Krankheit, Drogen, sonstige Substanzeinwirkung rückführbar (auch nicht: rein Antidepressiva induziert
Bipolare Störungen: Symptome (nach ICD-10)
Manie
Die Stimmung ist situationsadequat gehoben und kann zwischen sorgloser Heiterkeit und fast unkontrollierbarer Erregung schwanken. Die gehobene Stimmung ist dabei von vermehrten Antrieb und mehreren weiteren Symptomen, besonders Rededrang, vermindertes Schlafbedürfnis, Größenideen und übertriebenen Optimismus begleitet. Die Episode dauert wenigstens eine Woche und ist schwer genug, um die berufliche und soziale Funktionsfähigkeit mehr oder weniger vollstänig zu unterbrechen.
Bipolare Störungen: Symptome (nach ICD-10)
Hypomanie
Die Hypomanie ist eine leichtere AUsprägung der Manie. Die Stimmung ist anhaltend leicht gehoben.Weitere Symptome sind unter anderen gesteigerter Antrieb und Aktivität, ein auffallendes Gefühl von Wohlbefinden und körperlicher und seelischer Leistungsfähigkeit, gesteigerte Geselligkeit und Gesprächigkeit und ein vermindertes Schlafbedürfnis. Diese Symptome sind nicht so stark ausgeprägt, dass sie zu einem Abbruch der Berufstätigkeit oder zu sozialer Ablehnung führen Die Episode sollte wenigstens einige Tage andauern.
Kennzeichen psychischer Störungen
Besonderheiten in Bereich von..
- Emotionen (z.B. ängstlich, verzweifelt, bedrückt etc.)
- Denken (z.B. unlogische Gedankenketten – formal; wahnhaft, unrealistisch negativ)
- Verhalten (aggressiv, verlangsamt, wiederholtes Händewaschen)
- Körperliche Funktionen und Empfindungen (müde, kurzatmig, Herzrasen)
Kennzeichen psychischer Störungen
Besonderheiten definiert durch...
- Devianz (abweichend von stafsfscher oder gesellschaglicher Norm, d.h. anders, extrem, ungewöhnlich, bizarr)
- Leidensdruck (belastend und unangenehm)
- Beeinträchtigung (störend bis hin zur Unfähigkeit, alltägliche Handlungen konstruktiv zu verrichten)
- Gefährdung (sich selbst oder andere)
Psychische Störungen (APA, 2000)
„... ein klinisch bedeutsames Verhaltens- oder psychisches Syndrom oder Muster, das mit momentanem Leiden (z.B. einem schmerzhaften Symptom) oder einer Beeinträchtigung (z.B. Einschränkung in einem oder mehreren Funktionsbereichen) oder einem erhöhtem Risiko zu sterben einhergeht. Unabhängig von dem ursprünglichen Auslöser sollte eine verhaltensmäßige psychische oder biologische Funktionsstörung bei der Person zu beobachten sein.“
Symptom
Merkmal einer Störung, kleinste beschreibbare Untersuchungseinheit in der Klinischen Psychologie bzw. Medizin
Spezifische / obligate (= Kern- oder Leitsymptome)
Unspezifische / fakultative (= akzessorische Symptome)
Spezifische/ obligate (= Kern- oder Leitsymptome)
- Stimmenhören: kommentierende oder dialogische Stimmen
- Intrusionen: unwillkürliche, belastende Erinnerungen
- Kontrollverlust beim Essen/Trinken
Unspezifische/ fakultative (= akzessorische Symptome)
- Grübeln: bei Depressionen, Angststörungen, Persönl.-störungen
- Sozialer Rückzug: bei vielen psych. Störungen
- Schlafprobleme: bei fast allen psych. Störungen
Im Rahmen der Diagnostik sollen folgende Faktoren erfasst werden
- Prädisponierende Faktoren
- Auslösende Faktoren
- Aufrechterhaltende Faktoren
Prädisponierende Faktoren
Faktoren, die eine erhöhte Vulnerabilität für eine psychische Erkrankung bedingen.
- Genetische Disposition
- Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen
- Frühentwicklungsstörungen
- Traumatische Ereignisse
- Alkohol- oder Drogenkonsum
Auslösende Faktoren
Faktoren, die bei einer erhöhten Vulnerabilität die psychische Erkrankung auslösen.
Bei hoher Vulnerabilität häufig normale Lebensereignisse, sonst z.B. akute Lebensbelastung, Tod eines Angehörigen, Mobbing durch Kollegen etc.
Aufrechterhaltende Faktoren
Faktoren, die nach Auslösung der Erkrankung zu deren Aufrechterhaltung beitragen.
Fortgesetzter Alkohol- oder Drogenkonsum, medikamentöse Non-Adhärenz, Gesamtbehandlungsabbruch
Vulnerabilitäts- Stress- Modelle
Unspezifische Belastungen führen in Abhängigkeit von spezifischen Vulnerabilitäten (i.S.v. Anfälligkeit o. Disposition, unter Belastung psychopathologische Symptome zu entwickeln) bei verschiedenen Personen zu verschiedenen psychischen Störungen.
Risiko- und Schutzfaktoren
Elterliches Erziehungs- und Bindungsverhalten: Negative Bindungserfahrungen gelten als Risiko-, stabile Beziehungen als Schutzfaktor
Einfluss von Gleichaltrigen: Nachhaltiger Einfluss auf gesundheitsrelevante Einstellungen u. Verhaltensweisen
Risiko- und Schutzfaktoren
Alter/ Geschlecht/ Familienstand:
Soziodemographische Faktoren spielen bei verschiedenen Störungen eine unterschiedliche Rolle
Risiko- und Schutzfaktoren
Temperament/ Persönlichkeit:
„Experiental avoidance“ (Tendenz aversive innere Erfahrungen zu vermeiden, auch wenn dadurch langfristig Nachteile entstehen) als wichtiger Risikofaktor für die Entstehung psychischer Störungen
Risiko- und Schutzfaktoren
Komorbidität und vorangegangene Störungen:
- Psychische Störung als Risikofaktor für Ausbildung weiterer psychischer Störungen
- Aber: erfolgreich bewältigte Störung kann auch als Schutzfaktor fungieren, wenn Bewältigung zu Kompetenzerwerb und erhöhter Bewältigungszuversicht geführt hat
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