Strafrecht AT II

Erfolgsdelikte, Fahrlässigkeitsdelikte, Unterlassungsdelikte, Definitionen

Erfolgsdelikte, Fahrlässigkeitsdelikte, Unterlassungsdelikte, Definitionen


Kartei Details

Karten 41
Sprache Deutsch
Kategorie Recht
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 04.07.2013 / 02.08.2020
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Kausalität

Ursächlich i.S.d. Strafrechts ist jede Bedingung, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der tatbestandsmäßige Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.

objektive Zurechnung

Objektiv zurechenbar ist der Erfolg, wenn der Täter eine rechtlich relevante Gefahr geschaffen hat, die sich im tatbestandsmäßigen Erfolg realisiert.

  • Schaffung eines rechtlich relevanten Risikos

Durch die Handlung wurde überhaupt ein relevantes missbilligtes Risiko für den Erfolgseintritt geschaffen

  • Risikozusammenhang

Und das geschaffene Risiko, nicht aber ein anderes, hat sich in dem Erfolg auch realisiert.

 

Fehlende rechtliche Relevanz des Risikos

Ablehnung der obj. Zurechnung

  • Sozialadäquanz der Handlung
  • Risikoverringerung
  • Erfolg außerhalb menschlichen Beherrschungsvermögens

Sozialadäquanz der Handlung

Handlung kann nicht mehr als Unrecht bewertet werden, wenn das durch sie geschaffene Risiko erlaubt ist, und sind daher hinzunehmen.

Mit bestimmten Verhaltensweisen einhergehende Risiken können aus Gründen der Sozialadäquanz hinzunehmen sein:

  • ausdrückliche Gestattung durch Gesetzgeber
  • Geringfügigkeit des eingegangenen Risikos
  • Geringfügigkeit der drohenden Nachteile
  • überwiegende soziale Nützlichkeit des Verhaltens

Risikoverringerung

Durch Handlung wird ohnehin drohender Schaden verringert bzw. zeitlich hinausgeschoben.

Fehlende Risikozusammenhang

Ausschluss der obj. Zurechnung trotz Schaffung eines rechtlich relevanten Risikos

  • Inadäquater Kausalverlauf
  • Schutzzweck der Norm
  • Überwiegende Verantwortung eines anderen

inadäquater Kausalverlauf

Völlig regelwidrige, atypische und daher nicht vorhersehbare Kausalverläufe genügen für Risikozusammenhang nicht.

Schutzzweck der Norm

Hinter jeder Strafnorm steht ein Verhaltensgebot, das zur Vermeidung bestimmter Risiken willen strafrechtlich sanktioniert wird.

Wenn sich ein anderes Risiko durch Handlung im Erfolg realisiert hat, als dasjenige, das verhindert werden soll => dann ist dies nicht mehr vom Schutzzweck erfasst, so dass der Risikozusammenhang fehlt.

Überwiegende Verantwortung eines anderen

  • ausschließliche Verantwortung Dritter
  • Zweithandlungen desselben Täters
  • Mitwirkung des Opfers

Mitwirkung des Opfers

iRd obj. Zurechnung

Straflos ist die eigenverantwortliche Selbstverletzung o.-gefährdung.

Abstellen auf Tatherrschaft:

Hat der Beteiligte kraft überlegenen Wissens das Risiko besser erfasst als sich der selbst Gefährdende?

Abgr. zur einverständlichen Fremdgefährdung (ggf. iRd RFG: Einwilligung?)

 

(Abgrenzen zu einverständlicher Fremdgefährdung)

Funktion des Vorsatzes

§ 15

iRd. subj. TB:

Begründung des Unrechts der Tat

iRd Schuld:

Kennzeichnung der rechtsfeindlichen Einstellung des Täters

zeitliche Bezugspunkt des Vorsatzes

§ 16 = Bei Begehung der Tat

  • dh. gem § 8 bei der Vornahme der Tathandlung und zwar während der gesamten Ausführung ab Beginn des Versuchs.
  • irrelevant, ob Vorsatz noch bei Eintritt des tb-mäßigen Erfolgs vorliegt.

(-) dolus antecedens, vor Beginn der Tatausführung

(-) dolus subsequens, der Tatbegehung nachfolgende Vorsatz

Direkter Vorsatz

dolus directus 2.Grades

Direkter Vorsatz setzt das sichere Wissen o. für-sicher-Halten der jeweils maßgeblichen Umstände (WISSEN)

  • Entscheidend ist das Wissenselement
  • Wollenselement ist ohne Bedeutung.

bedingter Vorsatz

dolus eventualis

Das Vorliegen der tatbeständlichen Umstände hält der Täter für möglich und nimmt  den Eintritt der tb-lichen Folgen billigend in Kauf. (= findet sich damit ab)

Absicht

dolus directus 1.Grades

Absicht ist das zielgerichtete Handeln. (WILLE)

  • Dem Täter muss es auf die Folgen, die Gegenstand seiner Absicht sein müssen, gerade ankommen.
  • Ob der Täter die Folgen für sicher hält, ist ohne Bedeutung.
  • Ausreichend, wenn er die Folgen als möglich vorstellt.

atypische Kausalverläufe

Von atypischen Kausalverläufen spricht man, wenn der eingetretene Erfolg völlig außerhalb dessen liegt, was nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge und nach der allg. Lebenserfahrung nach in Rechnung zu stellen ist.

wenn (-), dann nur unwesentliche Kausalabweichung.

Abgr. zw. Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit

hM: zusätzliche voluntative Element für Eventualvorsatz erforderlich.

  • Billigend in Kauf nehmen der tb-mäßigen Folgen

Lit: weitere Voraussetzungen für Eventualvorsatz erforderlich.

  • Risiko der TB-Verwirklichung nicht nur erkannt, sondern auch ernst genommen
  • und sich mit dem Eintritt der TB-Erfüllung abgefunden.

bewusste Fahrlässigkeit

Fahrlässig handelt, wer angesichts des Risikos nur pflichtwidrig auf den Nichteintritt des Erfolgs vertraut.

Abgrenzung durch wertende Betrachtung dreier Kriterien:

  • Gewicht der tb-mäßigen Folgen
  • Größe des Risikos der TB-Erfüllung
  • Interessen, deretwegen der Täter handelt

Vorsatzgegenstand

Alle tb-relevanten Umstände, die zum gesetzlichen TB gehören.

NICHT das Bewusstsein, sich strafbar zu machen, da die Folgen des fehlenden Unrechtsbewusstseins sind in §17 geregelt und in der Schuld zu behandeln sind.

Für die Konkretisierung des Vorsatzes genügt ein sachgedankliches Mitbewusstsein / Begleitbewusstsein.

  • NICHT erforderlich ist die ständige Reflektierung der tb-lichen Umstände

Ausreichend ist das kognitive Element (für-möglich halten), dh. wenn das Geschehen im Wesentlichen von der Tätervorstellung bei der Vornahme der Tathandlung umfasst war.

  • NICHT erforderlich ist das Voraussehen aller Einzelheiten.

Fahrlässige Begehungsdelikte

Als Erfolgsunwert ist die Verursachung des tb-mäßigen Erfolgs durch rechtlich relevante Handlung vorausgesetzt.

Handlungsunwert und Gegenstand des Schuldvorwurfs besteht in der Verletzung der (zur Vermeidung schädlicher Folgen) erforderlichen Sorgfaltsanforderungen, obwohl diese vorhersehbar waren.

Voraus. des fahrlässigen Begehungsdelikts

  1. Obj. Sorgfaltsplichtverletzung
  2. Obj. Vorhersehbarkeit
  3. Obj. Zurechnung
  4. RW
  5. Schuld (subj. Sorgfaltspflichtverletzung/ subj. Vorhersehbarkeit)

Maßstab der obj. Sorgfaltspflichtverletzung

Eine Sorgfaltspflicht ist gegeben, wenn von dem Handelnden eine Gefahr für rechtlich geschützte Interessen Dritter ausgeht.

(-) wenn erlaubtes Risiko, dh. sozialadäquant geschaffene Risikolage.

Maßstab: Der besonnene u gewissenhafte Mensch in seiner sozialen Rolle (aus konkreter ex-ante Gefahrenlage)

hM: unter Berücksichtigung des Sonderwissens und  Sonderfähigkeit des Täters, trotz obj. Sorgfaltsmaßstabs.

obj. Vorhersehbarkeit

Vorhersehbarkeit der Folgen und des Kausalverlaufs

  • Adäquanzfeststellung = nicht außerhalb der Lebenserfahrung

maW: Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bei Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts.

obj. Zurechnung

Fahrlässigkeitsdelikte

1. Anwendbarkeit der für Vorsatzdelikte entwickelten Zurechnungskriterien/allg. Regeln (-)

2. Besonderheit bei Fahrlässigkeitsdelikten: nur

  • Schutzbereich der verletzten Sorgfaltsnorm
  • Ausschließliche Verantwortlichkeit Dritter/Opfer
  • Vermeidbarkeit der Folgen bei Alternativverhalten

 

Schutzbereich der verletzten Sorgfaltsnorm

Obj. Zurechnung iRv Fahrlässigkeitsdelikte

Durch Auslegung der verletzten Sorgfaltsnorm ermitteln, welche Schadensfolgen durch dessen Beachtung vermieden werden sollen und ob der Erfolg darunter fällt.

NICHT: Strafnorm!!!

Vermeidbarkeit der Folgen bei Alternativverhalten

obj. Zurechnung iRv Fahrlässigkeitsdelikten

Ist der Erfolgseintritt trotz pflichtgemäßem Verhalten vermeidbar gewesen?

(-) wenn feststeht, dass der Erfolg auch bei Einhaltung der Sorgfalts- und Handlungspflichten eingetreten wäre.

(P) Vermeidbarkeit unaufklärbar, aber es erscheint möglich

  • hM: In dubio pro reo 
    • im Zweifel zugunsten des Täters
  • aA: Risikoerhöhungstheorie 
    • zurechenbar, wenn Täter die Grenzen (von dem geschaffenen Risiko) überschreitet und dieses Risiko sich im Erfolg realisiert.
    •  
      • Gegenarg: A 103 GG
      • Gegenarg: Verbotene Analogie, da Verletzungsdelikte zu Gefährdungsdelikten werden, was die Wortlautgrenze der Erfolgsdelikte überschreitet ("durch Fahrlässigkeit")

Rechtfertigung fahrlässigen Verhaltens

wie Vorsatzdelikte, ohne subjektive RFG-Element

subjektive Sorgfaltspflichtverletzung und Vorhersehbarkeit

NICHT durch Verwirklichung der Tat indiziert.

Zu prüfen, ob der Täter nach seinen individuellen Fähigkeiten und Kenntnissen in der Lage ist, den obj. Sorgfaltsanforderungen zu genügen und die Folgen vorherzusehen.

Unechtes Unterlassungsdelikt

Aufbau

I. TB

  • obj. TB
    • Eintritt des tb-mäßigen Erfolgs
    • Unterlassen der zur Erfolgsabwendung notwendigen und möglichen Handlung
      • Abgr. Tun/Unterlassen
      • Abgr. Täterschaft/Teilnahme
    • Garantenstellung
      • Obhutsgarant (Schutzpflicht)
      • Aufsichtsgarant (Sicherungspflicht)
    • Quasi-Kausalität
    • obj. Zurechnung
      • insb. Schutzzweck der Garantenpflicht
      • rm. Alternativverhalten
    • ggf. Entsprechungsklausel, § 13
  • subj. TB (bzgl. Garantenstellung)

II. RW

  • ggf. rechtfertigende Pflichtenkollision

III. Schuld (Irrtum bzgl. Garantenpflicht -> § 17 s.2)

Abgrenzung Tun und Unterlassen

Kriterien

  • mM: Naturalistische Betrachtung

Abstellen, ob durch Einsatz von Energie der zum Erfolg führende Kausalverlauf in Gang gesetzt wurde, (dann Begehungsdelikt).

  • Wertende Betrachtung

Unterscheidung gerichtet auf soziale Sinngehalt des jeweiligen Verhaltens und dem Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit.

Übersicht AS ergänzen!!!

Garantenpflichten

Unterlassen der obj. gebotenen und möglichen Handlung ist nur strafbar, wenn den Täter eine individuelle rechtliche Einstandspflicht trifft, § 13.

  • Obhutsgarant = Beschützergarant = Schutzpflicht
  • Aufsichtsgarant = Überwachungsgarant = Sicherungspflicht

Obhutsgarant

Schutz eines bestimmten Rechtsguts vor unbestimmten Gefahren,

und zwar aufgrund

  • Rechtssatz
  • natürliche Verbundenheit
  • soziale Nähebeziehung
  • enge Vertrauensbeziehung
  • tatsächliche Übernahme von Schutzpflichten
    • Vertragsverhältnis
    • Amtsträger

Aufsichtsgarant

Pflicht zur Sicherung einer bestimmten Gefahrenquelle ggü unbestimmten Rechtsgütern.

und zwar durch

  • Rechtsatz
  • Ingerenz
  • Verantwortlichkeit für Handeln Dritter
  • Verantwortlichkeit für gefährdende Sachen
  • Tatsächliche Gewährübernahme

Ingerenz

Verantwortlichkeit für Gefahren, die sich aus dem eigenen Vorverhalten ergeben.

Vor.:

  • Vorverhalten iSe strafrechtlich relevanten Handlung, das ein höchstpersönliches T o. U sein kann.
  • Vorverhalten war gefahrbegründend o. -erhöhend.
  • Verhalten war obj. pflichtwidrig (str., Rspr. verlangt Sorgfaltspflichtverstoß)
  • Bestehen eines Pflichtwidrigkeitszusammenhangs zw. Erfolg und vorheriger Pflichtverletzung.

Verantwortung für gefährdende Sachen

Aufsichtsgarant

Die Verantwortung trifft den Täter nicht allein aus der Beherrschung einer Gefahrenquelle.

  • Beherrschung einer Gefahrenquelle ist Voraussetzung für die Möglichkeit der Erfolgsabwendung, begründet aber noch keine Pflicht zum Einschreiten.

 

Verpflichtung zur Abwendung von Gefahren, die von Sachen drohen, ist zurückzuführen

  1. entweder auf eine besondere rechtliche Verantwortung (Halter von Kfz/Eigentümer von Tieren)
  2. oder die Schaffung der Gefahrenquelle!

Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens

eA: TB-Vor. beim unechten Unterlassungsdelikt, da auch bei echtem Unterlassungsdelikt erforderlich, vgl. § 323c.

hM: Zumutbarkeit als RFG oder Entschuldigungsgrund zu berücksichtigen, da bereits in  § 35 berücksichtigt wird.

Kausalität iRd Unterlassungsdelikte

hM: modifizierte Bedingungstheorie

  • Wäre der Erfolg, wenn man die gebotene Handlung hinzudenken würde, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeblieben, sog. QuasiKausalität.

Lit.: sog. Risikominderungslehre

  • Feststellung des Ursachenzusammenhangs überflüssig.
  • Lediglich Zurechnungszusammenhang erforderlich.
    • Dieser ist gegeben, wenn der Handlungspflichtige eine mögliche Minderung des Risikos unterlassen habe, dass sich in dem Erfolg niedergeschlagen hat.

GEGENARGUMENT: Aushöhlung des in dubio pro reo Grundsatzes!!!

Entsprechungsklausel

für reine Erfolgsdelikte

  • Unrechtsgehalt erschöpft sich bereits in der zurechenbaren Verursachung des Erfolges.
    • Gleichstellungsklausel spielt keine Rolle.

für verhaltensgebundene Delikte

  • Unrechtsgehalt ergibt sich im Wesentlichen auch aus Art und Weise der Tatbegehung
    • Erfordernis der Vergleichbarkeit zw. einem Tun und Unterlassen:
      • ausreichend ist, dass die tb-lichen Vor., die die Art und Weise der Begehung kennzeichnen, auch beim Unterlassungsdelikt geprüft werden.

 

objektive Zurechnung iRd Unterlassungsdelikte

Erfolg muss dem Unterlassen der gebotenen Handlung zuzurechnen sein (allg. Regeln)

  • Insbesondere muss der Erfolg dem Schutzbereich der verletzten Garanten- o. Sorgfaltsnorm zuzuordnen sein.
  • Erfolg liegt nicht ausschließlich im Verantwortungsbereich des Verletzten oder Dritten.

Fahrlässigkeit und Vorsatz iRd Unterlassungsdelikte

Vorsatz

  • muss sich nur auf die gebotener Einstandspflicht (Garantenstellung) erstrecken,
  • nicht auf die daraus ergebenden Pflichten.

Fahrlässigkeit

  • bzgl. obj. gebotener Sorgfaltsverletzung
    • Erkennbarkeit der notwendigen Handlung, der die Garantenpflicht begründenden Umstände.
  • und obj. Vorhersehbarkeit
    • Vorhersehbarkeit des Kausalverlaufs und Erfolgs.