Soziale Theorien
Universität Innsbruck, Prof. Staubmann
Universität Innsbruck, Prof. Staubmann
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Cartes-fiches | 89 |
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Langue | Deutsch |
Catégorie | Affaires sociales |
Niveau | Université |
Crée / Actualisé | 25.09.2014 / 16.12.2014 |
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apriori der Begriffe für Empirie !
- vor einer Wahrnehmung benötigt man Begriffe -> es muss Klarheit auf Basis der Empirie herrschen
- a priori et experienca = bevor man Erfahrung macht -> man braucht Begriffe bevor man empirisch untersucht
Konstruktion der Begriffe der angewandten Forschung !
- Definition von den "Problemen"
- Bsp. Selbstmord-Studie von Durkheim
- ohne Klarheit über die Begriffe können keine gültigen Aussagen getroffen werden -> entweder gibt es zu wenige oder zu viele Phänomene, die darunter fallen
- eigentlich typisch psychologische Definition -> für Durkheim aber typisch soziologische
- Bsp. "Nachhilfe"
- selbst scheinbar "Banales" muss man genau definieren -> jeder wertet Begriffe unterschiedlich
- erstmalige Difinition = alles, was außerhalb der Schule an Hilfestellung passiert -> z.B. Großeltern helfen dem Kind -> Reduktion auf bezahlte Hilfe
Konstruktion grundlegender Begriffe der Sozialwissenschaften !
- Bsp. "Verhalten" und "Handeln"
- im Alltag ähnlich -> in Soziologie signifikant verschieden
- Verhalten = was jemand unmittelbar macht -> äußerlich beschreibbar
- Handeln = was jemand mit Absicht macht -> Sinn dahinter
- diese Begriffe sind vor allem Theoriearbeit
- Verhaltenstheorie = Behaviorismus -> Gegenspieler = Theorie des Handelns
- im Alltag ähnlich -> in Soziologie signifikant verschieden
- Begriff "sozial"
- zentraler Begriff der Sozialwissenschaften mit zahlreichen Ansätzen -> es bleibt den theoretischen Überlegungen überlassen, wie definiert wird -> je nach Ansatz haben sich verschiedene Schulen entwickelt
- viele verschiedene Bedeutungen -> je nachdem wie man Begriffe auffasst, bilden sich Paradigmen
- zentraler Begriff der Sozialwissenschaften mit zahlreichen Ansätzen -> es bleibt den theoretischen Überlegungen überlassen, wie definiert wird -> je nach Ansatz haben sich verschiedene Schulen entwickelt
Paradigma
- Thomas Kuhn prägt Begriff: The Strucutre of Scientific Revolutions
- sind Paradigmen konstruiert/willkürlich? -> es gibt keinen empirischen Beweis für die Deutung von Begriffen
- Erkenntnisse sind nach gewissen Grundannahmen strukturiert -> Wissenschaft läuft immer in Revolutionen ab - sie ist das Auflösen von Strukturen
- Bsp. Ablöse geozentrisches Weltbild durch heliozentrisches
Deutung sozialer / gesellschaftlicher Befunde !!!
- ...führt in die soziale Wirklichkeit hinein
- z.B. Sozialphilosophie, Kritische Theorie
- Bsp. Georg Simmel
- in der Malerei Rembrandts kommt das Individuum zur Geltung -> nicht wie in der Renaissance üblich, die gesellschaftliche Funktion
- gesamtgesellschaftlicher Trend, dass das Individuum wichtiger wird -> dies kommt in seinen Werken zum Ausdruck
spezielle und angewandte Soziologien
- Lazarsfeld -> two-step flow of communication
- z.B. keine direkte Wirkung der Medien auf Rezipient -> Wirkung wird gedämpft durch zwischengeschaltete Stufe der Meinungsführer (opinion leader) und durch selektive Zuwendung zu Medieninhalten
- Werbung wirkt über eine Zweistufigkeit auf Mensch -> geht über mehrere Träger, ehe es zum Empfänger kommt
- 1. Schritt: Info von Massenmedien an Meinungsführer
- 2. Schritt: direkte Kommunikation von Meinungsführer an Rezipient
- Axelrod -> Entstehung von Kommunikation
- warum / wann koopierieren Menschen -> 2 Schulen
- bei Hintergrund mit Gewalt (Staat)
- funktioniert nur mit Normen
- "tit for tat" = wie du mir, so ich dir -> sichert langfristigen Erfolg
- in globalen arbeitsteiligen Wirtschaftsweisen besteht innerer Zwang zur Kooperation -> ist nützlicher als blinder Wettbewerb
- warum / wann koopierieren Menschen -> 2 Schulen
praktische Ziele soziologischer Theoriearbeit !!!
- Erarbeitung der theoretisch-konzeptuellen Voraussetzunge des angewandt-empirischen Forschens als einer Säule der Soziologie -> neben Methodik und Material- bzw. Sachkenntnis
- 3 Säulen der Soziologie
- Empirische Methoden
- Theoriearbeit -> Begriffe werden benötigt
- Materialkenntnis -> Themengebiet wählen, in dem man sich auskennt
- Theorie- in Analogie zur Methodenberatung
allgemeine Ziele soziologischer Theoriearbeit !!!
Erweiterung der Fähigkeit zur Beobachtung der sozialen Welt
Namensgebung
- Auguste Comte
- gr. logo = Lehre -> lat. sozios = (Weg-) Gefährte (ist mit etwas Sozialem verbunden)
- Comte war bemüht, wissenschaftliches Verständnis der Naturwissenschaften (waren erfolgreich -> Dampfmaschinen, Technik, Medizin) auf die Sozialwissenschaft zu übertragen -> Wissenschaftsverständnis auf Frage der Gesellschaft und Kultur übertragen
- "soziale Physik": Ideale aus der Physik auf das Soziale übertragen -> nicht verwendbar, weil Methoden etc. anders waren als in Physik -> der Gegenstandsbereich hat nichts mit Physik zu tun
- Überwindung individualistischer Erklärungen -> Soziales wird Individuen angerechnet
- soziale Wechselwirkung: Dinge werden aus Wechselwirkung heraus erklärt
- "Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile": Aristoteles
- aus Wechselwirkungen zwischen Individuen wird eine neue Qualität hergestellt = Emergenz
Was ist sozial !!!
- Homo Oeconomicus: Aufsummierung psychischer individueller Verhaltensweisen
- Weber: sinnhaft konstruierte Welt
- Durkheim: das Soziale ist identisch mit dem Normativem
- Simmel: sozial ist Wechselwirkung zwischen Menschen
was ist sozial -> homo oeconomicus = Aufsummierung psychischer individueller Verhaltensweisen !!!
- = Modell des ökonomisch handelnden Menschen (auf Nutzenmaximierung abzielend) -> Behaviorismus
- Rational Choice Theory
- zentrale Annahme: rationale Verfolgung des Eigentineresses als Grundmotiv des Handelns
- Rationalitätshypothese der rational choice theory
- bei verschiedenen Handlungsalternativen wählt Mensch jene mit dem größten Nutzen
- daraus resultiert das, was wir als "Soziales" bezeichnen
- Bsp. Ökonomie: je höher der Preis, desto niedriger die Nachfrage
- methodologischer Individualismus/Reduktionismus vs. Holismus
- soziale Gesetze werden auf psychologische reduziert -> Beschreibung und Erklärung sozialer Vorgänge vom Händeln der einzelnen daran beteiligten Personen
- Individuum ist hoch komplexes Gebilde: lat. das Unteilbare -> Unteilbarkeit gilt nur für Lebenswelt des Menschen -> er selbst (die Materie) ist teilbar/auflösbar
was ist soziale -> Weber / sinnhaft konstruiert Welt !!!
- Handlungen werden von Individuen gesetzt und sind an den Sinn gekoppelt -> Soziologie ist eine Wissenschaft des Handelns, die das menschliche Handeln aus einem Sinn heraus erklärt -> nicht eine Wissenschaft des Verhaltens
- protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus
- war entwickelte sich in manchen Ländern der Kapitalismus und in anderen (China) nicht -> Entwicklung in Ländern, in denen religiöse Rationalität Fuß gefasst hat
- empirische Ausgangslage: Kapitalismus entwickelte sich eher in protestantischen Ländern
- Calvins "Prädestinationslehre" und die Wirtschaftsehtik des Kapitalismus
- Gott hat für alle vorherbestimmt, ob der einzelne Mensch auf dem Weg zur ewigen Seligkeit oder Verdammnist ist
- Beruf vs. Berufung
- "Beruf" kommt ursprünglich aus dem religiösen "Berufung" und wurde säkularisiert
was ist sozial -> Weber / sinnhaft konstruierte Welt 2 !!!
- moderne Gesellschaft ist bestimmt durch die Semantik der Rationalität
- Entzauberung der Welt: früher Glaube an Welt, die über das natürliche hinausgeht
- durch Aufklärung / Säkularisierung der Gesellschaft kommt es zu einer Entzauberung der Welt
- Stahlhartes Gehäuse
- mit Hilfe der Rationalität viele Probleme gelöst, aber viele neue Probleme geschaffen -> wir sind in dieser Rationalität verfangen
- modern times / Charlie Chaplin: Mensch ist Anhängsel der Maschinerie
- transzendente Obdachlosigkeit
- nach dem Einsturz des ungeheuren Sinngebäudes bleibt das Subjekt verlassen in dem Trümmerfeld der wesenlos gewordenen Realität zurück
- Ritzer: The McDonaldization of Society
- globale Durchsetzung der Weberschen Moderne spiegle sich in diesem Unternehmen wider
- Neuentwicklung des Rationalisierungsbegriffs -> Veränderung von traditionellen hin zu rationalen Gedankenmodellen in Richtung eines zunehmend wissenschaftlich strukturierten und fundierten Managements
- vorhersehbar, effizient, berechenbar, kontrollierbar
was ist sozial -> Durkheim / identisch mit dem Normativen !!!
- methodologische Grundlage: soziale Fakten sind "sui generis" (=eigener Art) -> gibt es nur im Sozialen
- Tendenz zum Positivismus -> man kann soziale Tatsachen wahrnehmen
- soziale Tatsachen
- Art des Handelns, die die Fähigkeit besitzt, auf den Einzelnen einen äußeren Zwang auszuüben
- homo sociologicus: Mensch in seinem Dasein als gesellschaftliches Wesen analysieren
- soziale Tatsachen seien Normen -> sozial entspreche daher normativ
- die soziale Realität steht dem Individuum gegenüber
- Beziehung zu Freud: Triebe/Instinkte werden geordnet durch Kultur -> Über-Ich - Kultur wird verinnerlicht
- Art des Handelns, die die Fähigkeit besitzt, auf den Einzelnen einen äußeren Zwang auszuüben
- 3 Kriterien für soziale Strukturen
- Allgemeinheit: die Regeln der geltenden Struktur gelten für alle, die in ihr interagieren
- Äußerlichkeit: Struktur kann nicht als Summe der individuellen Vorstellungen der in ihr handelnden Akteure begriffen werden
- Zwang: der Einzelne ist der sozialen Struktur unterworfen und kann nicht entgegen wirken
- Institutionen
- Gegenbegriff zur klassisch-ökonomischen Theorie -> rationale Handlung
- homo sociologicus: Modell, dass das Soziale in Normen zu sehen ist
- (normative) Muster: nicht Zweckmäßigkeit, sondern moralische Pflicht/Verantwortung
- es gibt soziale Muster
- z.B. im Erwerbsbetrieb
- rationale Verfolgung von Eigeninteressen ist selbst ein Teil der institutionellen Struktur der modernen Gesellschaft
- pädagogische Konsequenz: Disziplinierung
Selbstmord von Durkheim !
jeder Todesfall, ob direkt oder indirekt, ist auf Handlung oder Unterlassung zurückzuführen, die vom Opfer selbst begangen wurde
- außergesellschaftliche Faktoren sind keine Kausalfaktoren
- Selbstmord ist reine soziale/gesellschaftliche Erscheinung
- Psychopathologie: psychische Probleme sind keine Faktoren für Selbstmord
- kosmische Fakten auch nicht (Klima, Jahreszeit)
- Typen (aus der moralischen Dichte/Integration der Gesellschaft ergibt sich das Ausmaß)
- egoistischer Selbstmord
- durch Schwächung der Integrationskraft von Religion, Familie, Staat
- Einzelpersönlichkeit steht über Kollektiv wegen fehlernder Verbundenheit
- Sinnlosigkeit
- altruistischer Selbstmord
- zu starke soziale Dichte in der Gesellschaft
- auch religiöser Selbstmord
- anomischer Selbstmord
- Störung der kollektiven Ordnung
- Verwirrung über soziale und/oder moralische Normen
- egoistischer Selbstmord
- praktische Konsequenzen
- soziale Einbindung und moralische Ordnung stärken -> ansonsten geht Individuum unter
was ist sozial -> Simmel / Wechselwirkung zwischen Menschen !!!
- Motive/Inhalte für Wechselwirkung
- Arbeit (Nutzen), Erotik (vergesellschaftende Wechselwirkung), Kunst (Galerien, Theater -> in Wechselwirkung treten, Religiosität
- sind als solche "an sich" nicht sozial bzw. es gibt keinen konkreten sozialen Inhalt -> jeder Inhalt kann aber zu einem Motiv werden, muss aber nicht -> Inhalt bedeutet, dass Menschen in Wechselwirkung treten
- Formen der Wechselwirkung
- Strukturen, die sich aus Wechselwirkungen ergeben
- Über-/Unterordnung, Streit, Kooperation, Konkurrenz, Geselligkeit
- Über-/Unterordnung (Hierarchie) sind fundamentale Dinge des sozialen
- die soziale Frage ist nicht nur eine ethnische, sondern auch eine Nasenfrage / ästhetische
- Nasenfrage = jemanden (nicht) riechen können = Sympathie / Antipathie -> Zusammenführung / Auflösung der Gesellschaft
- Organisation früher = Zweckgemeinschaft -> jetzt nehmen sich Menschen gegenseitig wahr
- Simmel's abstrakte Soziologie
- jenseits aller greifbaren Interessen gibt es Gefühle und Motive für Soziales
Simmel's Wechselwirkung -> Beispiele
- Geselligkeit
- geselliges Gespräch
- obere Grenze der Geselligkeit = bis zum Eigeninteresse -> "real" im Interesse
- unter Grenze der Geselligkeit = bis zu subjektiven Realismus -> einbringen von persönlichen Problemen
- geselliges Gespräch
- der Flirt
- Spielform der Erotik = freischwebendes Spiel -> jenseits greifbarer Interessen .> nur die Form zählt, weil dies Spaß macht
- Gegensatz dazu: Peter Blue "Eisernes Gesetz der Liebesbörse" = rein rational
- Essen
- aus Notwendigkeit heraus ging man zur Jagd -> Entstehung der Jagd als soziales Phänomen
- heute nicht mehr notwendig, trotzdem geht man zur Jagd
- Menschen suchen nach Sozialem
- Geselligkeit als Spielform der Vergesellschaftung
phänomenologische Soziologie -> Max Weber
- Ausgangspunkt: sozial = sinnhaft konstruierte Welt
- Soziologie als Handlungswissenschaft
- Handeln = Verhalten und Sinn
- Soziologie muss den Sinn ermitteln, den Menschen mit ihrer Handlung verbinden
phänomenologische Soziologie nach Alfred Schütz
- eigentlich Bankier und nur Hobbysoziologe
- baut auf Edmund Husserls auf: philosophische Phänomenologie -> Sinnbegriff als zentral
- "Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt - Einleitung in verstehende Soziologie"
- Anspielung an CARNAPs "Der logische Aufbau der Welt"
- Versuch, die Verstehende Soziologie von Weber phänomenologisch zu fundieren -> er konzipierte eine Soziologie des Alltags
- Neopositivismus des Wiener Kreises: es gibt nur eine (Einheits-) Wissenschaft, also wird auch immer gleich geforscht
- Schütz ist gegen diese Auffassung: der Mensch ist ein Wesen, das mit Sinn ausgestattet ist, daher bedarf es einer spezifischen Methode der Erforschung des Menschen
Phänomenologie nach Edmund Husserl
- zeitgleich mit Weber, Simmel, Durkheim
- anfangs sehr positivistisch: gegen Spekulation -> man solle bei den Phänomenen (=Tatsachen) bleiben
- stellt seine Lehre komplett um -> gegen naive Theorie der Wahrnehmung
- Erfahrung ist nur mittelbar -> man kann nur über Begriffe erkennen -> Begriff = Sinnelement
- Definition von Phänomenen: es benötigt einen Begriff und das Bewusstsein darum, um es wahrzunehmen
- Unterschied zwischen Denken und Inhalt des Denkens
- Positivismus: Denken wird beinahe subjektivistisch
- Husserl: Inhalt ist nicht psychisch -> für Erkenntnis der Welt, muss man sich erst mit Bewusstsein auseinander setzen
- Bewusstseinsanalyse
- Intentionalität, eidetische Reduktion, Objekte werden im Bewusstsein konstituiert
- transzendental: Begriffe sind a priori -> lt. Positivismus wären sie a posteriori - Ideen wären nur "Mittelwert" aller Erfahrungen
- Wesensschau: das Wesentliche an den Dingen erkennen -> möglich durch Bewusstsein = eidetische Reduktion
Phänomenologie nach Husserl -> gegen naive Theorie der Wahrnehmung
- Psychologismus / Empirismus
- Bsp.: Stuhl
- naive Wahrnehmung -> aus dem Objekt heraus -> ich weiß dass es ein Stuhl ist, weil ich schon darauf gesessen bin
- wenn dem so wäre, ist Kommunikation unmöglich, weil das Wort "Stuhl" aus der Erfahrung heraus kommt -> er kann aus der Erfahrung weiß sein, braun, vier Beine, Holz usw.
- folglich kommt es nicht aus Erfahrung heraus, sondern aus Wahrnehmung / Analyse
phänomenologische/verstehende Soziologie
- Schütz arbeitet philosophische Arbeit von Husserl und Grundlagen von Weber zu einem soziologischen Konstrukt aus
- Handeln als Realisierung eines vorgefassten Entschlusses -> Handlungsmotive sind sinnhaft motiviert
- Lebenswelt (natürliche Einstellung), soziale Wirklichkeit durch Konstruktion von idealen personalen Typen, Handlungstypen (Rollen), Motivtypen -> wir bewegen uns in Welt, die sinnhaft konstituiert ist
- multiple Sinnprovinzen
- Lebenswelt, Wissenschaft, Kunst, Religion
- Bsp. Arzt sieht Patient anders als beispielsweise seine Kinder
Phänomenologisch nach Clifford Geertz
- "Dünne Beschreibung" (genaue Protokollierung was beobachtet wird, aber eigentlich geht es um das Verstehen) vs. "Dichte Beschreibung"
- Bsp. 3 Jungs/Frauen, bei denen einer dem anderen zuzwinkert
- dünne Beschreibung: Nase, 2 Augen, eines davon offen, das andere geschlossen
- dichte Beschreibung: Frau/Bub ist Teil einer Verschwörung -> Zwinkern ist ein vereinbartes Zeichen
- Mensch ist eingebettet in ein Gewebe von Bedeutungen -> Herstellung von Sinnbezügen
Phänomenologie nach Geertz -> Definition der Situation
- sozial: Definition der Beziehungskontingenz (= Möglichsein, Zufälligkeit)
- Bsp. Verhältnis Arzt & Patient
- ungewöhnliche Situation, bedarf Vertrauen -> dies wird über Symbole mitdefiniert z.B. weißer Kittel
- Begriff Definition der Situation
- zurückgehend auf amerikanischen Zoologen, der Schimpansen beobachtete
- zwischen Spiel und Konflikt äußerlich nicht erkennbar
- die Tiere haben Zusatzsignale, mit denen sie verständlich machen, was passiert
- dies übertrug er auf Menschen -> Symboliken gegen Rahmen
Symbolischer Interaktionismus -> George Herbert Mead (allgemein)
- = Theorie, die zurück zur klassischen Theoriebildung geht -> ist aber postklassische Theorie
- Sinnbegriff wird verbunden mit dem Begriff der Aktion (Handlung) bzw. Interaktion (Kommunikation)
- Mead
- University of Chicago: seine Theorie = Chicagoer Schule
- Schüler von ihm war Blumer -> hat Begriff "Symbolischer Interaktionismus" geprägt und Meads Theorie weiterentwickelt und charakterisiert
- Symbolischer Interaktionismus = Strömun, die in den USA große Verbreitung hat
- Grundidee = Symbol und Interaktion
- Symbol = Sinn (etwas, das eine Bedeutung hat) -> daraus entstehen reine Bewusstseinsprozesse; das Symbol entsteht in der Interaktion
- Interaktion = Handeln zwischen Menschen (Wechselwirkung)
- es geht um Aktion -> soziales Handeln
- Handeln bekommt Primat gegenüber dem Denken
- z.B. Tausch in Ökonomie, Hände schütteln
- Psychologie
- interaktionistische Therapieformen -> man wird (Angst-) Situationen ausgesetzt
- z.B. Spinnenphobie heilen, indem man die Spinne auf die Hand legt
- z.B. Höhenangst -> Therapie mittels Turmbesteigen
- Sinnanayse und Konfrontation -> darauf basiert die Idee des Interaktionismus
Symbolischer Interaktionismus nach Mead -> 4 Wurzeln
= Synthese von 4 Theorien
- Evolutionstheorie
- (amerikanischer) Pragmatismus
- deutscher Idealismus
- Sozial-Behaviorismus
symbolischer Interaktionismus: 4 Wurzeln -> Evolutionstheorie !!!
- Charles Darwin
- die Vielfalt der Arten entsteht durch Variation (genetische Fehler) und Selektion (Umweltbedingungen)
- früher in der Soziologie akzeptiert, aber auf soziale Sachverhalte übertragen = Sozialdarwinismus
- symbolischer Interaktionismus: wie entwickeln sich biologische Systeme und verschiedene Arten
- im Prinzip gilt dasselbe für Gesellschaften/Kultur usw. aber unter Berücksichtigung der Besonderheiten
- Evolutionstheorie ist rasch in Soziologie eingedrungen -> bitterer Beigeschmack = "survival of the fittest"
- Grundmodell: Organismus muss sich an die Umwelt anpassen
symbolischer Interaktionismus 4 Wurzeln -> (amerikanischer) Pragmatismus
- gr. Handeln
- Primat der Praxis
- das Praktische ist wichtig -> auf Praxis bezogen
- keine Theorie, dass etwas funktioniert
symbolischer Interaktionismus 4 Wurzeln -> deutscher Idealismus
- Kant, Hegel
- aus Begriff "die Idee" -> aus Idee entwickelt sich Handeln
- der Sinnbegriff wird daraus übernommen (ähnlich wie Schütz)
- Konzept des selbstbewussten Erkenntnis- und Handlungssubjekts
symbolischer Interaktionismus 4 Wurzeln -> Sozial-Behaviorismus
- = Verhaltenstheorie mit Sinnbegriff
- Gegenteil zu Handlungstheorie
- es geht um ursächliches Verhalten auf Grund auslösender Reize, Umweltfaktoren, situative Faktoren
- z.B. Pawlowscher Hund -> Speichel bei Hund durch Klingeln der Glocke
- Symbole lösen Handlungen aus
- Reiz ist nicht natürlicher Faktor, sondern Symbol (z.B. Ampel)
- die Glocke ist nur ein Symbol
- Symbole lösen Handlungen aus
Evolutionstheorie von Darwin !!!
- von Gebärden-/Gestenvermittelter Interaktion zu signifikanter Geste (Symbole)
- Grundidee: Evolution von Symbolen
- Am Anfang urwüchsige Handlung z.B. Hunde fletscht Zähne
- Handlungsbeginn zeigt, was der andere will (Zähnefletschen) = kaum möglich zu täuschen -> 1. Form von Symbol wird erzeugt
- aus Handlungsbeginn entsteht signifikante Geste (signum = Zeichen) -> Geste, die eine Bedeutung hat = Symbol
- signifikante Gesten: Symbole, Sprache (vokale Gesten)
- vokale Geste = Sprache -> hat sich entwickelt von ursprünglicdhen Handlungsweisen
- intrinsisch wertlos
- Vergleich der Sprachentwicklung ("ui" als albansisches Wort für Wolf) zur Schrift -> Entstehung der Schrift durch Bilder (z.B. Hieroglyphen) -> aus Bildschrift entwickelt sich Umlaut (Buchstaben) -> hat mit z.B. Baum nichts mehr gemeinsam
- z.B. Tausch ohne Geld ist kompliziert: wertvolle Tauschmittel wurden bedruckt und hatten nicht den Wert des Materials, sondern der Zahl -> Papier/Kredikarten haben nur mehr symbolischen Wert (Geld nur als Idee)
- Funktion der Verhaltenskoordination
- Abbildungen, Bilder, Symbole, Buchstaben -> Symbole, wie man sich zu verhalten hat
- vokale Gesten sind intrinsisch wertlos, haben aber die Funktion der Verhaltenskoordination
- z.B. Verkehrsschilder ergmölichen "richtiges" Verhalten
- höhere Lebensformen sind hoch differenziert
- Mead: Grundmuster der sozialen Differenzierung -> Menschen entwickeln verschiedene Rollen
Pragmatismus -> Symbolische Interaktion von Mead allgemein
Wahrheitsgehalt bestimmt sich aus praktischer Anwendung
- Symbole entstanden vor Hintergrund der praktischen Notwendigkeit
- "Anpassungsleistung" in Bezug auf den Mensch ist nicht deterministisch (= biologisch bedingt), sondern abhängig von Denken und Handeln des Menschen
- Kriterium der Wahrheit ist der Erfolg im Handeln/in der Praxis
- im Gegentil zu Wahrheit als Idee, Ideal
Pragmatismus -> Symbolischer Interaktionismus nach Mead -> play vs. game
- Play
- einzelne Rollen werden (vom Kinder) übernommen
- durch Übernahme von Rollen lernt es ein eigenes Selbst aufzubauen
- aus diesem Handeln entsteht die eigene Idenität
- z.B. Vater-Mutter-Kind-Spiel
- im Spiel lernt man Umgang mit Symbolen und Geschicklichkeit anzueignen
- Game
- Spiele, in denen man verschiedene Rollen übernimmt (z.B. Fußball: Torwart, Stürmer)
- man lernt in diesem organisiert Spiel sich in andere hinein zu versetzen
- eigene Rolle zum Verhältnis anderer setzen
- symbolische Umgangsformen kann man auf soziale Welt übertragen
- man weiß, wie jemand anderer auf Symbole reagiert = komplementäre Erwartung
Pragmatismus -> symbolischer Interaktionismus nach Mead -> Selbst
selbst = Freudesche Ich und Über-Ich-Konzeption
- = Gesellschaftstheorie
- Ich
- = "I"
- Ausdruck durch Sprache und soziale Rollen
- individuell, aber auch abhängig von Gesellschaft -> Ausdruch durch Sprache und soziale Rollen
- Mich
- = "Me"
- signifikante, generalisierte Andere -> Übernahme der Rolle Anderer
- Menschen orientieren sich an Bedeutungsträgern -> Menschen sind füreinander Bedeutung
- in Generalisierung entsteht Norm ("man") -> man erwartet bestimmte Verhaltensmuster
- Summe der Rollenübernahmen
- Sozialisation
- Stigmatisierung
- stigma = Zeichen / Wundmale
- über Symbole bekommen Menschen Identität / Rolle
- soziale Etikettierung
- Zusprechung von Bedeutungen
- Ethnomethodologie (Krisenexperimente)
- Garfinkel: es gibt implizite Regeln des Zusammenlebens / des Verhaltens
- Selbstverständlichkeit im Alltag werden durch Experimente, die eigentlich dagegen stehen (Krise, Fehlverhalten) aufgezeigt -> z.B. Milgram-Experiment 1961: Bereitschaft von Personen testen, die autoritären Anweisungen auch dann folgen müssen, wenn sie in direktem Widerspruch zu ihrem Gewissen stehen
- Stigmatisierung
Pragmatismus -> symbolischer Interaktionismus nach Mead -> Gesellschaft
Gesellschaft als Summe signifikanter Anderer
- Institutionen
- gemeinsame Haltung in bestimmten Situationen als Grundlage
- Entstehung der Gesellschaft
- physiologische Grundlage -> Befriedigung der Bedürfnisse
- Sozialisation
- = Identitätsbildung
- Verinnerlichung von gesellschaftlichen Haltungen
- soziale Kontrolle
- Verhalten steht unter sozialer Kontrolle (z.B. Schulnoten)
- mit Hilfe von Symbolen wird Verhalten kontrolliert
- sozialer Wandel
- durch Vermittlung des Ausdrucks des "Ichs" zur Weiterentwicklung der Gesellschaft
- Veränderung der Symbolstruktur (siehe "Geld" -> vom raren Edelmetall zum Papier)
Sinn, System, Funktion nach Niklas Luhmann -> allgemein
- "sozial" wider aus Sinnbegriff, aber im Überganz zum Funktionsbegriff
- Verknüfpung von Sinn Funktion und System
- Ökologie des Geistes
- "Was das unbewaffnete Bewusstsein (durch Kunst, Träume usw.) niemals richtig einschätzen kann, ist die systemische Natur des Geistes"
- Grundidee des Systembegriffs = ganzheitliches Denken
- Funktionsbegriff = traditionell
- auf der einen Seite die verstehende Soziologie (Sinn) und auf der anderen die funktionale Seite (verhaltenstheoretisch)
- Funktionalismus ist in Anthropologie entstanden -> mit Sinnbegriff allein kommt man nicht weit, da keine Erklärung
- Grundintention der Theoriearbeit = Kombination von Sinnanalyse und Funktionsbegriff
- im Zusammenhang mit Funktionsbegriff ist der Begriff des Systems
- Buch "soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie"
- Soziologie muss sich an Systemtheorie anschließen und deren Begriffe aufnehmen -> L. unterscheidet "soziale Struktur" von "Semantik"
- soziale Struktur: die Struktur der Gesellschaft von oben, der "Unterbau"
- Semantik: Begriffserklärungen (nur Namen, keine Struktur), wie man über die Struktur und Gesellschaft spricht -> Bedeutung der Welt, "Überbau"
Sinn, System, Funktion nach Luhmann -> Paradigma Teil-Ganzes
"Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile" (Aristoteles)
- Welt entsteht aus Atomen -> bleibt aus deren Wechselwirkungen zueinander besten -> Systemtheorie beginnt in den 50er Jahren (Informatik, Kybernetik) = Phase 2
- Aristoteles: 1. systematischer Denker (lt. Luhmann) = Phase 1
- das Ganze ist VOR den Teilen -> zuerst Etikettierung und dann Wahrnehmung
- Paradigma selbstreferentieller Systeme = Phase 3
- soziale Systeme können nicht als triviale Maschinen bezeichnet werden
Sinn, System Funktion nach Luhmann -> Paradigma offener Systeme
Input und Output
- inwieweit hängen System und Umwelt zusammen? Welche Beziehungen und Austauschprozesse?
- Bsp. klassische Verhaltenstheorie: Reiz bedingt Reaktion (In- und Output)
- bei etwas Ganzem gibt es Grenzen
- es gibt kein System, bei dem es keine Beziehung zwischen System und Umwelt gibt = In- und Output
- z.B. Betrieb: Input = Rohstoff und Output = Produkt
- dieses Paradigma geht über das Paradigma des Ganzen hinaus
Sinn, System, Funktion nach Luhmann -> Triviale Maschinen !
- können nur einfache Aufgaben der Produktion erfüllen -> sie können sich nicht selbst reproduzieren oder reparieren
- sie sind durch eine eindeutige Beziehung zwischen ihrem Input (Stimulus, Ursache) und ihrem Output (Reaktion, Wirkung) charakterisiert -> diese invariante Beziehung ist "die Maschine"
- im Sozialen: Reiz (Input) und Reaktion (output)
- Paradigma von selbstreferentiellen Systemen -> soziale Systeme können nicht als triviale Maschinen bezeichnet werden
- "Der Glaube an die Kausalität ist der Aberglaube" (Wittgenstein)
- früher war Mensch abergläubisch, dann kam Aufklärung -> man muss eingreifen um zu verändern = Kausalität = Wissen von Ursache und Wirkung
Sinn, System, Funktion nach Luhmann -> mechanistische Gesellschaftskonzepte
- "Sozialtechnologie": Verwendung von soziologischem Wissen, um geplante Veränderungen der Gesellschaft herbeizuführen
- man kann eine Gesellschaft planen
- z.B. Zentralismus / Planwirtschaft
- Steuerung sozialer Systeme
- Bsp. Olympische Spiele in China
- Akteure haben sich so verhalten, wie vorgeschrieben -> Mensch = triviale Maschine
- aus humanistischer Sicht stimmt dies nicht