Schuldrecht BT II - EBV
Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, §§ 987 - 1003 BGB
Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, §§ 987 - 1003 BGB
Kartei Details
Karten | 44 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Recht |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 19.01.2014 / 07.02.2015 |
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Was ist der Grundgedanke der §§ 987 ff. BGB?
die Privilegierung des unverklagten und redlichen aber dennoch unrechtmäßigen Besitzers
welche Sperrwirkung entfaltet das EBV?
die Regelungen des EBV sind abschließend, so dass Ansprüche des Eigentümers aus unerlaubter Handlung oder ungerechtfertigter Bereicherung ausgeschlossen sind
in welche drei Gruppen lässt sich das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis unterteilen?
1. Gruppe: Herausgabe der Sache (Vindikationsanspruch) aus §§ 985,986 BGB
2. Gruppe: §§ 987-993 BGB (Herausgabe und/oder Schadenersatz (Nebenansprüche des Eigentümers)
3. Gruppe:§§ 994-1003 BGB (Verwendungsersatzansprüche als Gegenansprüche des Besitzers)
wie es § 985 BGB zu prüfen?
I. Anspruchsteller ist Eigentümer (zumindest Miteigentümer) der Sache
-> ist Eigentümerstellung bezüglich einer beweglichen Sache umstritten wird zu Gunsten des unmittelbaren Besitzers vermutet, dass dieser auch Eigentümer ist (§ 1006 I BGB)
-> ist die Sache unbeweglich gilt § 891 BGB
II. Anspruchsgegner ist Besitzer (unmittelbar oder mittelbar)
III. Der Anspruchsgegner darf kein Recht zum Besitz haben
Was ist Eigentum?
Eigentum ist die rechtliche Herrschaft über eine Sache (vgl. § 903 BGB)
was ist Besitz?
Besitz ist die nach der Verkehrsauffassung zu bestimmende tatsächliche Sachherrschaft einer Person über eine Sache (§ 854 I BGB)
welche Besitzarten gibt es?
1. Eigenbesitz: Der Besitzer besitzt die Sache als ihm gehörend § 872 BGB >>nicht erforderlich ist das dem Besitzer die Sache tatsächlich gehört (zB Dieb)
2. Fremdbesitz: der Besitzer besitzt die Sache für jemand anderen (zB der Mieter)
3. unmittelbarer Besitzer: derjenige, der die tatsächliche Sachherrschaft über die Sache selbst ausübt
(egal ob tatsächlicher Besitzer oder Fremdbesitzer)
4. mittelbarer Besitzer:derjenige, der den Besitz durch einen Besitzmittler ausübt (§ 868 BGB)
-> Vermieter, der die Wohnung dem Mieter überlässt,
Mieter dann = Besitzmittler und unmittelbarer Fremdbesitzer
wann besteht kein Recht zum Besitz im Sinne von § 986 BGB?
der Besitzer darf weder ein eigenes Besitzrecht (§ 986 I S. 1 Halbsatz 1 BGB) noch ein von einem Dritten abgeleitetes Besitzrecht (§ 986 I S. 1 Halbsatz 2 BGB) haben
das eigene Besitzrecht gegenüber dem Eigentümer kann sowohl dinglich, als auch obligatorisch sein:
dingliche Rechte die ein Recht zum Besitz begründen:
§§ 1036 I, 1093, 1205 BGB
Obligatorische Rechte, die ein Recht zum Besitz begründen:
solche die aus vertraglicher oder gesetzlicher schuldrechtlicher Beziehung zum Eigentümer entstanden sind (Kaufvertrag, Mietvertrag, Werkvertrag, Leihvertrag, Verwahrungsvertrag, Besitzüberlassungsvertrag)
wann ist ein Besitzrecht abgeleitet im Sinne von § 986 I S. 1 Halbsatz 2 BGB?
wenn ein Rechtsverhältnis zwischen Eigentümer und einem Dritten besteht, der mittelbarer Besitzer ist
+
Der unmittelbare Besitzer sein Besitzrecht sein Besitzrecht von diesem Dritten ableitet, aber nur wenn dieser zur Weitergabe des Besitzes befugt war
zu welchen Ansprüchen besteht bei § 985 BGB nach herrschender Meinung eine echte Anspruchskonkurrenz?
zu vertraglichen Rückgewähr-/Rückabwicklungsansprüchen, wie § 546 BGB oder §§ 346 ff. BGB
zu gesetzlichen Herausgabeansprüchen, wie §§ 812 ff., §§ 823 ff.(iVm § 249), § 861, § 1007, § 2018 BGB
kann ein anderer Eigentum an einer Sache erwerben, obwohl er dieses nicht vom ursprünglichen Eigentümer erwirbt?
ja, sofern er gutgläubig ist (§ 932 BGB)
dies gilt nicht, wenn dem die Sache Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist (§ 935 I BGB)
kann eine Sache aus Konditionsanspruch herausverlangt werden, wenn sie gemäß § 932 BGB gutgläubig erworben wurde?
Nein, der Gutglaubensschutz ist im Hinblick auf § 816 I S. 1 BGB und § 812 ff. BGB Kondiktionsfest, das Eigentum ist verloren
der geschädigte kann aber vom Verkäufer den erlangten Kaufpreis herausverlangen (§ 816 I S. 1 BGB), sowie Schadenersatz aus § 823 I BGB, mglw. § 823 II BGB iVm Schutzgesetz, § 826 BGB, § 687 II BGB, ggf. §§ 280, 598 wenn der Verkäufer Sache durch Leihe erlangte)
Kann der Besitzer die Herausgabe einer Sache gegenüber dem Eigentümer verweigern (Recht zum Besitz § 986BGB), wenn er sie vom Dieb etwa gemietet hat?
nein, denn der obligatorische (schuldrechtliche) Vertrag gilt nur zwischen den Parteien die ihn geschlossen haben
§ 985 aber ein aus Eigentum abgeleiteter dinglicher Anspruch, der absolut (ggüber jedermann) wirkt
Was setzen alle Nebenansprüche nach §§ 987 ff. BGB voraus?
eine Vindikationslage im Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung der §§ 987 ff. BGB
Was ist ein "nicht-so-berechtigter" Besitzer?
Der Besitzer überschreitet sein Besitzrecht
-> er hat ein Recht zum Besitz, allerdings nicht so wie er es ausübt
Folge: nicht-so-berechtigter Besitzer = berechtigter Besitzer und Ansprüche aus §§ 987 ff. BGB möglich
h.M dagegen: §§ 987 ff. unanwendbar -> der nicht-so-berechtigte Besitzer ist berechtigter Besitzer
Wobei handelt es sich um einen Nicht-mehr-berechtigten Besitzer?
Der Besitzer war ursprünglich zum Besitz berechtigt, die Berechtigung ist jedoch ohne Rückwirkung entfallen
-> nur wenn das Abwicklungsrecht auf §§ 987 ff. BGB verweist, sind diese anwendbar.
Sind die §§ 987 ff. BGB anwendbar, wenn der berechtigte Fremdbesitzer sich wie ein unberechtigter Eigenbesitzer aufführt?
nach h.L. nein, denn das Besitzrecht bestand noch
BGH: ist Besitzerwerb, § 990 I BGB, §§ 987 ff. BGB anwendbar
Welche zwei Möglichkeiten gibt es die Böswilligkeit des Besitzdieners (§ 855) dem Besitzer zuzurechnen?
über § 831 BGB analog
-> Geschäftsherr hat aber dann die Möglichkeit der Exkulpation
Argument: § 990 BGB sei Deliktsähnlich
Problem: Nachteil für Eigentümer >> kann sich bei Exkulpation nur nach § 823 I an Besitzdiener wenden
über § 166 I BGB analog
-> der Besitzdiener tritt im Zeitpunkt der Besitzbegründung wie ein Vertreter auf; allerdings muss er auch einen dem Vertreter vergleichbare Entescheidungsspielraum haben; anderenfalls § 831 analog
Ist bei der Böswilligkeit die Kenntnis des Minderjährigen oder die seines gesetzlichen Vertreters entscheidend?
nach h.M. : Einsichtsfähigkeit und Reife des Minderjährigen entscheidend, § 828 III BGB analog
-> §§ 990, 989 seien Deliktsähnlich
anders bei Nutzungsersatzanspruch (§§ 990 I, 987 BGB)
-> rechtsgeschäftsähnlich und damit § 166 I BGB analog anzuwenden
>> Kenntnis des gesetzl. Vertreters entscheidend
Was kann der Anspruchssteller eine Nutzungsherausgabenaspruchs nach §§ 990 I, 987 I, 988 ff. BGB herausverlangen?
Herausgabe tatsächlich gezogener Nutzungen -> Früchte einer Sache, eines rechts, Gebrauchsvorteile (§ 100 BGB)
Was sind Früchte einer Sache, Was Früchte eines Rechts?
Früchte einer Sache (§ 99 I BGB): Erzeugnisse der Sache sowie die sonstige Ausbeute
-> ist Herausgabe nicht möglich ist Wertersatz zu leisten (§ 818 II BGB)
Früchte eines Rechts (§ 99 II BGB): Erträge, die das Recht seiner Bestimmung nach gewährt
(z.B. Zinserträge von Kontoguthaben)
mittelbarte Sachfrüchte (§ 99 III BGB):
-> Zinserträge von Verpacht- oder Vermietung
mittelbare Rechtsfrüchte (§ 99 III BGB):
-> Lizenzüberlassungsgebühren
Was kann der Eigentümer vom bösgläubigen Besitzer verlangen, wenn dieser die Nutzungen schuldhaft nicht gezogen hat, obwohl er es vernünftigerweise hätte tun können?
Wertersatz nach § 987 II BGB
Wozu ist der unverklagte und redliche Besitzer verpflichtet?
gemäß § 993 BGB ist er nicht zur Herausgabe von Nutzungen oder Schadenersatz verpflichtet.
Nach § 993 I BGB ist er zur Herausgabe von Früchten verpflichtet, die er gezogen hat, welche nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft nicht als Ertrag der Sache gelten -> Übermaßfrüchte
Kann der unverklagte und redliche Besitzer zur Nutzungsherausgabe nach Bereicherungsrecht oder Schadenersatz nach Deliktsrecht verpflichtet werden?
nein, denn sonst würde die Privilegierung der §§ 987 ff. BGB unterlaufen werden
Unter welchen Voraussetzungen kann ein unverklagter und redlicher Besitzer dem Eigentümer aus §§ 991 II, 989 BGB haften (Fremdbesitzerexzess)?
1. Es muss eine Vindikationslage vorliegen (vgl. § 985 BGB)
2. der Besitzer war dem mittelbaren Besitzer verantwortlich (Besitzmittlungsverhältnis nach § 868)
Rechtsfolge: Der Besitzer haftet dem Eigentümer wie er dem mittelbaren Besitzer haften würde (entsprechend eines vorliegenden Schuldverhältnis zwischen Besitzer und mittelbarem Besitzer)
Wann tritt rechtshängigkeit ein?
mit Klageerhebung nach § 261 I ZPO, welche mit Zustellung der Klageschrift beginnt, § 253 I ZPO
Wie sind die Voraussetzungen für einen Anspruch nach §§ 990 I, 989 BGB?
I. Vindikationslage (§ 985 BGB) im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses
1. Anspruchssteller = (Mit-)Eingentümer
2. Anspruchsgegner = mittelbarer oder unmittelbarer Besitzer
3. Anspruchsgegner hat kein Recht zum Besitz
II. Rechtsgutsverletzung
III. Verschulden gemäß § 276
-> ohne Verschulden nur bei Verzug (§§ 990 II, 287 S. 2 BGB)
Was passiert wenn der Besitzer seinen Besitz durch verbotene Eigenmacht oder Straftat begründet hat?
Er haftet gemäß § 992 BGB i.V.m §§ 823 ff. BGB (Rechtsgrundverweisung) deliktisch
nach § 848 BGB haftet auch für Zufallsschäden
Wann liegt verbotene Eigenmacht vor?
Dem ursprünglichen Besitzer wurde der Besitz entzogen oder gestört und dies geschah ohne dessen willen (§ 858 BGB)
Was meint Besitzverschaffung durch eine Straftat?
Dies meint, dass der Besitz durch einen der §§ 240, 242, 249, 253, 263, etc. StGB verschafft wurde.
Untreue und Unterschlagung begründen einen Schadenersatzanspruch nur bei vorhergehender unbefugter Verschaffung des Besitzes
Kann der deliktische Besitzer der gemäß §§ 992 i.V.m. §§ 823 ff. BGB haftet auch nach §§ 990 I, 989 BGB haften?
Was kann der redliche und unverklagte Besitzer tun, wenn er Verwendungen auf die Sache gemacht hat ?
Er kann geltend machen:
bei notwendigen Verwendungen -> Verwendungsersatzanspruch aus § 994 I S. 1 BGB
bei nützlichen Verwendungen -> Verwendungsersatzanspruch aus § 996 BGB
bei Luxusverwendungen -> Abtrennen und Aneignen gemäß § 997 BGB
(gilt auch für Zubehör, § 97 BGB)
bei Luxusverwendungen bei denen abtrennen nicht möglich ist
-> Verwendungsersatzanspruch nach § 951 I S.1 BGB
notwendige Verwendungen
Verwendungen sind notwendig, wenn sie einer Sache bei objektiver und wirtschaftlich vernünftiger Betrachtungsweise zugute kommen, weil sie ihrem Erhalt, ihrer Verbesserung oder ihrer Wiederherstellung dienen, ohnse sie dabei grundlegend zu verändern.
nützliche Verwendungen
Verwendungen sind nützlich, wenn sie den Wert einer Sache objektiv erhöhen oder die Gebrauchsfähigkeit steigern
Luxusverwendungen
Luxusverwendungen liegen vor, wenn die Verwendungen weder nützlich für den Eigentümer sind, noch den Wert der Sache objektiv steigern.
Kann der unredliche oder verklagte Besitzer Ersatz für gemachte Verwendungen verlangen, wenn diese notwendig waren?
Welche Möglichkeiten hat der unredliche oder verklagte Besitzer wenn er nützliche Verwendungen gemacht hat?
Wie stehen das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und das Deliktsrecht zueinander?
nach §§ 992,993 I BGB privilegieren die den unverklagten unredlichen Besitzer
-> Würden daneben die Regelungen aus §§ 823 ff. BGB oder §§ 812 ff. BGB angewendet, würde diese Privilegierung unterlaufen
-> Ansprüche aus Delikt oder ungerechtfertigter Bereicherung sind neben EBV ausgeschlossen (EBV hat Sperrwirkung)
unter welchen Voraussetzungen sind §§ 823 ff. BGB neben dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis anwendbar?
1. Wenn der Besitzer den Besitz durch verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) oder eine strafbare Handlung erlangt hat, § 992 BGB
oder
2. Bei vorliegen eines Fremdbesitzerexzesses (so die h. M.)
was ist ein Fremdbesitzerexzess?
Ein Fremdbesitzerexzess ist dann gegeben, wenn der Fremdbesitzer sein Besitzrecht durch Verwirklichung einer unerlaubten Handlung überschreitet