Pädagogische Psychologie des Lehrens und Lernens TU-BS

Inhalte des Kurses der Technischen Universität Braunschweig vom Sommersemester 2014

Inhalte des Kurses der Technischen Universität Braunschweig vom Sommersemester 2014


Kartei Details

Karten 55
Sprache Deutsch
Kategorie Psychologie
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 21.05.2014 / 19.10.2016
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Wie lauten die Definitionen von Lernen?

Veränderung im Verhalten oder im Verhaltenspotenzial eines Organismus hinsichtlich einer bestimmten Situation, die auf wiederholte Erfahrungen des Organismus in dieser Situation zurückgeht, vorausgesetzt, dass diese Verhaltensänderung nicht auf angeborene Reaktionstendenzen, Reifung, oder vorübergehende Zustände (wie etwa Müdigkeit, Trunkenheit, Triebzustände, usw.) zurückgeführt werden kann.

(Bower & Hilgard, 1983, S. 31)

 

 

Gemeinsames Merkmal von Lernprozessen ist die Erfahrungsbildung. Diese Erfahrungen können unmittelbar gewonnen werden oder sozial vermittelt sein… Beim Lernen kommt es zur Ausbildung von Dispositionen, d. h. zur Fähigkeit, bestimmte Leistungen zu erbringen.

(Edelmann, 2000, S. 278)

Was bedeutet Verhaltenspotential?

Vehaltenspotential: Möglichkeiten Verhalten zu zeigen ohne das dieses auch unbedingt sofort auftritt.

  • Bsp.: Kinder lernen Verhaltenspotential durch Beobachtung der Eltern ohne das Verhalten gleich zu zeigen.

Welches Experiment beschreibt am Besten die Grundlagen der Lerntheorien nach Banduras?

Experiment Nachahmungslernen (Clownpuppe)

Siehe Bild

Zusätzlicher Anreiz:

Mitteilung an die Kinder, ahme soviel Verhaltensweisen nach wie möglich --> Belohnung bei Befolgung.

 

 

Wodurch lernt man laut Bandura und/oder Skinner?

Skinner: Man lernt durch Belohnung/Bestrafung

Bandura: Mann lernt durch Beobachtung aber Belohnung und Bestrafung fördert oder hemmt das ausführen des gelernten Verhaltens. 

Welche sind die Teilprozesse des Lernens nach Bandura?

Teilprozesse des Beobachtungslernens nach Bandura:

Aufmerksamkeitsprozesse

Behaltendsprozesse

Motorische Reproduktionsprozesse: motorisch in der Lage sein, das Verhalten zu zeigen

Motivationsprozesse

Was kann durch Beobachtung gelernt werden?

Bereiche:

Kognitive Leistungen: Erlernen von kognitiven Leistungen durch Beobachten bei Sichtbarmachung der Abläufe (Bsp.: Matheunterricht)

Motorische Prozesse

Angemessenes emotionales und soziales Verhalten

Einstellungen und Werthaltungen.

Was sind die Bedingugnen für Modellernen?

Bedingungen für Modelllernen:

  • Merkmale des Modells: Status, Alter, Geschlecht, Kompetenz
  • Modellsituation: stellvertretende Belohnung/Bestrafung
  • Beziehung zwischen Modell und Beobachter/in: Zuwendung, Kompetenzvergleich
  • Merkmale der Beobachtenden Person: Aufmerksamkeit, Speicherungs- und Ausführungsfähigkeiten, Motivation
  • Beobachtungssituation: Darbietungsmodus (real, filmisch), Lenkung der Aufmerksamkeit, Verbalisierung des Modellverhaltens
  • Performanzsituation: Bekräftigung, Aufforderung zur Nachahmung, Anwesenheit des Modells 

Wie kann das Lernen am Modell gefördert werden?

Gute Lerner sind gute Informationsverarbeiter

Was ist Meta-Kognition?

Meta-Kognition: Das Denken über das Denken --> Alles was ich selbst über das Lernen und Wissen weiß.
 

Welche Arten von Wissen gibt es?

Deklaratives Wissen:

 Faktenwissen, begriffliches Wissen, „Wissen, dass“

z.B. ein Geschichtsdatum, eine Grammatikkregel

Prozeduales Wissen:

Handlungswissen, Fertigkeiten, „Wissen, wie“

z.B. Lösen einer Rechenaufgabe, Schreiben eines Aufsatzes, Autofahren.

Autofahren/Grammatikregel:

  • kann man es hersagen = Deklarativ
  • kann man es nicht auswendig hersagen aber anwenden = Prozeduales Wissen

Was bedeutet Lernen in Bezug auf Informationsverarbeitung?

Lernen bedeutet aktive Informationsverarbeitung:

Vorhandenes Wissen wird zur Interpretation von neuen Informationen genutzt.

Welche Modelle zur Speicherung von Wissen gibt es?

Modelle zur Speicherung von Wissen im Gedächtnis:

  • Netzwerke (semantische/ propositionale Netze)
  • Schemata
  • Produktionssysteme (Netzwerke + Produktionsregeln)

Was ist ein semantisches Netzwerk?

Ein Semantisches Netzwerk ist das Wissen über hierarchische Gesetze und alles mögliche kann so ausgedrückt werden.

Speicherung von allgemeinem konzeptuellen Wissen

(„Ist ein“ Relation: Zeigt die Pfeilrichtung an, Strauß ist ein Vogel Siehe Bild)

Hierarchischer Aufbau

Sparsame Speicherung: Eigenschaften werden bei übergeordneten Konzepten gespeichert.

Was sind Propositionen?

Speicherung von Faktenwissen in Form von Propositionen

Proposition: kleinste Wissenseinheit, die sich sinnvoll als wahr oder falsch beurteilen lässt, Prädikat-Argument-Struktur

Beispiel:

Satz: Karin pflückt den roten Apfel.

Propositionen: PFLÜCKEN (Karin, Apfel)

IST-ROT (Apfel)

PFLÜCKEN ist ein Prozess- oder Aktionsprädikat.

IST-ROT ist ein Zustandsprädikat.

Wozu sind Propositionen gut? 

Propositionen abstrahieren von der konkreten Formulierung.

Beispiel:

Satz A   Podolski fragt den Trainer

Satz B    Der Trainer wird von Podolski gefragt

Proposition in beiden Fällen --> Fragen (Podolski, Trainer, Fragen)

Propositionen repräsentieren den semantischen Gehalt eines Textes, die Textbasis

Was sind propositionale Netzwerke?

Die Vernetzung von Propositionen bildet ein Propositionales Netzwerk.

Es entstehen individuelle Netzwerke von Faktenwissen mit unbegrenzter Kapazität, in denen einmal gelerntes Wissen erhalten bleibt auch wenn es nicht abrufbar ist. Das hat keinen Einfluss auf den Wahrheitsgehalt des gespeicherten Wissens.

Auch bildhafte Vorstellungen werden mit abgespeichert. Das Netzwerk kann also auch Vorstellungsbilder enthalten.

Was gilt ganz allgemein für semantische und propositionale Netzwerke?

  • Sie sind als Analogie zu Neuronalen Netzwerken gedacht. Einzelne Neuronen können aber nicht direkt zugeordnet werden.
  • Aktivationsausbreitung: Von Knoten zu Knoten breitet sich entlang der Verbindungen Aktivation aus. Aktivation ist stärkeabhängig. Wenn Verbindungen/Propositionen besonders starksind ist die Aktivierung auch stärker. Verstärkung geschieht durch Wiederholung, emotionale Einflüsse, persönliche Bedeutung häufiger Abruf.
  • Aktivation geht von Quellknoten aus.
  • Ein Knoten wird Quellknoten z. B. durch Wahrnehmung oder Zielsetzung.
  • Aktivation verfällt mit der Zeit automatisch.

Wie wird das Netzwerk durch Lernen verändert?

Lernen in Netzwerken

  • Aufnahme neuer Knoten
  • Herstellung neuer Verbindungen
  • Verstärkung bestehender Knoten und Verbindungen durch Benutzung (Abruf)

Wie kann das Lernen in Netzwerken gefördert werden?

Informationsverarbeitung in Netzwerken

  • Voraktivierte Inhalte steuern die Aufmerksamkeit.
  • Voraktivierte Inhalte fördern die Wissensintegration bei der Enkodierung und Speicherung (Vorstrukturierung: advance organizers).
  • Aktivierte Inhalte werden als Abrufhilfe genutzt.
  • Voraktivierte Inhalte steuern die Aufmerksamkeit.
  • Voraktivierte Inhalte fördern die Wissensintegration bei der Enkodierung und Speicherung (Vorstrukturierung: advance organizers).
  • Aktivierte Inhalte werden als Abrufhilfe genutzt.

Was ist das ACT* von Anderson (1983)?

ACT*= Adaptive Control of Thought. Der Stern zeigt das dies Andersons beste Theorie sein sollte (allerdings wurde bereits eine Relativierung veröffentlicht)

Wie sieht die Unterteilung des Arbeitsgedächtnisses aus?

Das Arbeitsgedächtnis ist in drei Teile unterteilt:

  • Visuell-räumlicher Notizblock: Optische Informationen wie Form, Farbe Position, Bewegung etc. 
  • Zentrale Exekutive: Steuerung und Koordination der Aufmerksamkeitsressourcen
  • Phonologische Schleife: Akustische Informationen/Sprachliche Informationen

Ist das Arbeitsgedächtnis eingeschränkt?

Für das Arbeitsgedächtnis gilt:

  • Es hat begrenzte Kapazität
  • Der Kapazitätsbedarf von Aufgaben ist abhängig von den Voraussetzungen der Person (Faktenwissen, Strategien)

Beispiel:

  • 3 x 999 soll gerechnet werden
  • Effektive Strategie?
  • Arbeitsgedächtnisdefizite als Ursache für Lern- und Leistungsstörungen

Welche empirischen Befunde gibt es bezüglich multimodalen Lernmaterials?

Verschiedene empirische Befunde:

  • Bei kurzem und einfachem sprachlichen Lernmaterial (Wortlisten, Zahlenlisten) ist die auditive Darbietung der visuellen Darbietung beim kurzfristigen Behalten oft überlegen.
  • Bei schwierigen Texten führt Lesen gegenüber Hören meist zu besserer Lernleistung.
  • Die Art der Leistungserfassung spielt eine Rolle (wörtliche Wiedergabe, Detailwissen, Verstehen)
  • Beim Lernen mit Text und Bildern führt Hörtext mit Bildern oft zu einer besseren Leistung als Lesetext mit Bildern (Modalitätseffekt).
  • Lesetext und Bilder belasten den visuell-räumlichen Speicher des AG (mögliche Überlastung), Hörtext wird im phonologischen Speicher verarbeitet und belastet daher eine andere Komponente.

Was gilt für Text und Bilder bezüglich der Kohärenz und Kontiguität?

Lernende lernen besser mit Text und Bildern als mit Text allein, wenn Text und Bilder semantisch aufeinander bezogen sind (Kohärenz) und zeitlich und räumlich dicht beieinander präsentiert werden (Kontiguität). 

Was gilt für die Sequenzierung bezüglich des Lernens mit Bildern und Text?

Es ist besser, das Bild VOR als NACH dem Text zu zeigen, weil ein Text ist zu mehrdeutig ist,  um mit nur genau einem Bild übereinzustimmen.

Was gilt für die Lesefähigkeit und das Vorwissen sowie die Textlänge und die Modalitätspreferenzen bezüglich Lernen mit Text und Bildern?

Schlechtere Leser und Lernende mit geringem Vorwissen profitieren von Bildern stärker als bessere Leser mit mehr Vorwissen.

Bei langen Texten mit eigenständiger Zeiteinteilung der Lernenden verschwindet der Vorteil von Hörtext gegenüber Lesetext. (z. B. Tabbers, Martens & van Merriënboer, 2004)

Die Lernleistung hängt auch von individuellen Modalitätspräferenzen ab.

 

Wie sehen Modalitätsspezifische Prozesse auf unteren Verarbeitungsebenen, modalitätsspezifische Prozesse auf höheren Verarbeitungsebenen aus?

Siehe Bild

Was kann eine sinnvolle motorische Interaktion bewirken und was ist das?

Eine sinnvolle motorische Interaktion ist eine funktionale Handlungspantomime die eine theoretische Information verdeutlicht. Sie kann den Erwerb neuer Konzepte unterstützen. 

Welche Empfelungen gelten für multimodales Lernen?

 

  • Informationen in verschiedenen Kodierungsformen (z. B. sprachlich und bildlich) präsentieren
  • Die Informationen müssen sich gegenseitig ergänzen.
  • Vorangestellte Organisationshilfen (advance organizers) helfen bei der Kohärenzbildung.
  • Individuelle Voraussetzungen der Lernenden beachten (z. B. Vorkenntnisse) 

Was bedeutet deklaratives Lernen in Bezug auf das ACT*?

Deklaratives Lernen in ACT*

Schaffung neuer Knoten oder Verbindungen

Verstärkung vorhandener Knoten oder Verbindungen (durch Abruf/ Benutzung)

Was gilt für prozedurales Lernen in Bezug auf das ACT*?

Prozedurales Lernen in ACT* (Fertigkeitserwerb)

Prozedurales Gedächtnis: Produktionen (Handlungsregeln, Operatoren; Grundlage kognitiver und motorischer Fertigkeiten)

Produktion = WENN-DANN-Regel

Beispiele:

P1: WENN das Ziel ist, ins Kino zu gehen, DANN bestelle telefonisch Karten.

P2: WENN das Ziel ist, drei vierstellige Zahlen zu addieren, DANN schreibe zuerst diese Zahlen untereinander.

Was sind die Stadien des Lernens und was umfassen sie?

Stadien:

1. Interpretative Anwendung deklarativen Wissens (kognitive Phase)

Wissen über die Fertigkeit wird deklarativ gespeichert und Schritt für Schritt angewandt.

2. Wissenskompilierung (assoziative Phase)

Deklaratives Wissen wird in Ausführbares Wissen übersetztdurch:

a) Zusammenfügung von Produktionsregeln

b) Prozeduralisierung (Einbau von deklarativem Wissen in Produktionsregeln)

3. Feinabstimmung (autonome Phase)

Zunehmende Automatisierung durch

a) Generalisierung von Produktionsregeln

b) Diskrimination von Produktionsregeln

c) Verstärkung von Produktionsregeln

Was gilt für prozedurale Regeln?

Stärkere Regeln sind leichter Anwendbar als schwächere (und auch schwerer zu durchbrechen)

Prozeduale Regeln können zusammengeführt werden wenn sie sich auf die gleiche Bedingung/das gleiche Ziel beziehen und nacheinander ausgeführt werden

Allgemeine Regeln werden prozeduralisiert indem man sie auf ein spezifisches Ziel anwendet.

Prozeduralisierung erfolgt erst wenn die Zusammenführung mehrfach erfolgreich funktioniert hat.

Die allgemeinen Regeln vom Anfang werden aber beibehalten denn die spezifischen Regeln sind unflexibel und können nur auf eine bestimmte Situation angewendet werden.

Was ist eine übergeneralisierte Regel und ihre Folgen?

Übergeneralisierte Regel: Eine Regel die bei vielen Fällen greift aber nicht in allen.

Bsp.: Englisches Verb Vergangenheitsform: LV Verb+ed. Probleme bei unregelmäßigen Verben.

Also: WENN LV-Verb = regelmäßig DANN +ed

Was versteht man unter Generalisierung und Diskrimination?

Generalisierung und Diskrimination sind gegenläufige Prozesse:

Generalisierung erweitert den Anwendungsbereich einer Produktion.

Diskrimination schränkt den Anwendungsbereich einer Produktion ein. 

Wie Fördert man das prozeduale Lernen?

  • Fertigkeiten in kleinen Schritten aufbauen
  • Viele Anwendungsmöglichkeiten für Regeln geben: üben, üben, üben („learning by doing“); z. B. angeleitetes und eigenständiges Üben
  • Feedback über die Korrektheit der Regelanwendung geben oder ermöglichen (z. B. beim angeleiteten Üben)

Was ist explizites und implizites Lernen?

Explizites Lernen vs. Implizites Lernen

Prozedurales Lernen in ACT* ist explizites Lernen (verbalisierbares Regelwissen).

Bei der Automatisierung kann das explizite (deklarative) Wissen schwer zugänglich werden (Mit welchem Finger tippen Sie den Buchstaben D?).

Beim impliziten Lernen wird Regelwissen ohne Bewusstheit darüber erworben (z. B. Grammatikwissen in der Erstsprache). 

Was ist träges Wissen und wodurch könnte es dazu kommen?

Träges Wissen = Wissen, das in einer Situation nutzbar wäre, wird nicht genutzt (es bleibt „träge), z. B. mathematisches Schulwissen 

Mögliche Erklärungen für träges Wissen:

Das Wissen ist vorhanden, aber man erkennt seine Anwendbarkeit nicht.

Es fehlt an Motivation, das Wissen anzuwenden.

Wissenskompartmentalisierung: Wissen aus verschiedenen Kontexten (z. B. Schule und Alltag) befindet sich in verschiedenen „Schubladen“. 

Wie könnte träges Wissen besser nutzbar gemacht werden?

Bessere Verknüpfung theoretischen Wissens mit praktischem Wissen.

Vorteile bei der Präsentation neuen Wissens klar aufzeigen. 

Allgemeine Anwendbarkeit herausstellen.

Was sind Lernstrategien?

Sequenzen von Handlungen, mit denen ein bestimmtes Lernziel erreicht werden soll (Friedrich & Mandl, 1992)

Lernstrategien sind beim selbstgesteuerten Lernen wichtig.