ÖR 14, Gerichtsbarkeit

G. als Staatsfunktion, Organisation der Gerichte, Organe der G., Verfassungsrechtliche Grundsätze der G., Justizverwaltung, Handeln der Gerichte.

G. als Staatsfunktion, Organisation der Gerichte, Organe der G., Verfassungsrechtliche Grundsätze der G., Justizverwaltung, Handeln der Gerichte.


Kartei Details

Karten 39
Sprache Deutsch
Kategorie Recht
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 13.12.2015 / 31.10.2017
Weblink
https://card2brain.ch/box/oer_14_gerichtsbarkeit
Einbinden
<iframe src="https://card2brain.ch/box/oer_14_gerichtsbarkeit/embed" width="780" height="150" scrolling="no" frameborder="0"></iframe>

Hauptfunktion der Gerichtsbarkeit

Streitentscheidung und Strafverfolgung

Die Gerichtsbarkeit

  • ist neben der Verwaltung Teil der Vollziehung
  • ist von der Verwaltung in allen Instanzen getrennt
  • wird durch Richter und ihre Hilfsorgane sowie den Mitwirkenden aus dem Volk wahrgenomme
  • wird von der Verfassung in ordentliche Gerichtsbarkeit und Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts geteilt.

Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts

Verwaltungsgerichte, Verwaltungsgerichtshof, Verfassungsgerichtshof

Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts prüft

insb die Rechtmäßigkeit von Hoheitsakten der Verwaltung. Der Verfassungsgerichtshof erkennt zudem über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen.

Ordentliche Gerichte entscheiden

über private Rechtstreitigkeiten und über Strafrechtssachen. Sie unterteilt sich demnach in Zivilgerichtsbarkeit und Strafgerichtsbarkeit. Oberste Instanz in Zivil- und Strafrechtssachen ist der Oberste Gerichtshof.

Privilegien der richterlichen Unabhängigkeit

Weisungsfreiheit, Unabsetzbarkeit, Unversetzbarkeit (= richterliche Garantien)

Grundsatz der festen Geschäftsverteilung

Nach dem Grundsatz der festen Geschäftsverteilung (Art 87 Abs 3 und 135 abs 2 B-VG) sind die zu bearbeitenden Rechtssachen im Voraus nach abstrakten Kriterien auf die Richter zu verteilen.

Bestellung der Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit

erfolgt durch den Bundespräsidenten auf Antrag der Bundesregierung oder des zuständigen, ermächtigten Bundesministers. Diese haben idR wiederum Besetzungsvorschläge der zuständigen Senate der Gerichte einzuholen (Art 86 Abs 1 B-VG).

Laienrichter

Als Laienrichter werden die Vertreter des Volkes in der Gerichtsbarkeit bezeichnet. Nach Art 91 B-VG haben Schöffen und Geschworene als Laienrichter an der Strafgerichtsbarkeit mitzuwirken. Gesetzlich normiert ist die Mitwirkung von Laienrichtern in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit, in der Kartellgerichtsbarkeit und in bestimmten Verfahren vor den Verwaltungsgerichten (Art 135 Abs 1 B-VG). Im Gegensatz zu den Laienrichtern stehen die (Berufs)Richter.

Geschworene

Geschworene sind Laienrichter. Bei den mit schweren Strafen bedrohten Verbrechen sowie bei allen politischen Verbrechen entscheiden die Geschworenen alleine über die Schuld des Angeklagten. Die Strafe wird von den Richtern gemeinsam mit den Geschworenen festgelegt.

Das Geschworenengericht setzt sich aus drei Berufsrichtern und 8 Geschworenen zusammen.

Schöffen

Schöffen sind Laienrichter, die gem Art 91 Abs 3 B-VG im Strafprozess an der Rechtsprechung teilnehmen, wenn die zu verhängende Strafe ein bestimmtes, durch Gesetz festzulegendes Maß überschreitet. Schöffen entscheiden gemeinsam mit Berufsrichtern über Schuld und Strafe. Das Schöffengericht besteht aus einem Berufsrichter und zwei Schöffen.

Staatsanwälte

  • gehören zu den Organen der ordentlichen Gerichtsbarkeit
  • sind weisungsgebunden
  • nehmen im gerichtlichen Strafverfahren die Ermittlungs- und Anklagefunktion war.

Richterliche Hilfsorgane

unterstützen den Richter bei der Ausübung der richterlichen Funktionen und sind dabei an seine Weisungen gebunden:

  • Rechtspfleger
  • Polizeiliche Exekutivorgane
  • Sonstige, wie Kanzleikräfte, Schriftführer, Gerichtsvollstrecker.

Rechtspfleger

sind besonders ausgebildete, nichtrichterliche Bundesbedienstete, denen durch Bundesgesetz einzelne Aufgaben von Geschäften der Gerichtsbarkeit erster Instanz übertragen werden (Art 87a und Art 135a B-VG).

Polizeiliche Exekutivorgane

Werden Angehörige der Bundespolizei über gerichtlichen Auftrag tätig, ist ihr Handeln der Gerichtsbarkeit zuzurechnen.

Verfassungsrechtliche Grundsätze der Gerichtsbarkeit

Die Verfassung sieht eine Reihe von Grundsätzen für die Ausübung der Gerichtsbarkeit vor. Zu den wichtigsten zählen:

  • Legalitätsprinzip
  • Grundsatz der Öffentlichkeit (Öffentlichkeit und Mündlichkeit der Verhandlungen in Zivil- und Strafrechtsachen - Volksöffentlichkeit)
  • Anklageprinzip
  • Verbot der Todesstrafe

Legalitätsprinzip

Der Grundsatz der Gesetzesbindung wird in Art 18 Abs 1 B-VG für die Verwaltung ausdrücklich normiert, für die Gerichtsbarkeit fehlt eine vergleichbare Anordnung. Dies erklärt sich daraus, dass der historische Verfassungsgesetzgeber die Gesetzesbindung der Gerichte ohnedies stillschweigend vorausgsetzt hat und dies in verschiedenen Bestimmungen der Verfassung, wenn auch nicht ausdrücklich, aber die implizit zum Ausdruck kommt. Das Legalitätsprinzip gilt daher auch und gerade für den Bereich der Gerichtsbarkeit!

Grundsatz der Mündlichkeit

Öffentlichkeit und Mündlichkeit der Verhandlungen in Zivil- und Strafrechtsachen (Art 90 Abs 1 B-VG und Art 6 EMRK). Der Grundsatz der Öffentlichkeit soll sicherstellen, dass Prozesse transparent ablaufen, da jedermann - nicht nur die beteiligten Prozessparteien - den Prozess verfolgen kann (Volksöffentlichkeit). Der Grundsatz der Mündlichkeit garantiert, dass die Parteien dem Gericht ihren Standpunkt mündlich darlegen können.

Anklageprinzip - Anklageprozess

Das Anklageprinzip verlangt eine Trennung der Funktion des Anklägers und der des Richters, um eine höhere Objektivität in der Entscheidung zu gewährleisten. Anklage erheben idR Staatsanwälte.

Weiters ergibt sich aus dem Anklageprinzip ein Verbot einer strafferichtlichen Verfolgung ohne Anklage sowie die Verpflichtung des Anklägers, sowohl die Tat als auch das Verschulden nachzuweisen.

Das Gegenteil ist das Inquisitionsprinzip.

Es ist daher nicht Sache des Angeklagten, seine Unschuld zu beweisen, genauso wenig darf er gewzungen werden, sich selbst zu beschuldigen. Bis zum Nachweis der Schuld wird vermutet, dass der Angeklagte unschuldig ist (Unschuldsvermutung nach Art 6 Abs 2 EMRK).

Justizverwaltung

Zur Ausübung der richterlichen Funktionen werden Personal und Sachmittel benötigt. Dies geschieht im Ramen der Justizverwaltung.

Justizverwaltung als Teil der Verwaltung

Besorgt ein Einzelrichter eine Angelegenheit der Justizverwaltung, liegt Verwaltungstätigkeit vor, der Einzelridchter ist in diesem Fall funktionell weisungsgebundenes Verwaltungsorgan.

Justizverwaltung als Teil der Gerichtsbarkeit

Erledigen Senate oder Kommissionen die Geschäfte der Justizverwaltung, liegt Gerichtsbarkeit vor und sie genießen dabei auch die richterlichen Privilegien.

Rechtssatzformen ordetlicher Gerichte

Den ordentlichen Gerichten stehen als Rechtssatzformen die Urteile und Beschlüsse zur Verfügung.

Für das Verfahren von den ordentlichen Gerichten sind insb die Zivilprozessordnung und die Strafprozessordnung maßgeblich.

Rechtssatzformen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (Verwaltungsgerichte)

Die Verwaltungsgerichte entscheiden durch Erkenntnisse und Beschlüsse.

Das Verfahren wird insb durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, das Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG und das Verfassungsgerichtshofgesetz VfGG geregelt.

Beschluss eines Gerichts

Ein Beschluss ist eine Rechtssatzform der Gerichte. Es ist eine individuell-konkrete Rechtsnorm, mit der die richterlichen Organe verfahrensrechtliche Anordnungen treffen.

Erkenntnis

Die Urteile der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts werden als Erkenntnisse bezeichent. Sie ergehen im Namen der Republik.

Inquisitionsprinzip

Im Gegensatz zum (im Justizstrafrecht geltenden) Anklageprizip, nach dem die Funktion des Anklägers und des Richters getrennt sind, gilt im Verwaltungsstrafrecht das Inquisitionsprizip, da die Behörde gleichzeitig Ankläger und Richter ist.

Oberster Gerichtshof OGH

Der OGH mit Sitz in Wien ist das Höchstgericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit und entscheidet in oberster Instanz in Zivil- und Strafrechtssachen.

Ordentliche Gerichtsbarkeit

Es wird zwischen der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts unterschieden. Die ordentliche Gerichtsbarkeit kann

  • in eine Zivilgerichtsbarkeit
  • und in eine Strafgerichtsbarkeit

unterteilt werden. Oberste Instanz in Zivil- und Strafrechtssachen ist der Oberste Gerichtshof OGH. Darunter sind Oberlandesgerichte OLG, Landesgerichte LG und Bezirksgerichte BG eingerichtet.

Rechtssatzformen

In der Verfassung ist festgelegt, in welchen Formen die einzelnen Staatsteilgewalten Recht erzeugen können:

  • Die Gesetzgebung erzeugt Recht insb in der Rechtssatzform "Gesetz",
  • die Verwaltung in den Rechtssatzformen "Bescheid" und "Verordnung"
  • und die Gerichtsbarkeit in den Formen "Urteil", "Beschluss" und "Erkenntnis".

 

Richter

Die Gerichtsbarkeit wird durch Richter ausgeübt.

  • Die Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung bestellt.
  • Für die Richter der Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts sieht die Verfassung teilweise abweichendes vor. So werden im Fall der Verwaltungsgerichte der Länder die Richter von der jeweiligen Landesregierung ernannt.

Richter genießen die richterlichen Garantien der Weisungsfreiheit, der Unabsetzbarkeit und der Unversetzbarkeit.

Unabsetzbarkeit

Die Unabsetzbarkeit zählt zu den richterlichen Garantien. Richter werden auf Lebenszeit ernannt und können nur in den gesetzlich normierten Fällen des Amtes enthoben werden.

Unversetzbarkeit

Die Unversetzbarkeit zählt zu den richterlichen Garantien. Vor Erreichen der Altersgrenze für den dauernden Ruhestand können Richter - sofern keine Änderung der Gerichtsorganisation dies erforderlich macht - nur aufgrund eines förmlichen richterlichen Erkenntnisses und nur in bestimmten, gesetzhlch geregelten Fällen gegen ihren Willen an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden.

Urteil

Ein Urteil ist eine Rechtssatzform der ordentlichen Gerichte. Es ist ist eine individuell-konkrete Rechtsnorm, mit der eine Entscheidung in der Sache, also die Entscheidung in einem Rechtsstreit oder über eine strafrechtliche Anklage, ergeht. Urteile ergehen im Namen der Republik.

Verfassungsgerichtshofgesetz VfGG

Das VfGG regelt die Organisation des VfGH und das verfassungsgerichtliche Verfahren. Sofern das VfGG keine besonderen Vorschriften enthält, ist subsidiär die Zivilprozessordnung ZPO im verfassungsgerichtlihcen Verfahren anwendbar.

Verwaltungsgerichtshof VwGH

Der VwGH ist ein Gerichtshof des öffentlichen Rechts mit Sitz in Wien. Er ist ein Höchstgericht, das sich aus Berufsrichtern zusammensetzt und in Senaten entscheidet. der VwGH erkennt gem Art 133 Abs 1 B-VG über Revisionen gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit, Anträge auf Fristsetzung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch ein Verwaltungsgericht und Kompetenzkonflikte zwischen Verwaltungsgerichten oder zwischen einem Verwaltungsgericht und dem VwGH. Durch einfaches Gesetz kann weiters die Zuständigkeit des VwGH zur Entscheidung über Anträge eines ordentlichen Gerichts auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Bescheides oder eins Erkenntnisses einse Verwaltungsgerichts vorgesehen werden.

Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG

Das VwGG regelt die Organisation des VwGH und das verwaltungsgerichtliche Verfahren. Sofern das VwGG keine Verfahrensregelungen enthält, ist das AVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren subsidär anwendbar.

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG

Ds VWGVG regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts.

Weisungsfreiheit des Richters

zählt zu den richterlichen Privilegien. Einem Richter darf in Ausübung seines richterlichen Amtes keine Weisung erteilt werden, er ist ausschließlich an das Gesetz gebunden.