Didaktik

Didaktik / Funktionen did. Theorien / Did. Modelle / Warum Didaktik? / Bildungstheoretische / Kritisch-konstruktive / Berliner / Hamburger / Curriculare / Kritisch-komm. / Konstruktivistische / Neurowissenschaftl. Didaktik /Angebots-Nutzungs-Modell

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Langue Deutsch
Catégorie Pédagogie
Niveau Université
Crée / Actualisé 15.07.2015 / 27.01.2025
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Didaktik

- nach Wiater:

ist die wissenschaftliche und praktische Beschäftigung mit dem Zusammenhang von Lernen und Unterricht

beschäftigt sich mit Situationen, Prozessen und Phänomenen des Unterrichtens und Lernens in der Schule, um sie erklärbar und möglichst prognostizierbar zu machen, um Handlungs- und Orientierungswissen zu geben und um zu überprüfen, welches theoretische Wissen sich in konkreten Unterrichtssituationen nutzbringend aktivieren lässt

 

- nach Hallitzy, Marchand & Seibert:

es gibt unterschiedliche Auffassungen: Wissenschaft von Unterricht, Theorie von Unterricht, Theorie der Bildungsinhalte, Theorie über die Organisation von Lehr-Lern-Prozessen

hilft, Lehr-Lern-Situationen besser gestalten, untersuchen, reflektieren und verstehen zu können

Funktionen didaktischer Theorien (vgl. Peterßen)

- Orientierungsfunktion:

gibt dem Lehrer Orientierung über das Tätigkeitsfeld, die Einbindung in die Gesellschaft und die Aufgaben

wo? was?

 

- Strukturierungsfunktion:

strukturiert und systematisiert das Tätigkeitsfeld

wie?

 

- Legitimationsfunktion:

rechtfertigt das didaktische Handeln, das von der didaktischen Theorie vorgeschlagen wird

bezieht sich auf Inhalt,, Methoden und Medien

Didaktische Modelle (vgl. Hallitzky, Marchand & Seibert)

- Allgemeines:

reduzieren die Komplexität weiter (noch mehr als didaktische Theorien) -> sind Planungs-, Vorbereitungs-, Durchführungs- und Evaluationshilfen

zeigen, auf was der Lehrer achten sollte -> geben Handlungsorientierung

 

- Funktionen:

heuristische Funktion: leisten wichtige Vorarbeit für die Theoriebildung, geben Impulse für die Theorieentwicklung

aufklärende, pragmatische Funktion: veranschaulichen Theorien, machen Zusammenhänge transparent, akzentuieren, sind Hilfen für die Unterrichtsplanung

Warum Didaktik? (vgl. Robinsohn)

- der Lehrerberuf ist ein professionelles didaktisches Handeln -> muss frei sein von Beliebigkeit und ungewollten Zwängen, muss wiederholbar und nachvollziehbar sein -> dafür braucht es Didaktik

Bildungstheoretische Didaktik I (vgl. Klafki)

- Grundlagen:

Bildung ist Voraussetzung und Kernpunkt didaktischer Entscheidungen

das Verständnis von Bildung ist konstituierend für alle didaktischen Entscheidungsprozesse

inhaltliche Entscheidungen haben Vorrang vor der Methodik (Klafki gibt keine Hilfen für die methodische Realisierung, denn ist eine Didaktik im engen Sinne und widmet sich der Frage nach den Inhalten)

 

- Klafkis Verständnis von Bildung:

kategoriale Bildung = Mensch ist ein aktives Wesen, das sich durch Selbsttätigkeit die Welt in ihren wesentlichen Dimensionen erschließen kann und dadurch auch für die Welt aufgeschlossen ist, ist die Integration formaler und kategorialer Bildung im Sinne einer doppelseitigen Erschließung 

     doppelseitige Erschließung = der Mensch erschließt sich ausgewählte Inhalte, die ihm wiederum wichtige Einsichten, Erlebnisse und Erfahrungen für ihn und über sein Denken, Fühlen und Handeln erschließen, veranlasst ihn dazu, diesen Einsichten, Erlebnissen und Erfahrungen entsprechend zu handeln

     formale Bildung = Ausformung von Kräften, Beherrschung von Lern- und Verarbeitungsstrategien (gewinnt Methoden, mit deren Hilfe er sich in Gegenwart und Zukunft selbst Inhalte aneignen kann)

     materiale Bildung = Anhäufung von Informationen oder Wissen

 

- Didaktische Analyse:

nicht alle Lerninhalte sind geeignet, Bildung in diesem Sinne anzubahnen -> die didaktische Analyse hilft bei der Auswahl durch fünf leitende Fragestellungen, die sich jeder Lehrer bei der Unterrichtsvorbereitung beantworten soll 

Gegenwartsbedeutung: welche Bedeutung hat der Stoff bereits für die Schüler?

Zukunftsbedeutung: welche Bedeutung wird der Stoff im weiteren Leben haben?

Struktur des Inhalts: welche zentralen Aspekte hat der Stoff? welchen Wissenschaften ist das Thema zuzuordnen? in welchem Zusammenhang steht das Thema innerhalb der Wissenschaft?

Exemplarizität: welches Kriterium, welches Problem, welche Methode, welcher allgemeine Sachverhalt lässt sich durch die Auseinandersetzung mit dem Stoff exemplarisch erfassen?

Zugänglichkeit: Brücke zwischen Stoff und Schüler, welche Anschauungen sind geeignet?

Bildungstheoretische Didaktik II (vgl. Klafki)

- Vorteile:

einfaches und verständliches Mittel zur Umsetzung

 

- Nachteile:

Primat der Inhalte führt zu einer einseitigen inhaltlichen Ausrichtung und dem Ausblenden von Methodischem

die Inhalte sind im Lehrplan festgelegt -> legitimiert nur nachträglich die Inhaltsentscheidungen

Kritisch-konstruktive Didaktik I (vgl. Klafki)

- Allgemeines:

entstanden aus der Kritik zur bildungstheoretischen Didaktik

das neue Konzept behält aber die bildungstheoretische Grundorientierung bei (Begriff von Bildung ist Voraussetzung und Kernpunkt didaktischer Entscheidungen)

trotzdem wird das Didaktikverständnis erweitert um die Methodenfrage und Medienentscheidungen (nicht mehr wie beim engen Verständnis nur Inhalte)

Bildungsinhalt ist nur geeignet, wenn er der Emanzipation dient (-> zeigt auch, dass nicht mehr nur die Lerninhalte, sondern auch die Lernziele entscheidend sind)

     Emanzipation setzt sich zusammen aus Individual- und Allgemeinbildung: Bildung für alle (demokratisches Grundrecht), Bildung allseitig (freie Entfaltung in allen Grunddimensionen menschlicher Fähigkeiten), Bildung im Medium des Allgemeinen (epochaltypische Schlüsselprobleme)

 

- Namensgebung:

kritisch: im Unterricht sollen Zielstellungen angestrebt werden, die in der Gesellschaft nicht erreicht sind, die Schüler sollen Selbstbestimmungs-, Mitbestimmungs- und Solidaritätsfähigkeit entwickeln -> dazu müssen sie an der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung des Unterrichts beteiligt werden

konstruktiv: die Lehrer werden aufgefordert, sich aktiv für Veränderungen der bestehenden Verhältnisse einzusetzen, nicht mehr nur Arbeit innerhalb der vorgegebenen institutionellen und curricularen Rahmenbedingungen

 

- Arbeit an Schlüsselproblemen:

Schlüsselprobleme = Friedensfrage, Umweltproblem, Problem der gesellschaftlich produzierten Ungleichheit

zielt auf Selbstbestimmungs-, Mitbestimmungs- und Solidaritätsfähigkeit

soll zu grundlegenden Haltungen und Einstellungen führen, die über den Bereich des Schlüsselproblems hinausreichen: Bereitschaft und Fähigkeit zur Kritik, zum Argumentieren, zu Empathie, zu vernetzendem Denken

Kritisch-konstruktive Didaktik II (vgl. Klafki)

Perspektivenschema zur Unterrichtsplanung:

löst die didaktische Analyse ab

1. Bedingungsanalyse: Analyse der konkreten Ausgangsbedingungen einer Lerngruppe, des Lehrers und der unterrichtsrelevanten institutionellen Bedingungen, beeinflusst alle weiteren Entscheidungen

2. Gegenwartsbedeutung: welche Bedeutung hat der Inhalt bereits für die Schüler?, hat Einfluss auf die thematische Struktur und wird beeinflusst von der thematischen Struktur

3. Zukunftsbedeutung: welche Bedeutung wird der Stoff im weiteren Leben haben?, hat Einfluss auf die thematische Struktur und wird beeinflusst von der thematischen Struktur

4. exemplarische Bedeutung: welches Kriterium, welches Problem, welcher allgemeine Sachverhalt, welche Methode lässt sich durch die Auseinandersetzung mit dem Stoff exemplarisch erfassen? (zeigt sich in den allgemeinen Zielsetzungen der Unterrichtseinheit), hat Einfluss auf die thematische Struktur und wird beeinflusst von der thematischen Struktur

5. thematische Struktur und soziale Lernziele: wird beeinflusst von der Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung, von der exemplarischen Bedeutung, der Erweisbarkeit und Überprüfbarkeit und der Darstellbarkeit und Zugänglichkeit

6. Erweisbarkeit und Überprüfbarkeit: Feststellung des Lernerfolgs

7. Darstellbarkeit und Zugänglichkeit: Medien, wird beeinflusst von der methodischen Strukturierung

8. methodische Strukturierung: beeinflusst die Darstellbarkeit und Zugänglichkeit

 

- Umgang mit dem Perspektivenschema:

Erfassung aller Bedingungen (sind bei allen folgenden Entscheidungen zu berücksichtigen) -> die beabsichtigten Zielsetzungen müssen begründet werden -> Strukturierung des Themas und der Inhalte mit Ermöglichung einer späteren Überprüfbarkeit -> Zugänge und Darstellbarkeit wählen -> methodische Strukturierung

 

- Vorteile:

hilft, Unterricht stringent und widerspruchsfrei zu planen

führt dem Lehrer anschaulich vor Augen, worin seine didaktische Arbeit bei der Planung von Unterricht besteht

 

- Nachteile:

schulart- und schulstufenspezifische Konkretisierung von Selbstbestimmungs-, Mitbestimmungs- und Solidaritätsfähigkeit bleibt unbestimmt

Berliner Didaktik I (vgl. Heimann, Otto, Schulz)

- Allgemeines:

will alle Lehr- und Lernvorgänge des Unterrichts als Ganzes in den Blick nehmen

es geht um eine Struktur von Unterricht, die die typischen Phänomene von Unterricht verdeutlicht -> soll Grundlage sein, um Lehramtsstudierenden das Theoretisieren über Unterricht zu lehren

Berliner Didaktik II (vgl. Heimann, Otto, Schulz)

Strukturanalyse:

ist die 1. Reflexionsebene

dient dazu, die Elemente zu bestimmen, aus denen jeder Unterricht zusammengesetzt ist -> insgesamt 6 Strukturmomente: anthropogene Voraussetzungen, soziokulturelle Voraussetzungen, Intentionen, Inhalte, Methoden und Medien

die Strukturmomente werden aufgeteilt in Bedingungs- und Entscheidungsfeld

Bedingungsfelder: anthropogene und soziokulturelle Voraussetzungen

     anthropogene Voraussetzungen: Faktoren, die von den am Unterricht beteiligten Personen eingebracht werden. z.B, Erfahrung, Alter, Geschlecht, Herkunft, Reifestand, Entwicklungsbesonderheiten, Lernfähigkeit, Lernbereitschaft, Lerntempo, Lernstil, Lehrkapazität, Spontaneität

     soziokulturelle Voraussetzungen: Faktoren aus dem sozialen, politischen und kulturellem Umfeld von Schule und Unterricht, z.B. Klassengröße, Konfession der Schüler, soziales Gefälle, Schulordnung, Lehrplan, Kollegium, gesellschaftliche Akzeptanz der Schulform, gesetzliche Grundlagen, Forderungen gesellschaftlicher Gruppen

Entscheidungsfelder: Intentionen, Inhalte, Methoden und Medien -> der Lehrer muss nach Maßgabe der Bedingungsfelder Entscheidungen treffen, sind alle voneinander abhängig (Interdependenz)

     Intentionen: pädagogische Absichten, Zwecksetzungen und Sinngebung des Lehrers, um beim Schüler kognitive, emotionale und pragmatische Lernprozesse auszulösen

     Inhalte: können die Wissenschaften, Techniken (zu erlernende Fertigkeiten) und Pragmata (konkrete, zielbezogene Handlungsfähigkeiten) sein, bildet zusammen mit der Intention das Ziel

     Methoden: Entscheidung über Artikulationsformen (Gliederung des Unterrichtsverlaufs), Sozialformen (EA, PA, GA, Klassenverband) Aktionsformen (Vermittlungsweise des Lehrers) und Urteilsformen (Unterrichtsstil, Zustimmung, Ablehnung) sowie methodische Modelle (z.B. Stofffülle, exemplarisches Lernen)

     Medien: Unterrichtsmittel, um Intentionen, Themen und Methoden verständlich zu machen

     

Berliner Didaktik III (vgl. Heimann, Otto, Schulz)

- Faktorenanalyse:

ist die 2. Reflexionsebene

beleuchtet die Normen, Fakten und Formen, auf denen die Entscheidungen beruhen, näher (denn: in die Bedingungs- und Entscheidungsfelder fließen Werteüberzeugungen, psychologisches, soziologisches und philosophisches Wissen ein

besteht aus Normenkritik, Faktenbeurteilung und Formenanalyse

     Normenkritik: Lehrer sollte seine und die gesellschaftliche Ideologie, Wert- und Zielsetzungen kennen und sich distanziert mit ihnen auseinandersetzen, damit sie im Unterricht nicht unkontrolliert einfließen, Erziehung und Unterricht sind immer an Normvorstellungen orientiert, die aber nicht wissenschaftlich, sondern gesellschaftliche Setzungen sind

     Faktenbeurteilung: wie berücksichtigt der Lehrer die Forschungsergebnisse der Human- und Sozialwissenschaften?

     Formenanalyse: mit welchen Gestaltungsformen gestaltet der Lehrer den Unterricht?, Lehrer sollten sich über die historische und gesellschaftliche Bedingtheit von Methodenkonzeptionen und eigene Methodenvorlieben Klarheit verschaffen

ist eine Interpretation der Bedingungen und Entscheidungen der 1. Reflexionsstufe

ist mehr Ausbildungsinstrument als Praxisregulativ: soll den Studenten dafür sensibilisieren

Berliner Didaktik IV (vgl. Heimann, Otto, Schulz)

- Prinzipien der Unterrichtsplanung:

Struktur- und Faktorenanalyse dienen v.a. der Unterrichtsanalyse 

Heimann, Otto und Schulz stellen deshalb noch drei Pinzipien zur Orientierung bei der Unterrichtsplanung auf

     Interdependenz: die einzelnen Faktoren sind wechselseitig voneinander abhängig, es braucht eine widerspruchsfreie Wechselwirkung aller Planungsmomente, ist am wichtigsten, die Festlegung in einem der Entscheidungsfelder zieht Folgen für die anderen Entscheidungsfelder nach sich und begrenzt deren Freiheitsgrad

     Variabilität: Unterricht muss für Mitsteuerungsmöglichkeiten der Schüler offen sein -> der Lehrer muss Alternativen einplanen

     Kontrollierbarkeit: Kontrolle der didaktischen Entscheidungen, Überprüfung des Lehrerfolgs des Lehrers

 

- Funktionen des Modells (vgl. Peterßen):

macht dem Lehrer die Bedeutung seines Handelns bewusst, denn führt ihm ständig vor Augen, dass seine Entscheidungen die Ausgestaltung des Unterrichts bedingen

zeigt dem Lehrer, wo er handeln und entscheiden muss, orientiert sein theoretisches didaktisches Handeln an einem überdauernden Raster -> ist wiederholbar, kontrollierbar und ggf. umkehrbar

zwingt den Lehrer, seine Entscheidungen nicht willkürlich, sondern am Objekt (Unterricht) orientiert zu treffen

verweist den Lehrer auf die reale Situation

 

- Vorteile:

vor den Entscheidungen wird eine ausführliche Analyse der Bedingungen verlangt

strukturiert den Zugriff der Handelnden auf die Wirklichkeit

die Strukturanalyse hilft, Einseitigkeiten und Stilbrüche bei den unterschiedlichen Entscheidungen aufzudecken, Unterricht gedanklich zu ordnen und seine Probleme bewusst zu machen

 

- Nachteile:

die einzige Vorgabe ist, dass die Entscheidungen aufeinander abgestimmt sein müssen, aber pädagogisch wirksame Vorgänge sind nicht allein durch Stimmigkeit zu erreichen

keine Brücke von Unterrichtsanalyse zu Unterrichtsplanung

tatsächliche Handlungsanweisungen und Orientierungshilfen fehlen

wertfreie Didaktik

Hamburger Didaktik (vgl. Schulz)

- Allgemeines:

thematisiert vorrangig die Unterrichtsplanung, dabei sollen die Schüler und Eltern einbezogen werden -> Unterrichtsplanung wird zur Interaktion aller Unterrichtsteilnehmern und damit Teil des Unterrichts

zielt weniger auf Unterricht und mehr auf Erziehung ab: im Mittelpunkt steht die partizipatorische Unterrichtsplanung für eine weitmögliche Verfügung des Einzelnen über sich selbst, nicht die Vermittlung von Wissen, Kenntnissen und Einsichten -> Personal- und Gruppenaspekt wird stärker gewichtet als der Sachaspekt

Kernfragen: was ist Emanzipation? (ist die möglichst weitgehende Verfügung des Menschen über sich selbst, Unterrichtsgestaltung und Gestaltung des Schullebens dient als aktive Übung), kann der Unterricht einen Beitrag dazu leisten?, wie kann der Unterricht diesen Beitrag einbringen?

 

- Handlungsmomente:

stehen im Mittelpunkt didaktisches Planens

sind interdependent

Unterrichtsziele: umfasst Intentionen und Themen

     Intentionen: Kenntnisse, Fertigkeiten und Einstellungen sollen immer mit Autonomie, Selbstbestimmung, Selbstverfügbarkeit und Solidarität vermittelt werden, Planung, Realisierung und Analyse von Unterricht muss den Lehrer dazu verpflichten, den Schüler zur Mündigkeit kommen und nicht zum Lehrobjekt werden zu lassen

    Themen: fach- bzw. lernbereichsspezifische Sach-, Sozial- und Gefühlserfahrungen

Vermittlungsvariablen: Methoden und Medien

Ausgangslage: anthropogene Faktoren der Lehrenden und Lernenden

Erfolgskontrolle: Selbstkontrolle der Lehrer und Schüler

 

- institutionelle und gesellschaftliche Bedingungen:

die institutionellen Bedingungen umrahmen das Planungsmodell

die gesellschaftlichen Bedingungen legen sich als weiterer Kreis um die institutionellen Bedingungen, meint Produktions- und Herrschaftsverhältnisse sowie das Selbst- und Wertverständnis von schulbezogen Handelnden

 

- Vorteile:

hebt die Wertfreiheit imd reine Deskription der Berliner Didaktik auf

folgt dem Leitmotiv, Schüler zur Emanzipation zu erziehen

 

- Nachteile:

ist ein reines Planungsmodell -> keine Hilfestellung für die Durchführung und Gestaltung von Unterricht

Curriculare Didaktik (vgl. Robinsohn, Möller)

- Verständnis von Lernen:

wird als Verhaltensänderung aufgefasst (Behaviorismus) -> die Schüler sind Objektiv und sollen in Zielzustand geführt werden

 

- Aufgabe der Didaktik:

Identifizierung und Analyse von Lebenssituationen, in denen Schüler voraussichtlich leben müssen -> Herausfinden von Qualifikationen, die sie zur Bewältigung dieser Situationen benötigen -> Festlegen von Elementen (Inhalte, Methoden, Medien, Kontrollen), mit deren Hilfe Schüler diese Qualifikationen erwerben können -> Erstellen eines Curriculums (= Lehrplan nach Schulformen, -stufen und -jahrgängen geordnet), das die Schüer schrittweise für die zukünftige Lebenssituation vorbereitet -> permanente, wissenschaftlich gestützte Überarbeitung des Curriculums (Curriculumreform), da sich Lebenssituationen immer wieder ändern

 

- Vorteile:

macht das Finden und Formulieren von Lernzielen leichter

genaue Definition von Lernzielen ermöglicht exakte Ausrichtung des Unterrichts

 

- Nachteile:

Primat der Ziele

Unterrichtsinhalte sind eigenständige, nicht planbare Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung von Schülern

Kritisch-kommunikative Didaktik (vgl. Winkel)

Allgemeines:

Didaktik wird verstanden als Theorie des schulischen Lehrens und Lernens, also als eine systematische, nachprüfbare und helfende Analyse und Planung unterrichtlicher Lehr- und Lernprozesse

kritisch: die vorhandenen Wirklichkeiten (die Ist-Werte unserer Gesellschaft) sind zu verbessern

kommunikativ: der Unterricht wird als kommunikativer Prozess beschrieben

-> es geht also um eine Theorie des schulischen Lehrens und Lernens als kommunikative Prozesse mit dem Ziel, vorhandene Wirklichkeiten kritisch zu reflektieren und sie in anspruchsvollere Möglichkeiten zu transformieren

 

- Didaktik:

die Strukturen des Unterrichts werden analysiert nach Vermittlungs-, Inhalts-, Beziehungs- und störfaktorialen Aspekt

die Überlegungen des Unterrichts folgen 10 Leitfragen: Voraussetzungen des Unterrichts, Analyse und Planung von Unterricht, gegenwärtige, zukünftige und exemplarische Bedeutungen des Lerngegenstandes, Unterrichtsstörungen, Sachanalyse, Methoden, Mitbestimmungsmöglichkeiten, Lehr- und Lerndiagnosen, Beziehung, Gefühle und Körperlichkeit, Beziehung zwischen Schule und Gesellschaft

 

- Unterricht als kommunikativer Prozess:

Unterricht ist von den Axiomen von Kommunikation gekennzeichnet

     fragt nach den Mitbestimmungsmöglichkeiten der Schüler (führt zu einer symmetrischen Kommunikation)

     es braucht ein Feedback an die Schüler (wer lernt soll erfahren, ob er die Ziele seines Bemühens erreicht hat

     verweist auf Körpersprache, Mimik und Gestik: Beziehungen zwischen Lehrern, Eltern und Schülern können angenehm/unangenehm, lernförderlich/lernhemmend sein, Gefühle und körperlichen Bedürfnisse müssen beachtet werden

     Unterricht ist prinzipiell störanfällig

 

- Unterrichtsstörungen:

bedeutet, der Unterricht wird gestört, der schulisch-unterrichtliche Kommunikationsprozess stockt, endet, gerät außer Kontrolle oder wird unerträglich, inhuman, sinnlos und schädigend

die Störungen sind vom Unterricht her zu interpretieren, damit produktive Lösungen gefunden werden können

jede Unterrichtsstörung will etwas sagen/auf etwas hinweisen, hat Ursachen und verfolgt Ziele

Konstruktivistische Didaktik I

- Konstruktivismus:

wissenschaftstheoretischer Ansatz, nach dem alles menschliche Wahrnehmen, Denken und Erkennen aktive Konstruktionen des Menschen sind

es gibt keine objektive, rationale Wirklichkeit mit Wahrheitsanspruch

 

- konstruktivistische Didaktik:

Didaktik der Verständigung

Vereinbarungsdidaktik mit der Aufgabe des Konstruierens und Modellierens einer Lernanreizstruktur

 

- Kernauffassungen der konstruktivistischen Didaktik:

Lernen ist nicht machbar, bloß anregbar

Lernen kann nur jeder für sich

beim Lernen werden Reize aufgenommen, durch die subjektives Wissen gestaltet wird und eine eigene Wirklichkeit entsteht (nicht: Bilder der Außenwelt werden aufgenommen und verinnerlicht)

 

- Verständnis von Lernen:

ist ein aktiver Prozess

besteht aus Konstruktion, Rekonstruktion und Dekonstruktion

     Konstruktion: der Schüler baut sich selbsttätig und von sich heraus die neue Bedeutung auf

     Rekonstruktion: der Schüler baut die Bedeutungen in sich auf, die andere einem Sachverhalt beigemessen haben

     Dekonstruktion: der Schüler sieht sich veranlasst, seine bisherigen Einstellungen und sein bisheriges Können und Wissen zu revidieren

ist ein konstruktiver (jeder Schüler hat seinen individuellen Wissens- und Erfahrungshintergrund, jeder Schüler interpertiert anders), situativer (findet in spezifischen Kontexten statt) und sozialer (beschreibt das interaktive Geschehen) Prozess

 

- Systemtheorie (vgl. Luhmann):

jeder Mensch ist ein System

das System ist ein komplexes Ganzes mit verschiedenen Elementen in sich, die zueinander im System in Beziehung stehen

das System steht mit anderen Systemen in Beziehung, grenzt sich von diesen Systemen ab

Wesensmerkmale eines Systems: Autopoiesis (Selbstbildung und Selbstorganisation), Autokatalyse (Selbstverstärkung), Autoreflexivität (Selbstthematisierung), Homöostase (Selbststabilisierung) und Interferenz (ständige Wechselbeziehung von Innen- und Außenwelt)

Konstruktivistische Didaktik II

- Didaktik der Lernumgebung (vgl. Mandl):

Begriff Lernumgebung soll ausdrücken, dass Lernen von unterschiedlichen Umgebungsfaktoren abhängig ist

Lernumgebung = Arrangement von Methoden, Techniken, Material und Medien, gleichzeitig die aktuelle, zeitliche, räumliche und soziale Lernsituation

traditionelle Lernumgebungen bringen nur träges Wissen -> es braucht situierte Lernumgebungen mit aktiver Beteiligung und Selbststeuerung der Schüler

Leitlinien für den Unterricht: situiert und anhand authentischer Probleme lernen (Anknüpfen an persönliche Erfahrung, mit einem Problem arbeiten, das reales Handeln erfordert), in multiplen Kontexten lernen (auf Anwendungssituationen verweisen, in unterschiedlichen Problemstellungen konkret anwenden), unter multiplen Perspektiven lernen und in einem sozialen Kontext lernen

 

- Kennzeichen von konstruktivistischem Unterricht:

Lernen ist ein aktiver Prozess der Selbstorganisation

Unterricht soll Anlass geben für die eigene Bildung von Modellen der Wirklichkeit

Lehren ist eine Anregung für die Schüler, ihre bisherigen Konstruktionen von Wirklichkeit zu aktivieren, zu überprüfen und weiterzuentwickeln

 

- Folgen für die Unterrichtsgestaltung:

die Schüler sollen ihren eigenen Lernprozess durchschauen und selbst gestalten

Veranschaulichung, Versprachlichung, Tätigkeiten und Handlungen sind wichtig

Methodenvielfalt, unterschiedliches Lernmaterial, Lerntempo, Anspruchsniveau und unterschiedliche Medien, um jedem Lerntyp gerecht zu werden

den Schülern Gelegenheit geben, ihr bereits aufgebautes Wissen und ihre Fühlens- und Könnensstrukturen sprachlich auszuformulieren, gleichzeitig: Lernen in der Gruppe, um die anderen Konstruktionen entdecken und die eigene Konstruktion überdenken zu können

Fehler selbst entdecken und analysieren lassen (aber: es geht nicht um Wahr oder Falsch, sondern um die Viabilität des Lerninhalts -> was kann der Schüler akzeptieren? was ist für ihn brauchbar und nützlich?

Lernen an komplexen, lebens- und berufsnahen Problemen, die Schüler über die Bedeutung des Lernstoffs informieren

Gelegenheiten bieten für Assoziationen zwischen neuem Lernstoff und bereits aufgebauten Strukturen, die Schüler ermutigen, Lerninhalte in Beziehung zu setzen und Vorwissen, Gefühle und Einstellungen auszudrücken

Konstruktivistische Didaktik III

- Folgen für den Lehrer:

moderierende Rolle durch Impulse und Fragen

Helfer beim Problemlösungsprozess der Schüler

 

- Vorteile:

trägt dem veränderten Begriff von Lernen Rechnung

berücksichtigt die Subjektivität des Lernens

beachtet, dass Unterrichten nicht gleichzusetzen ist mit Lernen

 

- Nachteile:

es gibt Wissensbestände, die man nicht allein und selbstständig erarbeiten kann

es muss objektives Wissen geben, also Wissen, über das der Mensch verfügen muss, um seinen Beruf und sein Leben bewältigen zu können

Neurowissenschaftliche Didaktik

- Allgemeines:

die Persönlichkeit eines Menschen bestimmt wie er lehrt und lernt

die kognitive und die emotional-motivationale Entwicklung der Schüler wird verknüpft gesehen

Verstehen wird beeinflusst von genetischen und Umwelteinflüssen -> unbewusste, vorbewusste und bewusste Prozesse sind verantwortlich für die Konstruktion eines individuellen Weltbildes, d.h. der Mensch ist nicht nur Konstrukteur seines Weltbildes, sondern auch Produkt seiner durch Vorerfahrungen gespeicherten Denkmöglichkeiten

 

Neurodidaktik von Friedrich:

versucht, Hirnforschung und Allgemeine Didaktik zu verbinden

zentral = Wahrnehmung 

     ist ein ativ gesteuerter, selekttiver und zielgerichteter Such- und Konstruktionsprozess

 

- Folgen für den Unterricht:

beim Lernen gelangen Informationen in die dafür zuständigen Gehirnbereiche, werden dort mit vorhandenen Informationen verbunden und vernetzt -> je ausgeprägter die Neuronennetzwerke sind, desto besser ist es für das Lernen und Behalten

Aktionen und Reaktionen der Schüler lassen sich erklären durch bisherige Lernerfahrungen

 

- Forderungen an die Unterrichtsplanung:

für Lernmotivation und Lernerfolg entscheidend ist das Vorwissen des Schülers -> kann das Neue an bereits Gelerntes angeknüpft werden

eigenes Tun ist die Voraussetzung für erfolgreich verlaufende Lehr-Lern-Prozesse

der Stoff muss geübt, wiederholt und trainiert werden, damit die neuronale Architektur entsprechend gestärkt wird

 

Angebots-Nutzungs-Modell (vgl. Helmke)

- Modell:

verdeutlicht die Komplexität des Zusammenwirkens verschiedener Einflussgrößen -> zeigt die wichtigsten Variablen auf, die einen Lernerfolg mit relativ großer Wahrscheinlichkeit erwarten lassen

besteht aus 6 Erklärungsblöcken

     Merkmale der Lehrperson: beeinflussen die Unterrichtsqualität und werden beeinflusst von ihr, werden beeinflusst von den Kontextvariablen

     Unterrichtsqualität: beeinflusst die Merkmale der Lehrperson und wird durch sie beeinflusst, wird beeinflusst von den Kontextvariablen

     individuelle Eingangsvoraussetzungen: beeinflussen Meditationsprozesse und Lernaktivitäten

     Meditationsprozesse: werden beeinflusst von individuellen Eingangsvoraussetzungen und Kontextvariablen

     Lernaktivitäten: werden beeinflusst von individuellen Eingangsvoraussetzungen und Kontextvariablen

     Kontextvariablen: beeinflussen die Merkmale der Lehrperson, Unterrichtsqualität, Meditationsprozesse und Lernaktivitäten

die Erklärungsblöcke bestehen aus Kriterienbündel, die Variablen erfassen, die sich in der Unterrichtsforschung als bedeutsam erwiesen haben

zeigt, dass die Wirkung von Unterricht durch Personenmerkmale der Lehrer und Schüler beeinflusst wird und dass Zusammenhänge zwischen spezifischen Unterrichtsmerkmalen und spezifizierten Effekten kontextabhängig sind

zwischen den Faktoren gibt es kombinatorische und kompensatorische Effekte -> einzelne Faktoren wirken zusammen, verstärken sich sogar oder können fehlende Faktoren ausgleichen

zeigt, dass Unterricht in vielfältiger Weise gelingen oder misslingen kann, denn Forschung kann keine direkt umsetzbaren Handlungsanweisungen geben, sondern kann nur sensibilisieren für bedeutsame Einflüsse auf das Unterrichtsgeschehen und deren Berücksichtigung durch den Lehrer

 

- Angebot und Nutzung:

Angebot und Nutzung zeigen, dass der Unterricht ein Angebot ist, der von den Schülern unterschiedlich genutzt wird -> das unterrichtliche Angebot führt nicht unbedingt direkt zu den gewünschten Wirkungen, sondern Nutzung ist abhängig von dem Schüler und den Kontextbedingungen

das Angebots-Nutzungs-Modell überwindet eindimensionale Sichtweisen auf Unterricht