BA 104 Wissenschaftstheorie
Begriffe und Definitionen aus der Wissenschaftstheorie des Moduls BA 104 Wissenschaftstheorie und Einführung in wissenschaftliches Arbeiten
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Cartes-fiches | 40 |
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Utilisateurs | 48 |
Langue | Deutsch |
Catégorie | Pédagogie |
Niveau | Université |
Crée / Actualisé | 24.11.2015 / 21.11.2023 |
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Verfahren des logischen Schlussfolgerns
Induktion, Deduktion und Abduktion sind Verfahren des logischen Schlussfolgerns
Schlussfolgerungen bauen auf Systemen von drei Sätzen auf:
- Beschreibender Satz
- Zuordnender Satz
- Allsatz
Aus zwei Sätzen (Prämissen) wird jeweils eine Schlussfolgerung abgeleitet (Konklusion).
Je nach Anordnung der Sätze in diesem System von Prämissen und Konklusion wird das Verfahren Induktion, Deduktion oder Abduktion genannt.
Induktion
Prämisse:
- zuordnender Satz
- beschreibender Satz
Konklusion:
- Allgemeiner Satz
Bei einer Induktion wird von der Beobachtung von Einzelfällen auf allgemeine Sätze (Gesetzte, Regularitäten) geschlossen.
Anwendungsbeispiel: Positivismus
Deduktion
Prämissen:
- allgemeiner Satz
- zuordnender Satz
Konklusion:
- beschreibender Satz
Bei einer Deduktion wird von allgemeinen Sätzen auf den einzelnen Fall geschlossen; der beschreibende Satz zum Einzelfall wird aus dem allgemeinen Satz abgeleitet.
Anwendungsbeispiel: kritischer Rationalismus
Abduktion
Prämissen:
- allgemeiner Satz
- beschreibender Satz
Konklusion:
- zuordnender Satz
Bei einer Abduktion wird von allgemeinen Sätzen und beschreibenden Sätzen ausgehend, ein einzelner Fall in bestehende Kategorien eingeordnet; ein Gegenstand/ ein Ereignis wird als etwas erkannt.
Anwendungsbeispiel: Hermeneutik
Abduktion als kreatives Schliessen
In einem Fall, in dem wir etwas beobachten bzw. entdecken, „für die sich im bereits existierenden Wissensvorratslager keine entsprechende Erklärung oder Regel findet“ (Reichertz 2000: 281), kann das Beobachtete nicht in bekannte Kategorien oder in einen Erfahrungsschatz eingeordnet werden. Der Sachverhalt bzw. das Ereignis kann nicht „als etwas Bekanntes“ erkannt werden.
In dieser Konstellation setzt der kreative Akt ein, in dem neue Kategorien zur Erfassung des Entdeckten oder ein neuer allgemeiner Satz zu Zusammenhängen aufgestellt wird.
Unter Nutzung dieser Kategorie bzw. des neuen allgemeinen Satzes können künftig beobachtete gleiche Sachverhalte und Ereignisse wiederum „verstanden“, d.h. eingeordnet werden.
Unterschiedliche wissenschaftstheoretische Positionen
Gemäss Karl Popper (1994) besteht Wissenschaft grundsätzlich aus zwei Elementen: Logik und Methode.
Unterschiedliche wissenschaftstheoretische Positionen unterscheiden sich deshalb:
- auf Grund des Verfahrens der logischen Schlussfolgerung, die sie für Wissenschaft als zentral erachten
- auf Grund der methodischen Annahmen, die sie treffen.
Positivismus
Der (historische) Positivismus bestimmt die Beobachtung des „Gegebenen“ (positum) als Ausgangspunkt für Wissenschaft.
Ziel ist es, Gesetze und Regularitäten zu entdecken.
Diese Entdeckung beginnt bei der Beobachtung des Forschungsgegenstandes. Von einzelnen Beobachtungen wird auf allgemeine Sätze/Regularitäten geschlossen.
Im Zentrum steht damit die Induktion.
Methodische Zusatzannahmen zur Absicherung der Gültigkeit der Induktionsschlüsse (Posititivmus):
Es müssen viele Beobachtungen gemacht werden
Es müssen Beobachtungen unter unterschiedlichen Bedingungen gemacht werden
Die Beobachtungen dürfen sich nicht widersprechen
Probleme der Induktion:
Was nicht mit Sinnen wahrgenommen bzw. gemessen werden kann, entzieht sich wissenschaftlicher Durchdringung
Anzahl der notwendigen Beobachtungen ist nicht bestimmt
Das Kriterium, wonach die Bedingungen einer Beobachtung zu variieren sind, ist nicht bestimmt; damit wird der Tatsache nicht Rechnung getragen, dass eine solche Variation von Bedingungen von theoretischen Annahmen bestimmt wird
Die aus Induktion gewonnenen Erkenntnisse sind insofern provisorisch als sie bei jeder nächsten Beobachtung widerlegt werden können. Aus der Tatsache, dass bis anhin alle Beobachtungen dasselbe zeigten, lässt sich keine Sicherheit gewinnen, dass die nächste Beobachtung nicht zu einem anderen Ergebnis kommt. Der aus der Induktion hervorgehende allgemeine Satz bietet keine Sicherheit für Gültigkeit.
Ausgangpunkte des Kritischen Rationalismus
Der Positivismus (in den Sozialwissenschaften mit Auguste Comte verbunden) verfolgte das Ziel, die Grundlagen einer empirischen (vom Gegebenen ausgehenden) Wissenschaft zu formulieren.
Er prägte die Vorstellung:
- Wissenschaft hat das Ziel, allgemeingültige Aussagen zu treffen
- diese Aussagen werden aus der Induktion gewonnen
- dabei wird von Beobachtungen ausgegangen und auf allgemeine Aussagen hin geschlussfolgert
Damit versucht der Positivismus die Verifikation von allgemeinen Aussagen.
Das Problem: Aus gültigen Prämissen können falsche Sätze gefolgert werden, ohne dass dies im Rahmen des Dreisatzsystems der Induktion sichtbar werden müsste.
Hinwendung zu Falsifikation und Deduktion
Popper versteht diese Position als Antwort bzw. Lösung des Induktionsproblems.
Was bleibt?
auch der Kritischen Rationalismus versteht sich als Fundierung einer empirischen Wissenschaft (Natur- wie auch Sozialwissenschaften)
Die Beobachtung bleibt dabei zentral
Der Kritische Rationalismus weist der Beobachtung aber einen anderen Platz zu als der Positivismus. Beobachtungen sind nicht der Ausgangspunkt von Forschung. Beobachtungen sind vielmehr das Material, mit dem Hypothesen geprüft werden.
Ausgangspunkt für Forschung sind Hypothesen (behauptete allgemeine Sätze bzw. Regularitäten).
Wahrnehmung/Beobachtung ist immer schon theoretisch gelenkt, deshalb ist es kohärent, von diesen theoretischen Annahmen auszugehen
diese werden anhand der Beobachtung des Gegebenen auf ihre Gültigkeit hin geprüft
Damit nimmt der Kritische Rationalismus in einem zentralen Punkt eine radikale Umkehr der Forschungslogik vor
es geht nicht um die Hervorbringung und Verifikation von Aussagen
es geht vielmehr darum, behauptete Aussagen zu prüfen
erweisen sich Hypothesen als falsch, so kann dies (im Gegensatz zur Behauptung der Gültigkeit von Sätzen) als sichere Erkenntnis gelten
Ziel von Wissenschaft/Forschung ist es nicht, Gesetze und Regularitäten zu entdecken.
Ziel kritisch rationaler Wissenschaft ist der Ausschluss der Hypothesen, die falsch sind: Falsifikation.
Dementsprechend ist empirische Forschung hypothesenprüfend angelegt.
Logik der Deduktion
Kritisch-rationale Forschung stellt auf dem Verfahren der Deduktion ab:
Im Schlussverfahren der Deduktion sind allgemeine Sätze Teil der Prämissen. Aus den allgemeinen Sätzen und zuordnenden Sätzen werden beschreibende Sätze gefolgert.
Im Rahmen empirischer, hypothesenprüfender Forschung werden hypothetische allgemeine Sätze/Regularitäten und zuordnende Sätze in die Prämisse gesetzt.
Aus dieser Prämisse werden beschreibende Sätze gefolgert (Konklusion) Diese (erwartete Beschreibung) wird mit der Beobachtung konfrontiert.
Stimmt die Bobachtung nicht mit der erwarteten Beschreibung überein, wird in diesem Verfahren deutlich, dass eine der Prämissen falsch sein muss.
Methodische Zusatzannahmen des Kritischen Rationalismus:
- Hypothesen haben präzise, weitreichend und kühn zu sein
- Hypothesen müssen empirischen Gehalt haben und falsifizierbar sein
- Einmal widerlegte Hypothesen sind auszuscheiden
Weitere Annahmen des Kritischen Rationalismus:
Wissenschaftlicher Fortschritt ergibt sich aus konsequenter Falsifikation von Hypothesen und dem endgültigen Verwerfen von widerlegten Hypothesen
Wissenschaft muss wertneutral sein
Entstehungszusammenhang und Nutzungszusammenhang von Forschung sind nicht Teil von Wissenschaft
Probleme und Kritik an der kritisch-rationalen Position
- was nicht beobachtet und gemessen werden kann, ist für die Wissenschaft nicht zugänglich
- die Enthaltung von Wertungen macht zwar Aussagen an sich sachlich neutral und weniger subjektiv. Wissenschaft kann so aber für unterschiedliche Zwecke in Anspruch genommen und genutzt werden, auch für solche, die wir nicht gut finden können.
- Wertneutrale Wissenschaft kann sich deshalb als nicht wirklich neutral, sondern als leicht zu benutzendes Instrument in den Hänen der Herrschenden erweisen.
- Wertneutrale Wissenschaft kann sich deshalb als nicht wirklich neutral, sondern als leicht zu benutzendes Instrument in den Hänen der Herrschenden erweisen.
- Die Wissenschaftsgeschichte zeigt, dass wissenschaftlicher Fortschritt anderen Mustern folgt, als einem strikten Falsifikationismus
"Raffinierter" Falsifikationismus
Der "raffinierte" Falsifikationismus geht von einem anderen Modell des Fortschritts von Wissenschaft aus als der ursprüngliche Kritische Rationalismus:
Auch beim raffinierten Falsifikationismus ist die Falsifikation von Hypothesen - wie der Name schon sagt - für die Unterscheidung von haltbaren oder unzutreffenden Aussagen und damit für den Fortschritt von Erkenntnis zentral.
Doch zugleich misst er auch der Bewährung von Hypothesen eine Bedeutung für den Fortschritt von wissenschaftlicher Erkenntnis bei.
Nicht nur aus der Tatsache, dass eine Hypothese widerlegt ist, kann man eine sichere Erkenntnis gewinnen. Auch die Tatsache, dass eine Hypothese sich einstweilen bewährt hat, vermittelt uns Erkenntniss über Sachverhalte, Zusammenhänge und Kausalitäten.
Modifikation, Bewährung und Hintergrundwissen
Wird eine falsifizierte Hypothese modifiziert (und nicht eifach fallen gelassen) und in einer neuen Überprüfung (Falsifizierungsversuch) nicht falsifiziert, hat sie sich einstweilen bewährt. Hieraus "haben wir etwas Neues gelernt und können einen Fortschritt verzeichnen."
Der raffinierte Falsifikationismus hält vor diesem Hintergund fest: Fortschritte ergeben sich auch durch:
- die Falsifikation von behutsamne Hypothesen (Wiederlegung von etwas, was für selbstverständlich betrachtet wurde)
oder
- die Bewährung von kühnen Hypothesen (Bewährung von Unerwartetem).
Dabei gilt: Was als "kühn" oder "behutsam" zu betrachten ist, ist relativ. "Kühn" oder "behutsam" ist eine These immer im Lichte des bestehenden Hintergrundwissens. "Kühn" ist, was mit dem bestehenden Wissen kontrastiert oder von diesem ausgeschlossen wird.
Technologie in der Sozialen Arbeit
Technik bezeichnet generell eine kunstfertige, gezielte Beeinflussung von etwas. Technik setzt Erfahrungen und Knowhow, aber kein wissenschaftliches Wissen voraus.
Technologien sind komplexe Anwendungen (Produkte, Prozesse oder Programme), die einen Entwicklungsprozess mit typischen Schritten wie Design, Test und Evaluation voraussetzen. Für den Entwicklungsprozess werden wissenschaftliche Erkenntnisse herangezogen.
Psychosoziale Interventionen sind keine natürlich ablaufenden Prozesse, sondern geplante Eingriffe, die wissenschaftlich fundiert sind. Insofern stellt sich die Frage nach der technologischen Dimension.
Technologische Aussagen
Unter "technologischen Aussagen" verstehen wir hier Aussagen, die sich auf
- Methoden
- Verfahren
- Angebote
- bzw. Interventionen
beziehen und darüber informieren, inwiefern diese dazu geeignet sind, bestimmte Ziele zu erreichen.
Technologische Aussagen in der Sozialen Arbeit
Soziale Arbeit als Wissenschaft untersucht soziale Problemlagen und deren Bearbeitung durch die Soziale Arbeit.
Indem Sie die "Bearbeitung sozialen Problemlagen" untersucht, formuliert sie Aussagen dazu, welche Methoden, Verfahren, Angebiten oder eben Interventionen der Sozialen Arbeit zum Einsatz kommen
und
inwiefern diese Methoden, Verfahren, Angebote, Interventionen dazu beitragen können, die Ziele zu erreichen, die vorgängig mit dem Klienten/der Klientin vereinbart wurden.
Deshalb lässt sich sagen: Als Handlungswissenschaft hat Soziale Arbeit eine technologsiche Dimension: Handlunspläne (Methoden, Verfahren, Angebote) zu entwicklen
Technologische Aussagen 2
Soziale Arbeit als Profession will etwas bewirken, also absichtsvoll und gezielt dazu beitragen, die mit dem Klienten/der Klientin vereinbarten Ziele zu erreichen. Praxis Sozialer Arbeit will eine Wirkung erzeugen.
Wirkungsannahmen der SA lassen sich als technologische Aussagen verstehen
Notabene:
Häufig betonen Autoren, dass Soziale Arbeit als nicht-technologische Dienstleistung zu betrachten sei.
Für die Diskussion ist entscheidend, welcher Begriff von Technologie zu Grunde gelegt wird
Informationsgehalt von technologischen Aussagen
- Technologische Aussagen informieren über menschliche Handlungsmöglichkeiten
- Sie legen aber weder die Realisierung bestimmter Ziele, noch die Verwendung bestimmter Mittel nahe.
- Sie orientieren nur darüber, wie man bestimmte Wirkungen erzielen kann.
Bestimmung nach Hans Albert:
"Die technologische Formulierung einer empirischen Wissenschaft enthält nicht die Aufforderung, bestimmte Mittel zu verwenden, sondern nur die Behauptung, bestimmte Ziele könne man nicht erreichen, ohne die einen oder die anderen Mittel zu verwenden. (...)
Die Technologie nimmt dem Handelnden nicht die Entscheidung ab, auch nicht die über die anzuwendenden Mittel, sondern sie erleichtert ihm die Möglichkeitsanalyse. Sie beantwortet nicht die Frage: Was sollen wir tun?, sondern nur die andere Frage: Was können wir tun?"
Muster der technologischen Aussage
Wenn die Bedingung B realisiert ist, dann kann mit den Mitteln M verfahren werden, um ein gesetztes Ziel Z zu erreichen.
oder
Wenn Z erreicht werden soll, dann sind diese oder jene B zu realisieren und diese oder jene M zu verwenden.
Beispiel
Ziel: Reduktion von destruktiver Aggressivität bei straffällig gewordenen Jugendlichen
Bedingung B': Anstrengungsbereitschaft, Veränderungsmotivation
Bedingung B'': Einwilligung
Mittel M': Förderung, z.B. Training sozialer Kompetenz
Mittel M'': Konforntation, z.B. Anti-Aggressivitätstraining
Forschung über den Effekt von Interventionen
Forschung, die den Zweck verfolgt, gültige Aussagen über den Erfolg von Interventionen (der Sozialen Arbeit) zu machen, wird als Interventionsforschung bezeichnet.
Interventionsforschung nutzt unterschiedliche Forschungsmethoden und Studiendesigns, um Aussagen dazu formulieren zu können, ob eine Intervention zielführend ist.
Die Frage nach der Wirksamkeit einer (neuen) Intervention lässt sich nicht in einer Studie klären. Es sind in der Regel aufeinander aufbauende Studien notwendig.
Interventionsforschung als ein Zyklus von Forschung
Interventionsforschung umfasst deshalb unter anderem die Untersuchung,
- ob Interventionen gemäss Konzept durchgeführt werden können
- die Nutzerinnen und Nutzer damit erreicht werden können
in einzelnen Fällen die gesetzten Ziele damit erreicht werden können (single case design)
wie die Nutzerinnen und Nutzer die Intervention beurteilen
ob die Effekte auch in Kollektiven erreicht werden können und wie gross sie sind
ob mit einer bestimmten Intervention dieselben oder grössere Effekte erzielt werden können als mit einer anderen (randomisierte Kontrollstudien)
ob die Intervention auch nicht intendierte Effekte erzeugt
Die Frage nach dem Effekt in Kollektiven
Zur Klärung der Frage nach Effekten in Kollektiven werden in der Regel randomisierte Kontrollstudien durchgeführt.
Charakteristisches Design:
- Einteilung der Probanden
- in eine Gruppe, bei der die Intervention durchgeführt wird
in eine Gruppe, bei der keine bzw. eine andere Intervention durchgeführt wird
Zuteilung in die Gruppen durch Zufall
Messung der Werte auf der Zieldimension vor und nach der Intervention und Erfassung von Veränderungen
Die kritisch rationale "Natur" der randomisierten Kontrollstudien
Grundlegender Algorithmus: Erfassung von Veränderungen durch Vergleich von Werten auf der Zieldimension vor der Intervention und nach der Intervention
Die Studien sind hypothesenprüfend
Sie stellen jeweils eine so genannte Null-Hypothese auf: Bei der Interventionsgruppe gibt es keine Veränderung zwischen der Messung vor und nach der Intervention bzw. keine grössere als bei der Vergleichsgruppe.
Die Nullhypothese wird versucht zu falsifizieren.
Falsifikation der Null-Hypothese heisst: Die Behauptung, es könne kein Effekt erzielt werden, hat sich als falsch erwiesen.
Hinweise zur kritisch-rationalen "Natur" der randomisierten Kontrollstudien
Randomisierte Kontrollstudien können schlüssig aufzeigen, ob sich eine Wirkung einstellt.
Sie sind aber nicht in der Lage aufzuzeigen, wie, d.h. über welche Prozesse vermittelt, sich diese Wirkung einstellt und auch nicht notwendigerweise weshalb.
Voraussetzungen für Erklärungen
- Erklärungen setzen die Kenntnis von allgemeinen Sätzen voraus
- Das zu erklärende Ereignis muss empirischen Gehalt haben
- Das Explanandum muss logisch aus dem Explanans folgen
Das „covering law-Schema“
Covering-law-Schema
Beispiel:
Explanandum: Hans Müller prügelt sich mit Altersgenossen
Explanans:
Regularität:
Je geringer die Bildung und je grösser die Benachteiligung im sozialen Herkunftsmilieu einer Person, desto wahrscheinlicher ist das Auftreten von Gewaltverhalten
Randbedingung I:
Hans Müller hat im Rahmen des Bildungssystems der Schweiz eine geringe formale Bildung: Realschulabschluss und abgebrochene Anlehre
Randbedingung II:
Hans Müller entstammt dem sozialen Milieu der “pflichtbewussten Traditionalisten“ (Nideröst 2007), das in der Schweiz ein benachteiligtes Milieu bezeichnet.
Erweiterung des Schemas
Die Bedingung einer logischen, d. h. deterministischen Ableitung des Explanandum aus dem Explanans ist in den Sozialwissenschaften sehr selten erfüllt.
Eine Erweiterung, die auch soziale Phänomene besser erklärbar macht, erfährt das Schema durch statistische Erklärungen.
In statistischen Erklärungen gilt kein logischer Zusammenhang von Explanandum und Explanans, sondern ein wahrscheinlichkeitstheoretischer Zusammenhang.
Erforschung des Menschen
- Das Objekt der wissenschaftlichen Untersuchung ist immer auch ein Subjekt
- Menschen können planvoll vorgehen und - bis zu einem gewissen Grad - selbstbestimmt handeln
Die zukünftige Entwicklung von Individuen und Gesellschaften ist offen und nicht determiniert
Beispiel:
- Die Prognosen über den Ausgang von Wahlen haben in den letzten Jahrzehnten zugenommen
- Die publizierten Prognosen beeinflussen ihrerseits das Wahlverhalten
- Der Ausgang von demokratischen Wahlen bleibt offen
Besonderheiten sozialer Prozesse
Erklärungen und Prognosen unterliegen stärkeren Einschränkungen als in den Naturwissenschaften
Kausale Zusammenhänge sind in der Regel schwächer
Viele Phänomene sind nicht direkt beobachtbar
Begriff der Hermeneutik
hermeneuein = deuten, auslegen
= Kunstlehre der Auslegung von Texten sowie Lebensäusserungen aller Art (Musikwerke, Kunstwerke, historische Quellen etc.)
Wilhelm Dilthey
- "Die Natur erklären wir (äussere Beobachtung), das Seelenleben verstehen wir (innere Erfahrung)"
- Dualismus von Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften -> Erklären-Verstehen-Kontroverse
- strebt allgemeine Erkenntnistheorie an
Dilthey Erkenntnistheorie
- Natur wird in äusseren Erfahrungen sinnlich wahrgenommen
- Die geistigen Tatsachen werden in inneren Erfahrungen erlebt
- Wahrgenommenes und Erlebtes wird gleichermassen mittels logischer Operationen bearbeitet
Methodologie zur Erforschun menschlicher Lebenswirklichkeit
- innere Erlebnisse sind für andere nicht unmittelbar zugänglich
- Ein Individuum verleiht einem Erlebnis durch geistige Tätigkeit eine Bedeutung, einen Sinn
- Sinn- und Bedeutungsstrukturen finden Ausdruck in Objektivationen (z.B. Sprache, Gesten, Texte, Kunstwerke)
- Erlebnisse können so nacherlebt werden ("Verstehen")
Thesen zum "Verstehen"
- Verstehen ist an Kommunikation gebunden
- Verstehen (und Nicht-Verstehen) ist ein Alltagsphänomen. Hermeneutik ist wissenschaftliches Verstehen
- Wissenschaftliches, methodisches Verstehen setzt ein ausdrucksmateriales Datum voraus ("Protokollsatz") -> empirisch "aufgezeichnet" / muss darauf zurückgreifen können!
- Verstehen baut auf Vorwissen und Vorerfahrungen auf, hat also eine Zirkelstruktur