Grundzüge des Rechts

Grundzüge des Rechts HS24, ETH Zürich

Grundzüge des Rechts HS24, ETH Zürich


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Flashcards 299
Language Deutsch
Category Law
Level University
Created / Updated 11.08.2025 / 12.08.2025
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Ein "Juristisches Weltmodell"

Rechtssubjekte stehen in vielfältigen Beziehungen zueinander; diese Beziehungen sind Rechtsverhältnisse.

Die Rechtsnormen bestimmen Art, Struktur und Grenzen dieser Verbindungen.

Rechtsgeschäfte wirken als Operatoren, die den Beziehungsgraphen verändern, indem sie Rechtsverhältnisse schaffen, modifizieren oder aufheben.

Rechtssetzungsakte (Gesetze, Verordnungen etc.) transformieren den Rechtsraum selbst, indem sie die zugrunde liegenden Regeln und Möglichkeiten neu definieren.

Rechtsnormen

Allgemeinverbindliche Regeln, die von einer zuständigen Behörde erlassen werden und deren Einhaltung notfalls mit staatlichem Zwang durchgesetzt werden kann.

Verfassung

Gesetze
Vom Parlament (Bund, Kanton) beschlossen
Setzen Grundregeln, verteilen Zuständigkeiten, schaffen Rechte und Pflichten

Verordnungen
Von der Exekutive (Bundesrat, Regierungsrat) gestützt auf ein Gesetz erlassen.
Konkretisieren Gesetze --> regeln Details der Anwendung
Verbindlich, dürfen Gesetz/Verfassung nicht widersprechen

Reglemente
Meist auf Gemeindeebene oder in Organisationen
Legen organisatorische Abläufe oder spezifische Vorschriften fest, of auf Basis eines Gesetzes/Verordnung.

Bestimmungen
Oberbegriff für jede einzelne Regel innerhalb eines Gesetzes/Verordnung/Reglements.

Hierarchie der Rechtsquellen (3)

Gesetzesrecht > Gewohnheitsrecht > Richterrecht

Richterrecht

Von Gerichten entwickelte Rechtsregeln, wenn kein Gesetz oder Gewohnheitsrecht eine Frage beantwortet.

Gerichtsurteile als Richterrecht:

Bundesgericht
Entscheide prägen das Richterrecht landesweit --> oft Leitentscheide

Kantonale obere Gerichte
Prägen Richterrecht innerhalb des Kantons

Untere Gerichte
Schaffen kaum verbindliches Richterrecht

 

Präzedenzfall

Der Präzedenzfall ist im Grunde das Bindeglied zwischen einem Urteil und dem daraus entstehenden Richterrecht.

Normenhierarchie

Bundesverfassung (BV)

Bundesgesetze (BG)

Bundesverordungen (BVe)

Kantonsverfassungen

Konkordate (interkantonal, falls Kanton beigetreten)

Kantonale Gesetze

Kantonale Verordnungen

Gemeindereglemente / -verordnungen

Normenkollision und Normenhierarchie (4 Achsen)

1. Gebietskörperschaft (vom Grösseren zum Kleineren)

Völkerrecht > Landesrecht;
Bundesrecht > interkantonales Recht > kantonales Recht > kommunales Recht

2. Demokratische Legitimation des erlassenden Organs

Verfassung (obligatorisches Referendum) >
Gesetz (fakultatives Referendum) >
Verordnung (ohne Referendum)

3. Zeit

Das neuere Recht geht dem älteren vor ("lex posterior")

4. Spezialität

Besondere Regelungen > allgemeine Regelung ("lex specialis")

 

Verhältnis der Achsen
1 > 2 > 3 >≈ 4
Zwischen 3 und 4 nicht eindeutig bestimmt --> Auslegungsfrage!

Zwingende und dispositive Normen

Zwingende Normen
Regeln, von denen nicht abgewichen werden darf
- weder durch Vertrag noch durch untergeordnete Rechtsakte

Dispositive Normen
Gelten nur, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben

Bundesgesetz

Vom Parlament (Legislative) beschlossen.

Schuldverhältnis im engen Sinn

Mikroebene: Obligation
umfasst nur eine einzelne Forderung bzw. Schuld

Schuldverhältnis im weiten Sinn

Oft ganze Palette von Rechten und Pflichten (Makroebene)

Materielles Recht

Was ist rechtens.

Formelles Recht

Wie man zu seinem Recht kommt. (Verfahrensrecht)

Achse des erlassendes Organ

Verfassung > Gesetz > Verordnung
Nach demokratischer Legitimation
Referendum: obligatorisch > fakultativ > ohne

Rechtssubjekte / Rechtsträger

Träger von Rechten und Pflichten

Jede Organisation oder Person kann Rechtsträger sein

Gliederung:

  • Natürliche Personen
  • Juristische Personen
  • Rechtsträger ohne eigene Rechtspersönlichkeit

Juristische Personen

Unkörperliche Rechtssubjekte (Auch "Verbandspersonen")

Gliederung:

Privatrechtlich
z.B. AG, GmbH, Verein, Stiftung

Öffentlich-rechtlich
z.B. Bund, Kantone, Gemeinden, Anstalten

Vertragsrecht - Dominierendes Prinzip

Privatautonomie mit Teilgehalt Vertragsfreiheit

Dispositives und zwingendes Recht

Unterscheide *dispositives* (Grundsatz) und *zwingendes* Vertragsrecht.

Willenserklärung (Def, Arten, Auslegung)

Innerer Willen + äussere Erklärung
Arten: Ausdrücklich und konkludent
Auslegung: Primär Willensprinzip, Sekundär Vertrauensprinzip (nur bei Zweifeln)

Willensprinzip

Es gilt der *wirkliche* Wille des Erklärenden

Vertrauensprinzip

Willenserklärung gilt so, wie sie eine vernünftige Person in der Situation der Erklärungsempfängerin verstehen durfte und musste.

Angebot

Erste Willenserklärung (Sender)
Muss detailliert sein --> alle wesentlichen Punkte beinhalten
Bindungswille muss vorliegen

Annahme (Definition + 3 Arten)

Zweite Willenserklärung (Empfänger)

Arten:

  • ausdrücklich
  • konkludent
  • durch Schweigen (in Ausnahmefällen)

Konkludent

durch Verhalten ausgedrückt, ohne Worte

Konens - Arten

Natürlicher Konsens

Normativer Konsens

Dissens

Natürlicher Konsens

Beide Parteien wollen dasselbe

Normativer Konsens

Wenn innere Willen nicht übereinstimmen, aber der Erklärungsempfänger aber eine Erklärung in einem bestimmten Sinne verstehen durfte und hat (Vertrauensprinzip)

Erklärungsirrtum

Person wird an einer Erklärung behaftet (durch Vertrauensprinzip), die nicht ihrem wirklichen Willen entspricht. --> ermöglicht Anfechtung

Wesentliche Punkte

Objektive wesentliche Punkte (Merkmale für Vertragstyp, Leistung und Gegenleistung, Bezeichnung der Parteien)
Natürlicher oder normativer Konsens in den wesentlichen Punkten --> Vertrag kommt zustande

Nebenpunkte

Alle nicht objektiv wesentlichen Punkte.
Aber: können subjektiv wesentlich sein! (für eine Partei)

Dissens

Wenn nicht in allen wesentlichen Punkten (objektiv und subjektiv) Konsens vorliegt
--> Vertrag kommt nicht zustande

Gültigkeitsvoraussetzungen (Vertrag)

Hinsichtlich der Form: Formfreiheit, jedoch gesetzliche Formvorschriften oder vertragliche Formvorbehalte
Hinsichtlich des Inhalts

Culpa in contrahendo

Vorvertragliche Haftung bei Vertragsverhandlungen
--> Rechtsfolge: Schadenersatz, evtl. Recht zur Aufhebung des Vertrags

Nichtleistung

Leistung wird überhaupt nicht erbracht.

Endgültige Nichtleistung
Gläubiger kann entscheiden zwischen

  • Erfüllung
  • Strafe (bei Konventionalstrafe)
  • Schadenersatz

Spätleistung

Leistung ist verspätet, wird aber noch angenommen.

 

Schuldnerverzug

Der Schuldner ist zu spät dran, obwohl er leisten könnte.

Schlechtleistung

Leistung kommt, aber mangelhaft.

Gläubigerverzug

Der Gläubiger nimmt die angebotene, richtige Leistung nicht an, obwohl er müsste.

Ursprüngliche und nachträgliche Unmöglichkeit

Ursprünglich
Leistung war nie möglich - auch nicht theoretisch

Nachträglich
Leistung wird nach Vertragsabschluss unmöglich

Objektive und subjektive Unmöglichkeit

Objektiv
Niemand kann die Leistung erbringen

Subjektiv
Nur für diesen Schuldner unmöglich