Methoden

Psychologie Uni Würzburg Methoden Vorlesung SS und WS

Psychologie Uni Würzburg Methoden Vorlesung SS und WS


Kartei Details

Karten 274
Lernende 28
Sprache Deutsch
Kategorie Psychologie
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 10.01.2021 / 07.06.2025
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Was sind Methodologien?

Allgemeine Verfahrensweisen, die weitgehend unabhängig vom Forschungsgegenstand sind (Bsp. experimentelle vs. korrelative forschung, quantitativ vs. qualitativ, Theorienbildung etc.)

gr. methodos: nachgehen, verfolgen

gr. logos: Wort, Lehre

Was sind Methoden?

Konkrete Verfahrensweisen der Datengewinnung, für best. Forschungsgegenstand konzipiert (Bsp. physiologische Methoden, Verhaltenserfassungen, Beragungen, Erschließung nicht beobachtbarer mentaler Strukturen und prozesse)

"planmäßiges und systematisches Vorgehen beim Versuch, ein Ziel zu erreichen" (Regeln, Ziel: Antwort auf Frage finden)

Wie sieht der empirische Zirkel bei Methodologien/ Methoden aus? (Komponenten)

Vorhersage (partikuläre Aussage) --> Test --> Boebachtung (partikuläre Aussage) --> Induktion --> Schlussfolgerung (Allaussage) --> Deduktion (auf Vorhersage zurück)

Welche Schritte beinhaltet der Stufenplan zur Studiendurchführung?

1. Fragestellung (Problem)
2. (Sach-)Hypothesen
3. Operationalisierung
4. Versuchsplan
5. Kontrolle der Störvariablen
6. Stichprobe
7. Empirische Vorhersage und statistische Hypothese
8. Durchführung
9. Auswertung der Daten
10. Schluss auf die Sachhypothese
11. Diskussion der Ergebnisse für Theorie und Praxis
12. Bericht

Was sind Möglichkeiten wissenschaftlicher Beobachtung (von psychologischem VH)?

Tests (standardisiert)
VH-Beobachtung
Physiologische/ Neurowissenschaftliche Verfahren (UV oder AV)
Verhaltensspurenanalyse (Briefe, Tagebuch etc.)
Befragungen

Was ist der Unterschied zwischen Labor- und Feldforschung?

Laborforschung: "sichere" Erkenntnisse (interne Validität, Ausschluss von Alternativerklärungen, Ursache-Wirkungszusammenhänge)

Feldforschung: "Realitätsnahe Erkenntnisse" (externe/ ökologische Validität)

Was sind typisch gemessene (psychologische) Verhaltensweisen?

Reaktionszeiten und Fehler

Was können Ziele der Verhaltensmessung sein?

- Bestimmung von Wahrnehmungsleistungen (z.B. Psychophysik)
- Bestimmung von kognitiven Verarbeitungsprozessen (Kognitionspsychologie im engeren Sinn)
- Spezifikation neuronaler Mechanismen
- Bestimmung von motorischen Kontrollprozessen (motor control)  
--> Input, Throughput & Output als „Ziele“ der Messung

Welche Effektorsysteme werden in der Psychologie vermessen?

  • Manuelle Reaktionen und Fehler
  • Handbewegungen/ motorische Muster (motion capture etc.)
  • Blickbewegungen/ Pupillometrie
  • Sprachbezogene VH-Maße (Rezeption und Produktion)
  • Gestik, Mimik, Fußbewegungen etc.

Wie kann man "Leistungsmessung" definieren?

Objektive Ermittlung der Fähigkeit einer Person, die an objektiven Kriterien beurteilbar ist (bspw. richtig/ falsch)

(Leistung als Teilmenge von VH)

Wie kann man bottom-up und top-down Prozesse unterscheiden?

bottom up-Prozesse: Verarbeitungsprozesse, die durch die aktuell vorhandenen physikalischen Merkmale bestimmt werden

top down-Prozesse: Verarbeitungsprozesse, die durch Gedächtnisinhalte oder den Kontext bestimmt werden

Wie kann man "Psychophysik" definieren?

Erforschung der Schnittstelle zw. Physischem und Psychischem (Fechner: "exakte Lehre von den Beziehungen zw. Leib und Seele") 

-äußere Psychophysik: äußerer/ distaler Reiz in der Umwelt (1. Schritt)
-innere Psychophysik: innerer/ proximaler Reiz = Muster sensorischer Aktivität, die durch den distalen Reiz bestimmt wird (2. Schritt)
--> Wahrnehmung

Was besagt die Signalentdeckungstheorie?

2x2 Matrix --> Signal an vs. aus, Reaktion ja vs. nein (Treffer, Auslasung, falscher Alarm oder korrekte Zurückweisung)
--> Tendenzen von Ja-Sagern vs. Nein-Sagern in Matrix sichtbar (response bias)

Jemand, der alle Signale entdeckt, muss kein guter „Signalentdecker“ sein…

Wichtige Maße: 
Sensitivität: d' = z(Treffer) - z(falscher Alarm)
Response bias: c = -0,5* (z(falscher Alarm) + z(Treffer)), ebenfalls gebräuchliches Maß für response bias: β

Beschreibe die Grundidee der menatalen Chronometrie nach Donders und seine Substraktionsmethode.

Analyse und Vergleich von Reaktionszeiten bei versch. basalen Aufgaben (Reaktionszeitexperimente)

Substraktionsmethode: Durch Subtraktion der Reaktionszeiten voneinander lassen sich die Dauern kognitiver Prozesse (z.B. „Reizklassifikation“ und „Reaktionsauswahl“) bestimmen (pure insertion-Annahme)

(Geburtsstunde der experimentellen Kognitionspsychologie)

-logische (nicht-empirische) Aufgabenanalyse, um mentale Prozessbestandteile herauszufinden
-empirische RT-Messung (Substraktionsmethode) für zeitliche Vermessung

Welche Grundannahme vertritt die kognitive Psychologie?

Repräsentationsannahme: Struktur des Geistes ähnlich der Struktur der Außenwelt (analoge Repräsentation in unserem Geist)

vgl. mental travel Versuch (mentaler Vergleich von Entfernungen versch. Orte--> für längere Distanzen braucht man mehr Zeit)

Welche Annahme liegt der Erfassung visueller Kognition durch Eye-Tracking zugrunde und welche Probleme ergeben sich eventuell dabei?

Eye-Mind assumption/ immediacy assumption -->Idee: mental verarbeitet wird stets das, was gerade fixiert wird

Probleme:
- mögliche parallele Verarbeitung
-parafoveal pre-processing (noch nicht fixierte Inhalte werden schon verarbeitet)
-Spillover (vormals fixierte Inhalte werden noch verarbeitet)
-"Look but failed to see"-Phänomene

Welche kognitionspsychologischen Methoden gibt es?

  • Introspektion
  • Behaviorismus
  • mentale Chronometrie (Substraktionsmethode, additive Faktoren Methode, mentale Rotation, Vergessen, memory scanning, subliminales Priming)
  • Einstellungs-VHs-Lücke
  • Intelligenzmessung

Was ist der Unterschied zw. kognitiven Neurowissenschaften und kognitiver Neuropsychologie?

wissenschaft: Kombi von kogn. Methoden mit neurowissenschaftlichen Verfahren --> mentale Prozesse, die täglichen Fähigkeiten unterliegen herausfinden und dazu Hirnkorrelate finden (Abbildung des "neural Information flow")

psychologie: Durch Gehirnverletzungen verursachte kognitive Probleme (Patienten) --> Klärung kognitiver Funktionen durch neuropathologische Befunde
--> 
Struktur kognitiver Leistungen bei Gehirnverletzten erklären durch Theorie/Modell über normale kognitive Funktionsweisen
-->Aus Gesetzmäßigkeiten werden Schlussfolgerungen über allgemeinpsychologische kognitive Fähigkeiten gezogen

Problem: Neuroplastizität

Zu was würde eine Broca- vs. Wernicke Läsion wahrscheinlich führen?

Broca: verstehen aber nicht sprechen können

Wernicke: sprechen aber nicht verstehen können (nur bei hören! lesen schon)

beides linksseitig (Hämisphärendominanz)

Beschreibe den Unterschied zw. einfacher und doppelter Dissoziation und Assoziationen

Einfache Dissoziation:
Aufgabe 1: Worte lesen, Aufgabe 2: Gesichter wiedererkennen; Patient X: kann schlecht lesen, aber gut Gesichter erkennen Fazit: separate (dissoziierte) kognitive Module? Problem: Könnte auch ein gemeinsames (visuelles) Modul sein, nur die Aufgaben sind unterschiedlich schwierig…

Doppelte Dissoziation:
Zusätzlicher Patient Y: kann schlecht Gesichter erkennen, aber gut lesen Fazit: separate (dissoziierte) kognitive Systeme (sog. „Königsweg“ der neuropsychologischen Theoriebildung, vgl. auch Broca/Wernicke)

Assoziationen:
(zwischen Symptomen)
Patient hat Einbuße in Aufgabe 1 und auch in Aufgabe 2 --> Fazit: Beide Prozesse in einem System/Modul repräsentiert? Problem: Fehlschluss, da auch andere Dinge dafür verantwortlich sein könnten, dass zwei Aufgaben beeinträchtigt sind, z.B. Läsion (= Hirnschädigung) betrifft zwei unabhängige (aber durch eine Läsion betroffene) Module

Beschreibe das Problem von "reverse inference" in den kognitiven Neurowissenschaften

Schließen von Hirnaktivitäten auf mentale Prozesse --> Verbinden von mentalen Prozessen aufgrund von Befunden von Aktivität eines Hirnareals für zwei Verschiedene mentale Prozesse--> logisch inkorrekte Deduktion, dass diese mentalen Prozesse zusammenhängen müssen

Warum kann keine Ablösung von Kognitionspsychologie durch Neurowissenschaften erwartet werden?

Psychologisch sind neurowissenschaftliche Methoden meist nur interessant vor dem Hintergrund von Verhaltenskorrelaten (bzw. Korrelaten zu mentalen Prozessen, die ihrerseits aus Verhalten erschlossen werden

aber: manchmal keine Verhaltensdifferenzen (reverse inference), Möglichkeit von gleichen physiologischen Prozessen bei versch psychologischen Korrelaten und umgekehrt

Was sind sog. "Box & Arrow" Modelle oder "Hifi-Anlagen Pradigmen"?

Boxen mit distinkten Aufgaben, durch Pfeile miteinander verbunden, um ein Verarbeitungssystem zu repräsentieren (teilweise wurden dabei auch Annahmen über korrespondierende lokalisierbare Hirnzentren integriert)

Probleme/ Grenzen: Kein Vokabular für Prozesse, die im Modell stattfinden; schwierige Falsifizierbarkeit; Ad-hoc Veränderungen der Modelle bei widersprüchlicher Evidenz

Was besagt die Modulhypothese zur Organisation mentaler Prozesser? und welche Eigenschaften besitzen diese Module (laut Fodor)?

versch. kogn. Prozesse in unterschiedlichen Modulen organisiert (Bsp. Gesicherterkennen vs. Lesen)

Eigenschaften der Module:
1. Verkapselung (Unabhängigkeit und Unkenntnis voneinander)
2. Spezifität
3.Verbindlichkeit (unwillkürliche Verarbeitung)
4. Angeborenheit
5. Peripherität

Welche Alternative gibt es zur Modulhypothese (in der Kognitionspsychologie)?

Parallel distributed processing (PDP):

-Modellierung von Kognitionen durch neuronale Netze
-Verbindungsstärken zwischen den Einheiten unterschiedlich
-partielle Aktivitäten (nicht alles oder nichts)
-Interkonnektivität (exzitatorisch/ inhibitorisch)

Was sind nicht direkt untersuchbare Voraussetzungen in der kognitiven Neuropsychologie?

1. Modulhypothese

2. Isomorphismus von Kognition und physiologischen grundlagen (lokalisierung von psychischen Funktionen auf anatomischen Zentren)

3. Transparenz (pathologische Leistung als valider Indikator für die Störung eines kognitiven Systems)

Wie lassen sich qualitative Verfahren der Forschung definieren?

Qualitative Verfahren erlauben es, durch inhaltsanalytische Verfahren Kategorien zu bilden (z.B. Argumente), die dann weiter quantitativ (z.B. bzgl. Anzahl der Nennung über Probanden) vermessen werden können 

.. als Untermenge der quantitativen Forschung
... als verstehende Wissenschaft
... als theoretischer Fortschritt/ Grundlage von Theorien

Was sind Grundannahmen der kognitiven Metapherntheorie?

Metaphern bestimmen Sicht aufs Leben

allgemeiner Metaphernbegriff (sie verstecken sich überall)

Metaphern wirken sich auf Wahrnehmung, kognitive Prozesse, Entscheidungen und Handlungen aus

Was ist ein Experiment?

ideales Hypothesenbeurteilungsverfahren:
Testung kausaler Hypothesen --> Schluss auf Ursache (UV, zeitlich vorgelagert)

Kriterien:
-Willkürlichkeit (Eingreifen)
-Isolierte Manipulation (Ausschalten SV)
-Replizierbarkeit
-Aufmerksamkeit (des Experimentators)

Randomisierung (zentrale Kontrolltechnik)

Definiere den Begriff "Randomisierung"

Zufällige Zuordnung der Untersuchungseinheiten (Probanden) auf die Bedingungen der UV (Versuchsbedingungen)

Ziel: Validitätssicherung

Definiere die Variablentypen UV, AV, SV

UV: Vom Experimentator aktiv variiert (engl. auch: treatment, factor) in min. 2 Ausprägungen (auch Stufen/Bedingungen)

AV: Reaktion auf die Bedingungen der UV (abhängig von Versuchsbedingungen)

SV: mit UV korrelierende (konfundierte) Variable, die vermutlich auch die AV beeinflussen könnte, so dass man (ohne weiteres) nicht weiß, ob sie und/oder die UV für die Effekte in der AV verantwortlich ist

Welche ausgewählten theoretischen Hintergründe gibt es zur qualitativen Forschung?

- Hermeneutik (Auslegekunst, Verstehen als Methode)
- Phänomenologie (Dinge als reines Phänomen im Bewusstsein, vgl. Husserl)
- Aristoteles: causa finalis (vs. causa efficiens)
- Introspektion als Methode (Würzburger Schule)
- symbolischer Interaktionismus, sozialer Konstruktivismus
- kritische Psychologie (Kritik an wissenschaftlichem Ansatz)

Was wäre ein ausgewähltes qualitatives Methodenrepertoire?

- qual. Einzel- oder Gruppeninterviews/-fragebögen (typischerweise leitfadenbasiert)
- qual. Inhaltsanalyse - moderierte qual. Gruppendiskussionen
- Rollenspiele
- teilnehmende Beobachtung (Einzelfall, Gruppen) im Feld (Achtung: „going native“?)
- non-reaktive Verfahren
- Biografieforschung
- Selbsterfahrung/-beobachtung
- Quellenstudium (Verhaltensspuren)
- projektive Persönlichkeitstests
- Grid-Techniken zur Erfassung persönlich relevanter Konstruktsysteme 

Was sind die verschiedenen Arten eines Experiments?

  • Prüfexperiment (Hypothesenprüfung)
  • Erkundungsexperiment (pilot/ exploratory study --> Variation UV ohne klare Hypothese vorher)
  • Vorexperiment --> vor eig. Experiment, um Operationalisierungen und Durchführung zu testen
  • uni- vs. multifaktorielles Experiment (eine vs. mehrere UVn)
  • uni- vs. multivariates Experiment (eine vs. mehrere AVn)
  • Labor- vs. Feldexperiment (Labor: bessere SV Kontrolle, weniger generalisierbar, Feld: generalisierbarer, weniger Kontrolle)
  • Echtes Experiment (mit Randomisierung) vs. Quasiexperiment (keine Randomisierung möglich)

Wie kann man eine Korrelationsstudie definieren?

Es werden zwei (oder mehr) Variablen erhoben, und es wird nach Zusammenhängen geschaut

Was besagt der Korrelations-Kausalitäts-Fehlschluss?

Bei korrelativen (anstelle von experimentellen) Studien besteht stets
1.) die Möglichkeit beider Wirkrichtungen zwischen zwei Variablen sowie
2.) die Möglichkeit der Wirkung einer dritten Variablen, die a) mit der vermeintlichen UV zusammenhängt und b) die tatsächliche Ursache der AV ist. Diese Drittvariable nennt man dann Störvariable (SV)

Was sind Ziele der Wissenschaft?

Beschreibungen (Sammlung von Tatsachenwissen/Beschreibungen) – Antwort auf Was-Fragen: konkrete Beobachtungssätze
Erklärungen (Verweis auf Gesetze und/oder Theorien) – Antwort auf Warum-Fragen: allgemeine Zusammenhänge zwischen Variablen
Vorhersagen (Verweis auf Gesetze)

Was sind drei Satztypen in der Wissenschaft?

1) Beschreibungen (Beobachtungssätze, Protokollsätze, Basissätze)

2) Gesetzmäßigkeiten (Zusammenhänge, Wenn-Dann, "Effekte")

3) Theoretische Erklärungen ("Deutung" von Gesetzen)

Welche 3 Klassen von Variablen gibt es in der Psychologie?

1) Stimulusvariablen (Input)

2) Organismusvariablen (Throughput)

3) Reaktionsvariablen (Output)

Welche Formulierungsvarianten von Hypothesen gibt es?

  • Formulierung als Variablenzusammenhang (Zusammenhangshypothese; wenn Kausalwirkung behauptet wird auch "Veränderungshypothese")
  • Formulierung als Gruppenunterschied (Unterschiedshypothese)
  • Formulierung als Wenn-Dann-Satz (Konditionalsatz; Kann zusätzlich auch Kausalzusammenhang behaupten)