SchKG - Anfechtung
Art. 285 - 292 SchKG
Art. 285 - 292 SchKG
Fichier Détails
Cartes-fiches | 72 |
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Langue | Deutsch |
Catégorie | Droit |
Niveau | Autres |
Crée / Actualisé | 27.10.2020 / 07.06.2023 |
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Welchen Zwecken dient die Anfechtung gemäss Art. 285 ff. SchKG?
- Wiederbeschaffung "entzogener" Vermögenswerte
- Rückgängigmachen von Begünstigungen an Dritte oder einzelne Gläubiger
- Gläubigerschutz- und Gläubigergleichbehandlung (Sachen zurückholen)
Was kann Gegenstand einer Anfechtungsklage sein?
Lediglich vermögensmindernde Rechtshandlungen, welche der Schuldner vor der Pfändung bzw. vor der Konkurseröffnung vorgenommen hat, d.h. in einem Zeitpunkt, in welchem er über sein Vermögen noch frei verfügen konnte.
Weshalb sind nach der Pfändung bzw. der Konkurseröffnung vorgenommene Rechtshandlungen nicht nach Art. 285ff. SchKG anfechtbar?
Weil der Schuldner über Vermögenswerte, die dem Pfändungs- bzw. Konkursbeschlag unterliegen, ohnehin nicht mehr rechtsgültig verfügen kann.
Sollte der Schuldner (ohne ausdrückliche Bewilligung des Vollstreckungsorgans) über gepfändete bzw. dem Konkursbeschlag unterliegende Vermögenswerte verfügen, macht er sich nach Art. 169 StGB strafbar (sogenannte Verstrickungsbruch).
Inwiefern ist die Anfechtung nach Art. 285 ff. SchKG in zeitlicher Hinsicht begrenzt?
Die Anfechtung ist auf den Zeitraum begrenzt, innert welchem von Gesetzes wegen der Verdacht besteht, dass der Schuldner seinen wirtschaftlichen Ruin voraussieht und seine Gläubiger schädigen oder zumindest einzelne von ihnen bevorzugen will. Diese Frist nennt man Verdachtsperiode.
Diese Verdachtsperiode umfasst den Zeitraum eines Jahres vor der Pfändung oder der Konkurseröffnung; bei der sogenannten Absichtsanfechtung beträgt sie sogar fünf Jahre.
Was wird bei der Berechnung der Verdachtsperioden gemäss Art. 288a SchKG nicht mitberechnet?
- die Dauer einer vorausgegangenen Nachlassstundung;
- bei der konkursamtlichen Liquidation einer Erbschaft die Zeit zwischen dem Todestag und der Anordnung der Liquidation
- die Dauer der vorausgegangenen Betreibung
Inwiefern ist die Anfechtung von Vermögensverfügungen des Schuldners in sachlicher Hinsicht begrenzt?
Im Interesse des Geschäftsverkehrs sind die anfechtbaren Handlungen in Art. 286 ff SchKG. abschliessend aufgezählt. Zu unterscheiden sind drei verschiedene Tatbestandsgruppen:
- die Schenkungsanfechtung (Art. 286 SchKG; Schenkungspauliana);
- die Überschuldungsanfechtung (Art. 287 SchKG; Überschuldungspauliana);
- die Absichtsanfechtung (Art. 288 SchKG; Deliktspauliana).
Was kann mit der Schenkungspauliana angefochten werden?
Alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen des Schuldners, welche dieser innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat. Hiervon ausgenommen sind übliche Gelegenheitsgeschenke.
Den Schenkungen gleichgestellt sind:
- Rechtsgeschäfte, bei denen der Schuldner eine Gegenleistung erhalten hat, die zu seiner eigenen Leistung in einem Missverhältnis steht (sogenannte geschmischte Schenkung).
- Rechtsgeschäfte, durch die der Schuldner für sich oder einen Dritten eine Leibrente, ein Pfrund, eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht erworben hat.
Mit der Schenkungspauliana können unter anderem unentgeltliche Verfügungen des Schuldners, welcher dieser innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat, angefochten werden.
Wann liegt eine unentgeltliche Verfügung vor?
Wenn der Schuldner eine Leistung erbringt oder eine Verpflichtung eingeht, ohne dass er hierzu rechtliche verpflichtet ist und ohne dass er hierfür eine Gegenleistung erhält.
Bei der Schenkungspauliana geht es um Leistungen oder Verpflichtungen, die zu einer Verminderung der Aktiven oder der Vermehrung der Passiven führen.
Mache einige Beispiel für solche Leistungen und Verpflichtungen:
- Schuldner geht eine Bürgschaft ein
- Pfandbestellung für eine fremde Schuld
- Zahlung oder Sicherstellung einer fremden Schuld
- Verzicht auf die Erbenstellung
Warum bedürfen noch nicht vollzogene Schenkungen nicht der Anfechtung nach Art. 286 SchKG?
Durch die Austellung eines Verlustscheins bzw. die Konkurseröffnung wird jedes Schenkungsversprechen von Gesetzes wegen aufgehoben (Art. 250 Abs. 2 OR).
Den Schenkungen werden Rechtsgeschäfte gleichgestellt, durch die der Schuldner für sich oder einen Dritten eine Leibrente, ein Pfrund, eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht erworben hat.
Diesfalls liegt an sich kein Schenkungselement vor. Worin gründet dann die Anfechtbarkeit?
Die Anfechtbarkeit gründet darauf, dass die entsprechenden Vermögenswerte einer späteren Zwangsvollstreckung entzogen werden.
Art. 286 Abs. 3 SchKG sieht eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung vor, falls die Handlung zugunsten einer dem Schuldner nahestehenden Person erfolgte.
Wer muss also was beweisen?
Die begünstigte Person hat zu beweisen, dass das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung in keinem Missverhältnis stand.
Art. 286 Abs. 3 SchKG sieht eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung vor, falls die Handlung zugunsten einer dem Schuldner nahestehenden Person erfolgte.
Wer gilt als nahestehende Person des Schuldners?
Natürliche oder juristische Personen, so etwa Verwandte und Freunde, als auch Gross- oder Mehrheitsaktionäre.
Als nahestehende Personen im Sinne von Art 286 Abs. 3 SchKG gelten demnach auch Gesellschaften eines Konzerns.
Gegen welche Rechtshandlungen richtet sich die Überschuldungspauliana?
Rechtshandlungen des Schuldners, die dieser zu einem Zeitpunkt vorgenommen hat, in welchem er bereits überschuldet gewesen ist, und durch welche einzelne Gläubiger gegenüber den anderen Gläubigern bevorzugt wurden.
Diese Rechtshandlung muss innert einem Jahr vor der Pfändung oder Konkurseröffnung erfolgt sein.
Wann liegt eine Überschuldung vor?
Wenn die Gesamtheit der Passiven die Gesamtheit der pfändbaren Aktiven übersteigt.
Wer hat bei der Überschuldungspauliana was zu beweisen?
Der Anfechtende hat die Überschuldung nachzuweisen.
Welche Rechtshandlungen sind bei der Überschuldungsanfechtung anfechtbar?
- die nachträgliche Bestellung von Sicherheiten für bereits bestehende Verbindlichkeiten, zu deren Sicherstellung der Schuldner nicht schon früher verpflichtet war (Beispiel: Der Schuldner bestellt nachträglich ein Pfandrecht für eine bereits bestehende Schuldverpflichtung)
- die Tilgung einer Geldschuld auf ungewohnte Weise, d.h. nicht durch Bargeld oder mit den üblichen Zahlungsmitteln
- die Bezahlung einer noch nicht fälligen Schuld
Wann ist die Überschuldungsanfechtung gemäss Art. 287 Abs. 3 SchKG ausgeschlossen?
Wenn Effekten, Bucheffekten oder andere an einem repräsentativen Markt gehandelte Finanzinstrumente als Sicherheit bestellt wurden und:
- sich der Schuldner bereits früher verpflichtet hat, die Sicherheit bei Änderungen im Wert der Sicherheit im Betrag der gesicherten Verbindlichkeit aufzustocken;
- er sich das Recht einräumen liess, eine Sicherheit durch eine Sicherheit gleichen Wertes zu ersetzen
Die Überschuldungsanfechtungsklage soll die Sanierung von Privaten und Unternehmen nicht verunmöglichen. Sie hat nicht den Zweck, alle Versuche zur Rettung des Schuldners unmöglich zu machen oder stark zu gefährden.
Was ist deshalb von der Anfechtungsklage ausgeschlossen?
Sanierungsdarlehen, wenn sie zum besonderen Zweck der Sanierung gewährt worden sind und nicht bloss mit der Absicht, Geld kurzfristig und zu hohem Zins anzulegen.
Welche Rechtshandlungen können mit der Deliktspauliana angefochten werden?
Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem anderen Teile erkannbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen.
Welche Voraussetzung muss für die Deliktspaulia erfüllt sein?
- Es muss eine Gläubigerschädigung vorliegen. Diese liegt in der Beeinträchtigung der Exekutionsrechte eines Gläubigers, indem dessen Befriedigung im Rahmen der General- oder Spezialexekution oder dessen Stellung im Vollstreckungsverfahren wegen der Bevorzugung eines anderen Gläubigers oder eines Dritten beeinträchtigt wird.
- Aufseiten des Schuldners wird eine Benachteiligungs- bzw. Begünstigungsabsicht und aufseiten des Begünstigten eine Erkennbarkeit dieser Absicht vorausgestzt.
Bei der Deliktspauliana wird u.a. das Vorliegen einer Gläubigerschädigung vorausgesetzt.
Was muss hier wer beweisen?
Der Eintritt einer Schädigung wird zugunsten des Anfechtenden vermutet.
Dem Anfechtungsgegner steht aber der Beweis offen, dass die angefochtene Handlung im konkreten Fall keine Schädigung bewirkt hat.
Bei der Deliktspauliana wirs aufseiten des Schuldners eine Benachteiligungs- bzw. Begünstigungsabsicht und aufseiten des Begünstigen die Erkennbarkeit der Absicht vorausgesetzt.
Wann ist die Erkennbarkeit der Absicht aufseiten des Begünstigten gegeben?
Wenn dieser bei Anwendung der nach den Umständen gebotenen und zumutbaren Sorgfalt und Aufmerksamkeit hätte erkenne können und müssen, dasss als Folge der angefochten Handlung möglicherweise eine Gläubigerschädigung eintritt.
Den Begünstigten trifft jedoch keine Erkundigungspflicht. Im Allgemeinen braucht sich niemand darum zu kümmern, ob durch ein Rechtsgeschäft Gläubiger seines Vertragspartners geschädigt werden oder nicht. Lediglich wenn deutliche Anzeichen für eine Gläubigerbegünstigung oder -benachteiligung bestehen, darf vom Begünstigten eine sorgfältige Prüfung verlangt werden.
Wer hat bei der Deliktspauliana welche Beiweislast bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners zu tragen?
Der Begünstigte trägt die Beweislast dafür, dass sie die Benachteiligungsabsicht nicht erkennen konnte.
Wann kann eine Handlung anfechtbar sein, wenn die Leistung des Schuldners und die Gegenleistung an sich gleichwertig sind?
Dies, wenn der Schuldner kurz vor dem Pfändugnsvollzug oder der Konkurseröffnung mit seinem Restvermögen einzelne Verbindlichkeiten tilgt. Hierdurch werden diese Gläubiger gegenüer den anderen bevorzugt, weil sie im Gegensatz zu diesen für ihre Forderungen volle Deckung erhalten.
Grundsätzlich können auch Handlungen bei Gleichwertigkeit der Leistungen angefochten werden.
Was setzt jedoch die Gutheissung dieser Anfechtungsklage voraus?
Dass auch die restlichen Tatbestansvoraussetzungen von Art. 288 SchKG erfüllt sind.
Wann ist eine Anfechtung bei Gleichwertigkeit der Leistungen ausgeschlossen?
Wenn durch die Tilgung einer Forderung lediglich nachrangige Gläubiger benachteiligt werden, da diese die Privilegierung dieser Forderung auch im Konkurs hätten dulden müssen.
Prozessuale Folge bei Klageerhebung wäre ein Nichteintretensentscheid wegen mangelnden Rechtsschutzinteresses.
Wann kommt die Anfechtungsklage in Betracht?
Erst dann, wenn anzunehmen ist, dass das vorhandene Schuldnervermögen zur Befriedigung der Gläubiger nicht ausreichen wird.
Wer ist in der Spezialexekution zur Anfechtung legitimiert?
Derjenige Gläubiger, welcher einen provisorischen oder einen definitiven Pfändungsverlustschein erhalten hat.
Jedoch nicht derjenige Gläubiger, welcher nur einen Pfandausfallschein erhalten hat. Denn der Pfandausfallschein bescheinigt nicht den Verlust des Gläubigers bei der Vollstreckung, sondern nur die ungenügende Pfanddeckung.
Dürfen Anfechtungsansprüche im Konkursverfahren versteigert werden?
Nein, diese dürfen weder versteigert noch sonst wie veräussert werden (Art. 256 Abs. 4 SchKG).
Ebenso ist eine Verwertung i.S.v. Art. 260 Abs. 3 SchKG (bzw. 325 i.V.m. Art. 260 Abs. 3 SchKG im Falle eines Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung) ausgeschlossen.
Wer ist in einem Konkursverfahren zur Anfechtung legitimiert?
Im Konkurs stehen Anfechtungsansprüche der Konkursmasse zu (Art. 200 SchKG). Deshalb ist ausschliesslich die Konkursverwaltung befugt, namens der Masse Anfechtungsklage zu erheben (Art. 285 Abs. 2 Ziff. 2 SchKG).
Ein Konkursgläubiger ist nur dann aktivlegitimiert, wenn ihm der Anfechtungsanspruch nach Art. 260 SchKG abgetreten wird.
Wer ist bei der Anfechtungsklage passivlegitimiert?
In erster Linie diejenige Person, die mit dem Schuldner die anfechtbaren Rechtsgeschäfte abgeschlossen haben oder von diesem in anfechtbarer Weise begünstigt worden sind.
In zweiter Linie deren Gesamtnachfolger (insbesondere Erben, gleichgültig, ob sie gut- oder bösgläubig sind) sowie bösgläubige Dritte.
Unter speziellen Umständen kann der Schuldner bei der Anfechtunsklage passivlegitmiert sein.
Mache ein Beispiel:
Bei der Anfechtbarkeit eines Kaufvertrages, mit welchem der Schuldner eine Liegenschaftv veräussert und sich als Gegenleistung ein Wohnrecht daran hatte einräumen lassen.
Warum sind Veräusserungen von unpfändbaren Vermögenswerte nicht anfechtbar?
Da diese Veräusserungen nicht zu einer Schädigung der Gläubiger führen. Diese Gegenstände sind von der Vollstreckung ausgenommen.
Wie ist die Anfechtung geltend zu machen?
Entweder mittels Klage oder Einrede.
Um was für eine Klage handelt es sich bei der Anfechtungsklage?
Um eine betreibungsrechtliche Klage mit Reflexwirkung auf das materielle Recht.
Eine erfolgreiche Anfechtung hat keine Wirkung auf die zivilrechtliche Gültigkeit des angefochtenen Rechtsgeschäfts; es hat lediglich die Rückführung der Vermögenswerte zur Konkursmasse oder, im Falle der Spezialexekution, die Rückgabe derselben an das Betreibungsamt zur Folge.
Wer ist örtlich zur Beurteilung der Anfechtungsklage zuständig?
Das Gericht am schweizerischen Wohnsitz des durch die anfechtbare Handlung begünstigten Beklagten.
Hat dieser keinen Wohnsitz in der Schweiz, so kann die Klage beim Gericht am ort der Pfändung oder des Konkurses eingereicht werden (Art. 289 SchKG).
In welchem Verfahren wird der Anfechtungsprozess durchgeführt?
Je nach Streitwert im ordentlichen oder vereinfachten Verfahren nach der ZPO.
Nach was bemisst sich der Streitwert bei der Anfechtungsklage?
Nach dem Betrag, den die erfolgreiche Anfechtung dem Kläger einbringen könnte.
Gläubiger G erhält nach Abschluss der Verwertung einen defintiven Verlustschein in Höhe von CHF 20'000.00. In der Folge bringt er in Erfahrung, dass Schuldner S seiner Nicht N vor der Pfändung sein Auto mit einem Verkehrswert von CHF 40'000.00 geschenkt hat. Hierauf erhebt G Anfechtungsklage gegen N auf Rückgabe des Autos.
Nach was bemisst sich er Streitwert? Wie wäre es im Konkurs?
Obschon der Verkehrswert des Autos die Verlustscheinforderung übersteigt, beläuft sich der Streitwert auf die Höhe der Verlustscheinforderung, d.h. auf CHF 20'000.00.
Im Konkurs bemisst sich der Streitwert dagegen anhand des vollen Werts des der Masse entzogenen Vermögenswertes. Also CHF 40'000.00.