Verwaltungsrecht

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Langue Deutsch
Catégorie Droit
Niveau Université
Crée / Actualisé 15.04.2020 / 05.12.2023
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Verwaltung im organisatorischen Sinn vs. Verwaltung im funktionellen Sinn

Verwaltung im organisatorischen Sinn = Verwaltungsträger, Wer mit der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben betraut ist.

Verwaltung im funktionellen Sinn
= Alle staatliche Tätigkeit, die sich von den Funktionen der Rechtsetzung und Rechtspflege abgrenzt

Verwaltung im funktionellen Sinn, postivive/negative Umschreibung

negative Umschreibung

= Staatstätigkeit, die nicht Rechtsetzung (Legislative) oder Entscheid über Rechtsstreitigkeiten oder Strafen (Judikative) ist

positive Umschreibung

= Summe der Erfüllung von Verwaltungszwecken von Amtes wegen und mit hoheitlichen Mitteln

Arten von Verwaltungsaufgaben nach Art?

Ordnungsaufgabe (Rechtsgüter schützen)

  • -  Verkehrspolizei

  • -  Gesundheitsbehörde

  • -  Baupolizei

Sozialpolitische Aufgabe (Bestehende faktische Unterschiede in der Gesellschaft beseitigen)

  • -  Sozialversicherung

  • -  Sozialhilfe

  • -  Stipendienwesen

Lenkungsaufgabe (Gesetzliche Ziele beachten und Entwicklungen beeinflussen)

  • -  Raumplanung

  • -  Landwirtschaft

  • -  Energie

Infrastrukturaufgabe (Bau und Betrieb von Einrichtungen für die Grundversorgung der Öffentlichkeit)

  • -  Post

  • -  Fernmeldewesen

  • -  Bildung

Arten von Verwaltungsaufgaben nach Wirkung

Eingriffsverwaltung (Verwaltung greift zum Erfüllen ihrer Aufgaben in Rechte Privater ein)

  • -  Enteignung

  • -  Beschlagnahme

  • -  Steuern

Leistungsverwaltung (Verwaltung gewährt zum Erfüllen ihrer Aufgaben Vorteile an Private)

  • -  Sozialversicherungsleistungen

  • -  Stipendien

  • -  Subventionen

Gemischte Form (Staat tritt gleichzeitig beschränkend und fördernd auf)

  • -  Schulpflicht

  • -  Kanalisationsanschlusszwang

welche Teile des Verwaltungsrechts müssen in einem Gesetz im formellen Sinne festgehalten sein?

Regelungen über Aufgaben und Tätigkeiten der Verwaltung

verwaltungsrechtliche Rechte und Pflichten

Organisation und Verfahren müssen in den Grundzügen im Gesetz festgehalten sein.

Welche Kriterien zur Verordnungsunterscheidung gibt es?

nach Verordnungsgeber

nach Empfänger

nach Grundlage

nach Zweck

nach Verordnungsgeber

Parlamentsverordnung/Gerichtsverordnung vs. Regierungsverordnung

nach Empfänger

Verwaltungsverordnung

Rechtsverordnung

nach Grundlage

Selbständige Verordnung

Unselbständige Verordnung

Verordnungsunterteilung nach Zweck

Vollziehungsverordnung

Gesetzesvertretende Verordnung

was ist eine Autonome Satzung?

Dezentrale Verwaltung oder private Verwaltungsträger werden mit Verwaltungsaufgaben und Recht betraut, rechtssetzende Bestimmungen zu erlassen

Ab wann tritt ein neuer Erlass in Kraft?

  • -  Erlass bestimmt Eintritt selbst

  • -  Erlass ermächtigt Exekutive, Zeitpunkt des Inkrattretens zu bestimmen

  • -  Erlass bestimmt: Eintritt ab Zeitpunkt der Publikation

Wie ist der Einfluss auf bereits hängige Verfahren eines neuen Entscheids zu regeln?

  • -  Primär soll Erlass selbst Übergangsrecht regeln

  • -  Subsidiär

    • -  Vor erstinstanzlichem Entscheid soll neuer Erlass im bereits laufenden Prozess beachtet werden

    • -  Rechtmässigkeit eines Verwaltungsakts soll im Rechtsmittelverfahren auf dasjenige Recht geprüft werden, das zum Zeitpunkt des Erstentscheids gegolten hat

    • -  Neue Verfahrensvorschriften sind grundsätzlich sofort anwendbar

welche formen der Rückwirkung eines neuen Erlasses gibt es?

Echte Rückwirkung

Sachverhalt ist in der Vergangenheit eingetreten und abgeschlossen.
Betroffener hat keine Möglichkeit mehr, auf den mit neuen Rechtsfolgen verbundenen Sachverhalt einzuwirken.

Unechte Rückwirkung

Anwendung auf Sachverhalt, der in der Vergangenheit eingetreten ist, jedoch in der Gegenwart fortdauert.

ist die echte Rückwirkung zulässig?

- Bei belastenden Rückwirkungen grundsätzlich unzulässig, ausser:

o Gesetzliche Grundlage (ausdrücklich oder gemäss Sinn des Erlasses klar)

o Öffentliches Interesse(=triftige Gründe)

o Verhältnismässigkeit (= in zeitlicher Hinsicht mässig)

o Schafft keine stossenden Ungleichbehandlungen

o Greift nicht in wohlerworbene Rechte ein

- Weniger Bedenken bei begünstigenden Rückwirkungen. Zulässig wenn:

o Begünstigungmuss Normadressaten betreffen

o Rechte Dritter werden nicht beeinträchtigt

o Anspruch auf begünstigende Rückwirkung nur, wenn Gesetz dies ausdrücklich vorsieht oder es sich aus dem Sinn des Gesetzes ergibt

ist unechte Rückwirkung zulässig?

Unechte Rückwirkung

  • -  Grundsätzlich zulässig, da Gebot der Rechtssicherheit weniger betroffen

  • -  Häufig Anpassung von Dauerverfügung

  • -  Keine unechte Rückwirkung, wenn

    wohlerworbene Rechte dagegen stehen

Formen der Vorwirkung eines Erlasses?

Positive Vorwirkung

= Anwendung von zukünftigem Recht, wie geltendes Recht, obwohl es noch nicht in Kraft getreten ist

- Verstösst gegen Gesetzmässigkeitsgrundsatz

o Für den Betroffenen belastende Vorwirkung ist grundsätzlich unzulässig

o Für den Betroffenen begünstigende positive Vorwirkung möglich, wenn gesetzliche Grundlage vorliegt

Negative Vorwirkung

= Anwendung von altem Recht aussetzen, bis neues Gesetz in Kraft tritt

  • -  Verstösst gegen Rechtsverzögerungsverbot

  • -  Zulässig wenn:

o gesetzliche Grundlage(=vom geltenden Recht selbst vorgesehen) 

o Öffentliches Interesse(=triftige Gründe)

o Verhältnismässigkeit (= in zeitlicher Hinsicht mässig)

o Keine stossende Rechtsungleichheit

 o Kein Eingriff in wohlerworbene Rechte

was sind wohlerworbene Rechte?

Rechte, die

  • -  der betreffenden Person durch Gesetz, Verfügung oder verwaltungsrechtlichen Vertrag zugesichert worden sind und

  • -  die nicht mehr widerrufen werden können

Grundsatz: wohlerworbene Rechte stehen unter dem Schutz der Eigentumsgarantie und können im Wege der formellen Enteignung entzogen werden

Wie sieht der räumliche Geltungsbereich des öffentlichen Rechts aus?

- Öffentliches Recht gilt in dem Staat, der es erlassen hat.

o Räumlicher Herrschaftsbereich des rechtsetzenden Gemeinwesens 

o Territorialitätsprinzip

Ausnahmen

  • -  Staatsvertragliche Regelungen zur Anwendung ausländischen Rechts

  • -  Interkantonale Verträge zur Anwendung von Recht anderer Kantone

  • -  Auswirkungsprinzip

o Schweizer Verwaltungsrecht anwenden, obwohl sich Sachverhalt im Ausland zugetragen hat, dieser sich aber ausreichend auf Schweizer Territorium auswirkt

- Personalitätsprinzip
o Erlass knüpft an Bürgerrechte einer Person an, unabhängig von deren Bürgerort

- Grenzüberschreitender Sachverhalt

Formale Auslegungsregeln

  • -  Vorrang lex specialis

  • -  Vorrang lex posterior

  • -  Umkehrschluss

o wenn Tatbestand in Gesetz nicht geregelt, gilt sie nicht = qualifiziertes Schweigen

- Analogieschluss
o wennähnlicherTatbestand in Gesetz geregelt, soll Grundgedanke / Sinn auch für ähnlichen Sachverhalt gelten

Verfassungs- und völkerrechtskonforme Auslegung

Arten der Lücken

  • -  Qualifiziertes Schweigen?
    o GesetzgeberhatFallbewusst

    nicht regeln wollen

  • -  Echte Lücke?

o Frage kann mit gesetzlicher Regelung nicht beantwortet werden, weil eine Bestimmung fehlt

o RechtsanwendendeBehörde muss jedoch aufgrund Rechtsverweigerungsverbot entscheiden

- Unechte Lücke?
o Frage kann mit gesetzlicher

Regelung durchaus beantwortet werden. Das Resultat ist jedoch unbefriedigend und unhaltbar.

o Korrekturnur,wenn Anwendung von Norm rechtsmissbräuclhich ist

prinzipien des Rechtsstaats im formellen Sinne

  • -  Gewaltenteilung

  • -  Transparenz

  • -  Legalitätsprinzip

  • -  Verfahrensfairness

  • -  Wirksamer Rechtsschutz

  • -  Unabhängigkeit der Gerichte

welche funktionen und Teilgehalte hat das Legalitätsprinzip? 

Zwei Teilgehalte

  • -  Grundlage, d.h. staatliches Handeln setzt Gesetz voraus

  • -  Schranke, d.h. Staat darf nicht weiter gehen, als es Gesetze erlauben.

    Untergeordnetes Gesetz darf übergeordnetem Gesetz nicht zuwidergehen

Rechtssicherheit = Berechenbarkeit staatlichen Handelns

Rechtsgleichheit = ähnliche Fälle gleich entscheiden

Freiheitsschutz = Staatliche Macht zugunsten des Einzelnen eindämmen

Demokratie = wichtige Entscheide der Verwaltungsbehörden sollen sich auf ein Gesetz stützen

Welche Ausnahmen gibt es vom Legalitätsprinzip?

  • -  Polizeiliche Generalklausel

  • -  Bewilligungs- und Konzessionspflicht bei Sachen im Gemeingebrauch

Welche Anforderungen gibt es an eine Norm gemäss Legalitätsprinzip?

Generell-abstrakte Struktur

d.h. Norm richtet sich an eine unbestimmte Vielzahl von Personen (=generell) und regelt eine unbestimmte Vielzahl von Fällen (=abstrakt) Sie muss amtlich publiziert sein, damit sie Adressaten erreicht

Genügende Normdichte

d.h. Rechtssatz (=Norm) muss genügend bestimmt sein Ermessen / unbestimmte Rechtsbegriffe sind aber möglich

Genügende Normstufe

d.h. auf welcher Stufe (Verfassung / Gesetz / Verordnung) sich der Rechtssatz befinden muss, um als Verfügungsgrundlage zu genügen

Unbestimmter Rechtsbegriff vs. Ermessen

Ermessen = Entscheidbefugnis, welche der Gesetzgeber den Verwaltungsbehörden mittels offener Normierung überlässt

Gesetzgeber will Konkretisierung der Norm unter Berücksichtigung der Fachkompetenz allein der Verwaltungsbehörde überlassen

Unbestimmter Rechtsbegriff

  • -  Freiraum für Verwaltungsbehörde, indem Voraussetzung oder Rechtsfolge in offener, unbestimmter Weise formuliert werden

  • -  Bsp.: Öffentliches Interesse, wichtige Gründe, berechtigte Interessen

- soll Anwendung der Norm nach Sinn und Zweck durch Gericht überprüft werden

Welche Ermessensarten gibt es?

Entschliessungsermessen = soll überhaupt eine Massnahme getroffen werden (Kann-Vorschrift)

Auswahlermessen = welche Massnahme soll getroffen werden oder wie ist diese auszugestalten

Tatbestandsermessen = offene Umschreibung, ob die Voraussetzungen für den Eintritt der Rechtsfolgen eingetreten sind

Arten von Ermessensfehlern?

- Ermessensüberschreitung
o Behörde ermisst, obwohl ihr das Gesetz dies im konkreten Fall nicht erteilt

- Ermessensunterschreitung
o Behörde erachtet sich als gebunden und macht von Ermessen keinen

Gebrauch, obwohl sie das tun sollte

- Ermessensmissbrauch

o Ermessen erfolgt nach unmassgeblichen, sachfremden Gesichtspunkten, so dass Entscheid unhaltbar wird

Die 3 Teilgehalte von Treu und Glauben?

Vertrauensschutz

=  Person hat Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens, wenn

- Vertrauensgrundlage ,Behörde hat bestimmte Erwartung begründet 

- Gutgläubigkeit ,Privater hätte trotz gehöriger Sorgfalt nicht ohne Weiteres Fehler von Behörde erkannt

- Nachteilige Disposition, Privater hat im Vertrauen auf Verhalten der Behörde Dispositionen getroffen, die er nicht ohne Nachtiel rückgängig machen kann

- Interessenabwägung, Privates Interesse an Bestand unrichtiger Vertrauensgrundlage überwiegt öffentliches Interesse an richtiger Rechtsanwendung

Verbot widersprüchlichen Verhaltens

= Verwaltung darf ohne sachlichen Grund in einer bestimmten Angelegenheit nicht mehr von dem einmal angenommenen Standpunkt abrücken

Verbot des Rechtsmissbrauchs

  • -  zweck- und treuwidrige Verwendung eines Rechtsinstituts, um Interessen zu verwirklichen, die nicht damit geschützt werden sollen

  • -  stossendes Verhalten

  • -  offensichtlicher Rechtsmissbrauch

Wann ist ein Akt willkürlich?

Sinn- und Zwecklos und in stossenderweise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft

o Qualifiziert unrichtig

o Offensichtlich fehlerhaft 

o Unhaltbares Ergebnis

Ein Erlass ist wilkürlich , wenn (Rechtsetzung)

o er sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen lässt 

o er an schweren inneren Widersprüchen leidet

o er sinn- und zwecklos ist

Wann ist ein Entscheid willkürlich (Rechtsanwendung)

Entscheid ist willkürlich, wenn er o in sich widersprüchlich ist

o eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt

o auf einer völlig falschen Sachverhaltsfeststellung oder Beweiswürdigung beruht

o in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedenken zuwiderläuft

o auf einem groben Ermessensfehler beruht

Rechtsgleichheit in der Rechtssetzung?

o Erlass darf bei entscheidwesentlichen Elementen keine rechtliche Unterscheidung treffen, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist. Er muss ferner Unterscheidungen treffen, die sich aufgrund der Verhältnisse geradezu aufdrängen.

Wann ist eine Praxisänderung zulässig?

Voraussetzungen:

  • -  Ernsthafte und sachliche Gründe

  • -  Änderung ist grundsätzlich

  • -  Interessenabwägung zwischen Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit zu neuer, korrekter Rechtsanwendung

  • -  Kein Verstoss gegen Treu und Glauben→Vorwarnung

Wann kann man sich auf Gleichbehandlung im Unrecht sützten?

  • -  Ständige gesetzeswidrige Praxis

  • -  Behörde will auch in Zukunft nicht davon abweichen

  • -  Interessenabwägung, sofern öffentliches oder privates Interesse dies erfordern.

Was besagt das Störerprinzip?

Eine polizeiliche Massnahme soll sich gegen den Störer richten

Die Störertypen gemäss Störerprinzip?

Zweckveranlasser

Wer durch sein Verhalten bewirkt oder in Kauf nimmt, dass ein Dritter die Polizeigüter unmittelbar stört oder gefährdet.

➔Diese Figur ist in der Lehre umstritten

Verhaltensstörer

Wer durch sein eigenes Verhalten oder Verhalten von Drittpersonen, für die er verantwortlich ist, die öffentliche Ordnung und Sicherheit unmittelbar stört oder gefährdet

Zustandsstörer

Wer als Eigentümer oder Besitzer o.ä. die rechtliche oder tatsächliche Herrschaft über eine Sache hat, welche unmittelbar stört oder gefährdert

Was besagt das Verursacherprinzip?

Dieses umweltrechtliche Prinzip definiert wer welche Kosten zu tragen hat. Beim Begriff des Verursachers wird an den oben erwähnten Störerbegriff (Verhaltensverursacher / Zustandsverursacher) angelehnt.

5 Elemente einer Verfügung

1. Anordnung einer Behörde = Verwaltungsträger der öffentlich-rechtliche Aufgaben erfüllt

2. Einzelfall, d.h. Regelung eines bestimmten Lebenssachverhalts gegenüber einer oder mehreren bestimmten Personen

Spezialfall Allgemeinverfügung, d.h. Regelung eines bestimmten Lebenssachverhalts gegenüber einem unbestimmten Personenkreis (z.B. örtlich begrentzes Verkehrssignal) (generell-konkret)

3. Regelung eines Rechtsverhältnisses 

4. Verbindlichkeit, d.h. sowohl Gemeinwesen und Verfügungsadressat sind rechtlich daran gebunden. Möglichkeit der zwangsweisen Durchsetzung

5. Öffentliches Recht als Grundlage

Welche Arten gibt es für eine Verfügung ein Rechtsverhältnis zu regeln?

= Positive Verfügung Rechte/Pflichten begründen, ändern, aufheben

= Feststellungsverfügung Feststellen, inwieweit Rechte und Pflichten bestehen

= Negative Verfügung
Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung von Rechten abweisen oder nicht darauf eintreten