Grundzüge des Rechts
Alte Prüfungsfragen und Fälle
Alte Prüfungsfragen und Fälle
Set of flashcards Details
Flashcards | 62 |
---|---|
Language | Deutsch |
Category | Law |
Level | University |
Created / Updated | 07.02.2017 / 07.08.2024 |
Weblink |
https://card2brain.ch/box/20170207_grundzuege_des_rechts
|
Embed |
<iframe src="https://card2brain.ch/box/20170207_grundzuege_des_rechts/embed" width="780" height="150" scrolling="no" frameborder="0"></iframe>
|
Der SIA (Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein) erachtet die geltende Ordnung mit 26 kantonalen Baugesetzen als unzweckmässig. Der Verein möchte, dass für die ganze Schweiz ein einheitliches Baugesetz erlassen wird. Der Bund hat heute die Kompetenz dazu nicht. Wie kann der Verein vorgehen? Nennen und beschreiben Sie die möglichen (rechtmässigen) Mittel/Instrumente, die dem Verein zur Verfügung stehen. Sie können sich auch auf nur ein Instrument konzentrieren. Schildern Sie stichwortartig den Ablauf bis zu dem Zeitpunkt, da das Eidgenössische Baugesetz in Kraft treten kann.
- Das primäre Mittel ist die Volksinitiative
- Die Initiative kann als allgemeine Anregung oder ausgearbeiteter Entwurf verfasst sein (Art. 139 (alt) Abs. 2 BV).
- Der SIA muss ein Initiativkomitee bilden, dieses muss ein Initiativbegehren formulieren, z.B. als ausgearbeiteten
- Entwurf: z.B. Volksinitiative „für eine Vereinheitlichung des Baurechts“.
- Die Bundesverfassung vom 18. April 1999 wird wie folgt geändert:
- Art. 75 (Titel): Raumplanung und öffentliches Baurecht Abs.
- 1: Der Bund erlässt Vorschriften über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht. … (Rest unverändert). Abs.
- 2: Für den Vollzug der Vorschriften sind die Kantone zuständig, soweit das Gesetz ihn nicht dem Bund vorbehält.
- Es erfolgt eine Vorprüfung durch die Bundeskanzlei, die sich auf Formalien, Übersetzungen, unerlaubte Werbung etc. beschränkt Die Initiative wird im Bundesblatt publiziert.
- Innerhalb von 18 Monaten nach der Veröffentlichung muss die Initiative von 100’000 Stimmberechtigten unterschrieben und eingereicht werden (Art. 139 (alt) Abs. 1 BV).
Welche Art von Haftung ist die Haftung für Werkmängel (z.B. ungenügend hohes Treppengeländer, was zu einem Unfall mit Körperschaden führt)? Nennen Sie die Merkmale dieser Haftungsart (welche Elemente müssen vorliegen, damit der Bauherr haftet?).
- Kausalhaftung: Schadenersatzpflicht ohne die Voraussetzung, dass vom Geschädigten ein Verschulden des Schädigers nachgewiesen werden muss.
- Voraussetzungen sind (vom Geschädigten nachzuweisen): •
- ein Schaden
- ein Werkmangel
- Widerrechtlichkeit
- Kausalzusammenhang zwischen dem Werkmangel und dem Schaden.
Nennen Sie die Charakteristiken einer Verfügung?
- hoheitliche, einseitige Anordnung einer Behörde
- individuell-konkret; individuell in Bezug auf Einzelperson, individueller Adressat konkret in Bezug auf Sachverhalt
- Anwendung von Verwaltungsrecht
- Beabsichtigte Rechtswirkungen
- Verbindlichkeit / Erzwingbarkeit
Was bedeutet die Verhältnismässigkeit einer Verfügung?
Verhältnismässigkeit fordert, dass Verwaltungsmassnahmen, z.B. eine Verfügung, zur Verwirklichung des im öffentlichen Interesse liegenden Ziels geeignet und notwendig sind. Ausserdem muss der angestrebte Zweck in einem vernünftigen Verhältnis zu den Belastungen stehen, die den Privaten auferlegt werden. Im Einzelnen:
Geeignetheit / Eignung der Massnahme: Die in der Verfügung angeordnete Massnahme muss geeignet sein, das im öffentlichen Interesse stehende Ziel zu erreichen.
Notwendigkeit / Erforderlichkeit: Die Massnahme muss in personeller, sachlicher, zeitlicher, räumlicher Hinsicht notwendig sein, um den Zweck (der im öffentlichen Interesse gebunden ist) zu erreichen. Eine mildere Massnahme muss ausgeschlossen sein, d.h. mildere Massnahme darf nicht auch zur Verwirklichung des öffentlichen Interesses führen.
Zumutbarkeit: Verhältnismässigkeit im engeren Sinn (Eingriffszweck – Eingriffswirkung) / Abwägung privates – öffentliches Interesse: Angemessenes Verhältnis zwischen angestrebtem Ziel (Eingriffszweck) und dem Eingriff, den die Massnahme für die betroffenen Privaten zur Folge hat (Eingriffswirkung) muss stimmen. (Wieweit wird der Einzelne durch den Eingriff belastet, ist der Eingriff zumutbar?)
Welche Grundrechte sind berührt, wenn die Baubehörde das Baugesuch der Schreinerei auf einen Anbau in der Wohn-/Gewerbezone abweist? Beschreiben Sie die inhaltlichen Besonderheiten dieser Grundrechte.
Eigentumsgarantie Art. 26 BV Beinhaltet drei Teilgarantien:
- 1. Institutsgarantie = Schutz des Privateigentums als Teil der schweizerischen Rechtsordnung
- 2. Bestandesgarantie = Schutz der konkreten vermögenswerten Rechte
- 3. Vermögenswertgarantie = Entschädigungsanspruch bei Enteignungen
Wirtschaftsfreiheit Art. 27 BV Zentrales Grundrecht der schweizerischen Wirtschaftsordnung – Beinhaltet freie Wahl von Erwerbstätigkeit und freie Wahl des Geschäftsortes. (S. 128 ff. Skript gelb)
Lesen Sie Art. 26 Abs. 2 BV: Ist die Zahlung einer Entschädigung Voraussetzung oder Folge einer Enteignung? Begründen Sie Ihre Antwort.
Die Zahlung einer Entschädigung ist immer Folge der Enteignung. Art. 26 Abs. 2 BV lautet: «Enteignungen und Eigentumsbeschränkungen, die einer Enteignung gleichkommen, werden voll entschädigt». Aus diesem Wortlaut ergibt sich, dass über die Enteignungen und Eigentumsbeschränkung bereits entschieden worden ist und dass die 6 Festsetzung einer Entschädigung an den Vorgang der Enteignung und Eigentumsbeschränkung anknüpft. Die Voraussetzungen der Enteignungen und enteignungsgleichen Eigentumsbeschränkungen sind in Art. 36 BV aufgeführt. Die Zulässigkeit einer Enteignung oder einer Eigentumsbeschränkung hängt vom Vorhandensein einer gesetzliche Grundlage, eines öffentlichen Interesses und der Beachtung der Verhältnismässigkeit, nicht aber von der Festsetzung der Entschädigung ab. Etwas anderes ist es, dass bei der formellen Enteignung das Eigentum am enteigneten Recht erst mit der Bezahlung der Entschädigung auf den Enteigner übergeht und das Enteignungsverfahren erst damit seinen Abschluss findet (S. 128 f. Skript gelb)
A. stellt fest, dass der Rohbau auf seinem Nachbargrundstück ein Stockwerk mehr aufweist, als die Baubewilligung enthalten hatte. Er will den Zustand nicht dulden.
a) Was kann A. unternehmen?
A. kann die zuständige Baubehörde, welche die Baubewilligung erteilt hat, informieren bzw. ihr eine Anzeige einreichen.
A. kann auf keinen Fall eine Einsprache oder Beschwerde einreichen, da die Verfügung rechtskräftig ist und keine Rechtsmittel mehr zur Anwendung kommen können.
A. stellt fest, dass der Rohbau auf seinem Nachbargrundstück ein Stockwerk mehr aufweist, als die Baubewilligung enthalten hatte. Er will den Zustand nicht dulden.
Was muss die Baubewilligungsbehörde unternehmen, um den bewilligten Zustand herzustellen? (Annahme, das zusätzliche Stockwerk könne nicht bewilligt werden, da die zonenmässige Höhe überschritten würde).
Die Baubewilligungsbehörde muss prüfen, welche Massnahmen getroffen werden müssen, dass der Bau der erteilten Bewilligung und somit den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Sie kann den Bau nicht dulden. Die Prüfung der Massnahme verlangt, dass die Baubehörde die Verhältnismässigkeit der Massnahme prüft. Als Massnahme kommt am ehesten der Abbruch des obersten Stockwerks in Betracht.
Ist der Abbruch geeignet, die Gesetzmässigkeit herzustellen? Ohne Zweifel.
Ist der Abbruch notwendig? Gibt es eine weniger einschneidende Massnahme, die die Gesetzmässigkeit des Baus auch herstellt? Unter der in der Klammer aufgeführten Prämisse: Nein.
Ist der Abbruch dem Bauherrn zuzumuten? Baurechtsverletzungen können nur geduldet werden, wenn der Verstoss geringfügig ist. Das ist im Falle eines ganzen Stockwerks nicht der Fall. Auf die Kosten, die dem Bauherrn durch den Abbruch entstehen, kommt es nicht an. Er hat die Rechtswidrigkeit selbst herbeigeführt; wenn er gegen die Baubewilligung verstösst, darf man sogar annehmen, er sei bösgläubig gewesen. Der Abbruch ist ihm daher zuzumuten. Fazit: Die Baubehörde muss dem Bauherrn gegenüber den Abbruch verfügen:
Die korrekte Massnahme ist eine Abbruch- oder Beseitigungsverfügung
A. stellt fest, dass der Rohbau auf seinem Nachbargrundstück ein Stockwerk mehr aufweist, als die Baubewilligung enthalten hatte. Er will den Zustand nicht dulden.
Wie verhält sich das Vorgehen der Baubehörde gemäss aa) hiervor zur erteilten Baubewilligung?
- Bei dieser Frage geht es um das Verhältnis zwischen der Abbruchverfügung (das ist unter dem «Vorgehen der Baubehörde gemäss aa) hiervor» zu verstehen) und der Baubewilligung.
- Die Abbruchverfügung dient nur dazu, dass der Bauherr die Baubewilligung korrekt umsetzt.
- Die Abbruchverfügung kann daher als Vollzugsakt zur Baubewilligung bezeichnet werden.
- Sie hat insofern keine selbständige Bedeutung.
- Die Abbruchverfügung kann zwar angefochten werden.
- Mit einer Beschwerde kann der Bauherr aber nicht die Baubewilligung infrage stellen.
- Denn diese ist bereits rechtskräftig geworden.
- Er könnte also nicht mit der Beschwerde gegen die Abbruchverfügung erreichen, dass die Baubewilligung geändert oder ersetzt wird.
- Eine Beschwerde gegen die Abbruchverfügung kann sich demnach nur gegen Punkte richten, die nicht schon in der Baubewilligung geregelt sind.
- Das kann die Frage der Verhältnismässigkeit sein, es können Formmängel der Abbruchverfügung sein oder etwa die Frist, die dem Bauherrn für den Abbruch gesetzt worden ist.
A. stellt fest, dass der Rohbau auf seinem Nachbargrundstück ein Stockwerk mehr aufweist, als die Baubewilligung enthalten hatte. Er will den Zustand nicht dulden.
Wie müssten die Bewilligungsbehörde und der Bauherr vorgehen, wenn das zusätzliche Stockwerk bewilligt werden könnte?
Es braucht eine neue Baubewilligung, somit ein neues vollständiges Bewilligungsverfahren. Die Bewilligungsbehörde kann nicht von sich aus eine neue Bewilligung erteilen, vielmehr muss sie den Bauherrn dazu anhalten, ein neues Gesuch einzureichen. Der Bauherr muss also bei der zuständigen Behörde ein neues Baugesuch einreichen, um das Verfahren bezüglich zusätzlichem Stockwerk in Gang zu bringen. Man spricht vom nachträglichen Baubewilligungsverfahren. Die neue Baubewilligung würde die alte ersetzen. Es muss vermieden werden, dass ein Bauherr über zwei Baubewilligungen für das an sich gleiche Objekt verfügt. Eventualiter käme ein Ausnahmeantrag in Frage.
Das Parlament der Stadt X. erliess den Sondernutzungsplan «Stadion». Dieser lässt ein Fussballstadion mit angegliederter Gewerbenutzung zu. Die Baubewilligung für das Stadion mit 20'000 Sitzplätzen und für das Einkaufszentrum ist erteilt worden. Die Bauarbeiten (Aushub, Fundament, Grundmauern) haben bereits begonnen. Aus der Bevölkerung kommt eine Initiative zustande, die für das Stadion nur 15'000 Sitzplätze zulassen und das Einkaufszentrum ganz verbieten will.
1. Was sind die Besonderheiten der Volksinitiative im allgemeinen?
Die Volksinitiative ist ein politisches Recht. Eine Minderheit Stimmberechtigter kann mit einem Volksinitiativbegehren den Erlass oder Änderung eines Gesetzes durch den Gesetzgeber anregen. Wird die Anregung von der Mehrheit der Stimmberechtigten angenommen, handelt es sich um eine Volksinitiative an die Behörden. Die Volksinitiative kann nur Gegenstände beinhalten, für die der Gesetzgeber zuständig ist. (S.34 Skript Grundzüge gelb)
Das Parlament der Stadt X. erliess den Sondernutzungsplan «Stadion». Dieser lässt ein Fussballstadion mit angegliederter Gewerbenutzung zu. Die Baubewilligung für das Stadion mit 20'000 Sitzplätzen und für das Einkaufszentrum ist erteilt worden. Die Bauarbeiten (Aushub, Fundament, Grundmauern) haben bereits begonnen. Aus der Bevölkerung kommt eine Initiative zustande, die für das Stadion nur 15'000 Sitzplätze zulassen und das Einkaufszentrum ganz verbieten
Wäre es zulässig gewesen, den Sondernutzungsplan «Stadion» der Stadt X. durch Volksinitiative anzuregen?
Gegenstand einer Volksinitiative können im kantonalen Recht Gesetze und die Verfassung sein (alle Beschlüsse, die das Parlament erlassen hat). Zuständiges Organ für Planfestsetzung (Nutzungsplan, Sondernutzungsplan) ist die Gemeinde. Nutzungspläne (Rahmennutzungspläne und Sondernutzungspläne) werden durch die Legislative Gemeindeversammlung oder Gemeindeparlament genehmigt. Deswegen ist es möglich, dass Anstoss für Sondernutzungsplan durch eine Volks- oder Einzelinitiative erfolgt. (S. 106 Skript Raumplanungs und Baurecht blau)
Das Parlament der Stadt X. erliess den Sondernutzungsplan «Stadion». Dieser lässt ein Fussballstadion mit angegliederter Gewerbenutzung zu. Die Baubewilligung für das Stadion mit 20'000 Sitzplätzen und für das Einkaufszentrum ist erteilt worden. Die Bauarbeiten (Aushub, Fundament, Grundmauern) haben bereits begonnen. Aus der Bevölkerung kommt eine Initiative zustande, die für das Stadion nur 15'000 Sitzplätze zulassen und das Einkaufszentrum ganz verbieten
Was ist eine Baubewilligung?
Baubewilligung ist Verfügung Baubewilligung ist Polizeibewilligung Feststellungsverfügung, dass Bauvorhaben mit Baurecht (Baugesetz, Nutzungspläne etc) übereinstimmt. Baubewilligung dient der präventiven Kontrolle. Wenn Voraussetzungen erfüllt sind, besteht Anspruch auf Erteilung. (S. 153 ff. Skript Raumplanungs- und Baurecht blau)
Das Parlament der Stadt X. erliess den Sondernutzungsplan «Stadion». Dieser lässt ein Fussballstadion mit angegliederter Gewerbenutzung zu. Die Baubewilligung für das Stadion mit 20'000 Sitzplätzen und für das Einkaufszentrum ist erteilt worden. Die Bauarbeiten (Aushub, Fundament, Grundmauern) haben bereits begonnen. Aus der Bevölkerung kommt eine Initiative zustande, die für das Stadion nur 15'000 Sitzplätze zulassen und das Einkaufszentrum ganz verbieten
Wie beurteilen Sie konkret die rechtliche Zulässigkeit dieser Volksinitiative? Was ist das Besondere an ihr?
Die Initiative kann sich nur auf den Sondernutzungsplan beziehen, da dieser vom Gesetzgeber (Parlament) erlassen wurde. Eine Volksinitiative auf Widerruf der Baubewilligung ist nicht möglich, da nicht vom Gesetzgeber erlassen. Das Besondere ist, dass die Baubewilligung aufgrund des Sondernutzungsplanes bereits erteilt wurde. Baubewilligungen gelten grundsätzlich als unwiderrufbar. Die Baubewilligung kann nicht mehr widerrufen werden, da sie aufgrund eines eingehenden Einspracheverfahrens ergangen ist . Zudem hat der Bauherr von der Baubewilligung bereits Gebrauch gemacht. Er hat damit schon erhebliche Investitionen getätigt. Es muss also abgewogen werden, ob hier die öffentlichen oder die privaten Interessen überwiegen.
Was besagt das Verhältnismässigkeitsprinzip?
Das Verhältnismässigkeitsprinzip besteht aus drei Anforderungen, die kumulativ erfüllt sein müssen, damit ein Mittel, das zur Verfolgung eines Ziels eingesetzt wird, zugelassen ist. Geeignetheit / Eignung: Massnahme muss geeignet sein, das im öffentlichen Interesse stehende Ziel zu erreichen. Notwendigkeit / Erforderlichkeit: Massnahme muss in personeller, sachlicher, zeitlicher, räumlicher Hinsicht erforderlich sein. Eine mildere Massnahme muss ausgeschlossen sein, d.h. mildere Massnahme darf nicht auch zur Verwirklichung des öffentlichen Interesses führen. 3 Verhältnismässigkeit i.e.S. (Eingriffszweck – Eingriffswirkung) / Abwägung privates – öffentliches Interesse / Zumutbarkeit: Angemessenes Verhältnis zwischen angestrebtem Ziel (Eingriffszweck) und dem Eingriff, den die Massnahme für die betroffenen Privaten zur Folge hat (Eingriffswirkung) muss stimmen. (Inwiefern wird der Einzelne durch den Eingriff belastet, ist der Eingriff zumutbar?) (S. 87 f. Skript Einführung in das öffentliche Recht)
Was sind die Funktionen der Grundrechte?
Vom Einzelnen gegen den Staat gerichtet. Abwehrrecht, Schutz des Einzelnen gegen staatliche Entscheidungen (vom Gesetzgeber, Verwaltung, Gerichten). Grundrechte sind unverzichtbare und unverjährbare Rechte des Einzelnen. Gültig in der ganzen Rechtsordnung. Art. 35 Abs. 1 BV Grundrechte sind auch Ordnungsprinzipien (programmatische Anweisungen an Gesetzgeber). Kein Anspruch auf Leistungen des Staates. Drittwirkung unter Privaten möglich.
Sie stellen fest, dass das von Ihrem Nachbarn soeben fertiggestellte Mehrfamilienhaus statt der in der Baubewilligung enthaltenen vier Vollgeschosse fünf Geschosse aufweist. Die Grundstücke liegen in der Wohnzone W4, erlaubt sind also höchstens 4 Vollgeschosse.
Welche Art von Entscheid ist eine Baubewilligung? Welches sind die wesentlichen Elemente dieser Art von Entscheid?
Die Baubewilligung ist eine Polizeibewilligung. Die Polizeibewilligung ihrerseits ist eine Verfügung oder Feststellungsverfügung. Sie stellt fest, dass das Bauvorhaben mit den gesetzlichen Bestimmungen übereinstimmt; sie kommt zum Einsatz, wenn ein Verbot nicht nötig ist. Zweck der Polizei- bzw. Baubewilligung ist die präventive Kontrolle (präventiver Charakter). Sind die Voraussetzungen erfüllt, besteht Anspruch auf Erteilung der Bewilligung. Die Baubewilligung ist Anfechtungsobjekt und unterliegt der Beschwerde. Als Verfügung hat die Baubewilligung folgende Charakteristiken: • hoheitliche Anordnung • einseitige Anordnung • individuell-konkrete Anordnung • Anwendung von Verwaltungsrecht • beabsichtigte Rechtswirkungen • Verbindlichkeit, Erzwingbarkeit
Sie stellen fest, dass das von Ihrem Nachbarn soeben fertiggestellte Mehrfamilienhaus statt der in der Baubewilligung enthaltenen vier Vollgeschosse fünf Geschosse aufweist. Die Grundstücke liegen in der Wohnzone W4, erlaubt sind also höchstens 4 Vollgeschosse.
Kann der Neubau mit den fünf Geschossen stehen bleiben, wenn alle Nachbarn schriftlich zustimmen? Begründen Sie Ihre Antwort
Nein. Das geltende öffentliche (Bau)Recht muss von Amtes wegen durchgesetzt werden. Davon können Private nicht dispensieren.
Hat eine Bauherrschaft Anspruch auf Erteilung der Baubewilligung?
Ja, grundsätzlich besteht ein Anspruch auf Erteilung der Baubewilligung, wenn die massgebenden Vorschriften eingehalten sind, da die Baubewilligung im Einzelfall bloss feststellt, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.
Was sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Baubewilligung? Nennen Sie die massgebenden Vorschriften.
Die Bauten und Anlagen müssen dem Zweck der Nutzungszone entsprechen (Art. 22 Abs. 2 lit. a Abs. 2 RPG), das Land muss erschlossen sein (Art. 22 lit. b Abs. 2 RPG) und die massgebenden gesetzlichen Vorschriften des Bundes und der Kantone wie z.B. Umweltschutzgesetz müssen eingehalten werden (Art. 22 Abs. Abs. 3 RPG).
formelle Rechtskraft einer Baubewilligung?
Die Bewilligung kann mit keinem ordentlichen Rechtsmittel mehr angefochten werden, (z.B. weil die Frist für die Ergreifung eines Rechtsmittels abgelaufen ist).
materielle Rechtskraft einer Baubewilligung?
Materielle Rechtskraft bedeutet inhaltliche Unabänderlichkeit der Bewilligung. (auch die Verwaltungsbehörden können die Bewilligung nicht mehr widerrufen oder aufheben).
Wie gehen Sie vor, wenn Sie mit dem fünfgeschossigen Haus Ihres Nachbarn nicht einverstanden sind?
Sie erstatten Anzeige/Mitteilung bei der Baubehörde und machen darauf aufmerksam, dass die Baubewilligung nicht eingehalten worden ist. Nicht: Beschwerde (Anfechtungsobjekt der Beschwerde ist die Baubewilligung. Die Beschwerdefrist ist bei einem soeben fertiggestellten Mehrfamilienhaus sicherlich abgelaufen.)
Die Baubehörde ordnet den Abbruch des fünften Geschosses an.
Welches Grundrecht Ihres Nachbarn ist im Spiel?
Die Eigentumsgarantie gemäss Art. 26 BV
Welche verfassungsrechtlichen Grundsätze muss die Behörde beim Erlass des Abbruchbefehls beachten? Gehen Sie auf die einzelnen Grundsätze anhand des Falles ein.
Der Abbruchbefehl muss auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein (Art. 36 BV). Die gesetzliche Grundlage ist vorhanden, da die Zonenordnung nur 4 Vollgeschosse zulässt. (Der Abbruch selbst braucht keine gesetzliche Grundlage, er ist hier Korrektur- bzw. Vollzugsmassnahme zur Einhaltung der Baubewilligung bzw. des massgebenden (Zonen)rechts.) Das öffentliche Interesse liegt im Baugesetz und der Zonenordnung selbst oder im korrekten Vollzug der Gesetze bzw. Einhaltung der Rechtsordnung. Die Verhältnismässigkeit ist erfüllt, da: - der Abbruchbefehl grundsätzlich geeignet ist, das im öffentlichen Interesse liegende Ziel zu erreichen - eine mildere Massnahme den Zweck, nämlich die Einhaltung der Zonenordnung, nicht erreicht. Allenfalls kann vorweg geprüft werden, ob eine Ausnahmebewilligung erteilt werden kann; das trifft auf Zone W4 (wohl) nicht zu. - der Abbruchbefehl zumutbar ist. Das öffentliche Interesse ist vorliegend gewichtiger als die zu tragende Last des Rückbaus, zumal der Nachbar bösgläubig gegen die Baubewilligung und die zu Grunde liegende Zonenordnung verstossen hat
Gewaltenteilung: Nennen Sie die drei Gewalten im Staat (allgemeiner Organisationsname) mit je ihren Funktionen
Parlament: Gesetzgebung/Legislative Regierung: Gesetzesvollzug, -anwendung, -umsetzung/Exekutive Gericht: Rechtsprechung/Judikative
Nennen Sie die Charakteristiken einer Verfügung?
- hoheitliche Anordnung
- einseitige Anordnung
- individuell-konkrete Anordnung
- Anwendung von Verwaltungsrecht
- beabsichtigte Rechtswirkungen
- Verbindlichkeit, Erzwingbarkeit
Welche verfahrensrechtliche Garantie verletzt eine Behörde, die einem Gesuchsteller nicht die Gelegenheit gibt, zu einer Einwendung eines Dritten gegen das Gesuch Stellung nehmen zu können? Nennen Sie die Rechtsnorm, die die Garantie regelt.
Anspruch auf rechtliches Gehör; Art. 29 Abs. 2 BV
Die Parzelle des Grundeigentümers X, den Sie als projektleitende Fachperson vertreten, liegt an einem Hang über einem Fluss. Das noch unüberbaute Grundstück ist der Bauzone W2 zugewiesen, ein unterer, kleinerer Teil ist von der Hochwasserschutzzone HWS überlagert, in der Bauen verboten ist. Auf beiden Seiten des Grundstücks befinden sich Parzellen, die sich aufgrund ihrer Form für eine Überbauung nicht eignen. Oberhalb der Grundstücke führt eine normale Strasse, die dem Grundstück Ihres Klienten als Erschliessungsstrasse dienen kann. Auch Wasser, Abwasser- und Elektrizitätsleitungen liegen in dieser Strasse. X beabsichtigt die Erstellung eines Einfamilienhauses auf seiner Parzelle
Kann die Baubewilligung erteilt werden? Begründen Sie Ihre Antwort.
Nein. Mit den Nachbargrundstücken bildet das Grundstück von X eine planerische Einheit. Er braucht eine gesamthafte Umlegung. Auch wenn das Grundstück von X für sich allein überbaubar scheint, ist es nicht baureif und eine Bewilligung kann nicht erteilt werden (S. Skript S. 183 unten, Fälle Seengen und Sarnen).
Anmerkung: Die Baureife eines Grundstücks ist primäre Voraussetzung seiner
Der Sachverhalt (unüberbaubare Grundstücke auf beiden Seiten) und die Zeichnung („Plan“) eine Fachperson auf dieses Problem. Der Hochwasserschutz war nicht Thema der Frage 1.
(2) Baureife Grundstücke sind unbebaute Grundstücke, wenn sie in einem Bebauungsplan als Bauland festgesetzt sind, ihre sofortige Bebauung möglich ist und die Bebauung innerhalb des Plangebiets in benachbarten Bereichen begonnen hat oder schon durchgeführt ist. Zu den baureifen Grundstücken gehören nicht Grundstücke, die für den Gemeinbedarf vorgesehen sind.
Sie reichen als Vertreterin/Vertreter von X das Baugesuch ein. Im Zeitpunkt, da der Bauentscheid eröffnet wird, befindet sich X auf einer mehrmonatigen Auslandreise. Wir nehmen an, das Baugesuch werde abgewiesen.
Sie können X nicht erreichen: Können Sie trotzdem Beschwerde einreichen, auch wenn Sie nicht wissen, ob X damit einverstanden ist?
Ja. auf Grund der für den Auftrag bzw. Werkvertrag bereits erteilten Vollmacht; Sie vertreten X. (Allenfalls kommen die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag zur Anwendung.)
Sie reichen als Vertreterin/Vertreter von X das Baugesuch ein. Im Zeitpunkt, da der Bauentscheid eröffnet wird, befindet sich X auf einer mehrmonatigen Auslandreise. Wir nehmen an, das Baugesuch werde abgewiesen.
Wenn X zurückkehrt, ist die Beschwerdefrist abgelaufen. Angenommen, Sie hätten keine Beschwerde erhoben: Kann X trotzdem noch Beschwerde erheben mit der Begründung, er sei wegen eines wichtigen Auslandsaufenthalts verhindert gewesen, Beschwerde zu erheben, oder hat er sein Beschwerderecht verloren?
Die Beschwerdefrist ist für X abgelaufen, er hat sein Beschwerderecht verloren. Sie als Fachperson verteten ihn rechtsgültig.
Sie reichen als Vertreterin/Vertreter von X das Baugesuch ein. Im Zeitpunkt, da der Bauentscheid eröffnet wird, befindet sich X auf einer mehrmonatigen Auslandreise. Wir nehmen an, das Baugesuch werde abgewiesen.
Kann die in der HWS liegende Fläche an die bauliche Ausnützung angerechnet werden?
Nein. Die Fläche in der HWS ist eine Bauverbotsfläche. Das schliesst die Anrechnung sowie einen allfälligen Nutzungstransport aus.
Worin unterscheidet sich die Einsprache von der Beschwerde?
Die Einsprache wird an die Behörde gerichtet, die die Verfügung erlassen hat. Die Beschwerde richtet sich an eine im Verfahren übergeordnete Behörde, (die nach dem massgebenden Recht als Beschwerdebehörde bezeichnet worden ist).
Wer ist als Einzelperson allgemein zur Beschwerde in Bausachen berechtigt?
Wer von einem Bauvorhaben betroffen ist und ein besonderes (aktuelles) Interesse an der Aufhebung oder Änderung der Bewilligung hat. Das ist der Adressat der Bewilligung (Gesuchsteller) und es sind Dritte, die mehr als irgendjemand aus der Bevölkerung von einem Vorhaben faktisch betroffen sind und infolge der Bewilligung einen tatsächlichen Nachteil haben.
Was ist der Unterschied zwischen einem Beitrag und einer Anschlussgebühr bei der Finanzierung von Erschliessungsanlagen?
Der Beitrag ist ein Entgelt für einen Sondervorteil aus einer Erschliessungsanlage, vor allem dadurch, dass das Grundstück baureif wird; die Erhebung des Beitrags ist schon in dem Zeitpunkt möglich, da die (Grob-)Erschliessungsanlage gebaut ist und das Grundstück angeschlossen werden könnte. Die Anschlussgebühr kann erst erhoben werden, wenn der Anschluss erfolgt ist und die Erschliessungsanlage benutzt werden kann.
Unter welchen Voraussetzungen kann ein Nutzungsplan die Funktion einer Baubewilligung übernehmen?
Wenn der Nutzungsplan sich auf ein konkretes Bauprojekt bezieht und detaillierte Anordnungen enthält, so dass es sich erübrigt, dass die nachfolgende Baubewilligung diese Anordnungen/einzelnen Punkte wiederholt, «Projektbezogener Nutzungsplan» (Sondernutzungsplan).
Das am Limmatquai beim Bellevueplatz in Zürich gelegene Gebäude „Usterhof“ wurde mit den an der Rämistrasse anschliessenden „Denzlerhäusern“ in den Jahren 1909-1911 von den Architekten Robert Bischoff und Hermann Weideli erbaut. Im Erdgeschoss wurde von 1911 bis 1972 das berühmte Künstlercafé Odeon betrieben. Der Stadtrat von Zürich stellt die Fassade des „Usterhofs“ und den Innenraum des Cafés unter Schutz. Die Gebäudeeigentümer gelangen mit staatsrechtlicher Beschwerde ans Bundesgericht.
In welcher Form ergeht der Beschluss des Stadtrats Zürich? Nennen Sie dessen wesentliche Elemente.
Verfügung: Individuell – konkret, Hoheitlich, einseitig, Anwendung von Verwaltungsrecht, erzeugt Rechtswirkungen, Verbindlich und erzwingbar
Das am Limmatquai beim Bellevueplatz in Zürich gelegene Gebäude „Usterhof“ wurde mit den an der Rämistrasse anschliessenden „Denzlerhäusern“ in den Jahren 1909-1911 von den Architekten Robert Bischoff und Hermann Weideli erbaut. Im Erdgeschoss wurde von 1911 bis 1972 das berühmte Künstlercafé Odeon betrieben. Der Stadtrat von Zürich stellt die Fassade des „Usterhofs“ und den Innenraum des Cafés unter Schutz. Die Gebäudeeigentümer gelangen mit staatsrechtlicher Beschwerde ans Bundesgericht.
Welche rechtliche Auswirkung hat die vom Zürcher Stadtrat getroffene Massnahme? Welche Grundrechte der Gebäudeeigentümer sind davon betroffen?
Öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung : Das Eigentum wird nicht entzogen, sondern die Befugnisse, es zu nutzen oder darüber zu verfügen, werden durch das öffentliche Recht beschränkt. Enteignungen und Eigentumsbeschränkungen, die einer Enteignung gleichkommen, werden voll entschädigt, Art. 26 Abs. 2 BV . Tangiert ist also die Eigentumsgarantie, Art. 26 BV.
Das am Limmatquai beim Bellevueplatz in Zürich gelegene Gebäude „Usterhof“ wurde mit den an der Rämistrasse anschliessenden „Denzlerhäusern“ in den Jahren 1909-1911 von den Architekten Robert Bischoff und Hermann Weideli erbaut. Im Erdgeschoss wurde von 1911 bis 1972 das berühmte Künstlercafé Odeon betrieben. Der Stadtrat von Zürich stellt die Fassade des „Usterhofs“ und den Innenraum des Cafés unter Schutz. Die Gebäudeeigentümer gelangen mit staatsrechtlicher Beschwerde ans Bundesgericht.
Ist die Massnahme verhältnismässig?
Zu prüfen ist die Verhältnismässigkeit der Massnahme nach Art. 36 Abs. 3 BV. Eignung: die Massnahme muss geeignet sein, das von ihr angestrebte Ziel zu erreichen. Eigentumsbeschränkungen, die dem Schutz von Baudenkmälern dienen, liegen allgemein im öffentlichen Interesse. I.c. erhebliche kunsthistorische und ästhetische Bedeutung . Die Massnahme ist also geeignet. Erforderlichkeit: es dürfen keine milderen eigentumsbeschränkenden Massnahmen gegeben sein. I.c. würde jede mildere Massnahme die Beibehaltung der zu schützenden Fassade und Innenraum gefährden. Die Massnahme ist also erforderlich. Verhältnis von Eingriffszweck und Eingriffswirkung : das mit der Eigentumsbeschränkung verfolgte öffentliche Interesse muss gegenüber dem Interesse der Betroffenen überwiegen. Im Falle der Denkmalpflege können den Eigentümern Beiträge ausgerichtet werden. Dem Umstand, dass sich der "Usterhof" an erstklassiger Geschäftslage befindet, kann im Hinblick auf die Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen kein massgebliches Gewicht zukommen, könnten doch andernfalls kaum mehr Bauten in Stadtzentren unter Schutz gestellt werden. Entscheidend ist vielmehr, dass heute das Parterre des "Usterhofes" mit dem Betrieb von Café und Modeboutique voll genutzt werden kann.
Welche Grundsätze werden unter „Rechtsstaat im formellen Sinn“ zusammengefasst?
Gewaltenteilung
Legalitätsprinzip
Justizmässige Kontrolle von Staatsakten