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Grundzüge des Rechts

Alte Prüfungsfragen und Fälle

Alte Prüfungsfragen und Fälle


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Flashcards 62
Language Deutsch
Category Law
Level University
Created / Updated 07.02.2017 / 07.08.2024
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Der SIA (Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein) erachtet die geltende Ordnung mit 26 kantonalen Baugesetzen als unzweckmässig. Der Verein möchte, dass für die ganze Schweiz ein einheitliches Baugesetz erlassen wird. Der Bund hat heute die Kompetenz dazu nicht. Wie kann der Verein vorgehen? Nennen und beschreiben Sie die möglichen (rechtmässigen) Mittel/Instrumente, die dem Verein zur Verfügung stehen. Sie können sich auch auf nur ein Instrument konzentrieren. Schildern Sie stichwortartig den Ablauf bis zu dem Zeitpunkt, da das Eidgenössische Baugesetz in Kraft treten kann.

  1. Das primäre Mittel ist die Volksinitiative
  • Die Initiative kann als allgemeine Anregung oder ausgearbeiteter Entwurf verfasst sein (Art. 139 (alt) Abs. 2 BV).
  • Der SIA muss ein Initiativkomitee bilden, dieses muss ein Initiativbegehren formulieren, z.B. als ausgearbeiteten
  • Entwurf: z.B. Volksinitiative „für eine Vereinheitlichung des Baurechts“.
  • Die Bundesverfassung vom 18. April 1999 wird wie folgt geändert:
  • Art. 75 (Titel): Raumplanung und öffentliches Baurecht Abs.
  • 1: Der Bund erlässt Vorschriften über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht. … (Rest unverändert). Abs.
  • 2: Für den Vollzug der Vorschriften sind die Kantone zuständig, soweit das Gesetz ihn nicht dem Bund vorbehält.
  • Es erfolgt eine Vorprüfung durch die Bundeskanzlei, die sich auf Formalien, Übersetzungen, unerlaubte Werbung etc. beschränkt Die Initiative wird im Bundesblatt publiziert.
  • Innerhalb von 18 Monaten nach der Veröffentlichung muss die Initiative von 100’000 Stimmberechtigten unterschrieben und eingereicht werden (Art. 139 (alt) Abs. 1 BV).

Welche Art von Haftung ist die Haftung für Werkmängel (z.B. ungenügend hohes Treppengeländer, was zu einem Unfall mit Körperschaden führt)? Nennen Sie die Merkmale dieser Haftungsart (welche Elemente müssen vorliegen, damit der Bauherr haftet?).

  • Kausalhaftung: Schadenersatzpflicht ohne die Voraussetzung, dass vom Geschädigten ein Verschulden des Schädigers nachgewiesen werden muss.
  • Voraussetzungen sind (vom Geschädigten nachzuweisen): •
  • ein Schaden
  • ein Werkmangel
  • Widerrechtlichkeit
  • Kausalzusammenhang zwischen dem Werkmangel und dem Schaden.

Nennen Sie die Charakteristiken einer Verfügung? 

  • hoheitliche, einseitige Anordnung einer Behörde
  • individuell-konkret; individuell in Bezug auf Einzelperson, individueller Adressat konkret in Bezug auf Sachverhalt 
  • Anwendung von Verwaltungsrecht
  • Beabsichtigte Rechtswirkungen
  • Verbindlichkeit / Erzwingbarkeit

Was bedeutet die Verhältnismässigkeit einer Verfügung? 

Verhältnismässigkeit fordert, dass Verwaltungsmassnahmen, z.B. eine Verfügung, zur Verwirklichung des im öffentlichen Interesse liegenden Ziels geeignet und notwendig sind. Ausserdem muss der angestrebte Zweck in einem vernünftigen Verhältnis zu den Belastungen stehen, die den Privaten auferlegt werden. Im Einzelnen:

Geeignetheit / Eignung der Massnahme: Die in der Verfügung angeordnete Massnahme muss geeignet sein, das im öffentlichen Interesse stehende Ziel zu erreichen.

Notwendigkeit / Erforderlichkeit: Die Massnahme muss in personeller, sachlicher, zeitlicher, räumlicher Hinsicht notwendig sein, um den Zweck (der im öffentlichen Interesse gebunden ist) zu erreichen. Eine mildere Massnahme muss ausgeschlossen sein, d.h. mildere Massnahme darf nicht auch zur Verwirklichung des öffentlichen Interesses führen.

Zumutbarkeit: Verhältnismässigkeit im engeren Sinn (Eingriffszweck – Eingriffswirkung) / Abwägung privates – öffentliches Interesse: Angemessenes Verhältnis zwischen angestrebtem Ziel (Eingriffszweck) und dem Eingriff, den die Massnahme für die betroffenen Privaten zur Folge hat (Eingriffswirkung) muss stimmen. (Wieweit wird der Einzelne durch den Eingriff belastet, ist der Eingriff zumutbar?)

Welche Grundrechte sind berührt, wenn die Baubehörde das Baugesuch der Schreinerei auf einen Anbau in der Wohn-/Gewerbezone abweist? Beschreiben Sie die inhaltlichen Besonderheiten dieser Grundrechte.

Eigentumsgarantie Art. 26 BV Beinhaltet drei Teilgarantien:

  • 1. Institutsgarantie = Schutz des Privateigentums als Teil der schweizerischen Rechtsordnung
  • 2. Bestandesgarantie = Schutz der konkreten vermögenswerten Rechte
  • 3. Vermögenswertgarantie = Entschädigungsanspruch bei Enteignungen

Wirtschaftsfreiheit Art. 27 BV Zentrales Grundrecht der schweizerischen Wirtschaftsordnung – Beinhaltet freie Wahl von Erwerbstätigkeit und freie Wahl des Geschäftsortes. (S. 128 ff. Skript gelb)

Lesen Sie Art. 26 Abs. 2 BV: Ist die Zahlung einer Entschädigung Voraussetzung oder Folge einer Enteignung? Begründen Sie Ihre Antwort.

Die Zahlung einer Entschädigung ist immer Folge der Enteignung. Art. 26 Abs. 2 BV lautet: «Enteignungen und Eigentumsbeschränkungen, die einer Enteignung gleichkommen, werden voll entschädigt». Aus diesem Wortlaut ergibt sich, dass über die Enteignungen und Eigentumsbeschränkung bereits entschieden worden ist und dass die 6 Festsetzung einer Entschädigung an den Vorgang der Enteignung und Eigentumsbeschränkung anknüpft. Die Voraussetzungen der Enteignungen und enteignungsgleichen Eigentumsbeschränkungen sind in Art. 36 BV aufgeführt. Die Zulässigkeit einer Enteignung oder einer Eigentumsbeschränkung hängt vom Vorhandensein einer gesetzliche Grundlage, eines öffentlichen Interesses und der Beachtung der Verhältnismässigkeit, nicht aber von der Festsetzung der Entschädigung ab. Etwas anderes ist es, dass bei der formellen Enteignung das Eigentum am enteigneten Recht erst mit der Bezahlung der Entschädigung auf den Enteigner übergeht und das Enteignungsverfahren erst damit seinen Abschluss findet (S. 128 f. Skript gelb)

A. stellt fest, dass der Rohbau auf seinem Nachbargrundstück ein Stockwerk mehr aufweist, als die Baubewilligung enthalten hatte. Er will den Zustand nicht dulden.

a) Was kann A. unternehmen?

A. kann die zuständige Baubehörde, welche die Baubewilligung erteilt hat, informieren bzw. ihr eine Anzeige einreichen.

A. kann auf keinen Fall eine Einsprache oder Beschwerde einreichen, da die Verfügung rechtskräftig ist und keine Rechtsmittel mehr zur Anwendung kommen können.

A. stellt fest, dass der Rohbau auf seinem Nachbargrundstück ein Stockwerk mehr aufweist, als die Baubewilligung enthalten hatte. Er will den Zustand nicht dulden.

Was muss die Baubewilligungsbehörde unternehmen, um den bewilligten Zustand herzustellen? (Annahme, das zusätzliche Stockwerk könne nicht bewilligt werden, da die zonenmässige Höhe überschritten würde).

Die Baubewilligungsbehörde muss prüfen, welche Massnahmen getroffen werden müssen, dass der Bau der erteilten Bewilligung und somit den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Sie kann den Bau nicht dulden. Die Prüfung der Massnahme verlangt, dass die Baubehörde die Verhältnismässigkeit der Massnahme prüft. Als Massnahme kommt am ehesten der Abbruch des obersten Stockwerks in Betracht.

Ist der Abbruch geeignet, die Gesetzmässigkeit herzustellen? Ohne Zweifel.

Ist der Abbruch notwendig? Gibt es eine weniger einschneidende Massnahme, die die Gesetzmässigkeit des Baus auch herstellt? Unter der in der Klammer aufgeführten Prämisse: Nein.

Ist der Abbruch dem Bauherrn zuzumuten? Baurechtsverletzungen können nur geduldet werden, wenn der Verstoss geringfügig ist. Das ist im Falle eines ganzen Stockwerks nicht der Fall. Auf die Kosten, die dem Bauherrn durch den Abbruch entstehen, kommt es nicht an. Er hat die Rechtswidrigkeit selbst herbeigeführt; wenn er gegen die Baubewilligung verstösst, darf man sogar annehmen, er sei bösgläubig gewesen. Der Abbruch ist ihm daher zuzumuten. Fazit: Die Baubehörde muss dem Bauherrn gegenüber den Abbruch verfügen:

Die korrekte Massnahme ist eine Abbruch- oder Beseitigungsverfügung