Psychopathologie

Schlaf-Wach-Störungen

Schlaf-Wach-Störungen

Elena Pauli

Elena Pauli

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Langue Deutsch
Catégorie Psychologie
Niveau Université
Crée / Actualisé 11.12.2016 / 08.03.2019
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1. Fallbeispiel

Auflösung

  • 35-jährige Patientin mit hohem Funktionsniveau
  • Starke Arbeitsbelastung, viele neue Herausforderungen
  • Soziale Ängstlichkeit
  • Nimmt Arbeit mit nach Hause
  • Wenig Ausgleich im Privatleben
  • Unregelmässige Bettzeiten
  • Häufiges sorgenvolles Grübeln
  • Wenig Emotionsausdruck, hohe Selbstkontrolle und Anspannung
  • Berichtet über stark verkürzte Schlafzeit (4-5 h pro Nacht) bei relativ langer Bettzeit
  • Ausgeprägte Tagesmüdigkeit bei gleichzeitiger hoher Anspannung

2. Kurzer Überblick Kapitel 11 DSM-5: Ausscheidungsstörungen

307.6 (98.0): Enuresis: Diagnostische Kriterien

  • Wiederholtes Einnässen bei Tag und/oder bei Nacht, in Kleidung und/ oder ins Bett; gewöhnlich unwillkürlich, gelegentlich auch absichtlich (biologischen Reifungsprozesse = willentliche Blasenkontrolle)
  • Mind. 2x pro Woche; Klinisch relevantes Leiden und/ oder Beeinträchtigung in familiären, sozialen, schulischen, beruflichen Bereichen; über 3 aufeinanderfolgende Monate
  • Primäre Enuresis: biologisches Alter mind. 5 Jahre
  • Sekundärer Enuresis: in jedem Alter möglich, in der Regel jedoch zwischen dem 5. und 8. Lebensjahr

2. Kurzer Überblick Kapitel 11 DSM-5: Ausscheidungsstörungen

307.7 (98.1): Enkopresis

  • Wiederholtes willkürlicher oder unwillkürliches Absetzen von Stuhl; geschieht meistens unabsichtlich
  • Willentliche Kontrolle über Schliessmuskulatur ist möglich; keine organische Ursachen
  • unspezifische (leichte) bis eindeutig spezifische (schwere) Erscheinungsform
  • Mind. 1x pro Monat, mind. 3 aufeinanderfolgende Monate
  • Biologisches Alter mindestens 4 Jahre

3. Kurzer Überblick Kapitel 17 DSM-5: Neurokognitive Störungen

292.81, 293.0, 780.09 (F05, R41.0)

  • Unterscheidung zwischen: substanzinduziertes Delir (Intoxikation oder Entzug), medikamenteninduziertes Delir, Delir aufgrund eines anderen medizinischen Krankheitsfaktors und Delir aufgrund multipler Ätiologien
  • Beschreibung:
    • Bewusstseinstrübung
    • Störung der Aufmerksamkeit
    • Globale kognitive Dysfunktion (Störungen von Auffassung, Denkvermögen, Mnestik, Orientierung etc.)
    • Störungen der Psychomotorik („hyperaktives“ – „hypoaktives Delir“)
    • Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus
    • Emotionale Störungen (z.B. Depression, Angst, Euphorie)
  • Akuter Beginn, fluktuierender Verlauf

3. Kurzer Überblick Kapitel 17 DSM-5: Neurokognitive Störungen

Schwere und leichte Neurokognitive Störung

  • 294.11/ 294.10/ 331.9/ 331.83 (F02.81/ F02.80/ G31.9/G31.48): Aufgrund Alzheimer-Erkrankung
  • Weitere:
    • Frontotemporale Neurokognitive Störung
    • Aufgrund Lewy-Körper-Demenz
    • Vaskuläre Neurokognitive Störung
    • Aufgrund Schädel-Hirn-Trauma
    • Substanz-/ Medikamenteninduzierte Neurokognitive Störung
    • Aufgrund HIV-Infektion
    • Aufgrund Prionen-Erkrankung
    • Aufgrund Parkinson-Erkrankung
    • Aufgrund Huntington-Erkrankung
    • Aufgrund anderer medizinischer Krankheitsfaktor
    • Aufgrund multipler Ätiologien
  • NNB NCD

4. Kapitel 12 DSM-5: Schlaf-Wach-Störungen

780.52 (F51.01): Insomni

Vorherrschende Beschwerden über Unzufriedenheit mit der Schlafquantität oder –qualität

4. Kapitel 12 DSM-5: Schlaf-Wach-Störungen

780.54 (F51.11): Hypersomnie

übermässige Schläfrigkeit trotz einer Hauptschlafphase von mind. 7h; Einnicken am Tag; nicht erholsame längere Hauptschlafphase (mind. 9h); Schwierigkeiten nach Erwachen wach zu bleiben

4. Kapitel 12 DSM-5: Schlaf-Wach-Störungen

347.00/ 347.01 (G47.XXX): Narkolepsie

plötzliches Einschlafen oder "Nickerchen" machen pro Tag; Kataplexie-Episoden (plötzlicher Verlust von Muskeltonus, Grimassen); Hypokretin-Mangel; REM-Schlaflatenz <15min

4. Kapitel 12 DSM-5: Schlaf-Wach-Störungen

Atmungsbezogene Schlafstörungen

    • 327.23 (G47.33): Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom
    • 327.21/ 786.04/ 780.57 (G47.XX): Zentrales Schlaf-Apnoe-Syndrom
    • 327.24/ .25/ .26 (G47.XX): Schlafbezogene Hypoventilation
    • 307.45 (G47.XX): Zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen

    4. Kapitel 12 DSM-5: Schlaf-Wach-Störungen

    Parasomnien

    • 307.46 (F51.3/ F51.4): Arousal-Störung des Non-Rapid-Eye- Movement-Schlafs (NREM-Parasomnien)
    • 307.47 (F51.5): Alptraum-Störungen
    • 327.42 (G47.52): REM-Schlaf-Verhaltensstörung
    • 333.94 (G25.81): Restless-Legs-Syndrom

    4. Kapitel 12 DSM-5: Schlaf-Wach-Störungen

    Andere Näher und Nicht Näher Bezeichnete Schlaf-Wach-Störungen

      • Substanz-/ Medikamenteninduzierte Schlafstörung
      • Andere Näher Bezeichnet Insomnie
      • Nicht Näher Bezeichnet Insomnie
      • Andere Näher Bezeichnet Hypersomnie
      • Nicht Näher Bezeichnet Hypersomnie
      • Andere Näher Bezeichnet Schlaf-Wach-Störungen
      • Nicht Näher Bezeichnet Schlaf-Wach-Störungen

      5. 780.52 (F51.01) DSM-5: Insomnie

      Diagnostische Kriterien

      A. Unzufriedenheit mit der Schlafquantität oder -qualität, 1 oder mehrere Symptome:

      1. Einschlafschwierigkeiten
      2. Durchschlafstörungen
      3. Morgentliches Früherwachen

      B. Leidern oder Beeinträchtigung

      C. 3 Nächte pro Woche

      D. mind. 3 Monate

      E. trotz adäquater Gelegenheit zum Schlafen

      F. nicht besser durch andere Schlafstörung erklärt

      G. nicht Folge einer Substanz

      H. keine angemessene Erklärung durch andere psychische Störungen oder medizinische Krankheitsfaktoren

      Bestimmen ob:

      • Mit einer Nichtschlafbezogenen Psychischen Störung, einschließlich einer Substanzkonsumstörung
      • Mit einem Anderen Medizinischen Krankheitsfaktor
      • Mit einer Anderen Schlafstörung

      Bestimmen ob:

      • Episodisch: Die Symptome bestehen seit mindestens 1 Monat, aber seit weniger als 3 Monaten
      • Andauernd: Die Symptome bestehen seit 3 Monaten oder länger
      • Rezidivierend: Zwei (oder mehr) Episoden innerhalb eines Jahres

      Beachte: Insomnie <3Monate = als Andere Näher Bezeichnete Insomnie codiert

      5. 780.52 (F51.01) DSM-5: Insomnie

      Epidemiologie: Insomnie

      • bei Allgemeinarzt vorstellig: ca. 20%
      • Behandlungsbedürftige Insomnien  5% vor --> nichtorganische primär psychogene Schlafstörungen dominieren
      • Die Häufigkeit  nimmt mit dem Alter zu
      • das weibliche Geschlecht überwiegt.
      • Verlauf: unbehandelte Insomnien zeigen hohe Chronizität
      • Prädiktiv für die Entwicklung affektiver Störungen

      5. 780.52 (F51.01) DSM-5: Insomnie

      Epidemiologie: Parasomnie

      • Schlafwandel und Pavo nocturnus sind primär Störungen des Kindes- und Jugendalters
      • Schlafwandel beginnt meist zwischen dem 4. und 6. Lebensjahr und verliert sich bis zum 16. Lebensjahr
      • Mehrere Episoden treten bei 4 - 6% aller 5 - 12-Jährigen auf

      5. 780.52 (F51.01) DSM-5: Insomnie

      Epidemiologie: Narkolepsie

      • Narkolepsie beginnt häufig in der Jugend und ist insgesamt selten (Prävalenz bis 0.1%).

      6. Input: Ätiologie und Behandlung der Insomnie

      Aufrechterhaltung der Insomnie: Psychophysiologisches Modell von Morin (1993)

      6. Input: Ätiologie und Behandlung der Insomnie

      Anwendung des Modells auf Nacht und Tag (Nach Harvey 2002)

      6. Input: Ätiologie und Behandlung der Insomnie

      Polysomnographie

      6. Input: Ätiologie und Behandlung der Insomnie

      Psychoedukation Insomnie: Gut zu wissen für Patienten

      • Schlafentzug hat keine irreversiblen physischen oder psychischen Schäden zur Folge
      • Schlaf ist «elastisch»; Bedeutsamkeit wird oft überschätzt und „Variationsbereite“ unterschätzt
      • Alkohol nicht als Schlafmittel einsetzen: Erleichtert zwar Einschlafen, reduziert aber die wichtigen REM- und Delta-Schlafphasen
      • Mit einer veränderten Schlafhygiene (z.B. regelmässige Bettzeiten, keine aktivierenden Getränke vor dem Zubettgehen, angenehme Schlafumgebung etc.) kann bereits viel erreicht werden
      • Mehrmaliges Aufwachen pro Nacht ist normal --> oft keine bewusste Registrierung; entscheidend ist Bewertung des Aufwachens, die bei Insomnikern verändert ist

      6. Input: Ätiologie und Behandlung der Insomnie

      Psychoedukation Insomnie: Schlafregeln

      • Verringere die Zeit im Bett --> Schlafeffizienz erhöhen
      • Stehe morgens unabhängig von der Schlafdauer zur gleichen Zeit auf --> Fester Rhythmus
      • Gehe nie ins Bett, wenn du nicht schläfrig bist --> Schläfrig ≠ Müde
      • Nutze das Bett nur zum Schlafen --> Bett = Schlafen

      6. Input: Ätiologie und Behandlung der Insomnie

      Psychoedukation Insomnie: Schlafphasen

      • Delta-Schlaf: Muskeltonus vergleichbar mit Wachzustand
      • REM-Schlaf: Muskeltonus völlig weg, Hirn dagegen „wach“
      • Phylogenese: Fluchttiere = Delta-Schläfer; Raubtiere = REM-Schläfer
      • Insgesamt ca. 1.5h REM- und 1.5h Delta-Schlaf pro Nacht
      • Schlafzyklus: Blöcke zu ca. 90 Minuten (Zu Beginn viel Delta-, wenig REM-Schlaf pro Block, zum Schluss umgekehrt)
      • Schlafwandeln als Delta-Phänomen, da Muskeltonus vorhanden sein muss
      • Bei Schlafdeprivation: Kompensation von REM- und Delta-Phasen in Folgenächten
      • Weckbarkeit/ Aufwachen:
        • Aus Delta-Schlaf schwerer weckbar
        • bei Aufwachen aus REM-Schlaf rasche Präsenz
        • Das erste Gefühl nach dem Aufwachen ist nicht repräsentativ für den Schlaf (sagt etwas über vorherige Schlafphase aus) --> Potenzial für kognitive Fehler

      6. Input: Ätiologie und Behandlung der Insomnie

      Insomnie: Merkpunkte für die Therapie

      • organische Ursachen klären
      • zur Schlafstörung gehören Nacht UND Tag
      • Entstehungsbedingungen
      • Grundsatz 1: weniger Druck, mehr Entspannung
      • Grundsatz 2: nicht zwingend mehr Schlaf, sonder weniger Beeinträchtigung durch fehlenden Schlaf
      • Basiselemente: Psychoedukation und Störungsmodell, Umgang mit allfälliger Medikation; Schlafhygiene
      • Schlafeffizienz: Möglichst gutes Verhältnis von Bettzeit und Schlafzeit erreichen 
      • Psychotherapie wirkt oft erst nach ca. 3 Monaten, dann aber nachhaltiger als Medikamente
      • Stimuluskontrolle und Konditionierung
      • Kognitive Kontrolle
      • Akzeptierende Haltung gegenüber „Nicht-Schlafen“
      • Teufelskreis aufzeichnen: Grübeln – Schlaflosigkeit registrieren – willentliche Anstrengung zu schlafen – schlechte Schlafqualität – Verlust der Gelassenheit etc.
      • Was kann Teufelskreis durchbrechen? 

      7. Wissens-Check

      Frage 1

      a., b., d., e.

      c. früher als hier beschrieben

      7. Wissens-Check

      Frage 2

      b., d., e.

      7. Wissens-Check

      Frage 3

      b.

      a. weniger, c. Frauen häufiger, d. sehr selten

      7. Wissens-Check

      Frage 4

      c., d.

      a. Primär Störung Kindes- und Jugendalter, b. verlieren Wirkung schnell, hohes Abhängigkeitspotential, e. braucht längeres Training, dafür Wirkung nachhaltiger