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Kartei Details
Karten | 179 |
---|---|
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Psychologie |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 06.03.2016 / 06.03.2016 |
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28. Welche Erhebungsmethoden zur Erfassung von Identität gibt es?
Narratives Interwiev
o Befragter erzählt seine Geschichte zu Entscheidungen /Prozessen
- Unstandardisiert, Erzählaufforderung
- Interviewer kommt wichtige Rolle zu: seine Fragen müssen Aufforderungscharakter haben ohne zu Beeinflussen, also nicht-direktiv sein
Halbstrukturiertes Interwiev (ISI)
o Der Anfang der Frage ist festgelegt und muss vom Befragten ergänzt werden
- Einerseits durch die Vorgaben noch (halbwegs) standardisiert, anderseits ohne komplette Antwortvorgabe noch sehr offen
- Gegebene Antworten werden durch Zusammenfassung in Kategorien ausgewertet
Fragebogen
o Erhoben werden vergleichbare Antworten von Befragten, bei identischer Befragungssituation und
Antwortgleichheit durch Ratingscala
- Standardisiertes Erhebungsinstrument
Qualitativ (Interview):
• Identity Status Interview (ISI) von James E. Marcia
• Flensburg Identity Status Interview (FISI) von Haußer (2007)
• Zusätzlich zum ISI: subjektive Gewichtung der Kontextdomänen
- Für Marcia findet Identitätskonstruktion in thematischen Kontexten oder Domänen statt, die er bei seiner Untersuchungsmethode auch berücksichtigt
- Marcia diagnostizierte über die Zeit hinweg einen Anstieg/Zunahme des Status der Identitätsdiffusion
- Für Marcia findet Identitätskonstruktion in thematischen Kontexten oder Domänen statt, wobei er ursprünglich lediglich die Kontexte der beruflichen/ schulischen Orientierung und politischer und religiöser Überzeugungen einbezog.
- Der Status der Identitätsdiffusion hat für die Entwicklung adaptive Funktion.
Qualitativ durch Interview:
ISI = Identity Status Interview
FISI = Flensburg Identity Status Interview
Quantitativ durch Fragebögen:
U-GIDS-II = Utrecht Groningen Identity Development Scale II
EIPQ = Ego Identity Process Questionnaire
EOM-EIS-II = extended Objective Measure of Ego Identity Status II
Quantitative Ansätze: Exploration, Commitment, Identitätsstatus
Daher quantitative Erfassung durch Fragebogen
Vorgehensweise:
a) Erfassung des jeweiligen Status direkt über entsprechende Items
b) Erfassung des jeweiligen Status indirekt über die Verrechnung der Ausprägung der direkt er-
fassten Dimensionen Commitment und Exploration Beispiel für direkte Erfassung :
Utrecht-Groningen Identity Developmental
Scale II (U-GIDS II; Meeus & Dekovic, 1995)
Beispiel für die indirekte Erfassung:
Ego Identity Process Questionaire (EIPQ; Balistreri, 1995)
Beispiel für direkte Erfassung des Identitätsstatus:
Extended Objective Measure of Ego Identity Status II (EOM-EIS-II; Bennion & Adams, 1986)
Hier zeigt sich auf den ersten Blick ein Zusammenhang mit dem Identitätsstatus-Modell. Der Zu-
sammenhang zu den vorher genannten Fragebögen ist weniger deutlich, wurde aber auch durch
entsprechende Korrelationsstudien untersucht. Dabei ergab sich bspw. keine überzeugende Überein-
stimmung mit dem EIPQ.
Probleme im Rahmen des Identitätsstatus-Ansatzes:
3. Identitätsstatus oder Identitätsentwicklung?
Bei Erikson ging es um Identitätsentwicklung, bei Marcia um die Diagnose eines Identitätsstatus.
Der Entwicklungsgedanke kommt daher erst „hintenherum“ wieder ins Spiel und erfordert Längs-
schnittstudien, die Marcia (und Erikson) zufolge eine gewisse Entwicklungslogik beim Durchlaufen
der Status aufweisen sollten (z.B.: vom Moratorium hin zu einer erarbeiteten Identität). Allerdings
zeigt der Identitätsstatus keinen eindeutigen Zusammenhang mit dem Alter, und auch die Verläufe
sind heterogen. Spätestens hier muss gefragt werden, ob mit dem Identitätsstatus-Ansatz überhaupt
das Konstrukt erfasst wird, das zu erfassen vorgegeben wird: Identität.
Vielleicht geht es vielmehr um Informationsverarbeitungs- und Entscheidungsstile, wie die Arbeiten
von Berzonsky (1989) zumindest indirekt nahelegen. Vielleicht geht es aber auch um doch um das
Identitätskonstrukt, nur die moderne Annahme einer Entwicklungslogik hin zum „Zielzustand“ der
„erarbeiteten Identität“ stimmt nicht bzw. nicht mehr. Eine „erarbeitete Identität, so wird gelegent-
lich argumentiert, macht wenig Sinn oder ist gar kontraproduktiv in einer Welt der Individualisierung
und des Wandels, die lebenslange Flexibilität und eben keine maximal weitreichenden Festlegungen
erfordert. In dieser Argumentation fügt sich die relativ junge „Entdeckung“ und Diskussion unter-
schiedlicher Diffusionsstatus ein, die aus Marcias (1989) Beobachtungen des rasant ansteigenden
Auftretens des Diffusionsstatus ab 1984 resultierte.
Marcia unterscheidet dabei nun vier Substatus:
- Störungsdiffusion,
- Entwicklungsdiffusion,
- sorgenfreie Diffusion und
- kulturell-adaptive Diffusion.
Probleme im Rahmen des Identitätsstatus-Ansatzes:
2. Kohärenz als Artefakt? (Kohärenz = Zusammenhang)
Interviews, wie ISI oder FISI generieren narrative Daten. Die Untersuchungsteilnehmer erzählen Ge-
schichten über Entscheidungen/Entscheidungsfindungsprozesse. Der narrative Modus folgt allerdings
seiner eigenen Logik, produziert z.B. mehr Kohärenz als das aktuelle Erleben kennzeichnet. Auch
muss erlebte „Gleichzeitigkeit“ in eine sequentielle Sprachstruktur gebracht werden. Welchen Ein-
fluss hat dies bei der Bestimmung des Identitätsstatus?
Einerseits lässt sich fragen, ob sich eine „diffuse Identität“ gegen den dem Geschichtenerzählen im-
manenten „Kohärenzzwang“ überhaupt ausdrücken kann. Wird nicht vielmehr alles Ungeordnete,
Chaotische, Zerstreute in einen kohärenten Geschichtenablauf gedrängt und damit nicht mehr „hör-
und auffindbar“? Muss man demzufolge nicht, wie es Kraus (2007) im Rahmen seiner Forschungsmethode (problemzentriertes Interview) vorschlägt, den Teilnehmern einer Untersuchung explizit sa-
gen: „It´s ok to be incoherent!“?
Auch andersherum lässt sich fragen, ob Kohärenz als Merkmal der „erarbeiteten Identität“ nicht
vielmehr ein Artefakt der Methode ist. Forscher innerhalb des Identitätsstatus-Ansatzes diskutieren
solche Themen sehr selten. Zuviel Skepsis scheint aber auch nicht gerechtfertigt zu sein: So nahm
bspw. Über die Dekaden der Forschungsaktivitäten mit dem ISI die Auftretenshäufigkeit des Diffusi-
onsstatus systematisch zu.
Probleme im Rahmen des Identitätsstatus-Ansatzes:
1. Allgemeiner Identitätsstatus oder Kontextspezifität?
Erikson ging von einem allgemeinen, kontextübergreifenden Identitätskonstrukt aus. Eine domänen-
spezifische Auswertung der Interviews zeigt aber häufig eine mal mehr, mal weniger ausgeprägte
Kontextspezifität: die Identitätsstatus variieren intraindividuell über die Domänen hinweg. Intuitiv
ist ein solcher Befund leicht nachvollziehbar. Für den einen Jugendlichen mag der Bereich der eige-
nen politischen Überzeugung weniger identitätsrelevant sein als der Bereich beruflicher Orientie-
rung, für den anderen Jugendlichen mag sich die genau umgekehrt darstellen. Trotz dieser Variation
wird gerne und oft ein „overall identity status“ durch entsprechende Gewichtung berechnet oder
aber auch „direkt“ diagnostiziert. Bei der Berechnung kann das subjektive Urteil der Interviewteil-
nehmer hinsichtlich der Gewichtung der Domänen eingehen. Alternativ wird schlicht die Auftretens-
häufigkeit der entsprechenden Status über die Domänen hinweg als Grundlage eines „allgemeinen
Identitätsstatus“ berücksichtigt. Haußer (2007) bspw. plädiert entschieden für die subjektive Ge-
wichtung der unterschiedlichen Kontextdomänen (Flensburg Identity Status Interview (FISI)). Die
interviewten Untersuchungsteilnehmer können und sollen selbst die entsprechenden Domänen in
eine Rangreihe ihrer Bedeutsamkeit bringen und darüber hinaus die Beziehung zwischen den Do-
mänen diskutieren.
Forschungspragmatisch gesehen ist das Festhalten an einem wie auch immer generierten „allgemei-
nen Identitätsstatus“ durchaus nachvollziehbar. „Ein“ Status – Variation hin oder her – lässt sich
leichter kommunizieren und auch in der Folge unproblematisch mit anderen Maßen in Zusammen-
hang bringen. Bei quantitativen Verfahren ist im Übrigen die domänübergreifende Mittelwertbildung
ein gängiges Verfahren, was im Blick auf die zugrunde liegende „psychologische Realität“ allerdings
nur schwer zu rechtfertigen ist.
Bis heute ungeklärt ist auch die Frage, welche Domänen sinnvollerweise einzubeziehen und zu the-
matisieren sind. So schlägt Haußer (2000) bspw. vor, den Lebensbereich „Heimat/Gefühl regionaler
Identität“ zu ergänzen. Besonders im Zuge der Migration erscheint der Hinweis auf „Ortsidentität“
(räumlicher Kontext) relevant zu sein.
James E. Marcia widmete sich auf der Basis der Theorie Eriksons (Stufenmodell) der
Konstruktion einer Methode zur Erfassung von Identität und Identitätsentwicklung.
und das damit einhergehende Identity Status Approach Identity Status Interview (ISI)
sind bis heute aktuell.
Eine besondere Rolle kommt den beiden Dimensionen Exploration und Commitment
(Verpflichtung/Festlegung) sowie deren Beziehung zueinander zu.
Die temporale Dimension der gefühlten Selbstgleichheit über die Zeit hinweg wird
vergleichsweise vernachlässigt.
Für Marcia findet Identitätskonstruktion in thematischen Kontexten oder Domänen
statt.
Innerhalb dieser Kontexte können Identitätsentwürfe mehr oder weniger stark exploriert
(krisenhaft erlebt werden oder nicht) werden, bevor eine innere Verpflichtung und
relative Festlegung stattfinden kann, allerdings nicht muss.
Durch halbstrukturierte, kontext- oder domänenspezifische Interviews wird durch eine
explizite oder implizite Gewichtung des Ausmaßes von Exploration und Commitment (je
hoch/niedrig) ein entsprechender Identitätsstatus diagnostiziert.
Zur Identität von Identität: Ein Konstrukt und seine Operationalisierung am Beispiel des Identitätsstatus-Ansatzes von James E. Marcia
Die Operationalisierung: James E. Marcia
Auf Basis von Eriksons Theorie konstruierte Marcia eine Methode zur empirischen Erfassung von
Identität und Identitätsentwicklung.
- Identity Status Approach (ISA) und Identity Status Interview (ISI) sind bis heute aktuell ISA: Denkansatz bzw. Methode zu empirischen Erfassung von Identität und Identitätsentwicklung ISI: von Marcia entwickeltes Interview zur Erfassung von Identität und Identitätsentwicklung
Den von Erikson postulierten Prozessen der Exploration und der Verpflichtung/Festlegung
(Commitment), v.a. aber ihrer Beziehung zueinander, kommt eine zentrale Rolle zu.
Für Marcia findet Identitätskonstruktion in thematischen Kontexten/Domänen statt. Innerhalb dieser
Kontexte können Identitätsentwürfe stark exploriert (auch krisenhaft erlebt) werden, bevor eine
innere Verpflichtung und (relative) Festlegung stattfinden kann, nicht muss.
Durch halbstrukturierte, kontext-/domänenspezifische Interviews wird durch eine Gewichtung des
Ausmaßen von Exploration und Commitment (hoch/niedrig) ein entsprechender Identitätsstatus
diagnostiziert.
Zur Identität von Identität: Ein Konstrukt und seine Operationalisierung am Beispiel des Identitätsstatus-Ansatzes von James E. Marcia
Der Ausgangspunkt in aller Kürze: Erik Erikson
Identitätskonstruktion ist für Erikson das zentrale, krisenhaft erlebte Entwicklungsthema der Adoles-
zenz.
Erik Eriksons Identitätskonzept:
- Beantwortung der Fragen „Wer bin ich? Wer will ich sein?
- Raum-zeitliche Dimension der nicht starr gedachten Selbstgleichheit, also der gefühlten
Selbstkontinuität und -konsistenz trotz Veränderungen, der gefühlten Kohärenz trotz einer
Vielfalt möglicher Identitätsentwürfe
- Gefühlte und von außen anerkannte Unterscheidbarkeit von anderen (wahrgenommene Ein-
zigartigkeit, sowie die gefühlte und von außen anerkannte Zugehörigkeit zu anderen)
In der Adoleszenz findet eine krisenhaft erlebte kritische Auseinandersetzung mit alten und neuen
Identitätsalternativen statt, die dann im Idealfall zu einer Festlegung auf „eine Identität“ führt.
Alternativ dazu können aus der Kindheit resultierende oder soziale/gesellschaftliche/kulturell bereit-
gestellte/angetragene Identitätsentwürfe ohne Exploration und kritische Prüfung übernommen wer-
den. Erfolgen weder Exploration noch Verpflichtung, resultiert ein Zustand der Identitätsdiffusion,
der durch fragmentierte, nur wenig konsistente und kohärente Identitätsentwürfe gekennzeichnet
ist, sowie mit Gefühlen von Leere und Orientierungslosigkeit einhergehen kann, aber nicht muss.
Kritik an Eriksons Modell:
Die Frage der Identität lässt sich nicht auf die Adoleszenz beschränken. Wir definieren uns in Abhän-
gigkeit von sozialen Beziehungen und Kontexten immer wieder neu.
26. Erik Eriksons Theorie stellt sicherlich den umfassendsten Versuch dar, den gesamten Lebenslauf entwicklungspsychologisch aus "psychosozialer Sicht" zu konzipieren. Was sind die Kernaussagen und Kernbegriffe seines Ansatzes?
Tradition der psychoanalytischen Schule → Schüler Freuds, Weiterentwicklung von Freud´s Lehre.
Lebenszyklus in 8 Phasen: → individuelle Entwicklung durch Auseinandersetzung mit lebensphasenspezifischen Themen.
Ich-Entwicklung entsteht nach epigenetischen Prinzip, d.h. vorbestimmte Reihenfolge ist
universell. Es gibt eine Stufenfolge, bei der jede Stufe auf die vorangegangene aufbaut. Die
kritische Phase muss zuerst überwunden werden, wobei auch negative Erfahrungen
gemacht werden müssen. Die positiven sollten dominieren.
Zentraler Begriff: Identität
Zentrales Konzept: psychosoziale Krise: Entwicklung über Lösung von Grund-Konflikten
Kritik:
• normativer Identitätscharakter → spezieller kultureller und gesellschaftlicher Kontext von Erikson hat
diese Theorie mit geprägt.
• Ziel einer gesunden Persönlichkeit ist problematisch: Unterstellung eines allgemeingültigen und
akzeptierten Ideal der Persönlichkeit
• Modell ist nur in einem speziellen gesellschaftlichen und kulturellen Kontext zu verstehen -
"heutzutage" wird das Thema Identität eher nicht mehr in der Adoleszenz ein für alle Mal erledigt,
sondern tritt zyklisch immer wieder (in allen Lebensphasen) auf und führt zu unterschiedlichen
Antworten auf die Frage "wer bin ich?".
Verdienst: schlüssiges Gesamtmodell der Entwicklung, Benennung der wichtigen
Entwicklungsthemen, Erweiterung der theoretischen Tradition der Psychoanalyse auf alle
Lebensphasen, Ergänzung um eine soziale Dimension
Erik Erikson: Themen und Krisen über die Lebensspanne
Wie Havighurst gliedert auch Erikson den Lebenslauf in dominante Themen, die er als Krisen konzipiert. Er beschreibt Entwicklung nicht in Form von psychosexuellen Phasen wie Freud, sondern in psychosozialen Phasen.
Der Mensch wird demnach nicht von sexuellen Trieben dominiert, sondern entwickelt sein ICH in Auseinandersetzung mit und in Relation zu sozialen Beziehungen in sozialen Kontexten. Auch hört die Entwicklung nicht – wie bei Freud – mit der Adoleszenz einfach auf, sondern erstreckt sich über die
gesamte Lebensspanne.
Für jede Phase werden Entwicklungsthemen formuliert, die positiv oder negativ bewältigt werden können. Das jeweilige Thema einer Phase ist von Geburt an festgelegt, wird aber erst in der entsprechenden Phase dominant. In jeder Phase kommt es zu einer Krise. Damit eine gesunde Persönlichkeit entsteht, müssen die einzelnen Krisen erfolgreich bewältigt werden. Bewältigung heißt, dass sowohl Erfahrungen bzgl. des positiven als auch des negativen Pols der entsprechenden Phase gemacht werden müssen, wobei erstere dominant sein sollten.
Drei Quellen der Entstehung einer Entwicklungsaufgabe:
Entwicklungsperioden nach Havighurst:
Auf den ersten Blick wird hier die gesellschaftliche, historische und kulturelle
Dimension des Konzeptes der Entwicklungsaufgabe deutlich. Das, was 1948 im
westlichen Kontext für Erwachsene gelten mochte, besitzt ganz sicherlich keine
universelle Gültigkeit. Wenn ich also die Bewältigung von bestimmten Entwick-
lungsaufgaben in bestimmten Kontexten beschreibe, beschreibe ich nicht mensch-
liche Entwicklung ganz allgemein. Ein solcherart generiertes Wissen ist lokal und
zeitgebunden. So muss man heute womöglich nicht nur einziges Mal einen "Le-
bensstil" finden, sondern zyklisch immer wieder neu. Dasselbe gilt für die berufli-
che Festlegung, aber auch für das Eingehen (und Lösen) von Partnerschaften.
25. Konzept der Entwicklungsaufgabe: Erläuterung und kritische Diskussion!
Robert Havighurst
Das Konzept der Entwicklungsaufgabe ist schon „alt“ und geht auf Robert Havighurst
(1948) zurück.
Erläuterung:
Der menschliche Lebenslauf lässt sich – jenseits des Alters – auch durch die in
bestimmten Phasen auftretenden zentralen Themen beschrieben. Dies geschieht durch
das Konzept der Entwicklungsaufgabe
Eine Entwicklungsaufgabe ist eine Aufgabe, die sich in einer bestimmten Lebensperiode
des Individuums stellt.
Ihre erfolgreiche Bewältigung führt zu Zufriedenheit und Erfolg, ein Versagen zu
Unzufriedenheit, Ablehnung durch die Gesellschaft und Schwierigkeiten bei der
Bewältigung späterer Aufgaben.
Havighurst unterscheidet 3 Quellen der Entstehung einer Entwicklungsaufgabe:
1. Physische Reife (individ. Leistungsfähigkeit inkl. körperl. Entwicklung)
2. Kultureller Druck / Erwartungen der Gesellschaft (soziokulturelle Entwicklungsnorm)
3. Indiv. Zielsetzungen oder Werte
Entwicklung beinhaltet also ein lebenslanges Überwinden von Problemen, wobei dem
Individuum eine aktive Rolle bei der Gestaltung eingeräumt wird.
Kritische Diskussion:
- Keine universelle Gültigkeit
- Bewältigung in bestimmten Kontexten beschreibt nicht menschl. Entwicklung allgemein
- Ein derart generiertes Wissen ist lokal und zeitgebunden
- Lebensstil muss zyklisch immer wieder gefunden werden
Thematische Gliederungen der Ontogenese
Die Lebensspanne – die Ontogenese – lässt sich nicht nur anhand des Lebensalters
betrachten. Man kann sie auch inhaltlich entlang der in bestimmten Lebensphasen
auftretenden und dominanten Themen gliedern. Dazu möchte ich zwei prominente
Beispiele geben: Robert Havighursts Konzept der Entwicklungsaufgabe und Erik
Eriksons Modell lebenslanger psychosozialer Entwicklung.
objektive und subjektive Kultur
Simmel unterscheidet zwischen objektiver und subjektiver Kultur (1908), und
diese Unterscheidung ist essentiell. Die objektive Kultur ist für den sich entwi-
ckelnden Menschen nur insofern förderlich, als er sie in subjektive Kultur umset-
zen kann. Nur dann trägt Kultur zur Vervollständigung der Entwicklung des
Menschen bei, wird zu subjektiver Kultur. Ohne Kultur bleibt menschliche Ent-
wicklung "stecken", kann niemals ihre Potenziale voll ausschöpfen. In einem
Prozess der Kultivation jedoch – und Simmel zeigt dies an der Kultivierung eines
Obstbaumes – kann der Mensch zu etwas werden, was er allein nicht zu werden
vermag. Freilich tragen nicht alle Formen objektiver Kultur zu Kultivation bei: So
zum Beispiel ist sensu Simmel die Fertigung eines Segelmasts aus dem Holz des
Baumes kein Akt, der das Wesen des Obstbaumes kultiviert, da nichts "Segel-
mastartiges" im Baum angelegt ist.
Georg Simmel und das Kultivationsprinzip
Am 1. März 1858 wurde Georg Simmel in Berlin als Kind jüdischer, jedoch kon-
vertierter Eltern geboren. Zwischen 1876 und 1881 studierte er an der Berliner
Universität Geschichte und Philosophie.
1914 erhielt Simmel einen Lehrstuhl an der Straßburger Universität. Am 26. September 1918 starb er in Straß-
burg.
Georg Simmel hat sich intensiv mit der Frage beschäftigt, wie Individuelles Kul-
turelles und Kulturelles wiederum Individuelles hervorbringen kann. Auch Sim-
mel konzipiert dabei die Bezogenheit von Individuum und Welt in nicht reduktio-
nistischer Form. Dabei bezieht er allerdings in sein Denken weit mehr als Mead
die Rolle der materiellen Welt mit ein.
Mead und die Bindungstheorie
Im übrigen weist eine in der aktuellen Entwicklungspsychologie prominente
Theorie, die Bindungstheorie 7 , eine hohe konzeptuelle Nähe zu Meads Gedanken
auf, ohne dass sich diese Theorie explizit auf Mead bezieht. Auch in der Bin-
dungstheorie, die auf John Bowlby (1907 -1990) zurückgeht, geht man davon aus,
dass das kindliche Selbst aus sozialen Erfahrungen hervorgeht. Wird das Kind
prompt, zuverlässig und liebevoll versorgt, entwickelt es ein inneres Arbeitsmo-
dell (dies ist ein bindungstheoretischer Terminus) von sich selbst als positiv wert-
geschätzter Person. Mit anderen Worten: Durch die fürsorgliche Haltung anderer
(hier ist in erster Linie die Mutter gemeint) dem Kind gegenüber lernt und weiß
das Kind, dass es ein liebenswerter Mensch ist.
m Vergleich zu Mead jedoch betont die Bindungstheorie die strukturelle/ stati-
sche Seite des Selbst weit mehr als die dynamische Komponente. Ist das kindliche
Selbst einmal entstanden, wird es als weitgehend stabil erachtet. Es gibt also nicht
die Konzeption des I als Metapher für die Aktivität der Person, immer wieder "auf
sich selbst" zu wirken, sich zu restrukturieren und damit zu verändern.
Die Komplexität Meadscher Annahmen ließ sich bis heute nur schlecht in die
psychologische Forschung umsetzen
Es fehlen Methoden, um Strukturen in ihrer
sie gleichzeitig verändernden Dynamik zu beschreiben. Als Konsequenz hat sich
die psychologische Forschung weitgehend auf die "Erfassung" des ME – verstan-
den als Selbstkonzept – gerichtet und blieb damit hinter Meads theoretischen
Ansprüchen weit zurück.
14. Was bedeutet das Konzept der „Zone der nächsten Entwicklung“ von Lev Vygotsky?
- solche Prozesse in der potentiellen Entwicklung, die aktuell noch voll entwickelt
sind, sich bereits entwickeln und schon morgen Früchte tragen werden.
- die Zone der nächsten Entwicklung wird schon morgen die Zone der aktuellen
Entwicklung überschreiten
D.h. es gibt eine Zone der aktuellen Entwicklung, die alle Leistungen des Kindes umfasst,
die es selbständig ohne Hilfe erbringen kann.
Die Zone der nächsten Entwicklung umfasst die Leistungen, die ein Kind mit Hilfe der
Anleitung(Unterstützung von kompetenteren Erwachsenen bewältigen kann.
Die Zone der nächsten Entwicklung ist zukunftsorientiert, da das Kind „schon morgen“ in
der Lage sein wird, diese Leistungen ohne Hilfe zu erbringen, der exakte Weg einer
psychischen Funktion offen ist.
Die Differenz zwischen den Aufgaben, die ein Kind bereits selbständig lösen kann und
den Aufgaben, die ein Kind mit Anleitung bewältigen kann, lässt sich die Zone der
nächsten Entwicklung bestimmen.
Die Realisierung der neuen Entwicklungspfade, also die Komplementierung der
Entwicklung psychischer Funktionen kann sich auf zwei Wegen vollziehen:
1. durch individuelle Aktivität (Spiel im Kindesalter, Phantasie im Jugend- und
Erwachsenenalter) → obglitatorische Prämisse
2. durch soziale Leitung (als Kanalisierung, Anweisung, Unterdrückung)
Lev S. Vygotsky: Vom Intermentalen zum Intramentalen und das Konzept der „Zone der nächsten Entwicklung“
Lev Vigotsky → kulturhistorische Perspektive der Entwicklungspsychologie
Entwicklungsprozesse werden sozial „geleitet“, sind dabei aber kein Abbild der sozialen
Welt, sondern werden personseitig konstruiert. Diese Leitidee wird besonders deutlich in
Vygotskys Konzept der „Zone der nächsten Entwicklung“. Nach Vigotskys spielt sich
Entwicklung in einer Zone zwischen Gegenwart ( ) und der Zone der aktuellen Entwicklung
Zukunft ( ) ab. In dieser Zone der nächsten Entwicklung Zone der nächsten Entwicklung
sind potentielle Entwicklungspfade nur rudimentär angelegt.
13. Was ist das Kultivationsprinzip?
Simmel beschäftigte sich intensiv mit der Frage, wie Individuelles Kulturelles und
Kulturelles Individuelles hervorbringen kann
- wie Mead konzipierte er die Bezogenheit von Individuum und Welt in
nicht reduktionistischer Form; allerdings bezieht er in sein Denken weit
mehr als Mead die Rolle der materiellen Welt mit ein
- er unterscheidet zwischen objektiver und subjektiver Kultur (1908):
bild
- Kultivation: wechselseitiger Prozess
über die Kultivation der Welt (unsere Umgebung, unsere Wohnung, unser Aussehen), der
Dinge (Lieblingsbuch, Plüschtier, Kleidung etc.) kultivieren wir uns selbst
bestimmte geliebte Objekte können so „Teil unseres Selbst“ werden und als solches vielerlei
Funktionen übernehmen (z.B. verliert ein Zwilling seinen Zwilling ist es, als würde er einen
Teil von sich selbst verlieren, verliere ich mein Lieblingsbuch, würde mir ein „Teil von mir“
fehlen)
Ohne Kultur bleibt der Mensch in seiner Entwicklung „stecken“. Im Kultivationsprozess kann der
Mensch mehr werden als er ohne Kultur wäre. Wir gestalten unsere Umwelt (Haus, Garten, Arbeit)
und komplettieren uns somit selbst – es ist eine persönliche Anbindung/ Entwicklung. Gutes
Beispiel sind persönliche materielle Objekte wie Fotobuch, Ring etc. die uns ans Herz wachsen.
Purer Konsum zählt nicht dazu!
Fragt danach, wie über den Umweg der "objektiven Kultur" die "subjektive Kultur" entsteht.
Ist ein wichtiges Prinzip gerade der „kulturpsychologischen“ Forschung (vs. Kulturver-
gleichenden Forschung).
beschreibende und
schließende Statistik
ie Varianzanalyse ist ein inferenzstatistisches, also von der Stichprobe auf die
Grundgesamtheit "schließendes" Verfahren, während die beschreibende Statistik
lediglich Aussagen über die Stichprobe macht (zum Beispiel: Mittelwert oder
Varianz: durchschnittliche [quadrierte] Abweichung vom Mittelwert). Wir kennen
das Vorgehen der schließenden Statistik von Wähler- oder sonstigen systemati-
schen Befragungen, bei denen man ja auch über die aktuelle Stichprobe hinausge-
hende Erkenntnisse gewinnen will.
12. Was bedeuten „I“ und ME“ bei George Herbert Mead?
Beides ist Unterscheidbar, aber aufeinander bezogen.
Me: ich, Susanna, MTA, Studentin, Lebensgefährtin, Spanische Wurzeln
ursprünglich, konventionell, symbolische Struktur die das „I“ möglich machen
Es repräsentiert die internalisierten Haltungen „sozialer Anderer“
Relativ Stabil über die Zeit, entsteht durch Rollenübernahme und Kommunikation mit anderen
Es repräsentiert die Vergangenheit
Das "ME" stellt die konventionelle, strukturelle und über die Zeit vergleichsweise stabile
Komponente des "Selbst" dar.
Das "ME" repräsentiert als generalized other letztendlich Gesellschaft an sich.
Das „ME“ kann als „Selbstkonzept“ verstanden werden
I: Wir reagieren immer wieder auf unsere eigenen Rollen und verändern uns dadurch → Susanna
MTA – Wechsel zu Susanna Studentin
Diese dynamische Komponente ist das „I“, die wechselnde Perspektive auf mich selbst (Me)
und die Welt, ohne das es mir gleich bewusst wird
Generiert Neuheit, durchbricht Strukturen und verändert sie
Es repräsentiert die Rekonstruktion des Me in der Zukunft
Das „I“ ist reflexiv nicht unmittelbar zugänglich.
Das „I“ ist empirisch nicht erfassbar.
Ausdruckkontrolle
Man kann Ausdruckkontrolle auf ganz unterschiedlichen Wegen operationa-
lisieren. Immer rücken dabei andere Schwerpunkte in den Vordergrund: So ging
es in der ersten Anordnung um maximal willentlich – also auf Instruktion – ge-
steuertes Verhalten, im zweiten um das Unterdrücken einer "positiven" Emotion
und im dritten um den "natürlichen" Ausdruck beim Lügen in einer sozialen Si-
tuation. Eine einzige Form der Operationalisierung kann also nie die ganze Band-
breite aller Aspekte eines Konstruktes einfangen.
George Herbert Mead und die Soziogenese des Selbst
- George Herbert Mead wurde am 27. Februar 1863 in Massachusetts geboren.
- Obwohl er interessanterweise nicht bei William James studierte, war
er in Harvard Tutor dessen Kinder. 1888 entschloss er sich zum Studium der
physiologischen Psychologie in Leipzig bei Wilhelm Wundt. 1889 wechselte er
auf Empfehlung von G. Stanley Hall an die Universität Berlin
Die psychologischen Rezeption von Meads Werk zentriert sich hauptsächlich auf
dessen soziogenetische Gedanken zum Selbst (z.B. 1934; aber auch in Originalar-
beiten). Das Selbst ist ganz allgemein betrachtet ein maximal komplexes Kon-
strukt, das sich in der psychologischen Forschung aber trotzdem großer Beliebt-
heit erfreut. Nach Mead entsteht das Selbst in und durch soziale
Austauschprozesse, doch wird es gleichzeitig personseitig konstruiert. In die
Psychologie eingegangen ist Meads Unterscheidung zwischen I und ME als unter-
scheidbare, jedoch aufeinander bezogene Phasen des Selbst.
Ein eindeutiges und von allen psychologischen Forschern und Forscherinnen
geteiltes Verständnis "der" Psychologie als Wissenschaft gibt es nicht
Dennoch
wird die Psychologie mehrheitlich als empirische und damit als "Erfahrungswis-
senschaft" verstanden. Aus Theorien abgeleitete Hypothesen werden unter Zuhil-
fenahme entsprechender Methoden anhand von Daten getestet oder überprüft, um
auf diesem Wege zu gesicherten Aussagen über das menschliche Verhalten 1 und
Erleben zu gelangen. Das hört sich einfach an, ist es aber ganz und gar nicht.
11. Was kennzeichnet den „soziogenetischen“ Ansatz und welche Vertreter kann man ihm zuordnen?
Soziogenetische Ansätze in der Psychologie betonen den sozialen Ursprung, die
soziale Genese (Genese hat nichts mit Genetik zu tun, sondern bedeutet Entste-
hung!) psychischer Funktionen, postulieren jedoch mitnichten eine soziale Deter-
miniertheit. Der Mensch setzt sich aktiv und selektiv mit seiner Welt (und sich
selbst) auseinander und "schafft" in dieser Auseinandersetzung sich selbst und
seine Welt.
Mit den soziogenetischen Ansätzen sind wir mitten im Feld der Entwicklungspsy-
chologie. Folgend möchte ich – selektiv – drei Baumeister soziogenetischen Den-
kens vorstellen. George Herbert Mead, Georg Simmel und Lev Vygotsky bemü-
hen sich dabei auf unterschiedliche Weise aufzuzeigen, wie das "Soziale" oder
auch "Kulturelle" zum Bestandteil menschlicher psychischer Funktionen wird.
Diese Ansätze erheben einen Anspruch auf generelle, ja universelle Gültigkeit.
Sie implizieren allgemeine Entwicklungsgesetze, die aber dennoch dazu in der
Lage sind, Heterogenität des menschlichen Verhaltens und Erlebens zu erklären.
Psychologie als sozial- und kulturwissenschaftlich orientierte Wissenschaft
- Ausgangspunkt: verortet Psychologie in der Überlegung, dass die menschliche Psyche intrin-
sisch mit der sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Welt verbunden ist
- Soziales, Gesellschaftliches, Kultur haben keinen „Einfluss“ auf psychische Funktionen, son-
dern wird im Laufe der Entwicklung zum Bestandteil dieser
- Andererseits ist Person nicht Abbild der sie umgebenden Welt (Behaviorismus, Sozialer Kon-
struktivismus (definiert Mensch ausschließlich durch sein soziales Beziehungsgeflecht)
- Soziogenetische Ansätze: betonen sozialen Ursprung, die soziale Genese (Entstehung) psy-
chischer Funktionen, postulieren jedoch mitnichten eine soziale Determiniertheit:
Der Mensch setzt sich aktiv und selektiv mit seiner Welt (und sich selbst) auseinander und „schafft“
in dieser Auseinandersetzung sich selbst und seine Welt
Psychologie als biologisch-experimentelle Wissenschaft
- Eine heute in der Psychologie dominante Form des Experimentierens bedient sich des ran-
domisierten Kontrollgruppen-Experiments mit interenzstatistischen Nullhypothesenprüfung
- Statistische Inferenz gilt dabei als Synonym für die wissenschaftliche Methode, ja als Garant
für die „Verwissenschaftlichung“ einer ansonsten „vor-“wissenschaftlichen Psychologie
- Dabei wird kritisiert, dass die statistische Inferenz mittels Nullhypothesen-Tests zum unre-
flektierten, institutionalisierten und sachlogisch falsch ausgeführtem Ritual gemacht wurde
(Prozess der „Inferenz-Revolution“) (Gigerenzer, Murray, 1987)
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