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Stolpersteine Ergänzungen

kulturelles Gedächtnis Vertiefung

kulturelles Gedächtnis Vertiefung


Kartei Details

Karten 40
Sprache Deutsch
Kategorie Literatur
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 06.09.2014 / 10.05.2015
Lizenzierung Keine Angabe
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Seit wann beschäftigt sich man in Deutschland mit der Erinnerungskultur? 

In den letzten 3 Jahrzehnten ist die deutsche Erinnerungskultur mit großer Energie, finanziellen Aufwand und bürgerschaftlichem Engagement aufgebaut worden. Mit einer Fülle von Institutionen und Initiativen, Gedenkstätten und Museen, Veranstaltungen und Programmen ist sie inzwischen für alle unübersehbar geworden. Sie ist durch die Medien ganz selbstverständlich in den Alltag eingebettet, vor der Haustür in Form von Stolpersteinen präsent und überregional sichtbar in herausragenden Bauten und Monumenten.

Was sieht Aleida Assmann das  kollektive Gedächtnis? 

Aleida Assman sieht im kollektiven Gedächtnis nicht den Zusammenschluss individueller Gehirne, wie die Computer einer LAN Party, sondern das kollektive Gedächtnis beruht auf gemeinsamen Riten, Symbolen und Geschichten, an denen man teilnimmt und die man sich gegenseitig erzählt.

Wer schafft in totalitären Gesellschaften das kollektive Gedächtnis, wer ist in Demokratien dafür verantwortlich?

In totalitären Gesellschaften ist es der Staat, der das kollektive Gedächtnis schafft, und kontrolliert, in Demokratien sind es obendrein auch die Bürger, die Künstler, die Parteien und v.a. die Medien (Das neue Unbehagen, Assmann).

 

Wie kommt nach Halbwachs Vergessen zu Stande?

Nach Maurice Halbwachs lebt und erhält sich das Gedächtnis in der Kommunikation, bricht diese ab, bzw. verschwinden oder ändern sich die Bezugsrahmen der kommunizierten Wirklichkeit, ist Vergessen die Folge. Man erinnert nur, was man kommunizieren und was man in den Bezugrahmen des Kollektivgedächtnisses lokalisieren kann. (Jan Assmann, kulturelles Gedächtnis)

Worin sieht Halbwachs den Unterschied zwischen Geschichte und Gedächtnis?

Die Geschichte verfährt nach Halbwachs genau umgekehrt, wie das kollektive Gedächtnis. Während das kollektive Gedächtnis die Gruppe von innen sieht und bestrebt ist, ihr ein Bild ihrer Vergangenheit  zu zeigen, in dem sie sich in allen Stadien wiedererkennen kann und daher tiefgreifende Veränderungen ausblendet die „Geschichte“ wiederum solche wandlungslosen Zeiten als „leere“ Intervalle aus und lässt nur das als historische Faktum gelten, was als Prozess oder Ereignis Veränderungen anzeigt.

Es gibt zwar viele Kollektivgedächtnisse aber nur eine Historie, die jeden Bezug auf die eine Gruppe, eine Identität, einen spezifischen Bezugspunkt abgestreift hat und die Vergangenheit in einem identitätsabstrakten Tableau rekonstruiert.

Was ist der Ansatzpunkt der Geschichte nach Halbwachs?

Wo die Vergangenheit nicht mehr erinnert, d.h. gelebt wird, hebt die Geschichte an. Die Geschichte beginnt im allgemeinen erst an dem Punkt, wo die Tradition aufhört und sich das soziale Gedächtnis auflöst. Eben dort wo die Vergangenheit nicht mehr bewohnt ist. (Kulturelles Gedächtnis, Jan Assmann). 

Was sind die wichtigsten Ergebnisse der Forschung von Halbwachs?

1. Soziogenese des Gedächtisses: Das Gedächtnis ist soziogen im doppelten Sinne: Es entsteht durch Gemeinschaft und es lässt Gemeinschaft entstehen.

2. Rekonstruktivität: Erinnerungen werden bewahrt, indem sie in einen Sinn-Rahmen eingehängt werden. Vergessen bedeutet Auflösung des Sinn-Rahmens.

3. Gedächtnis vs. Geschichte: Dem Gedächtnis das bewohnt wird, steht die Geschichte gegenüber, die nicht bewohnt wird, die keinen Bezug zu einer Gruppenidentität hat. 

 

Wie steht Aleida Assmann zu der Beziehung Geschichte und Gedächtnis?

Nach Aleida Assmann dürfen wir also von unterschiedlichen Formen des Erinnerns ausgehen- persönlichen und kollektiven- die sich keineswegs gegenseitig aufheben oder ausschalten. Dasselbe gilt für das Nebeneinander von Gedächtniskonstruktionen und historischer Forschung.

Es ist sogar festzustellen, dass der Großteil der Gedächtnisforschung inzwischen von der Zunft der professionellen Historiker getragen wird, die darin offenbar keine Gewissensentscheidung zwischen Wahrheit und Lüge mehr sehen, sondern eine willkommene Ausweitung ihrer Methoden und Fragestellungen.

Denn wir brauchen das Gedächtnis, um der Masse des historischen Wissens Leben einzuhauchen in Form von Bedeutung, Perspektive und Relevanz, und wir brauchen die Geschichte, um die Konstruktion des Gedächtnisses kritisch zu überprüfen, die immer in bestimmten Machtkonstellationen entstehen und von den Bedürfnissen der Gegenwart diktiert sind. (Unbehagen)