OR BT 1 - Kaufvertrag
Herzog/Lienhard, Übungsbuch Obligationenrecht Besonderer Teil, Orell Füssli Verlag AG, Zürich 2015
Herzog/Lienhard, Übungsbuch Obligationenrecht Besonderer Teil, Orell Füssli Verlag AG, Zürich 2015
Kartei Details
Karten | 105 |
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Lernende | 48 |
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Recht |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 17.08.2015 / 12.12.2024 |
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91. Welche Rechtsgrundlage verleihen einen Anspruch auf Schadenersatz wegen eines Sachmangels?
OR 208 II: Wandelung und unmittelbarer Schaden
OR 208 III: Wandelung und mittelbarer Schaden
OR 97: Minderung und Schadenersatz
OR 206 II: Nachlieferungsrecht und Schadenersatz
92. Wodurch unterscheidet sich der Schadenersatzanspruch nach OR 208 II und OR 208 III?
OR 208 II:
- verschuldensunabhängig
- für unmittelbaren Schaden
OR 208 III:
- verschuldensabhängig
- für mittelbaren Schaden
- Exkulpationsbeweis möglich (kein Verschluden (analog OR 97)
93. Um welche Art Frist handelt es sich bei OR 210?
Eine Verwirkungsfrist.
94. Kann nach Ablauf der Frist nach OR 210 noch Wandelung oder Minderung geltend gemacht werden?
Grundsätzlich nein; die Verwirkungsfrist verhindert die Geltendmachung.
Wurde der Mangel jedoch rechtzeitig gerügt, so kann er auch weiterhin einredeweise geltend gemacht werden (Wandelung-/Minderungseinrede).
95. Wie verhält sich die Sachmängelhaftung zum Schadenersatz nach OR 97?
kommen alternativ zur Anwendung.
Die Prüfungs- und Rügeobliegenheit, die Verjährung und die haftungsfreizeichnung werden auch unter OR 97 geprüft.
96. Wie verhält sich die Sachmängelgewährleistung zum Schadenersatz nach OR 41 ff.?
Kommen Alternativ zur Anwendung.
Die Prüfungs- und Rügeobliegenheit, die Verjährung und die haftungsfreizeichnung werden auch unter OR 41 ff. geprüft.
Die Verschaffung einer mangelhaften Sache ist nicht widerrrechtlich.
97. Wie verhält sich die Sachmängelgewährleistung zum Schadenersatzanspruch nach PrHG?
Das PrHG findet ausschliesslich Anwendung auf Produktfolgeschäden (sachlicher Anwendungsbereich, zeitlicher Anwendungsbereich beachten: Inverkehrbringen nach 1.1.1994 [PrHG 13]).
Ansonsten alternative Anwendung.
Schäden am Produkt selber sind nicht durch das PrHG gedeckt (PrHG 1 II).
98. Was ist die Folge, wenn der Käufer unberechtigterweise den Kaufgegenstand nicht annimmt?
Ein Teil der Lehre (nach HUGUENIN der herrschende Teil, BUCHER, ENGEL, GUHL/KOLLER, HONSELL, TERCIER) sieht die Annahme als blosse Obliegenheit, womit der Käufer lediglich in Gläubigerverzug gerät (OR 91; Recht auf Hinterlegung [OR 92] zum Verkauf [OR 93] Rücknahme [OR 94]). Nur wenn der Verkäufer ein erkennbares Interesse an der Annahme hat, kann es ausnahmsweise eine Hauptpflicht des Käufers sein.
Die das BGer sieht dagegen die Annnahme per se als Hauptpflicht (OR 211) des Käufers (Schuldnerverzug). Der Verkäufer kann deshalb nach OR 102 i.V.m. OR 107 ff. vorgehen (Erfüllungsanspruch, Verzicht auf Annahme und Schadenersatz [positives Interesse], Rücktritt und Schadloshaltung [negatives Interesse]).
99. Welche Möglichkeiten hat der Verkäufer bei Zahlungsverzug des Käufers?
Ist der Käufer vorleistungspflichtig (Pränumerandokauf) oder ist Zug um Zug Erfüllung vereinbart, so kann der Verkäufer wegen Schuldnerverzug nach OR 102 i.V.m. OR 107 ff.
- auf Erfüllung bestehen
- Auf Erfüllung (Kaufpreis) verzichten und Schadenersatz verlangen (positives Interesse)
- vom Vertrag zurücktreten und Schadloshaltung verlangen (negatives Interesse)
Auch beim Postnumerandokauf liegt Schuldnerverzug vor, der Verkäufer kann
- auf Erfüllung bestehen
- Auf Erfüllung (Kaufpreis) verzichten und stattdessen Schadenersatz verlangen (positives Interesse)
- vom Vertrag zurücktreten und Schadloshaltung verlangen (negatives Interesse), aber nur wenn ein Rücktrittsrecht vereinbart wurde (auch in Form eines nur vereinbarten - d.h. nicht eingetragenen - Eigentumsvorbehalts)
100. Welche Nebenpflichten treffen den Käufer?
- Beurkundungskosten (OR 188)
- Abnahmekosten (OR 188; Zölle, Steuern etc.)
- Transportkosten ab Erfüllungsort (OR 189)
- alles unterlassen, was die Erfüllung des Vertrages stören/verhindern könnte
101. Was ist eine Obliegenheit und welche Folgen hat ihre Verletzung?
Eine Obliegenheit ist eine Pflicht, welche nicht die Intensität einer Nebenpflicht aufweist (Hauptpflicht>Nebenpflicht>Obliegenheit).
Die Erfüllung einer Obliegenheit kann nicht eingeklagt werden.
Die Verletzung einer Obligenheit führt nicht zu Schadenersatz aber zu Rechtsnachteilen.
Beispiel: Wird die Annahmepflicht des Käufers als Obliegenheit betrachtet, so kann der Verkäufer nicht auf Annahme klagen (Erfüllung). Er kann auch keinen Schadenersatz geltend machen. Stattdessen kann er die Sache nur Hinterlegen oder allenfalls versteigern lassen (OR 91 ff.).
Wird die Annahmepflicht stattdessen als Hauptpflicht des Käufers angesehen (OR 211; BGer) so liegt Schuldnerverzug vor und der Verkäufer kann auf Erfüllung, Verzicht und Schadenersatz oder Rücktritt und Schadloshaltung klagen.
102. Welche Vertragselemente müssen von der öffentlichen Urkunde beim Grundstückkaufvertrag umfasst sein?
alle objektiv und subjektiv wesentlichen Vertragspunkte (essentialia negotii):
- Kaufpreis
- Kaufgegenstand
- Parteien
103. Wann gehen Nutzen und Gefahr beim Grundstückskauf über?
Mit Besitzübergang.
Der Besitzübergang bestimmt sich nach Vereinbarung oder
bei fehlender Vereinabarung nach den allgemeinen Regelungen in OR 185:
- mit Abschluss des Vertrages
- bei Gattungsware: nach Ausscheidung
- bei Suspensivbedingung: nach deren Eintritt
104. Findet die Rechtsmängelhaftung/-gewährleistung Anwendung auf den Grundstückskauf?
Grundsätzlich ja.
Da sich der Käufer jedoch auf den Grundbucheintrag verlassen kann (Publizitätswirkung), ist der Anwendungsbereich minimal; Ausnahme in Kantonen/Grundbuchkreisen in welchem noch kein Grundbuch existiert.
105. Bestehen Spezialregeln der Sachmängelhaftung für Grundstücke?
Grundsätzlich kommen die Sachgewährleistungsregeln des Fahrniskaufs zur Anwendung (OR 221).
OR 219 hält jedoch fest, dass
- der Verkäufer bei Fehlen eines Grundbuches für ein allfälliges Mindermass haftet (Grundstück kleiner als im Kaufvertrag)
- der Verkäufer bei einem falschen Grundbucheintrag nur für ein allfälliges Mindermass haftet, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde (Grundstück kleiner als im Grundbuch angegeben)
- Mängel des Gebäudes (sachenrechtlich Teil des Grundstücks) nach 5 Jahren vom Erwerb an verjähren
Umgekehrt kann der Verkäufer kein Mehrpreis verlangen, wenn sich bei der amtlichen Vermessung herausstellt, dass das Grundstück grösser ist.
1. Wie wird der Kaufvertrag erfüllt?
Zug um Zug (OR 184 II)
- Bezahlung des Entgelts
gegen
- bewegliche Sachen durch Besitzesübertragung (bzw. Surrogate; ZGB 714 und 922 ff.)
- Grundeigentum durch eintragung in das Grundbuch (ZGB 656 ff.; Anmeldung beim Grundbuchamt)
- Forderungen werden zediert (OR 164 ff.)
- übertragbare Immaterialgüterrechte durch Willenseinigung und ev. Registereintrag
- Wertpapiere nach dem Typ des Wertpapiers
2. Wie wird der Kaufvertrag charakterisiert?
- keine Legaldefinition im Gesetz
- Verpflichtung zum Austausch von Sache gegen Geld
- vollkommen zweiseitiger Vertrag (Synallagma)
3. Wie ist das Kaufvertragsrecht im OR unterteilt?
- Allgemeine Bestimmungen (OR 184-186)
- Fahrniskauf (OR 187-215)
- Grundstückkauf (OR 216 - 221)
- Besondere Arten des Kaufs (OR 222 - 236)
- Kauf nach Muster
- Kauf auf Probe
- Vorauszahlungsvertrag
- Versteigerung
4. Welcher Natur ist die Sachübereignung und welche Folgen hat dies?
- Sachübereignung (Verfügungsgeschäft) ist kausaler Natur
- Gültigkeit des Verfügungsgeschäfts vom Bestand des Grundgeschäfts (Verpflichtungsgeschäft) abhängig
- ist das Verpflichtungsgeschäft ungültig/unwirksam, so kann
- die Sache vindiziert werden
- das Grundbuch berichtigt und
- der Kaufpreis mit der Kondition herausverlangt werden
5. Welcher Natur ist die Übertragung von Forderungen und welche Folgen hat dies?
- Die Übertragung einer Forderung ist abstrakter Natur
- ist das Verpflichtungsgeschäft ungültig/unwirksam kann die Übertragung der Forderung trotzdem gültig sein
6. Welche Pflichten hat der Verkäufer?
- Übergabe des Kaufgegenstandes (OR 184 I)
- Verschaffung des Eigentums und
- Erfüllung anderer Nebenpflichten (z.B. OR 188, Kosten der Übergabe/messen/wägen)
Die Verletzung von Nebenpflichten kann zu vertraglichen Haftung des Verkäufers führen.
7. Welche Pflichten hat der Käufer?
- Zahlung des Kaufpreises
- Annahme des Kaufgegenstandes (Obliegenheit -> Gläubigerverzug)
- Erfüllung von Nebenpflichten (z.B. OR 189 Transportkosten)
8. Was kann alles Kaufgegenstand sein?
- bewegliche und unbewegliche Sachen
- körperliche und unkörperliche Sachen
- absolute und relative Rechte
- sonstige Wirtschaftsgüter (Know-how, Goodwill, Kundschaft)
Achtung: vorbehältlich bestimmte Persönlichkeitsrechte, widerrechtliche Güter
9. Was ist eine Sachgesamtheit und wie wird sie verkauft bzw. übertragen?
Eine Sachgesamtheit bezeichnet mehrere selbständige Sachen, welche gemeinsam unter einem Titel verkauft werden.
Die Übertragung erfolgt jedoch gemäss dem Spezialitätsprinzip (dingliche Rechte können nur an einzelnen Sachen - nicht an Sachgesamtheiten- bestehen) für jede Sache einzeln nach den jeweiligen Regeln.
10. Wie kann ein Unternehmen gekauft werden?
Mittels "asset deal" oder "share deal"
Der "asset deal" ist der Kauf einer Sach- und Rechtsgesamtheit. Der Verkäufer haftet, ohne anderweitige Zusicherung, nur nach Sachmängelgewährleistung. Allerdings treffen ihn Nebenpflichten wie z.B. Geheimhaltung der Geschäftsgeheimnisse.
Der "share deal" ist der Kauf der Kontrollmehrheit der Unternehmensanteile (z.B. Aktien). Kaufgegenstand ist nur der Unternehmensanteil resp. das entsprechende Wertpapier, weshalb die Sachmängelgewährleistung auch nur diese betrifft.
11. Muss der Kaufgegenstand bei Vertragsschluss bestimmt sein?
Er muss anhand des Vertrages und der Umstände bestimmbar sein (auch Auswahl durch Dritte).
12. Muss der Kaufpreis bei Vertragsschluss bestimmt sein?
Es genügt die Bestimmbarkeit nach den Umständen (OR 184 III). Beim Fahrniskauf besteht die Vermutung, dass der Kaufpreis dem mittleren Marktpreis am Ort der Erfüllung entspricht, wenn nichts vereinbart wurde.
13. Was ist Gegenstand eines Grundstückskauf?
Ein Grundstück im Sinne von ZGB 655.
Als Grundstücke gelten (ZGB 655 II):
- Liegenschaften
- ins Grundbuch aufgenommene selbständige und dauernde Rechte
- Bergwerke
- Miteigentumsanteile an Grundstücken
14. Was ist Gegenstand eines Fahrniskaufs?
Gemäss OR 187 I ist jeder Kaufvertrag über etwas anderes als ein Grundstück ein Fahrniskauf.
Für den Forderungskauf und den Patentkauf sind die Regelungen des Fahrniskaufs unbefriedigend, sie werden als Kaufverträge sui generis behandelt, die Regeln des Fahrniskaufs kommen allenfalls analog zur Anwendung (z.B. Forderung Übertragung durch Zession, OR 171; Patent: Rechtsmängelgewährleistung für Nichtigkeit des Patents sondern nur für Eviktion durch Dritten desselben Patents, vgl. BGE 110 II 239)
15. Welche Regeln gelten, wenn eine Materie nicht in den Bestimmungen über den Grundstückkauf (OR 216-221) geregelt ist?
Gemäss OR 221 kommen die Regeln des Fahrniskaufs (OR 187-215) analog zur Anwendung.
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