M5 Moral Kooperation Wettbewerb + Wikis 2 von 4
FU Hagen SS 2015
FU Hagen SS 2015
Fichier Détails
Cartes-fiches | 72 |
---|---|
Langue | Deutsch |
Catégorie | Psychologie |
Niveau | Université |
Crée / Actualisé | 18.07.2015 / 22.08.2017 |
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16. Zusammenhänge zwischen moralischem Urteil und moralischem Handeln
Nach Kohlberg und Candee (1984) bestimmt nicht nur das moralische Urteilsniveau alleine das moralische Handeln: sie gehen davon aus, dass eine für richtig gehaltene Entscheidung nur dann in die Tat umgesetzt wird, wenn man sich in einer Situation subjektiv verantwortlich fühlt und bestimmte "nicht-moralische" Fähigkeiten der "Ich-Kontrolle" (z. B. Intelligenz, Aufmerksamkeit) die Ausführung der Handlung unterstützen.
Zusammenhang zwischen Urteil und Handeln
Komponenten (1-4) = Haupteinheiten der Analyse
Je nach Anlage der Untersuchung kann zu erwartender Zusammenhang unterschiedlich sein
► abhängig von der Struktur der jeweiligen moralischen Problemsituation:
(1) Problemsituation symmetrisch ►kein monotoner Zusammenhang
(2) Problemsituation asymmetrisch ►Zunahme moralischer Entscheidungen mit der Stu-
fenhöhe
Auf postkonventioneller Ebene darf also nur noch eine Handlungsalternative möglich sein, damit diese als die „moralische“ Alternative bezeichnet werden kann.
FAZIT:
Zur empirischen Prüfung des Zusammenhangs zwischen Urteilen und Handeln sind also nur asymmetrische Problemsituationen geeignet.
(Symmetrie und Asymmetrie sind auch eine Frage der subjektiven Situationsinterpretation!)
Systematischer Zusammenhang zwischen Urteil und Handeln evident – bei Kohlberg
Der Vorwurf opportunistischen Verhaltens lässt einen solange kalt, wie er nicht von jemandem
kommt, der einem wichtig ist
Selbsttäuschung und Manipulation
Wenn unser moralisches Handeln direkt unter der Aufsicht unserer moralischen Gefühle stände, könnten wir die Kritik unseres Gewissens zwar verdrängen, ihr aber nicht von vornherein entgehen. Wir könnten zwar moralischen Irrtümern erliegen, uns aber schwerlich bewusst selbst täuschen.
Nach dem Modell von Rest (s.o.) setzt die Identifizierung des moralischen „Ideals“ in einer konkreten
Handlungssituation voraus, dass man die Situation zunächst dahingehend analysiert, wie die eigenen
Handlungen das Wohlergehen der anderen beeinflussen. (Qualität der Analyse stark abhängig von situativer
Perspektive)
Moralische Selbsttäuschung ist demnach eine Frage der „kognitiven Anstrengung“, ob man eine Situation überhaupt als moralisch relevant erkennt:
Potentiell heikle Situationen lassen sich schon im Vorfeld moralisch dadurch entschärfen, dass man die Analyse unter einer verkürzten Perspektive vornimmt
► wir sehen damit bewusst weg und beschränken damit unsere Wahrnehmung.
Moralische Selbsttäuschung wird noch durch mehrdeutige Beziehung zwischen Urteilsstufe und
Handlungsentscheidung unterstützt.
FAZIT: Intensität des Denkens muss sich nicht immer direkt auf Handlungsentscheidung auswirken.
ABER: indem wir dieses Risiko der „kognitiven Sparsamkeit“ 5 eingehen, entziehen wir unser Handeln
fahrlässig unserer eigenen moralischen Kontrolle.
18. Selbstaufmerksamkeit und moralisches Verhalten
Theorie der objektiven Selbstaufmerksamkeit:
Diese geht davon aus, dass im Zustand der „Selbstaufmerksamkeit“ eine größere Übereinstimmung zwischen Selbstdarstellung und tatsächlichem Verhalten besteht als im Zustand der „Selbstunaufmerksamkeit“. Selbstaufmerksamkeit wird hierbei verstanden als ein Zustand, in dem die Aufmerksamkeit weniger auf ex-
terne Ereignisse, sondern überwiegend auf das eigene Selbst gerichtet ist. Sie bewirkt, dass Diskrepanzen zwischen dem tatsächlichen Verhalten und Intentionen, Aspirationen bzw. internen Verhaltensstandards stärker bewusst werden.
Diese Diskrepanzen werden meistens negativ erlebt, da – wie Frey et al. schreiben – „Standards bzw.
Aspirationen im Allgemeinen ‚höher‘ sind als das tatsächliche Verhalten“.
Unter der Bedingung von Selbstaufmerksamkeit wird Selbsttäuschung erschwert, d.h., der erfolgreiche Selbsttäuscher muss seine Aufmerksamkeit vorrangig auf externe Ereignisse konzentrieren und damit von seinem Selbst ablenken.
die ideale Aufmerksamkeit
Die höchste uns zur Verfügung stehende moralische Stufe beschreibt die ideale Aufmerksamkeit, die
wir unserem moralischen Selbst zukommen lassen können. Ist unsere Selbstaufmerksamkeit von
unserem moralischen Selbst abgelenkt, ist eine unserer moralischen Kompetenz entsprechende Performanz eher unwahrscheinlich.
►Die oberflächliche Deckungsgleichheit (bestimmte Probleme passen zu bestimmten Niveaus der sozialen
Perspektive) aktiviert eine soziale Perspektive unterhalb unseres Kompetenzniveaus. Anstatt die Komplexität der Konsequenzen unseres eigenen Verhaltens zu reflektieren, verwickeln wir uns z.B. in einen „Ersatzstreit“ mit unserem Partner.
►Die integrative Struktur der kognitiven Stufen lässt aber die Vermutung zu, dass wir eine Tendenz zum vorzeitigen Abbruch der Situationsanalysen haben
o immer dann, wenn wir befürchten müssen, dass wir uns mit weiterem Nachdenken in ein kognitives Ungleichgewicht manövrieren, gewinnen Gleichgewicht bewahrende Alternativen an Attraktivität.
o Bestreben, selbstbedrohende Informationen/Ereignisse so zu interpretierten, dass sie für das Selbst weniger bedrohend wirken und der Tendenz, den Selbstzentrierung erzeugenden Stimuli zu entgehen. („Theorie der objektiven Selbstaufmerksamkeit“; Frey, Wicklung & Scheier, 1980)
Techniken zur Vermeidung aversiver Konsequenzen von Selbstaufmerksamkeit
(1) Nicht denken, sondern handeln!
(2) Nicht denken, sondern reden!
Diese Techniken retten uns kurzfristig aus unangenehmen Situationen, belasten dafür aber unser Selbst dauerhaft. Je häufiger wir unter unserem „Niveau“ handeln, desto unangenehmer wird die „Spiegel-Bedingung“. Die Konsequenz ist letztlich eine dauerhafte Selbstunaufmerksamkeit, die eine Weiterentwicklung
verhindert und unsere Kompetenz dauerhaft auf einer einmal erreichten Stufe „fixiert“.
19. Gibt es eine weibliche Moral? (Stufenfolge von Gilligan) / Fürsorge- vs. Gerechtigkeitsmoral
Ausgangspunkt für Gilligans war ihr Eindruck, dass Frauen durch Kohlbergs Interviewverfahren häufiger der Stufe 3, Männer häufiger der Stufe 4 zugeordnet wurden.
In Anlehnung an die Beschreibung der Stufen 3 und 4 entwickelte Gilligan die Vorstellung einer weiblichen Fürsorgemoral im Gegensatz zur männlichen Gerechtigkeitsmoral. Die Kohlbergschen Stufen 3 und 4 werden aus ihrer hierarchischen Beziehung herausgelöst und nebeneinander gestellt.
ntwicklungssequenzen weiblicher Fürsorgemoral nach Gilligan sind:
- Präkonventionelles Stadium: Orientierung auf das individuelle Überleben
- 1. Übergangsphase: Vom Egoismus zur Verantwortlichkeit
- Konventionelles Stadium: Gutsein als Verzicht
- 2. Übergangsphase: Vom Gutsein zur Wahrheit
- Postkonventionelles Stadium: Die Moral der Gewaltlosigkeit
Entwicklungssequenz weiblicher Fürsorgemoral nach Gilligan (1983):
Präkonventionelles Stadium: Orientierung auf das individuelle Überleben
Die individuelle Selbsterhaltung, die der Sicherung des Überlebens dient, ist charakteristisch für die egozentri-
sche Perspektive dieses Stadiums. Das Selbst ist das einzige Objekt der Fürsorge, deren Radius nur durch mangelnde Kraft eingegrenzt wird.
Entwicklungssequenz weiblicher Fürsorgemoral nach Gilligan (1983):
1.Übergangsphase: Vom Egoismus zur Verantwortung
Die Selbstbezogenheit wird erkannt und führt zu einem Konflikt zwischen Egoismus und Verantwortlichkeit.
Zugehörigkeit und Verbindung zu anderen treten in den Vordergrund. Das stärkere Selbstwertgefühl setzt ein
Selbstkonzept voraus, das die Möglichkeit einschließt, „das Richtige zu tun“, die Fähigkeit, in sich selbst die
Möglichkeit zu sehen, sozial akzeptiert zu werden. Konventionelles Stadium: Gutsein als Verzicht
Entwicklungssequenz weiblicher Fürsorgemoral nach Gilligan (1983):
Konventionelles Stadium: Gutsein als Verzicht
In diesem Stadium wird ein altruistischer Standpunkt eingenommen. In Übereinstimmung mit der gesellschaft-
lichen Konvention von Weiblichkeit wir die Verantwortung für andere zu dem zentralen Bestandteil des Selbst-
bildes. Daraus resultiert eine mütterliche Moral, die die Fürsorge für Schwächere beinhaltet, aber nicht die
Berücksichtigung der eigenen Interessen und Bedürfnisse. Selbstbehauptung gilt in diesem Stadium als unmo-
ralisch, da das „Gute“ mit der Fürsorge für andere gleichgesetzt wird.
Entwicklungssequenz weiblicher Fürsorgemoral nach Gilligan (1983):
2.Übergangsphase: Vom Gutsein zur Wahrheit
Die Fremdbestimmtheit der konventionellen Sichtweise wird deutlich. Ein Konflikt zwischen Egoismus und
Altruismus wird nun nicht mehr nach Kriterien des kbeurteilt. Durch die Trennung der Stimme des Selbst von der Stimme der anderen fragt die Frau, ob es möglich ist, gleichzeitig für sich und für andere verantwortlich zu sein und so den Widerspruch zwischen Verletzen und Sich-Kümmern aufzulösen. Die Moralität einer Handlung wird nicht danach eingestuft, was andere dazu sagen werden, sondern danach, wie realitätsgerecht sie Absicht und Folgen verknüpft. onventionell Guten, sondern nach solchen der „Wahrheit“
Entwicklungssequenz weiblicher Fürsorgemoral nach Gilligan (1983):
Postkonventionelles Stadium: Die Moral der Gewaltlosigkeit
Die gesellschaftlichen Normen und Werte werden aus dieser Perspektive transzendiert. Eine Synthese von
Egoismus und Altruismus wird durch die Einsicht möglich, dass das Selbst und die anderen wechselseitig voneinander abhängig sind. Anteilnahme wird zum selbst gewählten Prinzip, das die Fürsorge für die eigene Person mit einschließt. Die Orientierung an selbst gewählten moralischen Prinzipien setzt selbstverantwortlichkeit voraus. Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit auch gegenüber den eigenen Bedürfnissen.
Geschlechtsdifferenzen schwer nachweisbar
Empirisch scheint eine Geschlechtsspezifität der Moral nur schwer nachweisbar zu sein. Frauen und Männer unterscheiden sich zwar nicht zwingend in ihrem moralischen Denken, in Bezug auf konkrete, rollenbezogene Entscheidungen sind jedoch große Meinungsdiskrepanzen zwischen den Geschlechtern feststellbar.
Bedeutsamer als das biologische Geschlecht schein daher die Wechselwirkung zwischen moralischer
Kompetenz und situativer Betroffenheit zu sein.
Moralische Stufen
Kohlberg geht bei der Konstruktion seiner Stufen der moralischen Urteilsentwicklung von
einer Untersuchung aus, die er an 72 Chicagoer Jungen mit Hilfe von zehn
hypothetischen Dilemmata durchführte. Die Jungen verteilten sich auf drei
Altersgruppen (10, 13 und 16 Jahre). Diese Untersuchung war zugleich der
Ausgangspunkt für eine ca. 30 Jahre laufende Längsschnittuntersuchung.
Aufgrund der Analyse der Antworten der Jungen auf die moralischen Dilemmata gelangte
Kohlberg zu sechs Stufen des moralischen Urteils, die drei Ebenen zugeordnet sind .
(I) präkonventionelle Ebene
Moralische Wertung beruht auf äußeren, quasi-physischen Geschehnissen, schlechten Handlungen
oder auf quasi-physischen Bedürfnissen statt auf Personen und Normen.
(II) konventionelle Ebene
Moralische Wertung beruht auf der Übernahme guter und richtiger Rollen, der Einhaltung der konven-
tionellen Ordnung und den Erwartungen anderer.
(III) postkonventionelle Ebene
Moralische Wertung beruht auf Werten und Prinzipien, die unabhängig von der Autorität der diese
Prinzipien vertretenden Gruppen oder Personen und unabhängig von der eigenen Identifizierung mit
diesen Gruppen gültig und anwendbar sind.
Unterschiede zwischen den Stufen des moralischen Urteils
Denkweise
Die Unterschiede zwischen den Stufen des moralischen Urteils bestehen weniger in
zunehmendem Wissen um moralische Normen, sondern liegen in qualitativ anderen
Denkweisen über moralische Probleme. Individuen durchlaufen die Stufen immer
nacheinander und in derselben Reihenfolge.
Entwicklungsstufen
1. Stufe: Lohn und Strafe, Orientierung an Bestrafung + Gehorsam:
Man will Strafe vermeiden und fügt sich der überlegenen Macht von Autoritäten.
Moral ist situationsgebunden.
- gut/böse hängt von physischen Konsequenzen ab, nicht von der sozialen Bedeutung/Bewertung, Vermeidung von Strafe + nichthinterfragte Unterordnung unter Macht = Werte an sich, Moralordnung ist unwichtig
- denkt in gewissem Sinne wie der behavioristische Theoretiker, heteronome Moral: nicht Absicht einer Handlung, sondern Konsequenzen
- Moral ist extrem situationsgebunden
Denken: man darf nicht stehlen, weil Bestrafung folgt
Stufe 1: Lohn und Strafe
Eine Handlung zu vermeiden, wenn man für sie bestraft wird, und eine Handlung
auszuführen, wenn man auf Belohnung hofft, wird häufig als eine grundlegende
menschliche Motivation angesehen. Eine der klassischen Lerntheorien, die Theorie des
instrumentellen Lernens von Skinner, beruht im Wesentlichen auf dieser Annahme.
Auf dieser Stufe finden wir auch die »objektive Verantwortlichkeit«
heteronome Moral. Es kommt nicht auf die gute oder böse Absicht einer Handlung an,
sondern allein auf die tatsächlichen Konsequenzen. Auf der ersten Stufe ist die Moral
noch extrem situationsgebunden. Mit der Situation ändert sich auch die Vorstellung von
richtigem oder falschem Handeln. Wird eine Handlung plötzlich nicht mehr bestraft, ist
sie nicht mehr falsch.
Entwicklungsstufen
2. Stufe: Zweckdenken: Die instrumentell-relativistische Orientierung.
Man möchte die eigenen Interessen und Bedürfnisse befriedigen und lebt dabei in einer Welt, in der man
auch die Interessen anderer berücksichtigen muss.
- richtig = dass die eigenen Bedürfnisse – bisweilen auch die Bedürfnisse anderer – instrumentell befriedigt werden.
Zwischenmenschliche Beziehungen = Markt-Beziehungen. Grundzüge von Fairness, Gegenseitigkeit, Sinn für gerechte Verteilung sind vorhanden, werden aber physisch oder pragmatisch interpretiert. »eine Hand wäscht die andere«, (keine Loyalität oder Gerechtigkeit)
Denken: ich stehle von dir Geld, weil ich es kann: »Was heißt hier Gerechtigkeit? Gerechtigkeit gibt es nur zwischen annähernd Gleichstarken. du bist schwach, ich bin stark, daraus ergibt sich alles Weitere«
Stufe 2: Zweckdenken
Auf dieser Stufe wird der Egozentrismus weitgehend überwunden. Das Individuum kann
sich in die Situation eines anderen versetzen und erkennen, dass dessen Interessen mit
den eigenen nicht übereinstimmen müssen. Es lernt, die Motive der anderen zu erkennen und diese – bis zu einem gewissen Grad – auch zu akzeptieren. Kinder können
hier ein sehr ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl entwickeln, das u. U. dem
»Gleichheitsfanatismus« ähnelt, den Piaget bei Kindern feststellte, die sich im
Zwischenstadium von heteronomer und autonomer Moral befinden.
Ein besonders klares Beispiel für einen derartigen Zynismus
lieferten die Athener, die die kleine Insel Melos erpressen wollten, ihre Bundesgenossen
gegen Sparta zu werden. Sie drohten, alle Männer zu töten und Frauen und Kinder in die
Sklaverei zu führen. Die Melier wiesen auf die Ungerechtigkeit dieses Verhaltens hin. Die
Athener aber antworteten: »Gerechtigkeit gibt es nur zwischen annähernd Gleichstarken.
Ihr seid schwach, wir sind stark, daraus ergibt sich alles Weitere«.
Entwicklungsstufen
3. Stufe Übereinstimmung mit anderen: Orientierung an personengebundener Zustimmung oder am »guter Junge/nettes Mädchen«-Modell
- richtig = was anderen gefällt oder hilft und ihre Zustimmung findet => hohes Maß an Konformität? gegenüber stereotypen Vorstellungen von mehrheitlich für richtig befundenem oder »natürlichem« Verhalten. Häufig wird
- Verhalten nach der Absicht beurteilt: »Er meint es gut« (wird zum ersten Mal wichtig) Man findet Zustimmung, wenn man »nett« ist.
- Orientierung an den Normen einer (oder mehrerer) für das Individuum wichtigen Bezugsgruppe, Bezugsgruppe kann je nach Situation wechseln
Denken: Ich stehle, weil Peggy, Sue und Alfred das auch machen.
Stufe 3: Übereinstimmung mit anderen
Freundlichkeit, Höflichkeit, Anständigkeit – dies sind Tugenden, mit denen manchmal die
dritte Stufe der Moral beschrieben wird. Man möchte in den Augen der Eltern, Freunde
und Bekannten ein »guter Mensch« sein.
Die Moral der Stufe 3 ist gewissermaßen die ideale Moral einer
heilen Welt, in der das Individuum keinen antagonistischen Gruppenkonflikten
ausgesetzt ist, sondern allseits auf übereinstimmende Wertvorstellungen und
Rollenerwartungen trifft. Existiert diese heile Welt nicht, birgt die Moral der
gegenseitigen Erwartungen im zwischenmenschlichen Bereich eine Menge an
Konfliktstoff. Als Mitglied einer revolutionären Studentengruppe fällt es möglicherweise
schwer, gleichzeitig die Erwartungen eines konservativen Elternhauses zu
berücksichtigen. Eher mag das Wertmanagement gelingen, wenn sich die divergierenden
Erwartungen auf unterschiedliche Lebensbereiche erstrecken.
Entwicklungsstufen
4. Stufe Orientierung an der Gesellschaft: Orientierung an Recht und Ordnung
- Autorität, festgelegte Regeln und die Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung bilden den Orientierungsrahmen. Richtiges Verhalten heißt, seine Pflicht tun, Autorität respektieren und für die gegebene soziale Ordnung um ihrer selbst willen eintreten.
- wir fühlen uns den Gesetzen und unseren Verpflichtungen unterworfen, wir sind ihnen gewissermaßen ausgeliefert.
- Rechtspositivismus: ordnungsgemäß zustande gekommene Gesetze haben unbedingte Gültigkeit
Denken: Ich stehle (parke dort) nicht, weil stehlen (es dort) verboten ist.
Stufe 4: Orientierung an der Gesellschaft
Melville stellt den Kapitän als ein Musterbeispiel des Denkens auf Stufe 4 dar. Trotzdem
argumentiert er nicht durchgängig auf dieser Stufe. Wenn er seinen Offizieren die
Gefahren eines milden Urteils für die Disziplin der Mannschaft vor führt, beruft er sich
vor allem auf die Erwartungen, welche die Mannschaft den Offizieren gegenüber hat.
Zunächst macht der Kapitän den Leutnant klar, dass er die Ebene der Argumentation
wechselt, also auf dessen Niveau herabsteigt. Die folgenden Ausführungen stellen die
Gemeinsamkeit aber sofort wieder her. Von der niedrigeren Plattform (Stufe 3) schaut
man gemeinsam auf die Mannschaft herab: »Ihr mildes Urteil werden sie für feige
halten.« Zum Schluss seiner Rede macht er seinen eigenen Standpunkt (Stufe 4)
nochmals deutlich, versucht aber gleichzeitig, dem inneren Konflikt seiner Offiziere einen
Ausweg zu weisen.
Stufe 4 entspricht in juristischer Sicht dem sogenannten Rechtspositivismus, nach dem
ordnungsgemäß zustande gekommene Gesetze unbedingte Gültigkeit besitzen.
Entwicklungsstufen
5. Stufe Sozialvertrag und individuelle Rechte: Die legalistische oder Sozialvertrags-Orientierung.
- Sie ist im Allgemeinen mit utilitaristischen Zügen verbunden. Die Richtigkeit einer Handlung bemisst sich tendenziell nach allgemeinen individuellen Rechten und Standards, die nach kritischer Prüfung von der Gesamtgesellschaft getragen werden. Man ist sich der Relativität persönlicher Werthaltungen und Meinungen bewusst und legt dementsprechend Wert auf Verfahrensregeln zur Konsensfindung. Abgesehen von konstitutionellen und demokratischen Übereinkünften ist Recht eine Frage persönlicher Wertsetzungen und Meinungen. Außerhalb des gesetzlich festgelegten Bereichs basieren Verpflichtungen auf freier Übereinkunft und Verträgen.
- Wir dienen nicht mehr dem Gesetz, sondern das Gesetz dient uns, es soll ein Höchstmaß an Gerechtigkeit ermöglichen
- Leben und Freiheit sind Werte von absolutem Charakter
Denken: ich darf nicht stehlen, weils Gesetz ist, ich nicht betohlen werden möchte + aus Respekt vor den anderen und aus Achtung der Gemeinschaft
Stufe 5: Sozialvertrag und individuelle Rechte
Es geht um eine der Gesellschaft und damit dem Recht übergeordnete Perspektive. Wir
sind daher eher in der Lage zu erkennen, wann die Anwendung von Recht zu Unrecht
führt. Wir dienen nicht mehr dem Gesetz, sondern das Gesetz dient uns, indem es ein
Höchstmaß an Gerechtigkeit ermöglichen soll.
Die Kontroverse zwischen Rechtspositivismus und übergesetzlichem Recht spielte
auch in dem ersten Prozess gegen die sogenannten Mauerschützen eine wichtige Rolle.
Nach Auffassung des Richters hätten die Angeklagten erkennen müssen, dass »nicht alles
Recht ist, was Gesetz ist
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