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GoA und Gefälligkeit

Geschäftsführung ohne Auftrag und Gefälligkeit Primär nach Huguenin, Obligationenrecht, Allgemeiner und Besonderer Teil

Geschäftsführung ohne Auftrag und Gefälligkeit Primär nach Huguenin, Obligationenrecht, Allgemeiner und Besonderer Teil


Kartei Details

Karten 12
Sprache Deutsch
Kategorie Recht
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 12.09.2016 / 17.04.2023
Lizenzierung Keine Angabe
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Echte berechtigte GoA (1/2)

Auftragslosigkeit

  • BGer: Handeln im Glauben eigenmächtig (Ohne Absprache und Auftrag) zu handeln
    • Sonst: Prüfen ob Auftrag (normativer Konsens) oder abgesprochene Gefälligkeit;
      • Wenn nichtzutreffend möglich, GoA-Bestimmungen analog anzuwenden

Fremdes Geschäft

  • Eingriff in Interessen des Geschäftsherrn (Sicht der Geschäftsführerin: Fremdes Geschäft)
    • Möglich: Nachträgliche Genehmigung und Wirkung nach 38
    • Zusätzliches Eigeninteresse schadet nicht, sofern Fremdinteresse nicht in Hintergrund gedrängt wird (wenn ja, dann unechte GoA)

Fremdgeschäftsführungswille

  • Bewusstsein und Wille im Interesse des anderen tätig zu sein schliesst Wille ein, diesem Vorteile des Geschäfts zufliessen zu lassen

Gebotenheit

  • Voraussetzungen
    • Geschäftsherr nicht in der Lage
    • Dringlichkeit der Geschäftsbesorgung
      • nicht bloss nützlich
      • aber auch nicht unerlässlich
      • (Wenn nicht erfüll à echte unberechtigte GoA)
    • Unmöglichkeit / Unzumutbarkeit vorheriger Konsultation
      • Denn Konsultation führt zu Auftrag/Gefälligkeit und daher höchstens analoger Anwendung der GoA-Regeln
  • Mutmasslicher Wille des Geschäftsherrn
  • Was durfte redlich + korrekt handelnde (Geschäftsführerin) als geboten ansehen
    • Weiter Ermessensspielraum des Gerichts
  • Einmischungsverbot führt per definitionem zu echter unberechtigter GoA (vgl. 420 III)
    • Sofern nicht sittenwidrig / widderrechtlich

Echte berechtigte GoA (2/2)

Ansprüche der Geschäftsführerin (422)

  • Sorgfaltsmassstab: Objektiv, fachspezifisches Durchschnittsverhalten
  • 422 beachten (Verwendungsersatz, Befreiung Verbindlichkeiten, Schadenersatz)
  • Vergütung ist umstritten (wird insb. im Bereich der berufsmässigen Rettungskräfte diskutiert)

 

Pflichten Geschäftsführerin

  • Sorgfältiges Tätigwerden im Interesse Geschäftsherr und allg. Treuepflicht (419 / 422 II)
    • Sorgfaltspflicht analog Auftragsrecht: objektiviert, Fachwissen fliesst mit ein; „wer sich so verhält wie es eine gewissenhafte Geschäftsführerin in gleicher Lage täte“
    • Loyalität (Diskretions- und Geheimhaltungspflichten) (vgl. 398 II)
  • Ablieferungs-, Auskunfts- und Rechenschaftspflicht (400 und 401 analog)
  • Schadenersatz 420
    • Verschulden analog 97 I vermutet (rechtfertigt sich aufgrund quasivertraglicher Natur)
    • 99 II soll nach Huguenin auch bei 420 I u III anwendbar sein

Echte unberechtigte GoA

Voraussetzung: 

Altruistische Tätigkeit gegeben; aber entweder

  • Nicht gebotenes Geschäft
  • Erkennbares und gültiges Einmischungsverbot (obwohl Geschäft geboten)

Wenn nicht nachträglich genehmigt:

  • Keine quasivertraglichen Ansprüche
    • 62 ff und 41 ff (und ggf. Vindikation)
    • Haftungsverschärfung 420 III auch anwendbar
    • Milderungsgründe und Reduktionsgründe nach Deliktsrecht (43)
  • Rechenschaftsansprüche und Auskunftspflicht aus 400 analog oder 2 ZGB denkbar u. wünschenswert, sonst Schlechterstellung ggü. Echte berechtigte GoA
  • Haftung trotzdem analog 101, da 55 eine Besserstellung der Geschäftsführerin wäre (sofern nicht ohnehin 420 III als Kausalhaftung zum Tragen kommt)

Unechte Geschäftsführung ohne Auftrag (Allgemeines)

  • Eigengeschäftsführungswille (im Gegensatz zur echten GoA)
  • Bösgläubig = Geschäftsanmassung
  • Gutgläubig = Geschäftseinmischung
    • Kriterium: Wissen / Wissen müssen um Widerrechtlichkeit
    • „Handeln in der irrigen Meinung ein eigenes geschäft zu betreiben“; Irrtum darf bei genügender Auferksamkeit nicht vermeidbar sein
    • Gewinnherausgabe betrifft nur bösgläubige GoA (Geschäftsanmassung)
    • Rechenschaftspflicht nach h.L. nach 2 ZGB (nicht analog 400)

Unechte bösgläubige GoA (Geschäftsanmassung)

Eingriff in fremde Rechtsspähre ohne Fremdgeschäftsführungswille

  • BGer: Eingriffstheorie (Verletzung subj. Rechte)
  • Unabhängig davon, ob Geschäftsherr das Geschäft selber getätigt hätte

Widerrechtlichkeit des Eingriffs

  • Per se gegeben bei eigennütziger Einmischung in fremde Rechtssphäre

Keine Rechtfertigung

  • Vertrag oder Gesetz (Notwehr o. ä. denkbar)

Bösgläubigkeit

  • Wissen (müssen) um rechtswidrigen Eingriff um sich (oder Dritten) gewinn zu verschaffen
  • Bösgläubigkeit durch Geschäftsherrn zu beweisen

Erzielen kausalen Verletzungsgewinns

  • Gewinn = Bruttogewinn plus Zinsen, aber abzüglich Aufwendungen (423 II)
  • Nebenanspruch auf Auskunft und Rechenschaft (nach h.L. 2 ZGB (NICHT 400 I analog))
  • Geschäftsführer haftet für jeden Schaden (420 III)
  • BGer und h.L. Verjährungsfrist von 60 (1 Jahr)

Genehmigung

Str. ob unechte unberechtigte GoA (Geschäftsanmassung) genehmigbar nach 424

  • Auftragsrecht wäre wohl im Interesse des Geschäftsherrn, würde jedoch Geschäftsführerin schlechter stellen, so dass es nur punktuell angewendet werden dürfte
  • H.L. / BGer: Genehmigung nicht möglich, da es Geschäftsführerin am Willen gefehlt habe, ein fremdes Geschäft zu führen und sie daher auch nicht an diesem Sorgfaltsmassstab gemessen werden dürfe

Unechte gutgläubige GoA

  • Irrtum über die Fremdartigkeit des Geschäfts, Geschäftsführer handelt im eigenen Interesse, weiss aber nicht (und muss auch nicht wissen (3 II ZGB à Sonst ohnehin echte unberechtigte GoA), dass es sich nicht um sein eigenes Geschäft handelt.
  • Anwendbar sind 62 ff. OR, selten 41 ff. OR (da meist kein Verschulden vorliegen wird). Nach h.L. und BGer ist 423 OR nicht anwendbar!
  • Auskunftspflicht nach 2 ZGB (Huguenin: 400 OR analog, da man Geschäftsherr nicht schlechter stellen soll als bei echter berechtigter GoA). 

Konkurrenzen bei der GoA

Nach h.L. 423 und 97 ff. kumulativ auch ohne Verletzung eines absoluten Rechts

423 und 62 ff.: alternative Konkurrenz;

  • Umfang unterscheidet sich:
    • Bereicherungsrecht zielt auf Ersparnis
    • Abschöpfung auf den Nettogewinn
  • Bsp. Lizenzverletzung
    • 62ff: Anspruch auf Nutzungsentschädigung als Lizenzgebühr
    • 423: Nettogewinn

423 und 41 ff:

Schadenersatz und Gewinnherausgabe schliessen sich nach jüngerer Praxis BGer nicht aus.

  • Wenn Schaden nur in entgangenem Gewinn (lucrum cessans) bestehend, dann alternative Konkurrenz
  • Wenn Schaden als (Damnum Emergens) kumulativ zu Gewinnherausgabe
  • Aber: Bereicherungsverbot

Beachte jedoch nach BGer (BGE 133 III 153): bösgläubige GoA steht vom Wesen her der Eingriffskondiktion nahe, wenn durch eine Persönlichkeitsverletzung Gewinn erzielt wurde, denn es ist naheliegend, dass eine Person keine Kampagne gegen sich geführt hätte. In solchen Fällen ist es durchaus möglich, dass ein Anspruch auf Gewinnherausgabe besteht und zugleich ein Schaden nach 41 ff OR vorliegt.

Sachenrechtliche Besitz- und Ausgleichungsansprüche

Nach h.L. gehen Besitz (938/940 ZGB) und Ausgleichungsansprüche (z.B. 672, 678 und 726 ZGB der echten unberechtigten und der unechten GoA vor (ergänzend bei 940 ZGB auch 423 zur Gewinnabschöpfung, die nicht mit 940 ZGB erreicht wird); aber der echten berechtigten GoA nach (da quasivertraglicher Natur)

Gefälligkeit (Allgemeines)

Gefälligkeit: Leistung erfolgt unentgeltlich u. uneigennützig ohne vorliegen von Vertrag.

  • Parteien fehlt Rechtsbindungswille (und auch kein normativer Konsens)
    • Beurteilungskriterien
      • Art der Leistung
      • Grund und Zweck der Leistung
      • Rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung
      • Umstände der Erbringung
      • Bestehende Interessenlage der Parteien
  • BGer: insb. bei Haftung für Rat und Auskunft:
    • „Gegen Bindungswillen spricht eigenes, rechtliches oder wirtschaftliches Interesse des Leistenden an der gewährten Hilfe
    • oder ein erbenbares Interesse des Begünstigten, fachmännisch beraten oder unterstützt zu werden“
    • ACHTUNG: Haftung nach Rat und Auskunft durch BGer aber meist als Vertrauenshaftung geregelt!

Extrakontraktuelle Haftung nach 41 ff OR unbestritten

Haftung des Gefälligkeitsempfängers für Schaden des Gefälligkeitserbringers analog 422 I

  • Empfänger hat Risiko der schadensgeneigter gefährlichen Tätigkeit zu tragen, sofern Tätigkeit in seinem Interesse und (aufgrund Unentgeltlichkeit) in seinem Nutzen erfolgte
  • Nat. und adäq. Kausalzusammenhang zwischen Gefälligkeit und Schaden erforderlich

Gefälligkeitserbringer haftet gegenüber Gefälligkeitsempfänger nur nach 41 ff

  • 43 und 44, 99 II analog
  • Bundesgericht beschränkt Haftung auf „Sorgfalt wie bei sich selbst“