Angewandte Sozialpsychologie
C. Gockel und B. Meyer, UZH
C. Gockel und B. Meyer, UZH
Kartei Details
Karten | 130 |
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Lernende | 24 |
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Psychologie |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 24.05.2013 / 14.05.2021 |
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Dominanz und Affiliation
– Die Art und Weise, in der Menschen Dominanz (power) und Affiliation (interpersonaler Affekt) ausdrücken, ist ein Schlüsselfaktor im Verständnis von zwischenmenschlicher Interaktion. „Affiliation und Dominanz ist die Tinte, mit der menschliches Handeln geschrieben wird“ (Luxen, 2005, S. 232)
– Dominanz und Affiliation lassen sich als Schlüsseldimensionen menschlichen Handelns in vielen Kontexten und Situationen beschreiben (Foa, 1961)
– Sie lassen sich unter anderem in folgenden Bereichen nachweisen:
- Nonverbales Verhalten
- Kommunikation
- Gefühle
- Persönlichkeit
Verhaltensdimensionen der interpersonalen Interaktion
Dominanz
- entspannte Haltung
- Körper gross machen
- starkes Gestikulieren
- klare, feste, laute Stimme
- betontes, schnelles Sprechen
- Ausdrücken persönlicher Präferenzen
- jemanden unterbrechen
- Unterbrechung erfolgreich abwehren
- Thema wechseln & nieder reden
- Aufgabenzuweisen & befehlen
Freundlichkeit
- Lächeln, lachen
- Zuzwinkern
- Körperkontakt
- Nähe
- nach vorne lehnen
- weiche Stimme
- Hilfe anbieten & unterstützen
- trösten, ermutigen
- loben & Komplimente
- zwischenmenschliches Interesse
- Essen/Trinken anbieten
- belohnen
- für jemanden eintreten
Submission/Unterwürfigkeit
- Blicken ausweichen
- Objekt- und Selbstmanipulation
- nervöse Bewegungen
- Körperkleinmachen
- Sprechstörungen Und/oder -pausen
- schwachesAusdrückenvonPräferenzen
- auffällige Konjunktivnutzung
- schnelles Nachgeben/ umkippen
- Selbstabwertung
- Resignation ausdrücken
Feindlichkeit
- Stirnrunzeln
- Zähne zeigen
- Starren
- sich abwenden
- aggressive Symbole zeigen
- rauhe, erhobeneStimme
- Spöttisches (Aus)lachen
- Schreien
- Ungeduld zeigen
- Desinteresse zeigen
- drohen, einschüchtern
- Fragen/Kommentare ignorieren
- Bestrafen
- schlecht reden, nörgeln
- Verletzende Kommentare
- verhöhnen,niedermachen
Kodierung der Kommunikation mit dem IKD
1. Schritt: Sequenzierung des Interaktionsstroms
Ein neuer Akt (= Subjekt, Prädikat, Objekt) wird kodiert, wenn:
1. der Sprecher wechselt (Sprecherregel)
2. der Sprecher seine Aussage konkret an einen anderen Teilnehmer adressiert (Adressatenregel)
3. der Sprecher von einer Hauptkategorie zu einer anderen wechselt (Hauptkategorienregel)
4. der Sprecher eine neue Nebenkategorie formuliert (Nebenkategorienregel)
5. der Sprecher länger als 30 Sekunden redet (Zeitregel)
6. der Sprecher in der gleichen Hauptkategorie bleibt aber der Hauptgedanke bzw. die Bedeutung des Aktes deutlich wechselt (Bedeutungsregel)
7. plus Sonderregel: eine neuer Akt wird nach einer Reaktion nur kodiert, wenn ein inhaltlich neuer Aspekt erwähnt wird und keine bloße Zustimmung oder Ablehnung ausgesprochen wurde (Reaktionsregel)
2. Schritt: Sprecher und Empfänger bestimmen
Senderspalte (Wer): in der Senderspalte wird der Sprecher, d.h. der Sender bzw. Träger der Aussage kodiert
Empfängerspalte (Wem): in der Empfängerspalte wird der Adressat einer Aussage kodiert, d.h. es wird beobachtet an wen der Sprecher seine Aussage richtet. Falls die Aussage an alle Gruppenteilnehmer gerichtet ist, wird das mit dem Zeichen für alle = „<“ vermerkt
• Optional: Inhaltsspalte (Was): Kurzprotokollierung des Inhalts
3. Schritt: Kodierung der funktionalen und interpersonalen Bedeutung einer Aussage
► Interaktion besitzt nicht nur einen sequentiellen und reziproken sondern auch einen simultanen Charakter (Boos, 1995).
► jeder Akt wird hinsichtlich seiner funktionalen und interpersonalen Bedeutung kodiert
funktionale Bedeutung (wozu?): welchen Zweck hat die Aussage innerhalb des Interaktionsprozesses?
interpersonale Bedeutung (wie?): welche Position nimmt eine Person gegenüber einer anderen mit der Aussage auf den Dimensionen Dominanz und Affiliation ein? nonverbales Verhalten
Funktionale Bedeutung einer Aussage (3. Schritt im IKD)
Hauptkategorien
sozio-emotionale Aussagen (+/-): Explizite Benennung von Gefühlen bzw. Aussage in denen ein Sprecher explizit deutlich macht, wie er zu einer anderen Person in der Gruppe steht
inhaltliche Aussagen: Die Inhaltgategorie umfasst alle Aussage, die die Sachebene bzw. aufgabenbezogene Aspekte betreffen
steuerungsbezogene Aussagen: Die Steuerungskategorie bezieht sich auf Aussagen zur prozeduralen Lenkung und Koordination einer Diskussion.
Nebenkategorien
Vorschläge & Fragen
Reaktionen
Zustimmung & Ablehnung
► 14 Kategorien
Die interpersonelle Bedeutung einer Aussage (3. Schritt im IKD)
„Studying the way people express affiliation and dominance in their interaction is a key factor in understanding human social behavior ... affiliation and dominance are the ink with which human action is written.” Luxen (2005, S. 332)
→ Dominanz und Affiliation sind nach weisbar in:
- Verhalten
- nonverbalem Verhalten
- Kommunikation
- Gefühlen
- Persönlichkeit
→ Dominanz und Affiliation werden direkt oder indirekt in folgenden Gebieten erforscht
-
Evolutionspsychologie [Aushandeln von Statushierarchien (D); Bilden reziproker Allianzen (A)
-
klinischen Psychologie (übermäßige Ausprägungen der Dimensionen bei Persönlichkeitsstörungen)
-
interpersonalen Theorie [Dominanz; Affiliation]
-
Bindungstheorie [positives Selbstmodell (D); positives Anderenmodell (A)]
-
Persönlichkeitspsychologie [z.B. Fünffaktorenmodell der Persönlichkeit: Extraversion (D); Verträglichkeit (A)]
-
Sozialpsychologie [z.B. Interdependenztheorie: Gegenseitigkeit der Dependenz (D); Korrespondenz der Ergebnisse (A) oder Austauschtheorie: Status (D); Liebe (A)] behandelt und erforscht]
Stereotype
Gegenüber Menschen aus anderen sozialen Gruppen bestehen in der Regel Stereotype (Fiske & Taylor, 2008)
Stereotype: „Sozial geteilte Meinungen über Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensweisen von Mitgliedern einer sozialen Kategorie. Durch die Bildung von Stereotypen lässt man Individualität ausser Acht“ (Stroebe, Jonas & Hewstone, 2002, S. 134)
„Ein Stereotyp ist die kognitive Komponente einer voreingenommenen Einstellung und ist definiert als eine Verallgemeinerung über eine Gruppe, wobei nahezu allen Mitgliedern identische Merkmale zugeordnet werden, ohne Rücksicht auf bestehende Variationen unter den Mitgliedern“ (Aronson, Wiskon & Akert, 2004, S. 526)
Unterschied Vorurteil - Stereotype: → Vorurteil: emotionale Komponente → Stereotyp: kognitive Komponente
Stereotype in der Diversitätsforschung
– Annahme: In Teams mit Mitgliedern unterschiedlicher sozialer Kategorien wird diesen anhand von Stereotypen unterschiedlicher Status zugewiesen
– Die bisherige Diversitätsforschung geht aber davon aus, dass alle sozialen Kategorien in einem Team „gleichwertig“ sind
– CEM enthält die Komponente "Stereotyp" nicht!
Kategorien x Stereotype x Kontext = Status
– Stereotype lassen sich auf den zwei Dimensionen Kompetenz und Wärme beschreiben (Fiske, Cuddy, Glick & Xu, 2002)
– Aufgabenbereiche am Arbeitsplatz sind ebenfalls mit Stereotypen versehen (Chatman, Boisnier, Spataro, Anderson & Berdahl, 2008), z.B.:
- Führung ist „männlich“ (Eagly & Karau, 2002), ebenso Mathematik und Naturwissenschaften
- Kommunikation ist „weiblich“ (Eagly & Karau, 2002)
– In formal gleichberechtigten Gruppen bilden sich spontan Statushierarchien bezüglich zugeschriebener Kompetenz (Ridgeway, 1991; 2003)
Befunde zu Diversität und Status: Chatman et al., 2008
– Wie beeinflussen die numerische Repräsentation der Geschlechter und Geschlechterstereotype die Leistung von Personen in geschlechterheterogenen Gruppen?
– Annahmen: Eine Person (m/f) in einer Gruppe wird schlechtere Leistungen zeigen...
- Je geringer die vertretende Anzahl des eigenen Geschlechtes in der Gruppe ist
-
Wenn das eigene Geschlecht nicht mit dem besetzten Stereotyp (m/ f) für die entsprechende Aufgabe konsistent ist
Hypothese 1: Solo-Mitglieder werden in einer Gruppe ermuntert, wenn ihr Geschlecht dem aufgabenstereotypen Geschlecht entspricht. → Geschlechtsmerkmal ist besonders salient
► konnte bestätig werden: Mitglieder erhielten viel mehr Ermunterungen der anderen Teammitglieder, wenn sie die einzige Person in der Gruppe war für die die Aufgabe typisch war
Hypothese 2: Solo-Mitglieder werden in einer Gruppe bessere Leistungen zeigen, wenn ihr Geschlecht dem aufgabenstereotypen Geschlecht entspricht.
► die Solo-Mitglieder wuchsen über sich hinaus und wurden sogar besser in typischen Aufgaben als sie im Vortest getestet wurden
► bei atypischen Aufgaben wurden die Solo-Mitglieder allerdings schlehter als im Vortest gezeigt wurde
► in homogenen Gruppen wurden die Mitglieder auch bei atypischen Aufgaben besser (geht mit dem Befund einher, dass Mädchen in Mädchenklassen besser sind in Mathe)
Hypothese 3: Der Solostatus bei geschlechtstypischen Aufgaben wirkt über die Ermunterung positiv auf die Aufgabenleistung
► Ermunterungen bekommen die Aufgabe einer Mediatorvariable zwischen den Aufgaben und der schlussnedlichen Leistung
Beeinflussen Diversity Beliefs die stereotypische Zuschreibung von Status?
– Diversität kann negative Konsequenzen haben (Stereotype), aber Diversität kann auch positive Konsequenzen haben (Diversity Beliefs)
– Stereotype wirken vor allem auf zugeschriebene Kompetenz (Fiske, Cuddy, Glick & Xu, 2002) und Status (Gould, 2002; Ridgeway & Correll, 2004)
– Status wird auf der Achse „Dominat – Submissiv“ kommuniziert
– Individuen bestätigen eine Statushierarchie durch ihr Dominanzverhalten (Lewin Loyd, Phillips, Whitson &Thomas-Hunt, 2010)
– Die Statushierarchie einer Gruppe basiert auf stereotypen Kompetenzzuschreibungen und kann daher unrichtig sein (Lim & Klein, 2006)
– Die statushöchsten Gruppenmitglieder können auch inkompetent sein
– Die Expertise der Statushöchsten Gruppenmitglieder hat jedoch den größten Einfluss auf das Gruppenergebnis
– Der Einfluss der statushöchsten Gruppenmitglieder ist umso grösser, je mehr die Gruppe elaboriert, da statushohe Gruppenmitglieder den größten Redeanteil haben (Schmidt Mast, 2002)
– Hypothese: Je besser die Statushierarchie in der Gruppe die tatsächliche Kompetenz der Gruppenmitglieder wiederspiegelt, desto besser ist die Gruppenleistung – in Abhängigkeit von der Elaboration
Worauf muss bei der Beurteilung eines Kodierungssystems geachtet werden?
Welche Aussage zur Perspektive der sozialen Kategorisierungprozesse ist richtig?
Stress (3 Definitionen)
-
physische Reaktion auf bedrohliche Ereignisse (Selye, 1956, 1976)
-
Grad der Veränderung auf externes Ereignis (Holmes & Rahe, 1967)
-
Negative Gefühle und Überzeugungen, die dann entstehen, wenn man den Eindruck hat, die Anforderungen der Umwelt nicht bewältigen zu können (Lazarus & Folkman, 1984)
Resilienz
leichte, vorrübergehende Reaktionen auf stressreiche Ereignisse mit schneller Rückkehr zum normalen, gesunden Zustand (Bonanno, 2004, 2005)
Kontrollüberzeugung
Internale KÜ: Annahme, dass etwas geschieht, weil wir es kontrollieren/steuern
Externale KÜ: Annahme, dass Geschehnisse ausserhalb unserer Kontrolle liegen
Wahrgenommene Kontrolle
Altersheim:
1) Rodin und Langer (1977): An 2 Abenden der nächsten Woche werden 2 Filme gezeigt und sie können aussuchen an welchen 2 Abenden das der Fall sein wird, außerdem bekommen alle eine Zimmerpflanze und sie müssen sich selber um diese kümmern (dauerhafte Kontrolle) vs. es werden 2 Filme gezeigt an 2 vorbestimmten Abenden und alle bekommen eine Zimmerpflanze, aber das Pflegepersonal kümmert sich um diese (Kontrolle).
2) Bewohner bekamen Besuch von Studenten und konnten selber festlegen, wie lange die Studenten blieben und wann die Besuche stattfinden würden (vorübergehende Kontrolle) vs. Studenten bestimmen alles (Kontrollgruppe)
Selbstwirksamkeit (Bandura, 1997)
= Glaube an die Fähigkeit, bestimmte Handlungen auszuführen, die ein erwünschtes Ergebnis erzielen
-
Beeinflusst Verhalten: Ausdauer und Anstrengung
-
Beeinflusst physiologische Reaktionen: Angst, Reaktion des Immunsystems
-
Sagt Gesundheitsverhalten vorher (Wahrscheinlichkeit mit dem Rauchen aufzuhören, abzunehmen, regelmässig Sport zu treiben, ...)
Experiment zur Raucherentwöhnung
Optimismus
Optimisten reagieren besser auf Stress und sind – im Durchschnitt – gesünder als Pessimisten (Carver & Scheier, 2003).
Warum?
Die meisten Menschen sind in Bezug auf ihr eigenes Leben sehr optimistisch und
- überschätzen die Wahrscheinlichkeit für positive Ereignisse
- unterschätzen die Wahrscheinlichkeit für negative Ereignisse
Coping (2 Möglichkeiten)
-
„Fight or flight“
-
„Tend and befriend“
Schreiben über traumatische Erlebnisse
Studie von Pennebaker und Kollegen (z.B. 1990)
Kontrollgruppe: an 4 Tagen für 15 Min. über ein triviales Ereignis schreiben
Experimentalgruppe: an 4 Tagen für 15 Min. über ein traumatisches Ereignis schreiben
-
Neg. Stimmung, erhöhter Blutdruck
-
Aber: seltener krank in den folgenden 6 Monaten
Soziale Integration - Soziale Isolation
Soziale Integration = Ausmass der Einbettung in ein soziales Netzwerk
-
vorwiegend strukturelle, quantitative Netzwerkaspekte
-
am häufigsten: Zivilstand
-
Aber auch: Grösse und Spanne von Netzwerken, Dichte, Verpflichtetheit, Homogenität, Reziprozität, etc. (Berkman et al., 2000)
-
Qualität der Beziehungen bleibt ausser Acht
Gegenpol = Soziale Isolation
Soziale Unterstützung
Interaktion zwischen Personen, bei denen es darum geht, einen Problemzustand, der bei einem Betroffenen Leid auslöst, zu verändern oder, falls das nicht möglich ist, zumindest das Ertragen dieses Zustands zu erleichtern
Warum Unterscheidung?
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geringe Zusammenhänge zwischen wahrgenommener und tatsächlich erhaltener Unterstützung
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tatsächliche Unterstützungstransaktionen gehen vor allem in Stresssituationen nicht immer mit höherem Wohlbefinden einher
wahrgenommene soziale Unterstützung: Unterstützung, die ein Individuum in seinem sozialen Netzwerk für grundsätzlich verfügbar hält
eher stabile Erwartungshaltung
--> Forschung zur sozialen Unterstützung schliesst damit de facto häufig nicht primär soziale Interaktionen sondern stabile Personenvariablen im Sinne generalisierter Erwartungen ein
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aktuell, zur Verfügung gestellte Hilfe innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums
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situationsbezogen
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retrospektiv
tatsächlich erhaltene soziale Unterstützung:
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retrospektive Mitteilung realer Unterstützungsleistungen
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abhängig von den Unterstützungsleistungen des sozialen Netzwerks
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wird vom Empfänger (Rezipienten) der Unterstützungsepisode berichtet
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antizipierte Hilfe in Notzeiten
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eher zeitstabiles Persönlichkeitsmerkmal
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prospektiv
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