Zivilprozessrecht 11 - Rechtsmittel

Lienhard, Übungsbuch Zivilprozessrecht, Orell Füssli Verlag AG, Zürich 2012 kantonale Rechtsmittel, bundesgerichtliche Rechtsmittel

Lienhard, Übungsbuch Zivilprozessrecht, Orell Füssli Verlag AG, Zürich 2012 kantonale Rechtsmittel, bundesgerichtliche Rechtsmittel


Fichier Détails

Cartes-fiches 55
Utilisateurs 18
Langue Deutsch
Catégorie Droit
Niveau Université
Crée / Actualisé 13.10.2015 / 04.01.2025
Lien de web
https://card2brain.ch/box/zivilprozessrecht_11_rechtsmittel
Intégrer
<iframe src="https://card2brain.ch/box/zivilprozessrecht_11_rechtsmittel/embed" width="780" height="150" scrolling="no" frameborder="0"></iframe>

41. Wie ist die Beschwerde in Zivilsachen zu qualifizieren?

  • devolutives (BGG 75, höhere Instanz)
  • ausserordentliches (BGG 103; keine aufschiebende Wirkung)
  • unvollkommenes (BGG 95 ff.; Beschränkung auf bestimmte Rechtsverletzungen, willkürliche entscheidende Sachverfahltsfeststellung; keine: Unangemessenheit)
  • reformatorisches oder kassatorisches (BGG 107 II)
  • Rechtsmittel

42. In welchen Arten von Streitigkeiten kommt die Beschwerde in Zivilsachen zur Anwendung?

Zivilsachen (BGG 72 I), und andere Streitigkeiten mit engem Zusammenhang mit zivilrechtlichen Streitigkeiten (BGG 72 II).

43. Welche Entscheide können mit der Beschwerde in Zivilsachen angefochten werden?

  • Endentscheide (BGG 90, verfahrensabschliessend)
  • Teilentscheide (BGG 91)
    • die nur Teile der gestellten Begehren abschliessen und gesondert beurteilt werden können
    • die für einen Teil der Streitgenossen abschliessend wirken
  • selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide (auch prozessleitende Verfügung!)
    • über Zuständigkeit & Ausstand (BGG 92 I; können nicht mit Endentscheid angefochten werden)
    • andere (BGG 93)
      • nicht leicht wiedergutzumachendem Nachteil (BGG 93 I a)
      • Gutheissung führt sofort zu Endentscheid (BGG 93 I b)
  • Rechtsverweigerung/-verzögerung

pro memoria:

Der Begriff des Zwischenentscheids nach BGG ist weiter als derjenige der ZPO. Als Zwischenentscheid i.S.v. BGG 92 & 93 gelten auch prozessleitende Verfügungen, ZPO 237 versteht darunter nur Entscheide, die bei Abweichender Beurteilung sofort einen Endentscheid herbeiführen (entspricht BGG 93 I b).

44. Was für ein Streitwerterfordernis besteht für die BiZ?

BGG 74 I:

  • vermögensrechtliche Streitigkeit: 30'000.-
  • arbeitsrechtliche Streitigkeit: 15'000.-

Ausnahmen (BGG 74 II):

  • Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung
  • einzige kantonale Instanz
  • Entscheid kantonaler SchKG-Aufsichtsbehörden
  • Entscheide des Konkurs- und Nachlassrichters
  • Entscheide des Bundespatentamts

45. Welche Beschwerdegründe könnnen mit der BiZ geltend gemacht werden?

  • bestimmte Rechtsverletzungen (BGG 95/96),
  • entscheidende willkürliche Sachverfahltsfeststellung (BGG 97); 
  • keine: Unangemessenheit
  • Entscheide über vorsorgliche Massnahmen: nur Verletzung verfassungsmässige Rechte (BGG 98)

46. Was sind die Instanz, Zulässigkeitsvoraussetzungen und das Novenrecht der BiZ?

  • Instanz: Bundesgericht (BGG 72 I)

Zulässigkeitsvoraussetzungen:

  • Streitwert (BGG 74 II):
    • >30'000.- in vermögensrechtlichen Streitigkeiten
    • >15'000.- in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten
    • Ausnahmen: ohne Beachtung des Streitwerts (BGG 74 II; grundsätzliche Rechtsfrage, einzige kantonale Instanz, Beschwerde über SchKG-Aufsichtsbehörde, Entscheide d. Konkurs-/Nachlassrichters/Bundespatentamtes)
  • Anfechtungsobjekt (BGG 90 - 94):
    • End- und Teillentscheide,
    • selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheid,
    • Rechtsverweigerung/-verzögerung
    • letzter kantonaler Instanzen (BGG 75) in Zivilsachen (BGG 72)
  • Legitimation: (BGG 76)
    • Teilnahme/keine Möglichkeit zur Teilnahme am vorinstanzlichen Verfahren und
    • besonderes Berührtsein
    • schutzwürdiges Interesse
  • Rügegrund:
    • bestimmte Rechtsverletzungen (BGG 95/96),
    • entscheidende willkürliche Sachverfahltsfeststellung (BGG 97); 
    • keine: Unangemessenheit
    • Entscheide über vorsorgliche Massnahmen: nur Verletzung verfassungsmässige Rechte (BGG 98)
  • Frist:
    • 30 Tag (BGG 100);
    • Ausnahmsweise 10 oder 5 Tage (BGG 100 II - V)
    • jederzeit: Rechtsverzögerungen (BGG 100 VII)
  • Form: schriftlich (Amtssprache), begründet (in gedrängter Form), unter Beilage der Urkunden und unterschireben (BGG 42)

Novenrecht: echte und unechte Noven, sofern der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt (BGG 99)

Merksatz: ISA Lrügt frist- und formgerecht die Noven

pro memoria:

Wird die Verletzung verfassungsmässiger Rechte, kantonalem Recht oder interkantonalem Recht geltend gemacht, so gilt das Rügeprinzip (BGG 106 II; keine Rechtsawendung von Amtes wegen)

47. Was für ein Novenrecht kommt den Parteien bei der BiZ zu?

echte und unechte Noven, sofern der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt (BGG 99).

Konnte das Novum bereits im vorinstanzlichen Verfahren vorgebracht werden, so ist es vor BGer in der Regel nicht mehr zulässig.

Eine Klageänderung/-ausweitung ist nicht mehr möglich. Eine Einschränkung schon.

48. Welche Wirkung hat die Beschwerde in Zivilsachen?

Grundsatz: keine aufschiebende Wirkung (BGG 103 I).

Ausnahmen (für Zivilsachen): 

  • bei Gestaltungsurteilen (z.B. Scheidung)
  • Der Instruktionsrichter kann die aufschiebende Wirkung gewähren (BGG 103 III)

49. Welche Rechtsmittel kann die beschwerdebeklagte Partei ihrerseits erheben?

es existiert keine Anschlussbeschwerde. Der Beschwerdegegner kann aber eine eigene, selbstständige Beschwerde führen.

50. Wie läuft das Verfahren der BiZ im Wesentlichen ab?

  1. Vorprüfung der Zulässigkeit
  2. zustellung und Frist zur Stellungnahme der Parteien, Beteiligten oder Beschwerdeberechtigten Behörden  (BGG 102 I)
  3. Akten der Vorinstanz anfordern
  4. ausnahmsweise: vereinfachtes Verfahren (BGG 108/109) oder Fünferbesetzung (BGG 20 II, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung)
  5. ausnahmsweise: 2. Schriftenwechsel (BGG 102 III)
  6. ausnahmsweise: mündliche Parteiverhandlung (BGG 57)

51. Welche Entscheide kann das Bundesgericht über eine BiZ erlassen?

  • Nichteintretensentscheid (BGG 30 I)
  • Gutheissung und neuer Entscheid (BGG 107 II, reformatorisch)
  • Gutheissung und Rückweisung (BGG 107 II, kassatorisch)
    • an erste Instanz
    • an zweite Instanz

52. Wie ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde zu klassifizieren?

  • devolutives (BGG 113, höhere Instanz)
  • ausserordentliches (BGG 117 i.V.m. BGG 103 I & III, grds. keine aufschiebende Wirkung)
  • unvollkommenes (BGG 116; Beschränkung auf Verletzung verfassungsmässiger Rechte)
  • kassatorisches oder reformatorisches (BGG 117 i.V.m. BGG 107 II)
  • Rechtsmittel

53. In welchem Verhältnis steht die subsidiäre Verfassungsbeschwerde zur Einheitsbeschwerde (BiZ)?

Sie ist definitionsgemäss subsidiär zur Einheitsbeschwerde (BGG 113).

Sie kann jedoch in der gleichen Rechtsschrift mit der BiZ eventualiter erhoben werden (BGG 119)

54. Welche Entscheide können mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde angefochten werden?

  • letztinstanzliche kantonale Entscheide (BGG 113)
  • Entscheid i.S.v. BGG 90-93
  • Beschwerde in Zivilsachen unzlässig (BGG 113)

55. Welche Beschwerdegründe können mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden?

nur die Verletzung kantonaler oder bundesrechtlicher verfassungsmässiger Rechte (BGG 116).

Es gilt deshalb stets das Rügeprinzip (BGG 117 i.V.m. BGG 106 II).