Fragen
Kartei Details
Karten | 19 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Recht |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 27.09.2015 / 02.10.2022 |
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Wie kommt ein Vertrag zustande?
Durch übereinstimmende gegenseitige Willenserklärungen der Parteien (Art. 1 Abs. 1 OR).
Aus welchen zwei Komponenten besteht jede Willenserklärung?
Sie besteht aus einem Willen (inneres Element) und einer entsprechenden Mitteilung dieses Willens – der Erklärung (äusseres Element).
Was ist eine ausdrückliche, was eine stillschweigende (konkludente) Willenserklärung?
Ausdrücklich ist eine Erklärung durch Worte oder Zeichen, soweit der erklärte Wille aus den verwendeten Worten (oder Zeichen) unmittelbar hervorgeht. Stillschweigend ist demgegenüber jede Erklärung, die nicht ausdrücklich ist, d.h. die Erklärung durch konkludentes Handeln sowie die Erklärung durch Schweigen.
Wann liegt ein „tatsächlicher“ (oder „natürlicher“) Konsens, wann ein „normativer“ (oder „recht- licher“) Konsens vor?
Der natürliche (oder tatsächliche) Konsens basiert auf der eigentlichen Willenseinigung der Parteien, also auf dem übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien. Ein normativer (oder juristischer) Konsens liegt hingegen vor, wenn die Willenserklärungen der Parteien aufgrund der Auslegung nach dem Vertrauensprinzip (Art. 2 ZGB) übereinstimmen.
Wo ist das Prinzip „falsa demonstratio non nocet“ bzw. dass das Gewollte gilt, auch wenn das Erklärte davon abweicht, geregelt?
Art. 18 Abs. 1 OR regelt dieses Prinzip.
Wie sind Willenserklärungen gemäss Vertrauensprinzip auszulegen?
Die Willenserklärungen sind nach dem Vertrauensprinzip so auszulegen, wie sie vom jeweiligen Empfänger aufgrund der Umstände nach Treu und Glauben verstanden werden durften und mussten.
Worauf muss sich der Konsens beziehen?
Auf die objektiv und subjektiv wesentlichen Vertragspunkte (Art. 2 Abs. 1 OR).
Was umfassen die sogenannten „essentialia negotii“?
Sie umfassen die objektiv wesentlichen Vertragspunkte, also diejenigen Punkte, welche den unentbehrlichen „Geschäftskern“ des massgeblichen Vertrages ausmachen. Man spricht dabei auch von den „typusbestimmenden Merkmalen“ des Vertrages.
Was gilt, wenn ein Konsens bezüglich der objektiv wesentlichen Vertragspunkte vorliegt, sich die Parteien aber die Regelung von Nebenpunkten vorbehalten haben?
Gemäss der Vermutung von Art. 2 Abs. 1 OR kommt in einem solchen Fall ein Vertrag zustande, da es sich bei den „Nebenpunkten“ nicht um wesentliche Vertragspunkte handelt und diese somit nicht konsensrelevant sind.
Wovon wird gesprochen, wenn weder natürlicher noch normativer Konsens vorliegt?
In einem solchen Fall liegt ein Dissens vor.
Wann liegt ein „offener“, wann ein „versteckter“ Dissens vor?
Beim offenen Dissens sind sich die Parteien über die Nichtübereinstimmung ihrer Willens- erklärungen bewusst, während sich die Parteien bei einem versteckten Dissens dessen nicht bewusst sind. Ein versteckter Dissens liegt häufig dann vor, wenn die Parteien zwar die gleichen Worte verwenden, diese aber verschieden verstanden werden und auch nach dem Vertrauensprinzip verschieden interpretiert werden können.
Wie bezeichnet man die beiden Willenserklärungen im Hinblick auf den Vertragsschluss?
Antrag (auch: Offerte oder Angebot) und Annahme (auch: Akzept).
Um was handelt es sich bei der Auslage von Waren mit Angabe des Preises?
Gemäss Art. 7 Abs. 3 OR um einen Antrag (in der Regel).
Was sind empfangsbedürftige, was nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen? Nennen Sie je ein Beispiel.
Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen wird deren Inhalt nur rechtwirksam, wenn sie gegenüber einer oder mehreren bestimmten Personen abgegeben werden. Sie bilden den Regelfall im OR. Beispiele: Bestellung einer Ware, Kündigung. Nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen werden demgegenüber auch wirksam, wenn sie nicht gegenüber einer bestimmten Person abgegeben werden. Sie bilden den Ausnahmefall. Beispiele: Testament, Auslobung (Art. 8 OR).
Wann wird eine empfangsbedürftige Willenserklärung wirksam?
Das Wirksamwerden von empfangsbedürftigen Willenserklärungen setzt grundsätzlich voraus, dass diese dem Empfänger zugehen, indem sie bei ihm eintreffen (sog. „Zugangsprinzip“). Der Zugang entscheidet somit, ob und wann eine Erklärung wirksam wird.
Wie lange ist der Antragsteller an seinen Antrag gebunden?
Beim Antrag mit Annahmefrist gemäss Art. 3 OR besteht die Bindung bis zum Ablauf der entsprechenden Frist. Diese kann beliebig festgesetzt werden. Beim Antrag ohne Annahme- frist unter Anwesenden gemäss Art. 4 OR besteht die Bindung im Sinne eines „sogleich“ nur für eine knappe Reaktionszeit des Empfängers. Beim Antrag ohne Annahmefrist unter Abwesenden gemäss Art. 5 OR besteht die Bindung bis zu jenem Zeitpunkt, wo „der Antragsteller den Eingang der Antwort bei ihrer ordnungsgemässen und rechtzeitigen Absendung erwarten darf“.
Kann ein Antrag grundsätzlich durch Schweigen angenommen werden bzw. gilt Schweigen grundsätzlich als Annahme?
Nein, Schweigen bedeutet grundsätzlich keine Annahme. Eine Annahme durch Schweigen gemäss Art. 6 OR bildet somit die Ausnahme und setzt eine „besondere Natur des Geschäfts“ oder gewisse „Umstände“ voraus.
Was ist das primäre Ziel der Vertragsauslegung?
Durch die Vertragsauslegung wird der vereinbarte Inhalt eines Vertrages ermittelt. Die Vertragsauslegung setzt grundsätzlich voraus, dass der fragliche Vertrag überhaupt zustande gekommen ist. Es ist daher einer Vertragsstreitigkeit zwischen der Konsensfrage und der Auslegungsfrage zu unterscheiden.
Was besagt das Vertrauensprinzip und wann kommt es zur Anwendung?
Das Vertrauensprinzip besagt, dass Willenserklärungen so auszulegen sind, wie sie ein durchschnittlicher Empfänger aufgrund der Umstände nach Treu und Glauben verstehen durfte und musste. Das Vertrauensprinzip kommt einerseits bei der Konsensfrage zur Anwendung (normativer Konsens), andererseits aber auch bei der Vertragsauslegung (sog. objektive Vertragsauslegung).