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Kartei Details
Karten | 69 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Recht |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 04.11.2014 / 04.11.2014 |
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Definition: offenkundig
ist eine Verletzung dann, wenn sie für jede Partei, die nach Treu und Glauben handelt objektiv erkennbar ist
Vertragsverfahren – was wird hinsichtlich des Abschlussverfahrens unterschieden?
zwischen bilateralen und multilateralen Verträgen
zwischen einphasigem und zweiphasigem Verfahren
bilaterale Verträge
sie werden formlos verhandelt, der Text des Vertrages wird einstimmig angenommen und durch Paraphierung (=Unterschrift durch Namenskürzel) aller Blätter der angenommenen Textversion authentifiziert.
multilaterale Verträge
werden in der Regel auf einer internationalen Konferenz verhandelt, der Text wird mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden und abstimmenden Staaten angenommen und durch Paraphierung oder üblicherweise durch Verabschiedung einer Schlussakte, die den so angenommen Endtext enthält, authentifiziert. (Art 9 und 10 beider WVK)
Ein Staat der überstimmt wird, kann den Text nicht mehr beeinflussen, er kann nur den Vorbehalt einzelner Passsagen anbringen oder die Annahme des Vertrages überhaupt verweigern
einphasiges Verfahren
die Unterzeichnung des Vertrages oder der Austausch der einen Vertrag bildenden Urkunde bewirkt die endgültige Bindung der Parteien an den Vertrag, diese Wirkung tritt ein wenn, (12 WVK)
- im Vertrag selbst das einphasige Verfahren mit unmittelbarer endgültiger Bindungswirkung der Unterzeichnung festgelegt ist, oder
- eine derartige Absicht der Parteien anderweitig feststeht, oder
- eine Partei dies in der Vollmacht ihres Vertreters oder während der Verhandlungen so zum Ausdruck bringt.
zweiphasiges Verfahren
erst die Annahme, Genehmigung oder Ratifikation bewirken die endgültige Bindung der Parteien. Dies ist der Fall, wenn (Art 14 WVK)
- der Vertrag dies ausdrücklich vorsieht, oder
- eine derartige Absicht der Parteien anderweitig feststeht, oder
- ein Parteienvertreter den Vertrag unter Vorbehalt der Annahme, Ratifikation oder Genehmigung unterzeichnet, oder
- die Absicht einer Partei, den Vertrag unter einem solchen Vorbehalt zu unterzeichnen, in der Vollmacht ihres Vertreters oder während der Verhandlungen zum Ausdruck gebracht wird.
dient in der Praxis dazu, allfällige innerstaatliche Genehmigungsverfahren bzw Mitwirkungsverfahren anderer Körperschaften durchzuführen und erst nach deren Abschluss die endgültige Bindung an den Vertrag herbeizuführen. (zB im Hinblick auf Gewaltenteilungsprinzip vieler Verfassungen)
Auch wenn noch keine endgültige Bindung bestehen, gibt es gewisse Vorwirkungen: sie verpflichten dazu, Ziel und Zweck nicht zu vereiteln (Frustationsverbot Art 18 WVK) bis eine endgültige Entscheidung gefallen ist
Was versteht man unter Beitritt?
die Aufnahme neuer Parteien in ein zwischen den ursprünglichen Parteien bereits bestehendes Vertragsverhältnis. Verträge wo ein solcher Beitritt ausdrücklich vorgesehen und die erforderlichen Voraussetzungen angegeben sind, heißen „offene Verträge“
Wer ist der Depositär?
jene Partei, die die Originalurkunde in ihren Archiven aufbewahrt (Hinterlegungsstelle) er ist auch Adressat für alle vertragsbezüglichen Erklärungen (zB Ratifikation) und setzt die anderen Vertragsparteien von solchen Erklärungen in Kenntnis. (bei bilateralen erübrigt sich dies oft, weil ein Notenwechsel stattfindet oder 2 Ausfertigungen gemacht werden)
Wie werden Verträge kundgemacht?
dies erfolgt in offiziellen Publikationsorganen der Parteien, weiters sind abgeschlossene völkerrechtliche Verträge dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zur Registrierung anzuzeigen, diese werden dann in der offiziellen Vertragssammlung der VN der UNTS veröffentlicht
(in Österreich werden Staatsverträge im Bundesgesetzblatt III kundgemacht)
Was versteht man unter Vorbehalt?
ist die einseitige Erklärung einer Vertragspartei, die die Rechtswirkung einzelner Bestimmungen eines Vertrages gegenüber dieser Partei abändert oder ausschließt. Eine solche Erklärung kann in jedem Stadium des Vertragsverfahrens (und auch anlässlich eines Beitritts) abgegeben werden
Integritätstheorie
ganz oder gar nicht“ sie ist eine (heute überholte) Auffassung über die Folgen der Anbringung eines Vorbehalts zu einem multilateralen Vertrag. Danach musste dieser Vorbehalt, wenn er nicht von allen anderen Vertragsparteien akzeptiert wurde, fallen gelassen werden, widrigenfalls der betreffende Staat nicht Partei des Vertrags werden konnte.
Heute nach WVK führt ein Einspruch nur dazu, dass die betreffende Passage zwischen diesen beiden nicht wirksam wird, der übrige Vertrag hingegen schon.
Es werden also auch Vorbehalte zugelassen, die nicht im Vertrag festgelegt sind, aber nur soweit sie Ziel und Zweck des Vertrages nicht vereiteln
Wonach richtet sich das IN-Kraft-Treten eines Vertrages?
primär nach den Regeln, die der Vertrag selbst festlegt
subsidiär bestimmen die WVK, dass ein Vertrag dann in Kraft tritt, wenn alle Parteien diesen endgültig angenommen haben.
Welche Bestimmungen gelten schon mit Annahme des Textes
die Bestimmungen über sein IN-Kraft-Treten, die Festlegung des authentischen Textes, die Bestimmung des Depositärs und andere Verfahrensvorschriften
Wann traten die beiden WVK in Kraft?
mit dem dreißigsten Tag, der auf die Hinterlegung der fünfunddreißigsten Ratifikationsurkunde folgt. Für jeden weiteren Staat (ab dem 36.) der eine der beiden Konventionen ratifiziert, treten sie am dreißigsten Tag nach Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft
(Der Vertrag trat am 27. Januar 1980 in Kraft, nachdem ihm Togo als 35. Vertragsstaat beigetreten war.)
Räumliche Geltung von Verträgen?
unterliegen dem Prinzip der beweglichen Vertragsgrenzen dh im Falle territorialer Veränderungen auf Seiten der Vertragsparteien ändert sich der Anwendungsbereich der Verträge mit diesem (zB. Beitritt DDR zu BRD)
Auslegung von Verträgen – grundsätzliche Regel
Ein Vertrag ist nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen. (Art 31 WVK)
primäre Interpretationsmethoden für Verträge
Wortinterpretation oder grammatische Interpretation: übliche Bedeutung der verwendeten Begriffe (ordinary-meaning-rule)
systematische Interpretation: die Berücksichtigung des Zusammenhangs, in welchem bestimmte Begriffe gebraucht werden, sowohl innerhalb einzelner Vertragsbestimmungen als auch innerhalb der Struktur des gesamten Vertrages. Dazu gehören Präambel, Haupttext, Anhänge, und alle Erklärungen
teleologische Interpretation: die Berücksichtigung der Ziele und Zwecke, die die Parteien mit dem Vertrag verfolgten, und die in der Regel in der Präambel zum Ausdruck kommen.
Anwendungspraxis: (bei Unklarheiten, die Maßnahmen beachten in welchem Rahmen der Vertrag getroffen wurde)
ordinary-meaning-rule
sie ist ein Prinzip der Auslegung völkerrechtlicher Verträge im größeren Rahmen der Pflicht zur Vertragsauslegung nach Treu und Glauben und besagt, dass Vertragsbegriffe nach ihrer gewöhnlichen Bedeutung (Bedeutung im allgemeinen Sprachgebrauch) auszulegen sind (Grundregel), soweit die Parteien keine andere Bedeutung unterlegen wollten (Ausnahmeregel)
Wann dürfen ergänzende Auslegungsmittel (Art 32 WVK) angewendet werde?
wenn
- ein mit primären Auslegungsmitteln gewonnenes Ergebnis bestätigt werden soll,
- das Ergebnis der Anwendung primärer Auslegungsmittel mehrdeutig ist (mehrere sinnvolle Lösungen)
- die Anwendung primärer Auslegungsmittel ein unvernünftiges (absurdes) Ergebnis erbringt
ergänzende Auslegungsmittel
travaux preparatoires = vorbereitende Arbeiten: Entwürfe, Konferenzpapiere, Sitzungsprotokolle etc, aus denen hervorgehen kann, wie und mit welcher Absicht eine unklare Vertragsbestimmung zustande kamm (historische Interpretation)
was nach Vertragsschluss geschieht ist aber wesentlich bedeutender, als das, was vorher geschehen ist
Ungültigkeitsgründe für völkerrechtliche Verträge
- Verletzung von wesentlichen Formvorschriften
- Betrug, Bestechung und Zwang gegen einen Parteienvertreter (geringe praktische Relevanz)
- Zwang gegen eine Vertragspartei (bezieht sich in beiden WVK auf das Gewaltverbot der UN-Charta, welches wiederum auf militärische Gewalt abstellt) à politischer und wirtschaftlicher Druck gelten daher nicht als Zwang und zum anderen können militärische Zwangsmaßnahmen im Rahmen der Ausnahmen vom Gewaltverbot nicht als Ungültigkeitsgrund herangezogen werden
- Irrtum (aber nur Tatsachenirrtum ist tauglich, nicht der Rechtsirrtum, aber auch nur dann, wenn die irrende Partei den Irrtum nicht (mit-) verschuldet hat. Bsp: Tempel-Fall zwischen Frankreich und Siam, Karte mit falschen Grenzverlauf
- Verstoß gegen völkerrechtliches ius cogens: der Vertrag ist zur Gänze ungültig, wenn dieser Verstoß bereits beim Abschluss des Vertrages bestand, bildet sich entgegenstehendes ius cogens erst nachher heraus, werden nur die davon betroffenen Teile des Vertrages ungültig
Unterschied zwischen Beendigung und Suspendierung eines Vertrages?
Beendigung: die endgültige Auflösung eines Vertragsverhältnisses
Suspendierung: setzt seine Anwendung nur zeitweilig aus, erlaubt aber diese zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen
Welche Regeln gelten für Beendigung und Suspendierung?
primär, die im Vertrag selbst vorgesehenen Regeln
subsidiär jene der beiden WVK
im Einvernehmen aller Parteien ist darüber hinaus die Beendigung oder Suspendierung eines Vertrages jederzeit möglich
Wann ist eine Kündigung durch einzelne Parteien unter Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses für die übrigen möglich?
wenn
- der Vertrag Kündigung oder Rücktritt ausdrücklich zulässt, oder
- die Parteien sich anderweitig auf eine solche Möglichkeit verständigt haben, oder
- sich ein Kündigungs- oder Rücktrittsrecht aus der Natur des Vertrages ergibt
Ewige Verträge
sind Verträge die keine Kündigungsklauseln enthalten zB UN-Charta (die Gründungsverträge der EU enthalten auch erst seit dem Vertrag von Lissabon 2009 eine solche Klausel)
die Beendigung oder Suspendierung eines Vertrages infolge erheblicher Vertragsverletzungen bei multilateralen Verträgen (Art 60 WVK)
bei einvernehmlichen Vorgehen der übrigen Parteien: entweder gegenüber vertragsbrüchiger Partei oder auch unter sich suspendieren oder beenden
ohne einvernehmlichen Vorgehen: kann nur gegenüber der vertragsbrüchigen Partei suspendiert oder beendet werden
außer die Verhältnisse ändern sich grundlegend, sodass eine Fortsetzung unmöglich wäre, kann auch gegenüber allen übrigen suspendiert oder beendet werden
wann liegt eine erhebliche Vertragsverletzung vor?
die notwendige Erheblichkeit liegt vor, wenn eine Partei entweder die Durchführung eines Vertrages zur Gänze ablehnt oder einzelne Bestimmungen, die für die Erreichung der Vertragsziele wesentlich sind, verletzt
Folgen bei faktischer Unmöglichkeit der Erfüllung der Pflichten aus einem Vertrag? (Art 61 WVK)
ist die Unmöglichkeit eine dauernde, kann die betroffene Partei einseitig beenden, ansonsten kann der Vertrag nur einseitig suspendiert werden
Worauf stellt die Vertragsbeendigung wegen grundlegender Änderung der Umstände ab?
„clausula rebus sic standibus“
sie stellt auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage ab, auf der der gegenständliche Vertrag abgeschlossen wurde
Voraussetzung ist, dass die betroffenen Umstände tatsächlich die Geschäftsgrundlage darstellten und ihr Wandel die Vertragsverpflichtungen tiefgreifend umgestalten würde.
Hat die Partei diesen Wandel selbst herbeigeführt, kann sie dies nicht als Aufhebungsgrund geltend machen, ebenso bei Grenzfestlegungen kann man sich nicht auf die clausula beziehen.