Strafrecht AT III

Rechtfertigungsgründe; Schuldfähigkeit; Schuldformen; Entschuldigungsgründe; Definitionen

Rechtfertigungsgründe; Schuldfähigkeit; Schuldformen; Entschuldigungsgründe; Definitionen


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Flashcards 64
Language Deutsch
Category Law
Level University
Created / Updated 26.09.2016 / 07.10.2016
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Schuldfähigkeit

Fähigkeit, strafrechtlich verantwortlich zu Handeln.

dh. das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.

  • Strafunmündigkeit, § 19
  • Jugendlicher § 3 JGG
  •  Heranwachsender, § 105 JGG
  • Ausschluss der Schuldfähigkeit, § 20
    • da Regelfall des Gesetzes: Straffähigkeit

Prüfungsaufbau der ALIC

  1. Feststellung der Schuldunfähigkeit zZ der Tatausführung
  2. Strafbarkeit verneinen
  3. Neue Strafbarkeitsprüfung § ... iVm A.L.I.C
  4. Voraussetzungen prüfen
    • wenn ALIC (-), dann nur noch Vollrausch gem. § 323a
    • wenn Herbeiführung der Strafunfähigkeit vorsatzlos/nicht fahrlässig, dann straflos gem. § 20.

A.L.I.C

Ausschluss der Schuldfähigkeit Erwachsener, § 20

Lehre der TB-Vorverlagerung

  • Beginn der tb-mäßigen Handlung ist bereits die Herbeiführung der Schuldfähigkeit anschließenden Zustandes.
    • Begründung: Werkzeugtheorie (§ 25 I 2. Alt.); Unrechtstatbestand erfasst auch Vorbereitungsstadium der Tat (§ 22)

Schuldausnahmetheorie

  • Ausnahme des in § 20 geregelten Grundsatzes wegen Rechtsmissbrauchs
    • wenn Zustand schuldhaft herbeigeführt.

Ausdehnungstheorie

  • Begriff der Begehung der Tat i. S. d. § 20 erfasst auch die Herbeiführung der eigenen Schuldunfähigkeit.

A.a. alic hat ohne gesetzliche Regelung keine Grundlage. (Gegenargumente zu Theorien)

Gegenargumente zur Anwendbarkeit der A.L.I.C

Ausschluss der Schuldfähigkeit Erwachsener, § 20

A.L.I.C. hat ohne gesetzliche Regelung keine Grundlage. Gegen Theorien sprechen im Einzelnen:

  • Lehre der TB-Vorverlagerung
    • in der Herbeiführung der Schuldfähigkeit ist noch kein unmittelbares Ansetzen iSd § 22 zur Verwirklichung des tb-lichen Unrechts zu sehen.
    • mittelbare Täterschaft nach § 25 I 2. Alt (-), da dem Wortlaut 'anderer Mensch' widerspricht.
  • Schuldausnahmetheorie
    • Ausnahme wegen Rechtsmissbrauchs verstößt gegen A 103 II GG.
      • Ausnahmen hat Gesetzgeber bereits abschließend in §§ 17 s.2, 32 I, 35 I 2 geregelt, so dass gegen das Analogieverbot verstößt
  • Ausdehnungstheorie
    • Ausdehnung des Begriffs 'Begehung' der Tat  widerspricht dem § 8
      • Nach § 8 ist die Vornahme der Tathandlung erforderlich, die nicht die Herbeiführung der eigenen Schuldunfähigkeit darstellen kann.

Bei verhaltensgebundenen Delikten versagt die ALIC, da die Anknüpfung an die an die Herbeiführung an die Schuldunfähigkeit kein Teil der tb-mäßigen Handlung darstellt, zB. Verkehrsdelikte (Führen eines Kfz ≈ Betrinken)

Schuldformen und ihre Funktion

  1. Vorsatzschuld
  2. Fahrlässigkeitsschuld

Doppelfunktion von Vorsatz und Fahrlässigkeit:

  • Begründung des Handlungsunwerts
  • Kennzeichnung der Art des Vorwurfs.

Vorsatzschuld

Kennzeichnet die rechtsfeindliche und gleichgültige Entscheidung des Täters ggü dem Recht.

  • Sie ist Indiziert durch vorsätzliche und rechtswidrige Erfüllung des TB.

Fahrlässigkeitsschuld

Täter ist nach seinen individuellen Fähigkeiten und Kenntnissen in der Lage,

  • den obj. Sorgfaltsanforderungen zu genügen
  • und die Folgen seines Handelns vorherzusehen.

Entschuldigungsgründe

Entschuldigungsgründe sind Regeln,

  1. die zwar die rechtliche Missbilligung der Tat, also das Unrecht, unberührt lassen,
  2. aber die persönliche Verantwortlichkeit des Täters und damit die Schuld ausschließen.

Notwehrexzess, § 33 StGB

Entschuldigungsgrund

  1. Notwehrlage
    • Gegenwärtiger rechtswidriger Angriff
      • (P) Putativnotwehrexzess
  2. Abwehrhandlung
    • Intensive Notwehrexzess
    • Extensive Notwehrexzess
  3. RFG
    • Überschreitung aufgrund asthenischer Affekte
    • Keine sthenischen Affekte
    • (un-)bewusste Überschreitung
  4. Subjektive RFG-Element

Putativnotwehrexzess

Täter überschreitet der Grenzen der Notwehr gem § 32 I, was bei gegebener Notwehrlage zulässig wäre.

  • zB. Angriff ist nicht gegenwärtig.

eA: § 33 analog, wenn Irrtum des Täters unvermeidbar war.

hM: § 33 (-), nur noch § 17 oder § 20 heranzuziehen

intensive Notwehrexzess

§ 33

Täter überschreitet die Grenzen des erforderlichen und gebotenen.

(P) extensive Notwehrexzess

§ 33

Überschreitung der Grenzen in zeitlicher Hinsicht:

  • Angriff auf Täter hat noch nicht begonnen
  • Angriff auf Täter besteht nicht mehr

Lit.: § 33

hM: kein § 33, anwendbar sind nur

  • allg. Regeln über RF-Irrtümer
  • o. affektbedingte Schuldunfähigkeit

Überschreitung aufgrund Verwirrung, Furcht, Schrecken

§ 33

asthenischer Affekte

  • zeichnen sich durch ihren defensiven Charakter aus
  • Gefühl der Unterlegenheit
  • Keine Abgrenzung des Wortlauts zw. bewusster und unbewusster Überschreitung (unabhängig davon)

Keine sthenischen Affekte

  • also kein Vorliegen von Hass, Zorn, Aggressionslust

 

Entschuldigender Notstand, § 35

Entschuldigungsgrund

  1. Notstandslage
    • gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben, Freiheit
    • nahestehende Personen
  2. Entschuldigende Handlung
    • nicht anders abwendbare Gefahr
    • Hinnahme der Gefahr nicht zumutbar
  3. Rechtfertigung
    • unabhängig von Abwägung der betroffenen Interessen
  4. subj. Voraussetzungen

Notstandslage

iSd § 35

gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben, Freiheit

  • keine analoge Anw. auf andere RG !!!
  • Freiheit = FortbewegungsF iSd § 239, nicht allg HandlungsF iSd § 240
  • Leibesgefahr = Drohen schwerwiegender Beeinträchtigungen, da Sinn der Norm und Gleichstellung mit Leben.

nahestehende Personen

  • vgl § 11 I Nr. 1

Entschuldigende Handlung

iSd § 35

nicht anders abwendbare Gefahr

  • Handlung geeignet und mildeste Mittel zur Gefahrenabwehr

Hinnahme der Gefahr nicht zumutbar

  • Beachte: Gründe in § 35 I 2 nicht abschließend.

Rechtfertigung nach § 35

Anders als § 34

  • auf die Abwägung der betroffenen Interessen kommt es nicht an.

 

subj. Vorauss. des § 35

  • Kenntnis der Gefahrenlage
  • Handeln zum Zwecke der Gefahrenabwehr

 

  • Rspr. verlangt darüber hinaus eine situationsabhängige, pflichtgemäße Prüfung alternativer Handlungsmöglichkeiten zur Gefahrenabwehr

Übergesetzlicher entschuldigender Notstand

Entschuldigungsgrund

  1. Notstandlage
    • Gefahr für existenzielle Rechtsgut (zB. Leben)
    • gegenwärtig
  2. irgendeine Abwehrhandlung
    • Nicht anders abwendbar,
      • dh. die als letztes Mittel geeignet und erforderlich ist.
  3. Keine RFG nach § 34, keine Entschuldigung nach § 35
  4. Subjektive Vorauss.
    • Kenntnis der Gefahrenlage
    • Handeln zur Gefahrenabwehr
    • nach pflichtgemäßer Prüfung des Gewissenskonflikts

Unrechtsbewusstsein, § 17

herrschende Schuldtheorie:

Das Unrechtsbewusstsein gem § 17 stellt eine selbstständige Vor. der Schuld dar und ist vom VORSATZ STRENG ZU UNTERSCHEIDEN.

  • entscheidend ist nur das potenzielle Unrechtsbewusstsein

Gegenstand des Unrechtbewusstseins

Die materielle RW der Handlung ist erforderlich und ausreichend.

  • Dabei genügt das Bewusstsein, gegen rechtliche Verhaltensnormen zu verstoßen.
  • Sie ist tatbestandsbezogen und teilbar!

Bewusstseinsgrad

iRd § 17

Das möglich erscheinen des Verstoßes gegen rechtl. Verhaltensnormen ist ausreichend.

  • (Parallele zu Vorsatz u. Fahrlässigkeitsformen)

(-) wenn Täter in der sicheren Annahme handelt, sich nicht rw zu verhalten.

vermeidbare Irrtum

iSd § 17 s.2

Täter hätte zur Einsicht kommen können, Unrecht zu tun, und zwar

  • durch Nutzung seiner eigenen intellektuellen Fähigkeiten u. Kenntnisse oder
  • durch Einholung von Rechtsrat

Strenge Anforderungen zu stellen!!!

Abgrenzung des Verbotsirrtums zum Wahndelikt

Wahndelikt = umgekehrter Verbotsirrtum

Wahndelikt liegt vor, wenn der in Kenntnis der Tatumstände handelnde Täter glaubt irrig, sich strafbar zu machen, obwohl die Handlung straflos ist.