Strafrecht AT

Strafrecht AT (in Ergänzung zu eigenen KK)

Strafrecht AT (in Ergänzung zu eigenen KK)


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Flashcards 157
Students 20
Language Deutsch
Category Law
Level University
Created / Updated 10.11.2015 / 14.06.2025
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Grundprinzipien des Strafrechts

  • Gesetzmässigkeitsprinzip
    • Keine Strafe ohne Gesetz: Art. 1 StGB
    • Bestimmtheitsgebot: mit dem Ziel, eine beliebige Auslegung von Strafnormen zu verhindern
    • Zeitlicher Geltungsbereich:
      • Rückwirkungsverbot: Art. 2 Abs. 1 StGB; untersagt grundsätzlich die Anwendung strafschärfenden rückwirkenden Rechts 
      • Rückwirkungsgebot: Art. 2 Abs. 2 StGB; lex mitior
    • Analogieverbot
  • Prinzipien betreffend den räumlichen Gelutngsbereich
    • Territorialitätsprinzip und Ubiquitätsprinzip (und das Flaggenprinzip)
      • Territorialitätsprinzip: Art. 3 Abs. 1 StGB: Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht. Man beachte auch Art. 104 und Art. 333 StGB; 
      • Ubiquitätsprinzip: Art. 8 Abs. 1 StGB; Ein Verbrechen oder Vergehen gilt als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist. Jeder dieser Anknüpfungspunkte reicht aus.
      • Flaggenprinzip: Ergänzung des Territorialitätsprinzip; für See- und Luftfahrt
    • Weitere Prinzipien: 
      • Anrechnungsprinzip: in Art. 3 bis 7 StGB zu finden
      • Schlechterstellungsverbot: Art. 6 Abs. 2 und 7 Abs. 3 StGB
      • Nichtmehrverfolgungsprinzip: Art. 3 Abs. 3, Art. 5 Abs. 2, Art. 6 Abs. 3 und Art. 7 Abs. 4 StGB
      • Erledigungsprinzip: Art. 3 Abs. 3 und 4 und Art. Art. 5 Abs. 3 StGB
      • Staatsschutzprinzip: Art. 4 Abs. 1 StGB
      • Weltrechts- oder Universalitätsprinzip: Art. 5 Abs. 1 und 2, Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 und 2 StGB

Grundprinzipien des Strafrechts

Siehe Bild

Verbrechen

Verbrechen sind Taten, die mit Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht sind.

Vergehen

Vergehen sind Taten, die mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht sind.

Bedeutung Untersscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen

  • für die Rechtstheorie nur geringe
  • Die Strafverfolgung für Verbrechen verjährt erst nach 30 bzw. 15 Jahren
  • Die Strafverfolgung für Vergehen verjährt dagegen in den meinsten Fällen nach 7 Jahren
  • Gehilfenschaft ist in Form des Versuchs nur bei Verbrechen möglich (Art. 24 Abs. 2 StGB)
  • öffentliche Aufforderung zu einem Verbrechen ist in jedem Fall mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe bedroht (Art. 259 Abs. 1 StGB)
  • Geldwäscherei ist auch nur bezüglich Vermögenswerten möglich, die aus einem Verbrechen herrühren

Aufbau des unechten Unterlassungsdelikts

Siehe Bild

Hypothetische Kausalität (beim unechten Unterlassungsdelikt)

Täter hätte durch seine Handlung den verpänten Erfolg verhindern können

Subjektiver Tatbestand: Wissensseite

Gefordert wird, dass der Täter einen Straftatbestand verwirklicht in Kenntnis aller zum objektiven Tatbestand gehörenden Umstände 

1. Tatumstände:

  • deskriptive Merkmale: Mensch, Sache, Wohnung 
  • normative Merkmale: Fremd, Urkunde 
  • Irrtum

2. Geschehensablauf

  • Erfolgsdelikte 
  • Irrtum Kausalverlauf 
  • Dolus Generalis 
  • Error in Persona 
  • Aberratio Ictus 

3. Unrecht 

Parallelwertung in der Laiensphäre

Es genügt, wenn der Täter den Tatbestand so verstanden hat, wie es der landläufigen Anschauung eines Laien entspricht.

Relevant im Zusammenhang mit Vorsatz.

Fahrlässigkeit

Legaldefinition nach Art. 12 Abs. 3 StGB

Fahrlässig begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt.

Pflichtwidrigkeit

Legaldefiniton nach Art. 12 Abs. 3 StGB

Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist.

Man beachte: Pflichtwidrigkeit und Voraussehbarkeit stehen oft in enger Wechselwirkung

Sachverhaltsirrtum

  • Art. 13 Abs. 1 StGB
  • Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
  • Zwei Haupterscheinungsformen: 
    • Tatbestandsirrtum
    • Erlaubnistatbestandsirrtum
  • Man beachte: "zu Gunsten des Täters"

Tatbestandsirrtum

  • Irrige Vorstellung über den Sachverhalt
  • Kann sich sowohl auf tatsächliche, wie auch rechtliche Elemente der Wissensseite beziehen
  • Ist nicht nur auf die Frage der Strafbarkeit anzuwenden. Vielmehr auf jegliche Sachverhaltsbeurteilung. --> Differenzierte Abklärung durch die Strafverfolgungsbehörden

Erlaubnistatbestandsirrtum

  • = irrige Annahme einer rechtfertigenden Sachlage

 

Verbotsirrtum

  • Erkennt der Täter die massgebliche Verbotsnorm nicht, unterliegt er einem direkten Verbotsirrtum
  • Irrtum wird als Problem des Unrechtsbewusstseins in der Schuld (s.u. beim Erlaubnisirrtum) behandelt
  • Bezugsgegenstand dieses Verbotsirrtum ist jedoch anders als beim Erlaubnisirrtum der Tatbestand
  • für Prüfung ist dieser Unterschied unbeachtlich 

Rechtfertigungsgründe

  • Man unterscheidet: gesetzliche und aussergesetzliche Rechtfertigungsgründe
  • Rechtswirkung ist für beide Kategorien die gleiche

Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe

Einwilligung des Verletzten: Grundlage im Gewohnheitsrecht

Rechtfertigungsgründe: Rechtfertigungsprinzipien

  • Schutzprinzip
  • Rechtsbewährungsprinzip
  • Pflicht zur gefahrenfreien eigenen Herrschaftsbereichs
  • Organisation des Gedanke des überwiegenden Interesses (Güterabwägungsprinzip)
  • Solidaritätsprinzip
  • Quasi-institutionelle Verpflichtung
  • Prinzip vernünftiger Selbstverpflichtung (Sonderopfer)

Einwilligung: Voraussetzungen

Siehe Bild

Mutmassliche Einwilligung

Siehe Bild

Notstandsähnlich: Rechtfertigende Pflichtenkollision Teil 1

Siehe Bild

Notstandsähnlich: Rechtfertigende Pflichtenkollision Teil 2

Siehe Bild

Rechtfertigung: Wahrung berechtigter Interessen (1)

..

Rechtfertigung: Wahrung berechtigter Interessen (2)

Gemäss BGer: Wahrung berechtigter Interessen setzt voraus, dass die Tat ein zur Erreichung des berechtigten Ziels notwendiges und angemessenes Mittel ist, sie insoweit den einzig möglichen Weg darstellt und offenkundig weniger schwer wiegt als die Interessen, welche der Täter zu wahren sucht.

Beispiel: Anwalt, der zur Abwehr von Schadenersatzansprchen das Berufsgeheimnis für Anwälte verletzt

Gemäss BGer nicht für Whistleblowing

 

 

Ausserstrafrechtliche Rechtfertigungsgründe

Siehe Bild

Notwehr: der Angriff

Der Angriff, welcher zur Notwehr berechtigt, muss

  • rechtswidrig sein
  • aus menschlichem Verhalten hervorgehen
  • stattfinden oder unmittelbar bevorstehen

Dieser Zustand dauert solange an, als noch neue oder die Vergrösserung bereits bestehender REchtsgutverletzungen unmittelbar bevorstehen.

Notstand (1)

Objektive Voraussetzungen: 

  • Notstandslage: Gefahr
    • Ursache unerheblich
    • Idividualrechtsgüter bedroht
    • unmittelbar und konkret (zeitliche Begrenzung) 
  • Notstandshandlung: Abwehrhandlung
    • die Gefahr ist nicht anders als durch die Notstandshandlung abwendbar (Grundsatz der Subsidiarität)
    • der rettende Eingriff erfolgt zum Schutze höherwertiger Interessen (Grundsatz der Proportionalität)

Subjektive Voraussetzungen: 

  • Handeln in Kenntnis der Notlage 
  • Tätigwerden zum Zweck der Behebung der Notlage

Notstand (2)

Man beachte: 

  • Abwägungsfaktoren
    • Wertigkeit der involvierten Rechtsgüter und Interessen
    • Grad und Grösse der Gefährdung (insb. Umfang und Bedeutung des jeweils zu erwartenden Schadens)
    • Gefahrtragungspflichten
    • Differenzierung nach Aggressiv-, Defensiv- und Nötigungsnotstand zur Berücksichtigung besonderer Interessenlagen

Notstandskonstellationen

  • Defensivnotstand (Art. 52 OR) = Opfer richtet Handlung gegen Gefahrenquelle bzw. greift in die Gütersphäre des Gefahrenverantwortlichen ein
  • Aggressivnotstand (Art. 701 ZGB) = Opfer greift in die Gütersphäre eines Dritten ein
  • Konsequenzen für die Interessenabwägung:
    • Aggressivnotstand: Interesse des Opfers muss deutlich überwiegen
    • Defensivnotstand: Schaden darf nicht ausser Verhältnis zur Gefahr stehen 

 

  • Nötigungsnotstand =
    • eine Person wird durch eine Bedrohung
    • für seine eigenen Rechtsgüter oder diejenigen einer ihm nahestehenden Person ...
    • von einem anderen ...
    • dazu veranlasst, ein Delikt zu begehen 
  • Es ist umstritten, ob der Nötigungsnotstand gerechtfertigt oder entschuldbar ist. 

Schuldbegriff

Persönliche Vorwerfbarkeit scheidet aus, wenn

  • Einsichtsfähigkeit oder Steuerfähigkeit gegenüber der Rechtsordnung grundsätzlich nicht besteht (Schuldfähigkeit)
  • Täter das Bewusstsein für die Unrechtmässigkeit seines Verhaltens aus akzeptablem Grund fehlt (Unrechtsbewusstsein)
  • Täter aufgrund einer besonderen (psychischen) Zwangslage die Einhaltung der Rechtsordnung nicht abverlangt werden kann (Unzumutbarkeit normge- mässen Verhaltens) 

Schuldunfähigkeit i.S.v. Art. 19 Abs. 1 StGB

  • eine fehlende Einsichtsfähigkeit (intellektuelles Moment der Einsichtsfähigkeit)

und / oder

  • eine fehlende Bestimmungsfähigkeit (voluntatives Moment der Bestimmungsfähigkeit)

Verminderte Schuldfähigkeit i.S.v. Art. 19 Abs. 2 StGB

  • eine Herabsetzung der Einsichtsfähigkeit (intellektuelles Moment der Einsichtsfähigkeit)

und / oder

  • eine Herabsetzung der Bestimmungsfähigkeit (voluntatives Moment der Bestimmungsfähigkeit)

Beispiele: 

  • Alkohol
  • Persönlichkeitsstörungen
  • Sucht
  • Affekt

Rechtsfolge: Strafmilderung; BGer fordert, dass "zwischen dem Grad der Verminderung der Schuldfähigkeit und der Konsequenz für die Strafe ein gewisser Zusammenhang besteht". 

Abgrenzung Art. 19 Abs. 4 und Art. 263 StGB

Siehe Bild

Irrtum über die Rechtswidrigkeit (Art. 21 StGB) (1)

Direkter Verbotsirrtum: 

  • Täter fehlt Einsicht, Unrecht zu begehen, weil
    • Verbotsnorm dem Täter nicht bekannt ist ODER
    • Täter fälschlicherweise annimmt, sein Handeln werde von der Verbotsnorm nicht erfasst 

indirekter Verbotsirrtum

  • Täter fehlt Einsicht, Unrecht zu begehen, weil
    • Täter fälschlicherweise glaubt, dass sein Handeln gerechtfertigt ist, weil er die rechtlichen Grenzen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes verkennt
    • Täter glaubt, dass sein Handeln durch ein einen Erlaubnissatz gedeckt ist, den es in Wahrheit gar nicht gibt  

Irrtum über die Rechtswidrigkeit (Art. 21 StGB) (2)

Vermeidbarkeit des Verbotsirrtum: 

  • entscheidend für Schuldausschluss ist Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums
  • Massstab BGer: Zu prüfen ist, ob Irrtum auf Tatsachen beruhte, durch die sich auch ein gewissenhafter Mensch hätte in die Irre führen lassen 
  • Praxis: An Unvermeidbarkeit werden sehr hohe Anforderungen gestellt. Hat Täter Anlass, an der Rechtmässigkeit seines Verhaltens zu zweifeln, muss er diese Zweifel ausräumen durch:
    • eigenes Nachdenken (Gewissensanspannung)
    • Einholung spezieller Informationen von Rechtsanwälten, vertrauenswürdigen Personen oder bei Behörden

Strafrechtliche Relevanz der Deliktsstadien

  • gesetzlicher Regelfall: Anknüpfung der Strafbarkeit an Vollendung
  • Vorverlagerung der Strafbarkeitsschwelle auf Aus- führungsbeginn mit allgemeiner Versuchsstraf- barkeit
  • Verselbstständigung bestimmter Versuchs- und Vorbereitungshandlungen als eigenständiges Delikt
  • Planung und Vorbereitung grundsätzlich nicht strafbar 

Ausnahme von Straflosigkeit des Vorbereitungsstadiums

  • spezielle Straftatbestände, die gezielt bestimmte Vorbereitungshandlungen kriminalisieren
  • klar deliktische Vorstufen zu späterem Hauptdelikt aus kriminalpräventiven Gründen v.a. im Staatsschutzrecht und bei Fälschereidelikten genutzt
  • international zunehmend vor allem auch bei Terrorismusdelikten
  • Art. 260bis StGB als allgemeine Scharniernorm

Versuch: Faustformel des Bundesgerichts

Ein Versuch liegt vor, wenn der Täter

  • sämtliche subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt
  • und seine Tatentschlossenheit manifestiert hat,
  • ohne dass alle objektiven Tatbestandsmerkmale verwirklicht sind.

z.B. BGE 137 IV 113 E. 1.4.2

Umfang der Strafbarkeit des Versuchs  

  • Verbrechen und Vergehen
  • Versuch von Übertretungen nur bei ausdrücklicher Regelung, Art. 105 Abs. 2 StGB
  • tauglicher und untauglicher Versuch

Strafgrund des (untauglichen) Versuchs

  • Objektive Theorien: konkrete objektive Gefähr- dung des tatbestandlich geschützten Rechtsguts
  • Subjektive Theorien: Betätigung eines für die Rechtsordnung gefährlichen rechtsfeindlichen Willens
  • Eindruckstheorie (h.M.): Erschütterung des Vertrauens in die Geltung der Rechtsordnung 

Insbesondere für den untauglichen Versuch:

  • h.M.: Eindruckstheorie
    • auch der untaugliche Versuch hinterlässt einen rechtserschütternden Eindruck.
    • dieser ist aber im Gegensatz zum vollendeten / unvollendeten Versuch geringer, was z.B. die Straflosigkeit bei Handeln aus grobem Unverstand erklärt