Sachenrecht 4 - Eigentum
Studer/Sigerist, Übungsbuch Sachenrecht, 2. Aufl., Orell Füssli, Zürich 2012 Allgemeines, Grundeigentum, Fahrniseigentum
Studer/Sigerist, Übungsbuch Sachenrecht, 2. Aufl., Orell Füssli, Zürich 2012 Allgemeines, Grundeigentum, Fahrniseigentum
Set of flashcards Details
Flashcards | 126 |
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Language | Deutsch |
Category | Law |
Level | University |
Created / Updated | 23.03.2016 / 16.06.2025 |
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1. Inwiefern ist die Definition des Eigentums als "vollständige rechtliche Herrschaft über eine Sache" ungenau?
Das sachenrechtliche Eigentum ist nicht unlimmitiert sondern besteht nur innerhalb der Schranken der Rechtsordnung (materieller Rechtsbegriff des Eigentums).
Der von der unbeschränkten rechtlichen Herrschaft ausgehende formale Rechtsbegriff des Eigentums ist in der bestehenden Rechtsordnung undenkbar.
2. Welche zwei Aspekte unterscheidet man beim Eigentum?
Die Verfügungsmacht (positive Seite) erlaubt dem Eigentümer über eine Sache tatsächlich (z.B. verändern) und rechtlich (z.B. verkaufen) zu verfügen.
Die Ausschliessungsmacht (negative Seite) berechtigt den Eigentümer, eine Sache von jedem Dritten herauszuverlangen und ungerechtfertigte Einwirkungen abzuwehren.
3. Ist auf das "geistige Eigentum" das Sachenrecht anwendbar?
Nein. Gegenstand des geistigen Eigentums sind keine Sachen sonder immaterielle Güter. Auf sie ist deshalb das Immaterialgüterrecht anwendbar.
4. Wodurch kommt der materielle Begriff des Eigentumsrecht im Rahmen der Befugnisse des Eigentümers zum Ausdruck.
materieller Begriff des Eigentumsrecht: das sachenrechtliche Eigentum wird durch die Rechtsordnung beschränkt.
Die Verfügungs- und die Ausschliessungsmacht bestehen nur innerhalb der Schranken der Rechtsordnung. So sind der Verfügungsmacht z.B. durch Bau- und Planungsrecht Grenzen gesetzt. Schranken können neben gesetzlicher auch rechtsgeschäftliche Grundlagen haben (z.B. Vertrag).
5. Ist der Eigentümer eines Grundstücks auch Eigentümer einer sich darauf befindenden Holzbaracke, eines Baumes oder eines Hauses?
Eigentümer eines Grundstücks ist auch Eigentümer der Bestandteile (fest mit dem Grund verbunden; Baum, Haus) sowie des Zugehörs (Holzbaracke). Ob die Holzbarcke Zugehör des Grundstücks bildet ist im Einzelfall zu entscheiden.
6. Welche drei Arten von Eigentum unterscheidet man in der Schweiz?
- Alleineigentum (ZGB 641 ff.)
- Gemeinschaftliches Eigentum
- Miteigentum (ZGB 646 ff.)
- Gesamteigentum (ZGB 652 ff.)
7. Warum gibt es grundsätzlich nur die drei Arten von Eigentum?
Der nummerus clausus verbietet zusätzliche Eigentumsformen.
8. Beschreiben Sie die drei Arten von Eigentum.
Alleineigentum: Eine Einzelperson ist Eigentümer einer Sache. Sie hat alleine die Verfügungs- und Ausschliessungsmacht.
Gesamteigentum: Eine Personengemeinschaft hat das Eigentum an einer Sache. Die Gruppe kann nur gemeinsam die Verfügungs- und Ausschliessungsmacht ausüben.
Miteigentum: Eine Personenmehrzahl hat Eigentum an einer Sache. Durch das gemeinsame Eigentum entsteht eine Gruppe von Eigentümern mit gegenseitigen Rechten und Pflichten. Der Einzelne hat Eigentum an einem Anteil der Sache.
9. Wie lauten die zwei (widerlegberen) gesetzlichen Vermutungen, wenn mehrere Personen Eigentum an einer Sache haben?
- Vermutung des Miteigentums bei mehreren Eigentümern (Art. 646 Abs. 1 ZGB)
- Vermutung des Gesamteigentums, wenn bei Begründung des gemeinschaftlichen Eigentums bereits eine Personenmehrheit vorlag (Art. 652 ZGB)
10. Nennen Sie die Voraussetzungen für die Entstehung von Gesamteigentum.
Wenn eine als Gesamthandverhältnis anerkannte und bereits bestehende Personenmehrheit Eigentümerin einer Sache wird und keine die Vermutung wiederlegende Vereinbarung existiert.
11. Was ist ein Gesamthandverhältnis?
Eine Personenmehrheit, für die von Gesetzes wegen oder gemäss Rechtsprechung besondere Vorschriften bestehen.
12. Nennen Sie drei Beispiele von Gesamthandverhältnissen.
- Erbengemeinschaft
- einfache Gesellschaft
- Kollektivgesellschaft
- Kommanditgesellschaft
13. Welche Rechtsnorm gelten für Gesamteigentümer?
- Die besonderen Vorschriften über das Gesamteigentum (ZGB 652-654a)
- die Vorschriften zum betreffenden Gesamthandverhältnis
14. Beschreiben Sie das Rechtsverhältnis zwischen dem einzelnen Gesamteigentümer und seinem Anteil.
Der Gesamteigentümer kann über seinen Anteil nicht selbstständig verfügen, sondern nur zusammen mit den übrigen Gesamteigentümern.
15. Beschreiben Sie das Rechtsverhältnis zwischen dem einzelnen Gesamteigentümer und der ganzen Sache.
Der Gesamteigentümer kann über die ganze Sache nicht allein verfügen, sondern es muss z.B. für die Veräusserung und die Belastung mit Pfandrechten oder Dienstbarkeiten die Zustimmung aller Gesamteigentümer vorliegen.
16. Welche Rechtswirkungen hat das Ausscheiden eines Gesamteigentümers?
Das Ausscheiden kann zur Aufhebung des zugrundeliegenden Gesamthandverhältnisses führen (z.B. bei einfacher Gesellschaft). Als Folge davon kommt es zur Aufhebung des Gesamteigentums.
Die Aufhebung des zugrunde liegenden Rechstverhältnisses kann ausgeschlossen resp. die Fortführung mit den verbleibenden Mitgliedern vereinbart werden. Diesfalls vergrössern sich die rechnerischen Anteile der verbleibenden Gesamteigentümer an der Sache (Anwachsung, Akkreszenz).
17. Welche Rechtswirkungen hat das Hinzutreten einer Person zum Gesamthandverhältnis?
Das Hinzutreten lässt das zugrundeliegende Rechtsverhältnis unberührt, sodass es zu einer Verkleinerung der rechnerischen Anteile der bisherigen Gesamteigentümer kommt (Verminderung, Dekreszenz).
18. Nennen Sie zwei Gründe, die zur Aufhebung des Gesamteigentums führen.
- Veräusserung der gemeinschaftlichen Sache
- Auflösung des zugrundeliegenden Gesamthandverhältnisses
In beiden Fällen wird das Gesamthandverhältnis nicht automatisch aufgelöst sondern es besteht nur ein Anspruch auf Auflösung (BGE 119 II 124).
19. Inwiefern unterscheidet sich die Erbengemeinschaft von den übrigen Gesamthandverhältnissen hinsichtlich der Aufhebung des Gesamteigentums?
Bei der Erbengemeinschaft besteht ein jederzeitiger Teilungs- und Aufhebungsanspruch.
Bei den übrigen Gesamthandverhältnissen besteht ein solcher nicht.
20. Nennen Sie die Voraussetzungen für die Entstehung von Miteigentum.
Durch den Erwerb einer Sache durch mehrere zuvor unabhängige Personen.
Das Miteigentumsverhältnis ergibt sich durch Gesetz, Vertrag oder richterliche Anordnung.
Ein Gesellschaftsverhältnis zwischen den Miteigentümern muss nicht vorliegen.
21. Kann an einer Sache Miteigentum bestehen, auch wenn die Beteiligten aufgrund eines bereits bestehenden Gemeinschaftsverhältnisses zusammengeschlossen sind?
Ja, nur bestimmte vom Gesetz resp. von der Rechtsprechung anerkannte Gemeinschaftsverhältnisse kommen als Gesamthandverhältnisse in Frage (nummerus clausus).
Auch bei deren Vorliegen besteht nur eine (widerlegbare) Vermutung zugunsten Gesamteigentums. Diese kann durch den Nachweis des Erwerbs der Sache zu Miteigentum widerlegt werden.
22. Nennen Sie zwei Beispiele von Miteigentumsverhältnissen.
- Stockwerkeigentum
- Vermutung des Miteigentums bei Errungenschaftsbeteiligung (Art. 200 Abs. 2 ZGB)
- Miteigentum an vermischten/verbundenen Sachen (Art. 727 Abs. 1 ZGB)
- Vorrichtungen zur Abgrenzung von Grundstücken (Art. 670 ZGB)
23. Welche Rechtsnormen gelten für Miteigentümer?
- gesetzliche Vorschriften (Art. 646 ff. ZGB)
- Inhalt der vertraglichen Vereinbarung resp. richterlichen Anordnung
24. Beschreiben Sie das Rechtsverhältnis zwischen dem einzelnen Miteigentümer und seinem Anteil.
Der Miteigentumsanteil stellt ein selbstständiges Vermögensobjekt dar. Der (Mit-)Eigentümer kann frei darüber verfügen, ihn verwalten, gebrauchen und nutzen.
25. Kann der Miteigentümer über seinen Antel an der Sache stets frei verfügen?
Nein. bei sogenannten subjektiv-dinglichen oder unselbstständigen Miteigentum ist eine selbständige und freie Verfügung nicht möglich.
26. Erklären Sie den Begriff des subjektiv-dinglichen Miteigentums an einem Grundstück.
Ein Grundstück (Anmerkungsgrundstück) kann mit einem anderen Grundstück derart verknüpft werden, dass der jeweilige Eigentümer des Hauptgrundstücks auch Eigentümer des dazugehörenden Grundstücks ist. Dieses teilt das rechtliche Schicksal des Hauptgrundstücks und kann nicht gesondert veräussert verpfändet oder belastet werden (Art. 655a ZGB).
Das Eigentum am Anmerkungsgrundstück kommt dem jeweiligen Eigentümer des Hauptgrundstücks zu.
27. Beschreiben Sie das Rechtsverhältnis zwischen dem einzelnen Miteigentümer und der ganzen Sache.
Jeder Miteigentümer kann die ganze Sache nutzen und gebrauchen, soweit dies die Rregelung des Miteigentums erlaubt.
Soll die ganze Sache mit beschränkten dinglichen Rechten belastet oder veräussert werden, braucht es grundsätzlich das Einverständnis des Miteigentümers (dispositive Regel). Ebenso braucht es seine Zustimmung für Zweckänderungen der Miteigentümergemeinschaft.
28. Nennen Sie zwei Gründe, die zur Aufhebung des Miteigentums führen.
- Veräusserung der Sache
- freiwillige Aufhebung (Beschluss oder gem. Vertrag)
- auf Verlangen eines Miteigentümers
29. Welche Gründe bewirken eine Beschränkung des Anspruchs des Miteigentümers auf jederzeitige Aufhebung des Miteigentums?
Art. 650 ZGB: Der Grundsatz der jederzeitigen Aufhebungsmöglichkeit des Miteigentums gilt nicht, wenn
- die Sache einem dauernden Zweck dient
- der Aufhebungsanspruch rechtsgeschäftlich ausgeschlossen wurde (max. 50 Jahre)
- Stockwerkeigentum vorliegt
- die Aufhebund zur Unzeit verlangt wird
30. Nennen Sie zwei Möglichkeiten, wie die Teilung des Miteigentums durchgeführt werden kann.
- körperliche Teilung
- Veräusserung an einen Dritten
- Zuteilung an einen/mehrere Miteigentümer
31. Worin unterscheiden sich Gesamt- und Miteigentum?
Gesamteigentum: Personenmehrheit hat gestützt auf ein bestehendes Gemeinschaftsverhältnis (z.B. Gütergemeinschaft, Erbengemeinschaft) eine Sache zu eigentum, ohne dass dem Einzelnen ein bestimmter Anteil an der Sache zukommt. Die Sache betreffende Entecheidungen bedürfen der Einstimmigkeit.
Miteigentum: Eigentümer ist eine Personenmehrheit, ohne Gemeinschaftsverhältnis. Dem Miteigentümer kann alleine über seinen ideeller Anteil verfügen. Verfügungen über die Sache als solche bedürfen hingegen der Mitwirkung aller.
32. Wodurch unterscheidet sich die Gemeinschaft unter den Miteigentümern von jener unter den Gesamteigentümern?
Die Gemeinschaft unter den Miteigentümern
- entsteht erst mit dem Erwerb der gemeinschaftlichen Sache,
- beschränkt sich auf das Eigentum an diser und geht nicht weiter.
- Gegenseitige Rechte und Pflichten bestehen nur im Zusammenhang mit der Sache
- Mit der Aufhebung des Miteigentums geht auch die Miteigentümergemeinschaft unter.
Die Gemeinschaft unter den Gesamteigentümern
- besteht bereits vor dem Erwerb der gemeinschaftlichen Sache und auch ohne diese.
- Gegenseitige Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem konkreten Gesamthandverhältnis.
- Durch Veräusserung der Sache geht das Gesamteigentum an dieser unter, ohne dass die Gemeinschaft aufgelöst wird.
33. Wodurch unterscheidet sich der Anteil an der Sache des Miteigentümers von jener unter des Gesamteigentümers?
- Miteigentumsanteil stellt ein sebstständiges Vermögensobjekt dar / Gesamteigentumsanteil ist eine rein rechnerische Grösse
- Miteigentümer kann über seinen Anteil jederzeit frei verfügen (d.h. veräussern, belasten, verwaalten, gebrauchen und nutzen) / Keine Verfügung über Gesamteigentumsanteil.
- Miteigentumsanteil ist nach aussen erkennbar; bei Grundstücken: für Miteigentumsanteil kann eigenes Grundbuchblatt angelegt werden / nach aussen kein erkennbarer Anteil; erst bei Aufhebung wird der Anteil erkennbar
34. Erklären Sie den Begriff des fiduziarischen Eigentums.
Fiduziarisches Eigentum liegt vor, wenn jemand das alleinige Eigentum an einer Sache übertragen wird, es aber später wieder zurückübertragen werden soll.
35. Worin besteht die Gefahr beim fiduziarischen Eigentum und wie wird ihr begegnet?
Beim fiduziarischen Eigentum wird eine Sache jemandem übergewben, damit er sie vereinbarungsgemäss gebrauch und anschliessend wieder zurückgibt.
Der Treuhänder erlangt grundsätzlich Alleineigentum an der Sache, wodurch diese im Falle seines Konkurses dem ursprünglichen Eigentümer verloren ginge.
Der Gefahr wird dadurch begegnet, dass man in Abweichung vom Prinzip des numerus clausus dinglicher Rechte eine besondere dingliche Stellung des Treuhänders an der Sache annimmt, wie Verwaltungs- und Sicherungstreuhand oder Sicherungszession.
36. Welche Klagemöglichkeiten vermittelt das Eigentumsrecht?
Ausschliessungsmacht:
Eigentumsklage (rei vindicatio) bei ungerechtfertigter Vorenthaltung (ZGB 641 II)
Grundbuchberichtigungsklage bei fehlerhafter GRundbucheintragung (ZGB 975)
Eigentumsfreiheitsklage (actio negatoria) bei ungerechtfertigter Einwirkung auf die Sache (ZGB 641 II)
Selbsthilferecht (ZGB 926 II), Besitzesschutzklage (ZGB 927) und Besitzesrechtsklage (ZGB 934 und 936) bei unmittelbarem Besitz des Eigentümers (ZGB 641)
37. In welchen Situationen ist eine sog. Grundbuchberichtigungsklage angebracht?
Bei dinglichen Rechten an Grundstücken, die zu unrecht eingetregen/nicht eingetragen sind (ZGB 975)
38. In welchen Situationen ist eine sog. Eigentumsklage angebracht?
Bei Entziehung von Sachen, die keine Grundstücke sind (also v.a. bei Fahrnis) ist die Eigentumsklage zu erheben (ZGB 641 II).
39. Beschreiben Sie den Andwendungsbereich der Eigentumsfreiheitsklage.
Mit der Eigentumsfreiheitsklage kann verlangt werden, dass der Störer, seinen ungerechtfertigten Eingriff beseitigt, unterlasse und unter Umständen den ursprünglichen Zustand der Sache wiederherstelle.
40. In welchen Situationen hat die Eigentumsfreiheitsklage des Eigentümers keinen Erfolg?
Die Eigentumsfreihitsklage hat keinen Erfolg, wenn der Beklagte an der strittigen Sache ein dingliches oder ein obligatorisches Recht hat.
Der Dritte kann dem Ersuchen des Eigentümers auf Abwehr aktueller und Unterlassung künftiger Einwirkungen entgegenhalten, dass er aufgrund eines dinglichen (z.B. Fahrwegrecht) oder obligatorischen Rechts (z.B. Mietvertrag) zur Einwirkung auf die Sache berechtigt ist.