Recht
Die einzelnen Vertragsverhältnisse des Obligationenrechts (3)
Die einzelnen Vertragsverhältnisse des Obligationenrechts (3)
Kartei Details
Karten | 99 |
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Lernende | 13 |
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Recht |
Stufe | Andere |
Erstellt / Aktualisiert | 03.04.2015 / 03.06.2025 |
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Nach welchen Merkmalen können Kaufverträge unterschieden werden?
- Gegenstand - Fahrniskauf, Grundstückkauf, Gattungskauf oder Spezieskauf (Stückkauf)
- Liefertermin - Fixkauf oder Mahnkauf
- Zahlungstermin - Barkauf oder Kreditkauf
- Erfüllungsort - Platzkauf oder Distanzkauf
Was ist der Unterschied zwischen einem Fahrniskauf und einem Grundstückkauf?
Fahrniskauf = Der Kaufgegenstand ist eine bewegliche Sache
Grundstückkauf = Der Kaufgegenstand ist eine unbewegliche Sache
Was ist der Unterschied zwischen einem Gattungskauf und einem Spezieskauf?
Gattungskauf = Der Kaufgegenstand ist nach qualitativen und quantitativen Merkmalen bestimmt. D.h. der Verkäufer muss dem Käufer Ware liefern, die über die Gattungsmerkmale verfügt, z.B. 100 kg Kartoffeln Charlotte.
Spezieskauf = Der Kaufgegenstand ist individuell bestimmt. D.h. der Verkäufer muss dem Käufer exakt die Ware liefern, welche die Parteien als Kaufgegenstand bezeichnet haben, z.B. der Audi Quattro, Chassis-Nr. 34987-Z9, Baujahr 2011.
Was ist der Unterschied zwischen einem Fixkauf und einem Mahkauf?
Fixkauf = OR Art. 108 Ziff. 2 und 3 - z.B. Kauf einer Torte für das Hochzeitsfest am Samstag, 01. April
Mahnkauf = OR Art. 107 - z.B. Kauf von 1000 Dosen Thonkonserven, lieferbar Ende nächster Woche
Was ist der Unterschied zwischen Barkauf und Kreditkauf?
Barkauf = Bezahlung vor oder bei der Lieferung (Zug um Zug)
Kreditkauf = Lieferung der Ware gegen Rechnung, zahlbar 30 Tage netto / Kreditkarte
Was ist der Unterschied zwischen Platzkauf und Distanzkauf?
Platzkauf = Käufer und Verkäufer sind am selben Ort. Z.B. Kauf am Stand von Bio-Bauer Mörgeli auf dem Marktplatz in Zofingen.
Distanzkauf = Der Verkäufer muss dem Käufer die Ware zusenden. Z.B. J. Morgenthaler von Zürich kauft bei der Metzgerei Zweifel in St. Gallen 50 Paar St. Galler-Schüblinge.
Was muss der Kaufpreis?
Der Kaufpreis muss nicht ziffernmässig bestimmt sein. Bestimmbarkeit genügt - OR Art. 184 Art. 3. Der Kaufpreis muss in Geld bestehen. Besteht der Kaufpreis nicht in Geld, so handelt es sich nicht um einen Kauf, sondern um einen Tausch.
Was versteht man unter Gefahr?
Unter Gefahr versteht man das Risiko des zufälligen Untergangs oder zufälligen Verschlechterung der Sache in der Zeit zwischen dem Vertragsabschluss und der Lieferung der Sache.
Was versteht man unter Nutzen?
Unter Nutzen versteht man den Anspruch auf die Früchte und Erträgnisse bzw. eine zufällige Wertvermehrung der Sache.
Wo und wie ist im OR der Übergang von Nutzen und Gefahr geregelt?
OR Art. 185 - Der Käufer trägt schon vor der Übergabe der Sache das Risiko für den zufälligen Untergang. Diese stossende Regelung hat zur Folge, dass gemäss OR Art. 119 Abs. 3 der Käufer den vollen Kaufpreis bezahlen muss, obwohl ihm der Verkäufer die Sache überhaupt nicht mehr oder nur noch in minderwertigem Zustand liefern kann.
Wann geht beim Stückkauf Nutzen und Gefahr auf den Käufer über?
Beim Stückkauf geht Nutzen und Gefahr mit Abschluss des Vertrages auf den Käufer über.
Wann geht beim Gattungskauf Nutzen und Gefahr auf den Käufer über?
Beim Gattungskauf geht die Gefahr erst mit der Aussonderung der Ware auf den Käufer über. Muss die Ware an den Käufer versandt werden (Versendungs- oder Schickschuld), so muss die Ware überdies dem Frachtführer oder Spediteur, der Post oder der Bahn zur Versendung übergeben worden sein. Der Gefahrübergang setzt voraus, dass die Ware den Machtbereich des Verkäufers verlassen hat. Der Gefahrübergang findet also nicht statt, wenn der Verkäufer die Ware mit dem eigenen Camion transportiert.
Wann wird der Verkäufer bei der begrenzten Gattungsschuld frei?
Erst wenn der ganze Vorrat untergegangen ist.
Was wird vermutet, wenn die Vertragsparteien Frankolieferung (franko Domizil) vereinbart haben?
Es wird vermutet, der Verkäufer habe die Transportkosten übernommen - OR Art. 189 Abs. 2. Es wird nicht vermutet, der Verkäufer wolle auch die Gefahrtragung übernehmen.
Da die Regelung des Gefahrübergangs nicht zwingender Natur ist, können die Parteien eine abweichende Vereinbarung treffen.
Vertragliche Vereinbarungen sind im internationalen Handelsverkehr, besonders im Überseehandel verbreitet. Dabei spielen die International Commercial Terms (Incoterms) eine wichtige Rolle. Diese wurden...
...von der Internationalen Handelskammer (ICC) in Paris 1936 entwickelt und sind seither mehrfach den Verhältnissen angepasst worden. Seit dem 1. Januar 2011 sind die Incoterms 2010 in Kraft.
Wann werden Incoterms wirksam?
Die Incoterms haben keine Gesetzeskraft. Sie werden nur wirksam, wenn sie zwischen Käufer und Verkäufer im Kaufvertrag vereinbart wurden. Die Incoterms regeln neben dem Gefahrübergang auch die Frage, wer die Transport- und Versicherungskosten zu tragen hat.
EXW Zürich (Ex Works) / Ab Werk Zürich
Der Verkäufer muss dem Käufer die Ware transportgerecht verpackt im Werk in Zürich zur Verfügung stellen. Der Käufer trägt die Kosten und die Gefahr des Abtransports.
FOB (free on board) / Rotterdam (Verschiffungshafen)
Der Verkäufer hat die Ware frei an Bord des Schiffes im Abgangshafen zu liefern. Er trägt auch die Gefahr bis zu diesem Zeitpunkt. Der Käufer trägt alle Kosten und Gefahren, sobald die Ware die Reling des Schiffes überquert hat.
CIF (Cost, Insurance, Freight) / New York (Bestimmungshafen)
Der Verkäufer trägt alle Kosten, einschliesslich Fracht und Vesicherung bis zum Bestimmungshafen. Die Gefahr trägt er aber nur, bis die Ware im Verschiffungshafen die Reling des Schiffes passiert hat.
FAS (Free Alongside Ship) / Rotterdam (Verschiffungshafen)
Der Verkäufer hat die Ware längsseits des Schiffs im Verschiffungshafen Rotterdam auf seine Kosten und Gefahren zu liefern. Der Käufer trägt alle weiteren Kosten und Gefahren, inklusive die Verladekosten.
Wie ist der Kaufvertrag für bewegliche Sachen gültig?
Der Kaufvertrag für bewegliche Sachen ist formlos gültig. Bei wichtigen Verträgen oder im kaufmännischen Verkehr ist jedoch aus Beweis- und Sicherheitsgründen die Schriftform empfehlenswert.
Kostenverteilung - Sofern nichts anderes vereinbart oder üblich ist, werden die Kosten wie folgt verteilt (z.B. beim Versenden von Büchern):
- Der Verkäufer trägt die Kosten des Messens und Wägens - OR Art. 188
- Der Käufer trägt die Verpackungs- und die Transportkosten - OR Art. 189
Welche Verletzungen eines Kaufvertrages sind zu unterscheiden?
Durch den Käufer
- Annahmeverzug OR Art. 90 und 211
- Zahlungsverzug OR Art. 102 ff und 214
Durch den Verkäufer
- Lieferverzug OR Art. 102 ff und 190
- Mangelhafte Lieferung / Schlechterfüllung OR Art. 192 ff und 197 ff
- Nichterfüllung OR Art. 97
Das Kaufrecht enthält keine besonderen Regeln über den Annahmeverzug. OR Art. 211 bestimmt lediglich, dass der Käufer die vertragsgemäss angebotene Sache annehmen muss. Verweigert der Käufer die Annahme der korrekt angebotenen Ware, muss der Verkäufer...
...nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils des Obligationenrechts - OR Art. 91 ff. vorgehen. D.h. der Verkäufer kann sich von seiner vertraglichen Leistungspflicht befreien, indem er die Ware in einem Lagerhaus auf Gefahr und Kosten des Käufers einlagert. Falls die Ware schnell verdirbt oder hohe Einlagerungskosten verursacht, kann er vom Richter einen sofortigen Verkauf (Selbsthilfeverkauf) anordnen lassen. Für den aus dem Annahmeverzug erlittenen Schaden (z.B. Mindererlös) kann der Verkäufer vom Käufer Schadenersatz fordern.
Welche Fälle regelt der Schuldnerverzug?
Der Schuldnerverzug regelt die Fälle, in denen der Schuldner seine Schuldpflicht in zeitlicher Hinsicht nicht richtig erfüllt und ist im Allgemeinen Teil des Obligationenrechts geregelt - OR Art. 102. Diese Bestimmung regelt nicht nur den Eintritt des Verzugs bei Geldzahlungen (Zahlungsverzug), sondern auch bei nicht rechtzeitig ausgeführten Arbeitsleistungen und Warenlieferungen (Lieferverzug) etc.
Was ist eine Mahnung?
Eine Mahnung ist die unmissverständliche Aufforderung des Gläubigers an den Schuldner, er solle die geschuldete Leistung erbringen. Eine Mahnung liegt nicht nur dann vor, wenn der Gläubiger sie als solche bezeichnet, sondern immer dann, wenn der Schuldner aus dem Verhalen des Gläubigers schliessen kann, dass er von ihm die Leistung fordert. (Die Zustellung eines Zahlungsbefehls gilt als Mahnung)
Wurde ein bestimmter Verfalltag vereinbart oder eine Kündigung auf einen bestimmten Termin ausgesprochen,...
...ist für die Inverzugsetzung des Schuldners keine Mahnung notwendig. Der Verfalltag muss kalendarisch genau bestimmt oder bestimmbar sein. Der Schuldner kommt mit Ablauf dieses Tages automatisch in Verzug - OR Art. 102 Abs. 2
Der Zahlungsverzug ist eine Form des Schuldnerverzugs. Deshalb muss der Verkäufer den Käufer grundsätzlich durch...
...Mahnung in Verzug setzen, wenn die Kaufpreisforderung fällig ist - OR Art. 102 Abs. 1. Eine Mahnung ist dann nicht erforderlich, wenn ein bestimmter Verfalltag verabredet worden ist - OR Art. 102 Abs. 2, z.B. Der Kaufpreis ist am 15. Juli fällig.
Was schuldet der Käufer mit Eintritt des Verzugs?
Einen gesetzlichen Verzugszins von 5% - OR Art. 104. Einen höheren Verzugszins kann der Verkäufer nur fordern, wenn das vertraglich vereinbart worden ist. Unter Kaufleuten, d.h. wenn die Vertragsparteien im Handelsregister eingetragen sind, kann gemäss OR Art. 104 Abs. 3 unter Umständen ein höherer gesetzlicher Verzugszins gefordert werden.
Ergänzend zu den allgemeinen Vorschriften des Obligationenrechts über den Schuldnerverzug - OR Art. 102 ff - enthält das Kaufrecht spezielle Regelungen zum Zahlungsverzug des Käufers. Gemäss OR Art. 214 hat der Verkäufer zusätzlich das Recht, ...
...vom Vertrag zurückzutreten und die Ware in guten Treuen weiterzuverkaufen. Erzielt er dabei einen geringeren Verkaufspreis, kann er die Preisdifferenz als Schaden geltend machen - OR Art. 215. Dieses Rücktrittsrecht steht dem Verkäufer jedoch vorbehaltlos nur beim Bar- oder Vorauszahlungskauf zu.
Zahlungsverzug beim Bar- und Vorauszahlungskauf: Ist die verkaufte Sache gegen Vorauszahlung oder Zug um Zug zu übergeben, und befindet sich der Käufer mit der Zahlung des Kaufpreises in Verzug,...
... hat der Verkäufer das Recht, ohne weiteres vom Vertrag zurückzutreten. Die Ansetzung einer Nachfrist im Sinne von OR Art. 107 ist nicht erforderlich. Will der Verkäufer jedoch von diesem Rücktrittsrecht Gebrauch machen, muss er es dem Käufer sofort mitteilen - OR Art. 214 Abs. 1 und 2, andernfalls muss er dem Käufer eine Nachfrist zur Zahlung ansetzen.
Zahlungsverzug beim Kreditkauf: Hat der Verkäufer die Ware gegen Rechnung geliefert, kann er nur den Verzugszins fordern. Die Ware zurückfordern...
...kann er nicht, weil diese bei der Übergabe ins Eigentum des Käufers übergegangen ist - ZGB Art. 714 Abs. 1. Das gilt dann nicht, wenn sich der Verkäufer bei Vertragsabschluss das Recht ausdrücklich vorbehalten hat, die Ware beim Verzug des Käufers zurückzufordern, d.h. vom Vertrag zurückzutreten - OR Art. 214 Abs. 3.
Ein Eigentumsvorbehalt gilt als ausdrücklicher Rücktrittsvorbehalt, unabhängig davon, ob er ins Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen wurde oder nicht. Wurde der Eigentumsvorbehalt nicht ins Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen, ...
...gilt er nur zwischen den Parteien (=obligatorisch Wirkung) und kann Dritten nicht entgegengehalten werden (=keine dringliche Wirkung).
Was geschieht mit dem Eigentumsvorbehalt, wenn über den Käufer vor der Bezahlung des Kaufpreises der Konkurs eröffnet wird?
Der Eigentumsvorbehalt, der nicht ins Register eingetragen wurde, verliert seine Wirkung auch zwischen Käufer und Verkäufer. Denn gemäss SchKG Art. 212 kann ein Verkäufer nach der Konkurseröffnung nicht mehr vom Vertrag zurücktreten und die Sache zurückfordern, selbst wenn er sich dieses Recht ausdrücklich vorbehalten hat.
Will der Verkäufer beim Kreditkauf sicherstellen, die noch nicht bezahlte Ware auch nach der Konkurseröffnung über den Käufer als sein Eigentum herausverlangen zu können, muss er...
...den Eigentumsvorbehalt ins Eigentumsvorbehaltsregister eintragen lassen.
Hat der Verkäufer dem Käufer die Ware übergeben, ohne einen Eigentumsvorbehalt zu vereinbaren oder sich das Rücktrittsrecht ausdrücklich vorzubehalten, kann er beim Zahlungsverzug des Käufers...
...nicht vom Vertrag zurücktreten und die gelieferte Ware zurückverlangen. Ihm bleibt einzig, gemäss den allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts - OR Art. 102 ff - Verzugszins zu fordern.
Der Lieferungsverzug: Wie der Zahlungsverzug des Käufers, ist auch der Lieferungsverzug des Verkäufers eine Form des Schuldnerverzugs im Sinne von OR Art. 102 ff (=der Verkäufer schuldet dem Käufer den Kaufgegenstand). Das bedeutet, enthält das Kaufrecht keine Sondervorschriften zum Lieferverzug, kommen...
...die Vorschriften des Allgemeinen Teils über den Schuldnerverzug zur Anwendung.
Wann liegt kaufmännischer Verkehr vor?
Wenn die Ware nicht für den Eigengebrauch, sondern - für den Verkäufer erkennbar - zum Weiterverkauf bestimmt ist (=Handelskauf). Damit ist nicht notwendig der Verkehr unter Kaufleuten gemeint.
Das Kaufrecht - OR Art. 184 ff. - enthält nur eine Sonderbestimmung für den Fall des Lieferungsverzugs. Diese Sonderbestimmung gilt auch nur...
...für den kaufmännischen Verkehr.
Wurde im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Liefertermin (=Verfalltag) vereinbart, und kommt der Verkäufer in Verzug, stellt OR Art. 190 Abs. 1 folgende zwei Vermutungen auf:
- der Verfalltag habe die Bedeutung eines Fixgeschäftes im Sinne von OR Art. 108 Ziff. 3 (d.h. der Käufer kann seine Wahlerklärung mit Eintritt des Verzugs abgeben, ohne eine Nachfrist ansetzen zu müssen.)
- der Käufer verzichte auf die nachträgliche Lieferung und beanspruche Schadenersatz wegen Nichterfüllung (=positives Vertragsinteresse)