Recht
Allgemeine Rechtslehre (1)
Allgemeine Rechtslehre (1)
Kartei Details
Karten | 83 |
---|---|
Lernende | 16 |
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Recht |
Stufe | Andere |
Erstellt / Aktualisiert | 01.04.2015 / 22.05.2025 |
Weblink |
https://card2brain.ch/box/recht110
|
Einbinden |
<iframe src="https://card2brain.ch/box/recht110/embed" width="780" height="150" scrolling="no" frameborder="0"></iframe>
|
Das Gericht klärt aber auch nicht von Amtes wegen ab, ob der von den Parteien behauptete Sachverhalt der Wahrheit entspricht. Sind sich die Prozessparteien einig, können sie dem Gericht...
...für den Prozessausgang wesentliche Tatsachen vorenthalten. Das Gericht berücksichtigt von sich aus einzig notorische Tatsachen, d.h. jedermann bekannte Tatsachen. Zusätzlich kann das Gericht von Amtes wegen Beweis erheben, wenn an der Richtigkeit einer unbestrittenen Tatsache erhebliche Zweifel bestehen.
Ist in einem Rechtsstreit, der zu beurteilende Sachverhalt umstritten, muss das Gericht...
...durch Beweise von der Richtigkeit des behaupteten Sachverhalts überzeugt werden. ZGB Art. 8 legt fest, welche Partei die Beweislast trägt und die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen hat.
Zur Regel von ZGB Art. 8 gibt es verschiedene Ausnahmen. OR Art. 97 kehrt z. B. die Beweislast um:
Kann beispielsweise ein Vertrag wegen des Verschuldens des Schuldners nicht erfüllt werden, so wird der Schuldner gemäss OR Art. 97 ersatzpflichtig, sofern er nicht beweist, dass ihn kein Verschulden trifft. Es muss also nicht der Gläubiger, der etwas vom Schuldner will, dessen Verschulden beweisen.
Nicht selten unterliegt eine Partei in einem Prozess nicht deshalb, weil...
sie nicht im Recht ist, sondern weil sie nicht in der Lage ist, die notwendigen Beweise zu erbringen, die ihre Behauptungen untermauern. Recht haben und Recht bekommen ist nicht dasselbe.
Was wird als Rechtsfähigkeit bezeichnet?
Die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. ZGB Art. 11 - Rechtsfähig ist jedermann
Die Rechtsordnung unterscheidet zwei Arten von Rechtssubjekten:
natürliche und juristische (vom Gesetz geschaffene Rechtssubjekte) Personen
Wann erlangt eine natürliche Person ihre Rechtspersönlichkeit?
Mit dem Leben nach der vollendeten Geburt - ZGB Art. 31 Abs. 1
Liegt eine Todgeburt vor, war das Kind zu keinem Zeitpunkt rechtsfähig.
Wann endet bei einer natürlichen Person die Rechtspersönlichkeit?
Mit dem Tod. Für den Todeszeitpunkt massgeblich ist der Hirntod, d.h. ein irreversibler Funktionsausfall des Gehirns.
Was sind juristische Personen?
Körperschaftlich organisierte Personenverbindungen (AG, GmbH, Genossenschaften, Vereine) und die einem besonderen Zweck gewidmeten selbständigen Anstalten, denen das Gesetz eine eigene Rechtspersönlichkeit zuerkennt - ZGB Art. 52 sowie Stifungen - ZGB Art. 80 ff.
Welcher Rechte und Pflichten sind juristische Personen fähig?
Aller Rechte und Pflichten, die nicht die natürliche Eigenschaft des Menschen als Voraussetzung haben - ZGB Art. 53 (z.B. nicht heiraten, aber erben).
Wann erlangen die juristischen Personen die Rechtspersönlichkeit?
in der Regel mit dem Eintrag ins Handelsregister. (=Konstitutivwirkung des Registereintrags) Das gilt z.B. für die AG, die GmbH und die Genossenschaft
Wann endet die Rechtspersönlichkeit einer juristischen Person?
Mit der Löschung des Eintrags im Handelsregister
ZGB Art. 641a Tiere sind keine Sache, ändert an der Unterscheidung zwischen Personen und Sachen nichts. Das Tier wird lediglich als lebendes und fühlendes Mitgeschöpf gesetzlich anerkannt, ohne dass dadurch aber eine neue rechtliche Kategorie für Tiere geschaffen worden wäre. Tiere werden nach wie vor als...
Rechtsobjekt betrachtet, die keine Rechtsfähigkeit haben. Tiere werden gemäss ZGB Art. 641a Abs. 2 auch weiterhin als Sachen behandelt, sofern keine Sondernormen bestehen.
Eine Sondernorm ist z.B. OR Art. 42 Abs. 3 Danach können bei Tieren, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden, ...
...die Heilungskosten auch dann angemessen als Schaden geltend gemacht werden, wenn sie den Wert des Tieres übersteigen.
Was bezeichnet das Gesetz als Handlungsfähigkeit?
Die Fähigkeit, durch eigenes Handeln Rechte und Pflichten zu begründen - ZGB Art. 12. Die Handlungsfähigkeit wie auch die Rechtsfähigkeit ist nicht im OR, sondern im 1. Teil des ZGB, dem Personenrecht, geregelt.
Wer besitzt die volle Handlungsfähigkeit?
Wer volljährig und urteilsfähig ist - ZGB Art. 13
Wann ist man Volljährig?
Volljährig ist, wer das 18. Lebensjahr zurückgelegt hat - ZGB Art. 14.
Wer ist urteilsfähig?
Urteilsfähig im Sinne des Gesetzes ist jede Person, der nicht wegen ihres Kindesalters, infolge geistiger Behinderung, psychischer Störung, Rausch oder ähnlicher Zustände (Schockzustand) die Fähigkeit mangelt, vernunftgemäss zu handeln - ZGB Art. 16. Muss den Sinn, die Beweggründe und die Folgen seines Verhaltens richtig verstehen können (=Verstandesaspekt).
Wer ist handlungsunfähig?
Personen, die nicht urteilsfähig oder minderjährig sind, oder unter umfassender Beistandschaft stehen, sind handlungsunfähig - ZGB Art. 14
Ob ein Mensch urteilsfähig ist oder nicht, kann nicht abstrakt ein für alle Mal festgelegt werden, sondern ist immer bezogen auf eine konkrete Handlung zu beurteilen. Die Person muss im Zeitpunkt der Abgabe ihrer Willenserklärung in der Lage sein, ...
...die Bedeutung und die Tragweite eines konkreten Geschäfts zu verstehen. (Ab ca. 12 Jahren je nach Fall)
Die Fähigkeit muss gegeben sein, entsprechend den gewonnenen Erkenntnissen und nach freiem Willen zu handeln (=Willensaspekt).
Wann fehlt die Urteilsfähigkeit vorübergehend?
Wenn das Bewusstsein getrübt ist durch Alkohol oder Drogen, Hypnose, Narkose, Fieberdelirium, hochgradige Aufregung oder ähnliche Zustände.
Wann fehlt die Urteilsfähigkeit ständig?
Bei geistiger Behinderung kann die Urteilsfähigkeit ständig fehlen, wobei eine Person - je nach schwere der Behinderung - für ein bestimmtes Geschäft durchaus urteilsfähig sein kann.
Muss die Urteilsfähigkeit für den Dritten erkennbar sein?
Nein - Die Vorschriften über die Handlungsfähigkeit wollen den Handlungsunfähigen und nicht den Dritten schützen.
Je nachdem, ob einer natürlichen Person die Volljährigkeit oder die Urteilsfähigkeit fehlt, treten andere Rechtsfolgen ein. Fehlt die Urteilsfähigkeit, ist...
...völlige Handlungsunfähigkeit die Folge (minderjährige sowie volljährige Personen).
Bei völliger Handlungsunfähigkeit ist die Person nicht:
- Sie ist nicht geschäftsfähig. Die urteilsunfähige Person kann keine Rechtsgeschäfte abschliessen. Ein von ihr abgeschlossenes Rechtsgeschäft ist nichtig - ZGB Art. 18.
- Sie ist nicht deliktsfähig. Die urteilsunfähige Person wird für ihr Handeln nicht schadenersatzpflichtig, weil sie nicht schuldhaft handeln kann - ZGB Art. 19 Abs. 3. Ausnahme OR Art. 54
OR Art. 54
- Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Schadenersatz verurteilen.
- Wer vorübergehend die Urteilsfähigkeit verloren und in diesem Zustand Schaden angerichtet hat, ist ersatzpflichtig, wenn er nicht nachweist, dass dieser Zustand ohne sein Verschulden eingetreten ist.
Kann eine Person, die Urteilsunfähig ist, Partei eines Rechtsgeschäfts sein?
Sie kann zwar nicht selbständig handeln; es ist aber möglich, dass sie durch einen Vertreter Rechte und Pflichten erlangt - ZGB Art. 19c Abs. 2. So sind die Eltern oder der Beistand von Gesetzes wegen berechtigt, im Namen ihrer urteilsunfähigen Kinder bzw. einer urteilsunfähigen Person unter umfassender Beistandschaft zu handeln.
Wann ist ein stellvertretendes Handeln von Gesetzes wegen ausgeschlossen?
Bei der Ausübung absolut höchstpersönlicher Rechte - ZGB Art. 19c Abs. 2. Dabei handelt es sich um Rechte, die mit einer Person so eng verbunden sind, dass eine Entscheidung durch eine andere Person als undenkbar erscheint. Es ist z.B. ausgeschlossen, dass der gesetzliche Vertreter an Stelle der urteilsunfähigen Person in deren Namen ein Testament errichtet oder die Ehe eingeht.
Bei welchen Rechten, kann der gesetzliche Vertreter im Namen und mit Wirkung für die urteilsunfähige Person handeln?
Bei weniger eng mit einer Person verbundenen Rechten, den sog. relativ höchstpersönlichen Rechten, ist eine Stellvertretung möglich.
Wer ist beschränkt Handlungsunfähig?
Urteilsfähige minderjährige Person (z.B. 17-jährige Lehrtochter) oder Urteilsfähige Person unter umfassender Beistandschaft. Diese Personen sind zwar handlungsunfähig. Ihre Handlungsunfähigkeit ist aber beschränkt, denn mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters können sie Rechtsgeschäfte abschliessen - ZGB Art. 19, 305
Wie kann die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (Eltern oder Vormund) erfolgen?
Die Zustimmung kann im Voraus (=Ermächtigung) oder erst nachträglich (=Genehmigung) erteilt werden. Die Zustimmung kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen - ZGB Art. 19a Abs. 1. Das Rechtsgeschäft befindet sich in der Schwebe bis zur Genehmigung oder Ablehnung.
Rechtsgeschäft mit und ohne Genehmigung:
Mit Genehmigung: Das Rechtsgeschäft, z.B. ein Vertrag, ist voll gültig und muss von der handlungsunfähigen Person erfüllt werden. Ohne Genehmigung: Das Rechtsgeschäft ist nicht zustande gekommen. Ist z.B. ein Vertrag bereits erfüllt worden, müssen die erbrachten Leistungen nach den Regeln von ZGB Art. 19b zurückerstattet werden.
Bei welchen Rechtsgeschäften benötigen beschränkte handlungsunfähige Personen keine Genehmigung des gesetzlichen Vertreters, um Rechtsgeschäfte rechtswirksam abschliessen zu können? (In diesen Bereichen sind sie voll handlungsfähig (geschäftsfähig) ).
- In Bezug auf Geschäfte, die ihnen einen unentgeltlichen Vorteil bringen - ZGB Art. 19 Abs. 2 (Schenkung)
- In Bezug auf Geschäfte, die der Besorgung geringfügiger Angelegenheiten des täglichen Lebens dienen
- In Bezug auf höchstpersönliche Rechte
Welche Ausnahmen gelten zusätzlich für urteilsfähige Minderjährige?
- Über den Lohn, den eine minderjährige Person durch eigene Arbeit erworben hat, kann sie frei verfügen - ZGB Art. 323. Das Gleiche gilt für Geschäfte im Rahmen einer selbständigen Berufsausübung, sofern der gesetzliche Vertreter dem Kind dafür Vermögen überlassen hat.
- Über das Vermögen, das Minderjährige von ihren Eltern oder von Dritten zur freien Verfügung erhalten haben (Taschengeld), können sie ebenfalls frei verfügen - ZGB Art. 321 und 322.
Gilt die Regelung, frei verfügen über den Lohn auch bei umfassender Beistandschaft?
Nein, weil sie keinen Sinn macht. Die umfassende Beistandschaft soll nur bei dauernd urteilsunfähigen Personen angeordnet werden. Als Urteilsunfähige sind sie aber gar nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen oder mit freiem Vermögen Rechtsgeschäfte abzuschliessen.
Vertretungs- und Mitwirkungsbeistandschaft:
Personen mit einer Vertretungs- und Mitwirkungsbeistandschaft sind grundsätzlich handlungsfähig. Für bestimmte Geschäfte benötigen sie die Mitwirkung eines Beistandes; ihre Handlungsfähigkeit ist beschränkt. (Entzug der Handlungsfähigkeit in Teilbereichen).
Unter welchem Leitsatz steht das Erwachsenenschutzrecht?
So viel staatliche Fürsorge wie nötig, so wenig staatlicher Eingriff wie möglich. Um dieses Ziel zu erreichen, stehen der Erwachsenenschutzbehörde die Vertretungs- und Mitwirkungsbeistandschaft zur Verfügung.
Was kann bei der Vertretungsbeistandschaft die Erwachsenenschutzbehörde machen?
Sie kann die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person einschränken und ihr die Fähigkeit entziehen, gewisse Rechtsgeschäfte selber zu tätigen - ZGB Art. 394 Abs. 2. Die Behörde hat die Aufgabenbereiche, die der Beistand als Vertreter im Namen und auf Rechnung der betroffenen Person zu besorgen hat, so zu umschreiben, dass nicht Geschäfte erfasst werden, welche die betroffene Person selber besorgen könnte - ZGB Art. 391 (Kann mit einer Vermögensverwaltung kombiniert werden - ZGB Art. 395).
Bei der Mitwirkungsbeistandschaft ZGB Art. 396 kann die betroffene Person nur mit Zustimmung des Beistandes gewisse Geschäfte tätigen. Welche Geschäfte das sind, muss...
...von der Erwachsenenschutzbehörde genau bestimmt werden. Der Beistand ist nicht Vertreter der betroffenen Person, weil diese selber handeln muss. Der Beistand muss das von der betroffenen Person abgeschlossene Geschäft einfach vorgängig oder nachträglich ausdrücklich oder stillschweigend genehmigen. Weil die betroffene Person selber handeln muss, ist die Mitwirkungsbestandschaft nur möglich, bei Geschäften, für welche die betroffene Person urteilsfähig ist.
Weshalb führt auch der Eheschluss zu Beschränkungen der Handlungsfähigkeit in einzelnen Teilbereichen?
Weil ein Ehegatte ein bestimmtes Rechtsgeschäft nur abschliessen kann, wenn der andere Ehegatte dem Geschäft zustimmt. Z. B. ZGB Art. 169 oder OR Art. 494