Personenrecht 2 - Der Persönlichkeitsschutz

Bieri/Morand/Müller/Perren, Übungsbuch Personenrecht und Einleitungsartikel, 2. Aufl., Orell Füssli, Zürich 2015 Allgemeines, interner Schutz nach ZGB 27, externer Schutz nach ZGB 28, Klagemöglichkeiten, Gegendarstellungsrecht, vorsorgliche Massnahmen

Bieri/Morand/Müller/Perren, Übungsbuch Personenrecht und Einleitungsartikel, 2. Aufl., Orell Füssli, Zürich 2015 Allgemeines, interner Schutz nach ZGB 27, externer Schutz nach ZGB 28, Klagemöglichkeiten, Gegendarstellungsrecht, vorsorgliche Massnahmen


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Catégorie Droit
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Crée / Actualisé 22.01.2016 / 01.06.2025
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41. Trifft es zu, dass die Beseitigungsklage praktisch die häufigste Klage des Persönlichkeitsschutzes ist? 

Nein, sie sind eher selten.

Der Grund ist, dass die drohende Verletzung oft rechtzeitig erkannt und durch eine Unterlassungsklage verhindert wird. Die Beseitigungsklage hat eine gewisse Bedeutung im Zusammenhang mit persönlichkeitsverletzenden Druckerzeugnissen.

42. Worauf richtet sich eine Feststellungsklage und was setzt sie voraus?

Gerichtliche Feststellung, dass ein bestimmtes Verhalten (eines Dritten) die Persönlichkeitsrechte des Klägers verletzt

Eine Vollstreckung ist nicht notwendig, der gesetzliche Anspruch erschöpft sich im Urteil

Verhalten muss aktuell störend sein.

43. In welchem Verhältnis stehen Feststellungsklage (ZGB 28a I 3) zu Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch (ZGB 28a I 1 & 2)

umstritten; h.L. nimmt Subsidiarität des Feststellungsanspruch an.

A.M.: Hausheer/Aebi-Müller nimmt Alternativität an

44. Was ist das Ziel von ZGB 28b?

Konkretisierung der in ZGB 28a I vorgesehenen Klagen wegen Gewalt, Drohung und Nachstellung (häusliche Gewalt/Stalking).

Die Grundsätze, welche für ZGB 28a entwickelt wurden gelten deshalb auch für ZGB 28b.

45. Welche Massnahmen kann ein Opfer von Stalking/häuslicher Gewalt nach ZGB 28b verlangen?

nicht abschliessend:

  • Annäherungsverbot
  • Ortsverbot (Rayon)
  • Kontaktverbot
  • Wohnungsausweisung
  • Einschaltung der Kriseninterventionsstelle

46. Unter welchen Voraussetzungen kann ein durch eine Persönlichkeitsverletzung verursachter Schaden geltend gemacht werden?

ZGB 28a III i.V.m. OR 41 I:

  • Schaden (Differenztheorie)
  • Widerrechtlichkeit (Persönlichkeitsverletzung)
  • Kausalzusammenhang (natürlich & adäquat)
  • Verschulden

47. Wie kann immaterieller Schaden (seelische Unbill) geltend gemacht werden?

mittels Klage nach ZGB 28a III i.V.m. OR 47 (bei Körperverletzung) oder OR 49 (Verletzung der Privatssphäre) auf Genugtuung.

48. Wann berechtigt eine erlittene seelische Unbill zu einer Genugtuung?

Der vom Verletzten empfundene seelische Schmerz muss eine gewisse Intensität haben. Diese muss das Mass überschreiten, welches nach der heutigen Auffassung von den Teilnehmern des Rechtsverkehrs entschädigungslos ertragen werden kann.

Die Genugtuung muss sich objektiv (für jeden schlimm) und subjektiv (für Verletzten schlimm) rechtfertigen.

49. A wirbt mit dem Foto des Sportlers B - ohne dessen Zustimmung - für sein Produkt. Was kann B tun?

Das Recht am eigenen Bild ist verletzt. Es steht zur Verfügung:

  • Unterlassungsanspruch (Verletzung/Wiederholung droht; ZGB 28a I 1)
  • Beseitigungsanspruch (Verletzung hält an; ZGB 28a I 2)
  • Gewinnherausgabeanspruch (ZGB 28a III i.V.m. OR 423)
  • (Feststellungsanspruch; ZGB 28a I 3)
  • (Schadenersatzanspruch; ZGB 28a III i.V.m. OR 41 I)
  • (Genugtuungsanspruch; ZGB 28a III i.V.m. OR 49 I)

50. Wodurch unterscheiden sich Urteilspublikation und Gegendarstellung?

bei der Urteilspublikation wird der Behauptung die gerichtlich festgestellte Wahrheit gegenübergestellt (Wahrheit vs. Behauptung)

bei der Gegendarstellung wird dem Kläger erlaubt seine eigene Darstellung den Behauptungen entgegenzustellen (Behauptung vs. Behauptung).

51. Welches Gericht ist örtlich für die Klage wegen Persönlichkeitsverletzung zuständig?

  • nationaler Sachverhalt: Wohnsitz/Sitz einer Partei (ZPO 20 a) oder Gerichtsstandsvereinbarung
  • internationaler SV: 
    • LugÜ: Wohnsitz/Sitz des Beklagten oder Ort des Eintritts des schädigenden Ereignisses
    • IPRG: Wohnsitz/Sitz des Beklagten und subsidiär Handlungs-/Erfolgsort (IPRG 33 II i.V.m. IPRG 129 ff.)

52. Wie ist die Zuständigkeit bei Persönlichkeitsverletzungen im internationalen Kontext geregelt?

LugÜ (unerlaubte Handlung):

  • Gericht am Wohnsitz/Sitz des Beklagten (LugÜ 2 Abs. 1)
  • Gericht am Ort des Schädigungseintritts (LugÜ 5 Abs. 3)

IPRG (IPRG 33 Abs. 2 i.V.m. IPRG 129 ff.):

Gericht am Wohnsitz des Beklagten

  • subsidiär Gericht am Handlungs- oder Erfolgsort

53. Umschreiben Sie die ration legis des Gegendarstellungsrechts.

Eine einzelne Person, welche sich durch ein Statement in den Medien in ihrer Persönlichkeit berührt fühlt, befindet sich in einer eher schwachen Ausgangsposition. Das Gegendarstellungsrecht versucht, die ungleiche Position auszugleichen.

Der Betroffene soll, ohne langes Gerichtsverfahren, dem in den Medien Geäusserten seine eigene Sachverhaltsdarstellung gegenüberstellen.

54. Was sind die Voraussetzungen des Gegendarstellungsrechts?

Jede Person, ide in periodisch erscheinenden Medien in ihrer Persönlichkeit unmittelbar betroffen wird, kann einen Gegendarstellungsanspruch stellen, d.h. ihre eigene Sicht der Ereignisse darlegen und auf gleichem Weg unentgeltlich verbreiten.

55. Umschreiben Sie die Begriffe Medium und Periodizität.

Medium i.S.v. ZGB 28g Abs. 1:

Informationsistrument, das sich an die Öffentlichkeit richtet oder aber der Öffentlichkeit zugägnlich ist.

Periodiziät:

Das Medium erscheint in regelmässigen Abständen. Wie gross die Abstände sind, ist grundsätzlich nicht von Bedeutung. In Betracht kommen insb.

56. Was ist Sinn und Zweck des Gegendarstellungsrechts?

Das identische Publikum soll auf demselben Weg mit der eigenen Sachverhaltsdarstellung erreicht werden.

57. Wie ist der Begriff der Tatsachenbehauptung zu definieren?

Äusserungen, die konkrete, nach Raum und Zeit bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörende Geschehnisse oser Zustände des Aussenwelt oder des menschlichen Seelenlebens betreffen.

Sie müssen objektiv und am Wahrheitsgehalt messbar sein.

z.B. A hat gestern bei sich zu Hause beim Spielen geschummelt. B hat sich in den letzten Jahren wiederholt des Diebstahls schuldig gemacht.

Wird eine Tatsachenbehauptung mit einer Wertung verbunden (sog. gemischtes Werturteil), besteht ein Anspruch auf Gegendarstellung nur, mit Bezug auf die dem Werturteil zugrunde liegende Tatsachendarstellung (vgl. BGE 127 III 481).

z.B. C hat nach der 3:0 Niederlage geweint (Tatsachenbehauptung), was ihn als Captain untragbar macht (Wertung).

58. Was ist ein Werturteil?

Meinugsäusserungen eines Menschen, die dessen oder Empfinden entstammen.

z.B. Erbeeren schmecken (mir) nicht.

59. Inwiefern ist die Form der Tatsachenbehauptung von Bedeutung?

Die Form ist unbeachtlich. Es ist egal, ob sich die Behauptung im Reklameteil oder dem Feuilleton einer Zeitung befindet.

60. Wer kann einen Anspruch auf Gegendarstellung geltend machen?

Jeder, den die Information unmittelbar/direkt

  • in einem ungünstigen Licht erscheinen lässt (Ehre) oder
  • in anderer Weise in seinen Persönlichkeitsgüter betrifft

Es muss zudem eine direkte Individualisierung des Einzelnen vorliegen (Arzt X), eine pauschale Formulierung (alle Ärzte, Zürcher Ärzt) begründet keinen Anspruch auf Gegendarstellung.

Nicht gefordert: Persönlichkeitsverletzung, Widerrechtlichkeit, Verschluden

61. Inwiefern spielt die Widerrechtlichkeit als Voraussetzung eines Anspruchs auf Gegendarstelltung eine Rolle?

Widerrechtlichkeit spielt keine Rolle.

Aus praktischen Gründen sollte eine zeitaufwendige Auseinandersetzung darüber, ob eine Medienmitteilung wahr oder falsch ist, vermieden werden.

62. Gibt es Bereiche, in welchen das Recht auf Gegendarstellung entfällt?

  • Offensichtlicher Rechtsmissbrauch, z.B. Zeitung gibt Möglichkeit zur Stellungnahme vor Publikation
  • Wahrheitsgetreue Berichterstattung über eine öffentliche Verhandlung einer Behörde (ZGB 28g Abs. 2). 

Entscheidend ist, dass der Betroffene bereits Gelegenheit zur Stellungnahme hatte.

 

63. Was hat der Verfasser einer Gegendarstellung betreffend Form und Inhalt zu beachten?

  • präzise abzufassen
  • auf das Wesentliche beschränkt.
  • in der gleichen Sprache wie der Ursprungstext
  • erkennbar, dass es sich um eine Gegendarstellung handelt.

Grundsatz "Tatsache gegen Tatsache": Die im Gegendarstellungstext enthaltenen Tatsachen müssen in direktem Zusammenhang mit denjenigen des Ausgangstextes stehen.

Eine offensichtlich unrichtige, widerrechtliche oder unsittliche Gegendarstellung darf zurückgewiesen werden.

64. Welche Fristen sind vom Betroffenen (zur Gegendarstellung Berechtiger) zu beachten?

Verwirkungsfristen ZGB 28i Abs. 1:

  • innert 20 Tagen nach Kenntnis der Veröffentlichung eingeschickt
  • nach 3 Monaten seit Erscheinen verwirkt

65. Warum sollte ein Gegedarstellungstext immer so schnell wie möglich dem Medienunternehmen vorgelegt werden?

nur der gesetzteskonforme Gegendarstellungstext ist fristwahrend, wird er ein erstes Mal (zu Recht) zurückgewiesen, ist das Gegendarstellungsrecht unter Umständen verwirkt.

66. Auf welche Weise und innert welcher Frist muss das Medienunternehmen reagieren?

  • annehmen
  • ablehnen (schriftlich begründet)
  • Vorbehalte anbringen (schriftlich begründet)

Frist: unverzüglich (i.d.R. innert 3 Arbeitstagen)

67. Wann und wo soll der Gegendarstellungstext veröffentlicht werden?

ZGB 28k Abs. 1:

  • sobald als möglich
  • Platzierung wie Ausgangstext (Titelseite, wenn Ursprungstext auf Titelseite war);
  • je auffälliger der erste Texte, umso auffälliger muss auch die Gegendarstellung publiziert werden (BGE 123 III 145 E. 2).

68. Was verstht man under dem Begriff Redaktionsschwanz, und ist ein solcher zulässig?

Redaktionsschwanz: Ein Kommentar oder Replik zum Gegendarstellungstext.

unmittelbar an den Gegendarstellungstext darf das Medienunternehmen nur anfügen, ob es an der eigenen Tatsachenbehauptung festhält oder nicht.

69. Wer kommt für die Kosten der Gegendarstellung auf?

ZGB 28k Abs. 3: für den Betroffenen kostenfrei, d.h. das Medienunternehmen trägt die Kosten

Ansonsten würde das Recht ev. unterlaufen

70. In welchen Fällen (mit Bezug auf das Gegendarstellungsrecht) kann das Gericht angerufen werden?

ZGB 28l Abs. 1

  • Verhinderung der Ausübung des Gegendarstellungsrechts (geringe praktische Bedeutung)
  • Veröffentlichung wird abgelehnt
  • inkorrekte Veröffentlichung (Änderung des Textes, unzulässiger Redaktionsschwanz; vgl. BGE 119 II 104 E. 5b)

71. Welche Verfahrensart sieht das Gericht für Streitigkeiten, die das Gegendarstellungsrecht betreffen, vor?

  • summarisches Verfahren (ZPO 249 lit. a Ziff. 2)
  • Richter hat Entscheid unverzüglich aufgrund der verfügbaren Beweismittel zu fällen (ZGB 28l Abs. 3)

72. Welche Eigenart hat ein gegen ein Urteil auf Gegendarstellung ergriffenes Rechtsmittel?

keine Suspensivwirkung (aufschiebende Wirkung).

Fällt das Gericht ein Urteil auf Zulassung des Gegendarstellungstextes, so kann das Medienunternehmen (allein) durch Ergreifung des Rechtsmittel die Rechtskraft/Vollstreckbarkeit des Urteils nicht verhindern.

73. Was ist die ratio legis (Sinn und Zweck) der vorsorglichen Massnahmen?

effektiver und rechtzeitiger Schutz

74. Nennen Sie die Rechtsgrundlage der vorsorglichen Massnahmen mit Bezug auf den Persönlichkeitsschutz.

für privatrechtliche Ansprüche allgemein: ZPO 261 ff.

Persönlichkeitsschutzmassnahmen gegen Medien im Speziellen: ZPO 266

75. Welches sind die Voraussetzungen einer vorsorglichen Massnahme im Bereich des Persönlichkeitsschutzes?

Glaubhaftmachung (ZPO 261 Abs. 1):

  • widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung (besteht oder droht)
  • ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil
  • ev. Sicherheitsleistung (auf gerichtliche Anordnung hin, ZPO 264 Abs. 1)
  • bei Massnahmen gegen periodische Medien: zusätzlich ZPO 266
    • besonders schwerer Nachteil
    • offensichtlich kein Rechtfertigungsgrund
    • nicht unverhältnismässige Massnahme

76. Beschreiben Sie den Begriff des Glaubhaftmachens.

Gericht hält Tatsachendarstellung für wahr/sehr wahrscheinlich.

h.L.: zusätzlich günstige Prognose für Hauptbegehren bei vorsorglichen Massnahmen

77. Aus welchen Gründen hat der Gesetzgeber für vorsorgliche Massnahmen bei periodisch erscheinenden Medien besondere Voraussetzungen vorgesehen?

keine private Vorzensur (Pressefreiheit, BV 17), deshalb strengere Voraussetzungen

78. Nennen Sie die Voraussetzungen einer vorsorglichen Massnahme bei periodisch erscheinden Medien.

bei Massnahmen gegen periodische Medien: zusätzlich ZPO 266

  • besonders schwerer Nachteil
  • offensichtlich kein Rechtfertigungsgrund; Widerrechtlichkeit zweifelsfrei (wobei Rechtfertigung von Verletzendem zu beweisen ist)
  • nicht unverhältnismässige Massnahme (Abwägung der Schwere der Verletzung im Vergleich zu den Folgen der Massnahme)

79. Welches Gericht ist für die Beurteilung eines Begehrens auf vorsorgliche Massnahmen örtlich zuständig?

zwingend (ZPO 13):

  • Ort der Zuständigkeit in der Hauptsache (vgl. ZPO 20) oder 
  • Ort an dem die Massnahme vollstreckt werden soll

80. Was kann ein Gesuchsteller bei besonderer Dringlichkeit einer vorsorglichen Massnahme tun?

superprovisorische Massnahme (ohne vorgängige Anhörung der Gegenpartei)

Rechtliches Gehör wird nachträglich gewährt (ZPO 265 Abs. 2)