Personalwirtschaft - Kapitel II

Sozialgeschichte und Geschichte der Arbeit; Arbeitsrecht; Fahrlässigkeit

Sozialgeschichte und Geschichte der Arbeit; Arbeitsrecht; Fahrlässigkeit


Kartei Details

Karten 39
Sprache Deutsch
Kategorie BWL
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 22.12.2012 / 18.05.2024
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Geschichte der Industrialisierung

Welche Folgen hatten Mechanisierung und Technisierung?

  • Erstmalig weitreichender Ersatz menschlicher Arbeitskraft durch Maschinen
  • Nachfrageförderung durch standardisierte Massenproduktion
  • Überregionale Nachfragebefriedigung mit Hilfe der Eisenbahn
  • Sprunghafte Reduzierung der Transaktionskosten für alle Marktteilnehmer

Fazit: irreversibler Prozess; zurück zur Ständegesellschaft nicht mehr möglich

Geschichte der Industrialisierung

Wandel der Arbeitswelt (Zünfte, Landwirtschaft, industrielle Produktion)

Prozess von Zünften und Landwirtschaft zu industrieller Produktion bis hin zum "Manchester-Kapitalismus" (frühe Industrialisierung)

Kennzeichen von Zünften und Landwirtschaft

  • kleinräumige Selbst- oder wenigstens Mitorganisation der Arbeit
  • im eigenen Haus oder im kleinen Zunftbetrieb (Manufaktur)

Kennzeichen industrieller Produktion

  • abhängige Lohnarbeit
  • durch Frabrikordnungen strukturiert/reglementiert
  • Fabrikbesitzern ausgeliefert

Geschichte der Industrialisierung

Was ist der "vierte Stand"?

Überangebot an Arbeitskräften führt zu niedrigen Löhnen und Ausbeutung => Herausbildung eines vierten Standes der Lohnarbeiter => "Manchester-Liberalismus"

Geschichte der Industrialisierung

Wer war Robert Owen?

  • Britischer Unternehmer und Fabrikbesitzer
  • Führte bereits zu Beginn des 19. Jh. weitreichende Arbeitsschutzregelungen ein (keine Kinderarbeit, etc.)
  • Einrichtung von Abendschulen für Mitarbeiter
  • Gründung einer Einkaufskooperative für Utensilien des täglichen Bedarfs

Geschichte der Industrialisierung

Grundlegender Wandel im Denken - Vernunftsprinzip der Aufklärung führt zu...

  • Rationalismus: Berechenbarkeit aller Dinge
  • Positivismus: (exakte) Feststellung und Erforschung von Tatsachen
  • Pragmatismus: von der Theorie zur praktischen Anwendung
  • Utilitarismus: Nützlichkeitsdenken und Fortschrittsgläubigkeit

Geschichte der Industrialisierung

Jean Jacque Rousseaus "Gesellschaftsvertrag" ("Contract social") (1762) - Grundaussagen

  • Auf Vernunftsprinzip aufbauend
  • Menschen schließen sich zur Erhaltung ihrer Freiheit und Gleichheit zum Staat zusammen => Staatsgewalt ruht daher beim Volk
  • "Freiheit existiert nur in der Gleichheit, d. h. im Anerkennen des allgemeinen Willens" => nicht identisch mit der Summe der egoistischen Einzelwillen, kann auch von einer Minderheit für die Allgemeinheit vertreten werden

Geschichte der Industrialisierung

Adam Smith "Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations" ("Der Wohlstand der Nationen) (1776) - Grundaussagen

  • Ursache des Wohlstands liegt in der Arbeit
  • Güter für den Markt werden aus natürlichem Selbstinteresse erzeugt
  • "Naturgesetz" von Angebot und Nachfrage
  • Durch freie Konkurrenz und freie Konkurrenz kommt es zu sozialer Harmonie und Gerechtigkeit
  • Staat bleiben lediglich Schutzaufgaben (Verteidigung, Rechtspflege, etc.)
  • Koexistenz von Freiheit und Gerechtigkeit

Geschichte der Industrialisierung

Kritik an Adam Smith

  • Verkennt die unterschiedlichen Startbedingungen der Marktteilnehmer
  • Koexistenz von Freiheit und Gerechtigkeit nicht in der Arbeitswelt der Industrialisierung

Neuer Liberalismus

Wer war Alexander Rüstow und was forderte er?

  • gilt als einer der Gründungsväter der Sozialen Marktwirtschaft
  • Fordert einen "starken Staat" => ordnungspolitischer Rahmen
  • Freien Markt soweit begrenzen wie es zum Schutz der schwächeren Marktteilnehmern erforderlich ist
  • Jedoch nicht Gleichheit, sondern Gerechtigkeit

Arbeitsrecht

Ziel des Arbeitsrechts

Das Arbeitsrecht dient der Herstellung sozialer Gerechtigkeit bei freiheitsrechtlicher Gestaltung der Arbeitsbedingungen.

Arbeitsrecht

Was ist ein Arbeitnehmer?

  • Arbeitnehmer ist nicht automatisch jeder, der im Rahmen eines Vertragsverhältnisses Arbeit für andere leistet!
  • Entscheidend ist, ob die Arbeit im Dienst eines anderen, in einem Abhängigkeitsverhältnis und damit fremdbestimmt und nicht selbstständig geleistet wird

=> persönliche Abhängigkeit aufgrund fremdbestimmter Arbeit!!!

Jedoch wirtschaftliche Abhängigkeit weder erforderlich noch ausreichend!

Arbeitsrecht

Welche Position hat der Arbeitgeber im Arbeitsrecht?

  • Vertragspartner des Arbeitsnehmers
  • Weisungsrecht nach §106 GewO, i. V. m. §6 Abs. 2 GewO
  • Kann Ort, Inhalt und Zeit der Arbeitsleistung bestimmen

Arbeitsrecht

Was ist ein Arbeitsverhältnis?

  • privatrechtlicher Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
  • öffentlich-rechtliche Vertragsbestandteile zur Durchsetzung bestimmter Gestaltungen in staatlicher Verantwortung (z. B. Gefahrenschutz, Mutterschutz, Arbeitszeitschutz)

Arbeitsrecht

In welche Gebiete kann das Arbeitsrecht unterteilt werden?

  • Individualarbeitsrecht (Arbeitnehmer vs. Arbeitgeber)
  • Kollektivarbeitsrecht (Arbeitgeber(verband) vs. Gewerkschaft)

Arbeitsrecht

In welche Teilbereiche lässt sich das Individualarbeitsrecht einteilen?

  • Arbeitsvertragsrecht
  • Arbeitsschutzrecht

Arbeitsrecht

Welche Vorschriften umfasst das Arbeitsschutzrecht im Rahmen des Individualarbeitsrechts?

Allgemeine Vorschriften:

  • Betriebs-/Gefahrenschutz
  • Arbeitsstättenverordnung
  • Arbeitssicherheitsgesetz
  • Arbeitszeit- u. Ladenschlussgesetz

Sondervorschriften:

  • Schutz Jugendlicher
  • Schutz Schwerbehinderter
  • Sonderschutz für Frauen
  • Arbeitsplatzschutz

Arbeitsrecht - Individualarbeitsrecht

Welche Arbeitnehmerpflichten ergeben sich aus dem Arbeitsverhältnis?

Hauptpflicht:

  • Arbeitspflicht (§§ 611, 613 BGB)

Nebenpflichten:

  • Treuepflicht (§242 BGB - Unterlassungs- und Verhaltenspflichten, u. a. Verschwiegenheitspflicht)
  • Haftungspflicht (§§ 280 ff. BGB, ggf. § 60 ff. HGB)
  • Gehorsamspflicht (§ 242 BGB - Weisungen müssen befolgt werden)

Arbeitsrecht - Individualarbeitsrecht

Wann haftet der Arbeitnehmer bzw. wann haftet er nicht für Schäden, die im Rahmen der Erfüllung seines Arbeitsvertrags entstanden sind?

  • Vorsatz ("Ich weiß, dass es passieren könnte, hoffe aber, dass es nicht passiert"): volle Haftung des Arbeitnehmers
  • Grobe Fahrlässigkeit ("Das macht doch kein vernünftiger Mensch!"): i. d. R. volle Haftung des Arbeitnehmers
  • Normale/Mittlere Fahrlässigkeit ("Das hätte ich wissen können"): anteilige Haftung des Arbeitnehmers
  • Leichte/Leichteste Fahrlässigkeit: Keine Haftung des Arbeitnehmers

Arbeitsrecht - Individualarbeitsrecht

Welche Umstände müssen bei der Haftungspflicht im Einzelfall geprüft und abgewogen werden?

  • Betriebsrisiko
  • Möglichkeit der Abdeckung durch Versicherung
  • Stellung des Arbeitnehmers im Unternehmen
  • Verhältnis von Arbeitnehmereinkommen und Haftungsrisiko
  • Arbeitsverträgliches Verhalten
  • Schadenshöhe

Arbeitsrecht - Individualarbeitrecht

Welche Pflichten ergeben sich für den Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis?

Hauptpflicht:

  • Entgeltzahlung (§ 611 BGB)

Nebenpflichten:

  • Beschäftigung
  • Gleichbehandlung (AGG)
  • Zeugniserteilung (§ 630 BGB, § 109 GewO)
  • Fürsorge (§§ 242, 618 BGB)
  • Urlaubsgewährung (§ 1 BUrlG)

 

Arbeitsrecht - Individualarbeitsrecht

Definition "traditionelles Normalarbeitsverhältnis"

"...eine auf Dauer und Kontinuität angelegte abhängige Beschäftigung (...), die in Vollzeit ausgeübt wird und in das System arbeits- und sozialrechtlicher (Schutz-)Bestimmungen eingebunden ist."

[nach Neubäumer/Tretter 2008]

Arbeitsrecht - Individualarbeitsrecht

Atypische Beschäftigungsformen

  • Leiharbeit
  • zeitlich befristete Arbeit
  • geringfügige Beschäftigung

Arbeitsrecht - Individualarbeitsrecht

Kennzeichen und Folgen atypischer Beschäftigungsverhältnisse

  • Abbau fester Arbeitsverhältnisse
  • weniger restriktive kollektive Vereinbarungen
  • durch kaskadiertes Sub-Contracting immer mehr prekäre Arbeitsverhältnisse
  • kleinere Unternehmenseinheiten
  • zunehmend weniger Arbeitnehmervertreter
  • weniger sozialer Dialog

Arbeitsrecht - Kollektivarbeitsrecht

In welche Teilbereiche ist das Kollektivarbeitsrecht zu unterteilen?

  • Tarifrecht
  • Mitbestimmungsrecht

Arbeitsrecht - Kollektivarbeitsrecht

Rechtliche Grundlagen des Tarifrechts/Tarifvertrags?

  • Art 9, Abs. 3 GG: Recht zur Bildung von Gewerkschaften
  • § 1 TVG: Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien

Arbeitsrecht - Kollektivrecht

Wie sieht das Beziehungsgeflecht zwischen den Tarifparteien aus bzw. in welchem Verhältnis stehen diese zueinander?

Arbeitsrecht - Kollektivarbeitsrecht

Welche Inhalte umfasst der schuldrechtliche Teil von Tarifverträgen?

  • Durchführungspflicht: Tarifvertragsparteien sind verpflichtet, sich an die Normen des Tarifvertrags zu halten und für ihre Erfüllung Sorge zu tragen
  • Friedenspflicht: Aufrechterhaltung eines bestehenden Tarifvertrags

Arbeitsrecht - Kollektivarbeitsrecht

Welche Inhalte umfasst der normative Teil von Tarifverträgen?

  • Inhaltsnormen: Lohn, Arbeitszeit, Urlaub, etc.
  • Abschlussnormen: Gebite u. Verbote zum Abschluss bestimmter Arbeitsverhältnisse
  • Beendigungsnormen: i. d. R. Erweiterung des Kündigungsschutzes
  • Betriebsnormen: Arbeitsschutz, Einrichtung einer Kantine, Rauchverbote, etc.
  • Betriebsverfassungsrechtliche Fragen: Aufgabenbereich des Betriebsrats, gemeinsame Einrichtungen wie Lohnausgleichs- und Urlaubskassen, etc.

Arbeitsrecht - Kollektivarbeitsrecht

Welche Phasen des Arbeitskampfs sind zu unterscheiden?

Schema

Arbeitsrecht - Kollektivarbeitsrecht

Ebenen und Gesetze der Mitbestimmung

Betriebliche Ebene

  • Betriebsverfassungsgesetz von 1972

Unternehmensebene

  • Montan-Mitbestimmungsgesetz von 1951
  • Mitbestimmungsgesetz von 1976
  • Drittelbeteiligungsgesetz von 2004

Arbeitsrecht - Kollektivarbeitsrecht

Definition und Zweck von Mitbestimmung

"Mitbestimmung meint die Beteiligung der Beschäftigten an Entscheidungen im Betrieb, Unternehmen und Verwaltung durch gewählte Repräsentanten.

Ziel ist die Einbringung ihrer Interessen sowohl bei Maßnahmen, die sie unmittelbar betreffen als auch bei solchen, die sie mittelbar berühren, weil sie über kurz oder lang Auswirkungen auf ihre Arbeitsbedingungen haben oder haben können.

Eingeschränkt werden die Handlungsfreiheit des Unternehmens sowie seine Rechte aus dem Arbeitsvertrag, das heißt seine Freiheit bei tatsächlichen Entscheidungen, bei den Vereinbarungen mit den Arbeitnehmern oder zumindest deren Umsetzung sowie bei der Ausübung von Leistungsbestimmungsrechten."

Arbeitsrecht - Kollektivarbeitsrecht

Mitbestimmung auf betrieblicher Ebene: Zentrale Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes von 1972

Organisationsrecht:

  • Zusammensetzung, Wahl, Amtszeit und Geschäftsführung des Betriebsrats
  • Betriebsversammlung und Betriebsräteversammlung
  • Vertretung jugendlicher Arbeitnehmer und Auszubildender

Beteiligungsrecht:

  • des Betriebsrats
  • einzelner Arbeitnehmer

 

Arbeitsrecht - Kollektivarbeitsrecht

Auf welche Bereiche ("Angelegenheiten") beziehen sich die Rechte des Betriebsrats (laut BetrVG)

  • Soziale Angelegenheiten
  • Gestaltung von Arbeitsplatz, -ablauf und -umgebung
  • Personelle Angelegenheiten
  • Wirtschaftliche Angelegenheiten

Arbeitsrecht - Kollektivarbeitsrechte

Mitwirkungsrechte und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats

Mitwirkungsrechte:

  • Informationsrecht
  • Beratungsrecht
  • Vorschlagsrecht
  • Anhörungsrecht

Mitbestimmungsrechte:

  • Widerspruchsrecht
  • Recht, seine Zustimmung zu verweigern
  • Initiativrecht

Arbeitsrecht - Kollektivarbeitsrecht

Allgemeiner Grundsatz nach §2 Betriebsverfassungsgesetz

Vertrauensvolle Zusammenarbeit zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs

Arbeitsrecht - Kollektivarbeitsrecht

Kennzeichen der Mitbestimmung auf Unternehmensebene

  • für Kapitalgesellschaften und Genossenschaften mit i. d. R. mehr als 500 Mitarbeitern
  • nicht nur "Gegenspieler" der Unternehmensleitung wie im Fall des Betriebsrats
  • Arbeitnehmer als gleichberechtige Mitglieder der Unternehmensorgane
  • Mitentscheidung durch Mitgliedschaft im Aufsichtsrat

Arbeitsrecht - Kollektivarbeitsrecht

Ziele/Kennzeichen bei der Besetzung des Aufsichtsrats im Rahmen des Montanmitbestimmungsgesetzes von 1951

  • paritätische Besetzung des Aufsichtsrats
  • jeweils ein "weiteres Mitglied" auf beiden Seiten als Vertreter der Bevölkerung (kein Repräsentant einer Arbeitgeberorganisation, nicht im Unternehmen beschäftigt)
  • der Arbeitsdirektor: Arbeitgebervertreter (Vorstandsmitglied), aber Berufung und Abberufung nur mit Zustimmung der Arbeitnehmervertreter

Arbeitsrecht - Kollektivarbeitsrecht

Struktur/Besetzung des Aufsichtsrats im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes (Schema)

 

Schema

Arbeitsrecht - Kollektivarbeitsrecht

Vor- und Nachteile von Mitbestimmung auf Unternehmensebene

Vorteile:

  • Gleichberechtigung von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite bei unternehmerischen Entscheidungen
  • Konfliktvermeidung durch Dialog und Demokratie im Unternehmen
  • Sozialer Fortschritt durch Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der arbeitenden Menschen
  • Kontrolle wirtschaftlicher Macht

Nachteile:

  • Legitimationsproblem in internationalen Unternehmen
  • Gremien können in großen Unternehmen sehr groß werden
  • Interessenkonflikt der externen Gewerkschaftsmitglieder und internen Mitarbeitervertreter in den Aufsichtsräten
  • Qualifikationsproblem