Personenrecht 3 - Die juristische Person
Bieri/Morand/Müller/Perren, Übungsbuch Personenrecht und Einleitungsartikel, 2. Aufl., Orell Füssli, Zürich 2015 Die juristische Person im Allgemeinen, Der Verein, Die Stiftung
Bieri/Morand/Müller/Perren, Übungsbuch Personenrecht und Einleitungsartikel, 2. Aufl., Orell Füssli, Zürich 2015 Die juristische Person im Allgemeinen, Der Verein, Die Stiftung
Kartei Details
Karten | 62 |
---|---|
Lernende | 11 |
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Recht |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 21.03.2016 / 18.06.2024 |
Weblink |
https://card2brain.ch/cards/persoenlichkeitsrecht_3_die_juristische_person?max=40&offset=40
|
Einbinden |
<iframe src="https://card2brain.ch/box/persoenlichkeitsrecht_3_die_juristische_person/embed" width="780" height="150" scrolling="no" frameborder="0"></iframe>
|
40. Was ist eine Stiftung?
ZGB 80
Eine juristische Person, im Sinne einer Anstalt, deren Vermögen einem besonderen Zweck gewidmet wurde. Es wird bei Stiftungen auch von einem personifizierten Zweckvermögen gesprochen.
pro memoria:
Die Stiftung ist die einzige privatrechtliche Anstalt im Schweizer Recht. Das heisst, sie ist die einzige Form ein Vermögen mit eigener Rechtspersönlichkeit (Rechtsfähigkeit) auszustatten. Als Anstalt ist sie Eigentümer und Mitgliedslos.
41. Was ist der Unterschied zwischen einer privatrechtlichen und einer öffentlich-rechtlichen Stiftung?
Die unterschiedliche Rechtsgrundlage (Privatrecht/öffentliches Recht).
42. Wie wird eine privatrechtliche Stiftung errichtet?
Die Stiftung wird durch eine öffentliche Urkunde oder durch Verfügung von Todes wegen errichtet (ZGB 81 Abs. 1). Bei der Errichtung durch Urkunde erlang die Stiftung ihre Rechtsfähigkeit mit der Eintragung ins Handelsregister (ZGB 52 Abs. 1).
43. Welche materiellen Voraussetzungen müssen für eine Stiftungserrichtung erfüllt werden?
Zur Errichtung einer Stiftung bedarf es der Widmung eines Vermögens zu einem besonderen (Stiftungs-)Zweck (Zweckvermögen; ZGB 80). Es muss eine Organisation bestimmt und ein Stiftungsname gewählt werden (ZGB 83)
44. Wer kann die Stiftungserrichtung anfechten?
Von den Erben oder den Gläubigern des Stifters gleich wie eine Schenkung (ZGB 82).
45. Welche Stiftungen benötigen für die Erlangung der Rechtspersönlichkeit keinen Eintrag in das Handelsregister?
Keinen HR-Eintrag:
- Familienstiftungen und kirchliche Stiftungen (ZGB 52 Abs. 2)
- Stiftungen von Todes wegen (Rechtspersönlichkeit mit dem Tod des Stifters; ZGB 81 Abs. 3)
- öffentlich-rechtliche Stiftungen (ZGB 52 Abs. 2)
46. Welche Organe hat eine Stiftung?
Grundsätzlich ist der Stifter in der Organisation frei (Organisationsfreiheit).
Zwingende Organe: der Stiftung sind die Verwaltung (Stiftungsrat/-vorstand) und die Revisionsstelle (ZGB 83b Abs. 1).
Subsidiär: ist Vereinsrecht auf die Organisation der Stiftung anzuwenden (BGE 129 III 641 E. 3).
47. Wer bezeichnet die Revisionsstelle einer Stiftung?
Das oberste Stiftungsorgan bezeichnet eine Revisionsstelle (ZGB 83b Abs. 1).
Ausgenommen von dieser Pflicht sind Familienstiftungen und kirchliche Stiftungen (ZGB 87 Abs. 1bis).
48. Welche allgemeinen materiellen Voraussetzungen muss die Revisionstelle einer Stiftung erfüllen?
Unabhängigkeit (ZGB 83b Abs. 3 i.V.m. OR 728);
- nicht einem anderen Stiftungsorgan angehören
- nicht in einem Arbeitsverhältnis mit der Stiftung stehen,
- keine verwandschaftlichen Beziehung zu Mitgliedern der Stiftungsorgane,
- keine Destinatärin der Stiftung
49. Welche zweite externe Kontrollinstanz besteht für Stiftungen?
Da die Stiftung im Gegensatz zur Körperschaft über kein zweckbezogenes Willensorgan verfügt, sind besondere Massnahmen zum Schutz der Stiftung angebracht. Der Gesetzgeber hat dies in Form der Stiftungsaufsicht umzusetzen versucht.
Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören (ZGB 84 Abs. 1). Die Zugehörigkeit bestimmt sich nach dem Zweck der Stiftung und ihrem Tätigkeitsumfeld.
50. Was ist die Aufgabe der Revisionsstelle?
gesetzlicher Auftrag:
- jährliche Prüfung der Rechnungsführung und der Vermögenslage
- Berichterstattung zuhanden des obersten Stiftungsorgans (ZGB 83b Abs. 2 i.V.m. OR 728b/729b) und der Aufsichtsbehörde (ZGB 83c; Kopie des Revisionsberichts sowie aller wichtigen Mitteilungen an die Stiftung)
Das oberste Stiftungsorgan kann den Auftrag der Revisionsstelle auch weiter fassen.
51. Was ist die Aufgabe der Stiftungsaufsicht?
Die Aufsichtsbehörde schreitet bei Zweckgefährdung, Zweckentfremdung, Überschuldung und/oder Zahlungsunfähigkeit der Stiftung ein.
Mit der Organisation der Stiftung hat sie sich nur zu befassen, wenn die Funktionsfähigkeit der Stiftung gefährdet ist (BGE 112 II 97 E. 5; BGE 112 II 471 E. 2).
In Ermessensfragen hat sich die Aufsichtsbehörde Zurückhaltung aufzuerlegen und nur im Falle von Ermessensüberschreitungen durch die Stiftungsorgane einzugreifen (BGE 111 II 97 E. 3).
52. Was gehört zu den Aufgaben des verwaltenden Organs der Stiftung?
Insbesondere Buchführung (ZGB 83a). Die Bestimmungen des Obligationenrechts sind sinngemäss anwendbar.
i.d.R. Geschäftsführung und Einsatz des Vermögens gemäss Zweckbestimmung (z.B. Ausrichtung von Vergaben)
53. Was geschieht bei der Überschuldung einer Stiftung?
- begründete Besorgnis, der Überschuldung/Unfähigkeit längerfristig ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen: oberstes Stiftungsorgan erstellt auf Grund der Veräusserungswerte eine Zwischenbilanz und legt sie der Revisionsstelle zur Prüfung vor. Verfügt die Stiftung über keine Revisionsstelle, so legt es die Zwischenbilanz der Aufsichtsbehörde vor (ZGB 84a Abs. 1).
- Stellt die Revisionsstelle fest, dass die Stiftung ihre Verbindlichkeiten längerfristig nicht erfüllen kann, legt sie die Zwischenbilanz der Aufsichtsbehörde vor (ZGB 84a Abs. 2).
- Die Aufsichtsbehörde hält das oberste Stiftungsorgan zur Einleitung von Sanierungsmassnahmen an resp. ist befugt zur Ersatzvornahme (ZGB 84a Abs. 3).
- Nötigenfalls ordnet die Aufsichtsbehörde auch vollstreckungsrechtliche Massnahmen an (ZGB 84a Abs. 4)
54. Unter welchen Voraussetzungen kann die Organisation einer Stiftung nachträglich geändert werden?
ZGB 85
notwendig, um den Stiftungszweck oder das Vermögen zu erhalten: Stiftungsrat stellt einen begründeten Antrag an die Umwandlungsbehörde des Gemeinwesens dem die Stiftung angehört. Die Umwandlungsbehörde ist i.d.R. die Exekutive, auf Bundesebene zumeist das Departement des Innern oder das Bundesamt für Sozialversicherung.
Unwesentliche oder anderweitige Satzungsänderung kann die Aufsichtsbehörde von sich aus vornehmen.
pro memoria:
Änderungen von Reglementen können die Stiftungsorgane selbst vornehmen. Sie sind der Aufsichtsbehörde zur deklaratorischen Genehmigung vorzulegen.
55. Unter welchen Voraussetzungen kann der Zweck einer Stiftung geändert werden?
Änderung des Zwecks unumgänglich (um dem Stifterwillen noch zu entsprechen): Das Verfahren auf Antrag der Aufsichtsbehörde oder des Stiftungsrates entspricht jenem zur Änderung der Organisation. Unter denselben Bedingungen kann die Umwandlungsbehörde auch Auflagen und Bedingungen aufheben oder abändern (ZGB 86 Abs. 2).
Der Stiftungszweck kann unter den Voraussetzungen von ZGB 86a auch auf Antrag des Stifters geändert werden.
56. Was sollte man besser in der Stiftungsurkunde und was im Stiftungsreglement festhalten?
Änderung der Stiftungsurkunde ist nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich. Sie sollte nur die nötigsten/wichtigsten Dinge festhalten.
Das Stiftungsreglement kann eifacher geändert werden und sollte deshalb die Details regeln.
57. Kann auch der Zweck von öffentlichen und/oder gemeinnützigen Stiftungen geändert werden?
Ja, der geänderte Zweck muss aber ebenfalls öffentlich und/oder gemeinnützig sein. Bei gemeinnützigen Stiftungen entfällt sonst die Steuerbefreiung (vgl. DBG 56 lit. g).
58. Kann eine Stiftung auch wieder aufgehoben werden?
Ja, wenn der Zweck (ZGB 88 Abs. 1)
- unerreichbar (und auch nicht geändert werden kann)
- widerrechtlich
- unsittlich geworden ist
59. Welche Sonderformen der Stiftungen kennt das schweizerische Recht?
- Familienstiftung
- kirchliche Stiftung
- Personalfürsorgestiftung
60. Wer ist zuständig für die Sammelvermögen?
ZGB 89c
Kanton, in dem der Hauptbestandteil des Sammevermögens verwaltet wird.
Falls nicht geregelt: die gleiche Stelle die für Stiftungen zuständig ist
61. Was ist ein Trust?
Rechtsverhältnis, bei dem ein sogenannter Settlor das Eigentum an bestimmten Vermögenswerten an mindestens einen Trustee überträgt. Der Trustee verwaltet und verwendet das Vermögen zugunsten der Beneficiaries.
Im Unterschied zur Stiftung gehört der Trust zum Eigentum des Trustee (Verwalter). Der Trust ist nicht rechts- und handlungsfähig sondern der Trustee (Verwalter). Der Settlor ("Stifter") kann sodann den Trust wieder auflösen und das Geld für sich beanspruchen.