OR BT 1 - Kaufvertrag
Herzog/Lienhard, Übungsbuch Obligationenrecht Besonderer Teil, Orell Füssli Verlag AG, Zürich 2015
Herzog/Lienhard, Übungsbuch Obligationenrecht Besonderer Teil, Orell Füssli Verlag AG, Zürich 2015
Set of flashcards Details
Flashcards | 105 |
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Students | 49 |
Language | Deutsch |
Category | Law |
Level | University |
Created / Updated | 17.08.2015 / 10.06.2025 |
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81. Wie muss die Sachmängelrüge erfolgen?
- sofort, nachdem der Mangel festgestellt wird (BGer: 4 Tage ja, 3 Wochen nein; empfohlen: 7 Tage)
- substantiiert
- unter Geltendmachung der Gewährleistung/Verweigerung der Annnahme
82. Was ist die Wirkung einer verspäteten Rüge?
- Eintritt der Genehmigungsfiktion.
- Verwirkung der Sachmängelgewährleistungsrechte.
83. Welche Ansprüche kann der Käufer grundsätzlich bei Sachmängeln geltend machen?
- Wandelung (Rückabwicklung)
- Minderung (des Kaufpreises)
- Nachlieferung (bei Gattungsware)
- Schadenersatz
84. Muss der Käufer sich auf eine einmal getroffene Wahl der Sachmängelrechte behaften lassen?
h.L.: Nein, da kein Grund auf einen Anspruch festzulegen, z.B. Wechsel von Nachlieferung auf Wandelung, wenn Verkäufer Sachmangel gänzlich bestreitet.
Teil der Lehre: Gestaltungsrecht, unwiderruflich.
85. Was ist die Wandelung?
Rückgängigmachen des Kaufs/Aufhebung des Kaufvertrages. Rechtsnatur ist umstritten (Rückabwicklungsverhältnis).
Verkäufer hat Anspruch auf
- Rückgabe der Sache
- Ersatz der Nutzung
Käufer hat Anspruch auf
- Kaufpreis nebst Zinsen seit Bezahlung
- Kosten des Rücktransport
- Prozesskosten
- Verwendungsersatz
86. Wie wird die Wandelung vollzogen?
Teil der Lehre: ex tunc; Kaufpreis über Bereicherungsrecht, Kaufsache über Vindikation.
BGer: ex nunc; vertragliches Rückabwicklungsverhältnis.
87. Wann ist Wandelung ausgeschlossen?
- bei Veräusserung/Veränderung der Kaufsache durch Käufer
- bei Untergang der Kaufsache durch Verschulden des Käufers
- Weitergebrauch der Kaufsache trotz Kenntnis des Mangels
- bei rechtsmissbräuchlicher Geltendmachung Treu und Glauben)
- bezüglich nicht mangelhaften Sachen (ausser fehlerhafte lassen sich nicht ohne erheblichen Nachteil von fehlerlosen trennen; OR 209)
- Gattungsware, die sofort nachgeliefert wird und sofern Schaden ersetzt wird
88. Was ist Minderung?
Minderung ist Ersatz des Minderwerts der Kaufsache.
Geminderter Kaufpreis = (Wert Kaufsache mit Mangel / Wert Kaufsache ohne Mangel) x Kaufpreis
89. Wann ist Minderung ausgeschlossen?
- Minderwert und Kaufpreis entsprechen sich beinahe
- wenn der Mangel nur eine für den Käufer subjektiv wesentliche Eigenschaft betrifft
- wenn es für den Käufer unzumutbar ist, die Kaufsache zu behalten
90. Was ist beim Nachlieferungsanspruch zu beachten?
- nur bei Gattungsware möglich
- kann von beiden Seiten geltend gemacht werden
- erklärt Verkäufer sich beim Platzkauf bereit sofort währhafte Ware zu liefern und den Käufer schadlos zu halten, kann der Käufer nicht Wandelung oder Minderung verlangen.
91. Welche Rechtsgrundlage verleihen einen Anspruch auf Schadenersatz wegen eines Sachmangels?
OR 208 II: Wandelung und unmittelbarer Schaden
OR 208 III: Wandelung und mittelbarer Schaden
OR 97: Minderung und Schadenersatz
OR 206 II: Nachlieferungsrecht und Schadenersatz
92. Wodurch unterscheidet sich der Schadenersatzanspruch nach OR 208 II und OR 208 III?
OR 208 II:
- verschuldensunabhängig
- für unmittelbaren Schaden
OR 208 III:
- verschuldensabhängig
- für mittelbaren Schaden
- Exkulpationsbeweis möglich (kein Verschluden (analog OR 97)
93. Um welche Art Frist handelt es sich bei OR 210?
Eine Verwirkungsfrist.
94. Kann nach Ablauf der Frist nach OR 210 noch Wandelung oder Minderung geltend gemacht werden?
Grundsätzlich nein; die Verwirkungsfrist verhindert die Geltendmachung.
Wurde der Mangel jedoch rechtzeitig gerügt, so kann er auch weiterhin einredeweise geltend gemacht werden (Wandelung-/Minderungseinrede).
95. Wie verhält sich die Sachmängelhaftung zum Schadenersatz nach OR 97?
kommen alternativ zur Anwendung.
Die Prüfungs- und Rügeobliegenheit, die Verjährung und die haftungsfreizeichnung werden auch unter OR 97 geprüft.
96. Wie verhält sich die Sachmängelgewährleistung zum Schadenersatz nach OR 41 ff.?
Kommen Alternativ zur Anwendung.
Die Prüfungs- und Rügeobliegenheit, die Verjährung und die haftungsfreizeichnung werden auch unter OR 41 ff. geprüft.
Die Verschaffung einer mangelhaften Sache ist nicht widerrrechtlich.
97. Wie verhält sich die Sachmängelgewährleistung zum Schadenersatzanspruch nach PrHG?
Das PrHG findet ausschliesslich Anwendung auf Produktfolgeschäden (sachlicher Anwendungsbereich, zeitlicher Anwendungsbereich beachten: Inverkehrbringen nach 1.1.1994 [PrHG 13]).
Ansonsten alternative Anwendung.
Schäden am Produkt selber sind nicht durch das PrHG gedeckt (PrHG 1 II).
98. Was ist die Folge, wenn der Käufer unberechtigterweise den Kaufgegenstand nicht annimmt?
Ein Teil der Lehre (nach HUGUENIN der herrschende Teil, BUCHER, ENGEL, GUHL/KOLLER, HONSELL, TERCIER) sieht die Annahme als blosse Obliegenheit, womit der Käufer lediglich in Gläubigerverzug gerät (OR 91; Recht auf Hinterlegung [OR 92] zum Verkauf [OR 93] Rücknahme [OR 94]). Nur wenn der Verkäufer ein erkennbares Interesse an der Annahme hat, kann es ausnahmsweise eine Hauptpflicht des Käufers sein.
Die das BGer sieht dagegen die Annnahme per se als Hauptpflicht (OR 211) des Käufers (Schuldnerverzug). Der Verkäufer kann deshalb nach OR 102 i.V.m. OR 107 ff. vorgehen (Erfüllungsanspruch, Verzicht auf Annahme und Schadenersatz [positives Interesse], Rücktritt und Schadloshaltung [negatives Interesse]).
99. Welche Möglichkeiten hat der Verkäufer bei Zahlungsverzug des Käufers?
Ist der Käufer vorleistungspflichtig (Pränumerandokauf) oder ist Zug um Zug Erfüllung vereinbart, so kann der Verkäufer wegen Schuldnerverzug nach OR 102 i.V.m. OR 107 ff.
- auf Erfüllung bestehen
- Auf Erfüllung (Kaufpreis) verzichten und Schadenersatz verlangen (positives Interesse)
- vom Vertrag zurücktreten und Schadloshaltung verlangen (negatives Interesse)
Auch beim Postnumerandokauf liegt Schuldnerverzug vor, der Verkäufer kann
- auf Erfüllung bestehen
- Auf Erfüllung (Kaufpreis) verzichten und stattdessen Schadenersatz verlangen (positives Interesse)
- vom Vertrag zurücktreten und Schadloshaltung verlangen (negatives Interesse), aber nur wenn ein Rücktrittsrecht vereinbart wurde (auch in Form eines nur vereinbarten - d.h. nicht eingetragenen - Eigentumsvorbehalts)
100. Welche Nebenpflichten treffen den Käufer?
- Beurkundungskosten (OR 188)
- Abnahmekosten (OR 188; Zölle, Steuern etc.)
- Transportkosten ab Erfüllungsort (OR 189)
- alles unterlassen, was die Erfüllung des Vertrages stören/verhindern könnte
101. Was ist eine Obliegenheit und welche Folgen hat ihre Verletzung?
Eine Obliegenheit ist eine Pflicht, welche nicht die Intensität einer Nebenpflicht aufweist (Hauptpflicht>Nebenpflicht>Obliegenheit).
Die Erfüllung einer Obliegenheit kann nicht eingeklagt werden.
Die Verletzung einer Obligenheit führt nicht zu Schadenersatz aber zu Rechtsnachteilen.
Beispiel: Wird die Annahmepflicht des Käufers als Obliegenheit betrachtet, so kann der Verkäufer nicht auf Annahme klagen (Erfüllung). Er kann auch keinen Schadenersatz geltend machen. Stattdessen kann er die Sache nur Hinterlegen oder allenfalls versteigern lassen (OR 91 ff.).
Wird die Annahmepflicht stattdessen als Hauptpflicht des Käufers angesehen (OR 211; BGer) so liegt Schuldnerverzug vor und der Verkäufer kann auf Erfüllung, Verzicht und Schadenersatz oder Rücktritt und Schadloshaltung klagen.
102. Welche Vertragselemente müssen von der öffentlichen Urkunde beim Grundstückkaufvertrag umfasst sein?
alle objektiv und subjektiv wesentlichen Vertragspunkte (essentialia negotii):
- Kaufpreis
- Kaufgegenstand
- Parteien
103. Wann gehen Nutzen und Gefahr beim Grundstückskauf über?
Mit Besitzübergang.
Der Besitzübergang bestimmt sich nach Vereinbarung oder
bei fehlender Vereinabarung nach den allgemeinen Regelungen in OR 185:
- mit Abschluss des Vertrages
- bei Gattungsware: nach Ausscheidung
- bei Suspensivbedingung: nach deren Eintritt
104. Findet die Rechtsmängelhaftung/-gewährleistung Anwendung auf den Grundstückskauf?
Grundsätzlich ja.
Da sich der Käufer jedoch auf den Grundbucheintrag verlassen kann (Publizitätswirkung), ist der Anwendungsbereich minimal; Ausnahme in Kantonen/Grundbuchkreisen in welchem noch kein Grundbuch existiert.
105. Bestehen Spezialregeln der Sachmängelhaftung für Grundstücke?
Grundsätzlich kommen die Sachgewährleistungsregeln des Fahrniskaufs zur Anwendung (OR 221).
OR 219 hält jedoch fest, dass
- der Verkäufer bei Fehlen eines Grundbuches für ein allfälliges Mindermass haftet (Grundstück kleiner als im Kaufvertrag)
- der Verkäufer bei einem falschen Grundbucheintrag nur für ein allfälliges Mindermass haftet, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde (Grundstück kleiner als im Grundbuch angegeben)
- Mängel des Gebäudes (sachenrechtlich Teil des Grundstücks) nach 5 Jahren vom Erwerb an verjähren
Umgekehrt kann der Verkäufer kein Mehrpreis verlangen, wenn sich bei der amtlichen Vermessung herausstellt, dass das Grundstück grösser ist.