Rechtselhr
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Kartei Details
Karten | 101 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Recht |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 17.12.2015 / 30.11.2016 |
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Nenne die Möglichkeit der Mitwirkung der Kantone an der Rechtsetzung des Bundes
- Standesinitiative (BV 160)
- Mirwirkung im Vernehmlassungsverfahren
- Referendum (BV 150 und 141)
- beim obligatorischen Referendum ist Ständemehr erforderlich
- 8 Kantone können als ultima ratio das fakultative Referendum ergreifen
- Vertretung im Ständerat
Was ist das Problem bei der Zusammenwirkung der Organe (Verwaltung, Regierung, Parlament) in der Gesetzgebung?
Keines der an der Gesetzgebung beteiligten Organe fühlt sich voll verantwortlich.
- Verwaltung: Leistet zwar den bedeutendsten Beitrag; kann die Verantwortung aber wegen der fehlenden demokratischen Legitimation nicht übernehmen
- Regierung: Will wegen seiner beschränkten Mitwirkung keine Verantwortlichkeit übernehmen.
--> Gemäss Lehrbuch ist ein verstärktes Engagement und eine entsprechende Verantwortlichkeit der Regierung zu fordern! - Parlament: Trägt angesichts seiner begrenzten Gestaltungsmöglichkeiten nur eine Kontrollverantwortlichkeit.
Nenne die Voraussetzung der Delegation
- Delegation ist nicht durch die Verfassung ausgeschlossen. Darf auch wichtiges i.S.v. BV 164 delegiert werden?! (strittig!)
- Delegationsnorm ist in einem Bundesgesetz enthalten
- Delegation ist auf ein bestimmtes Sachgebiet beschränkt (kei-ne Blankodelegation!)
- Grundzüge der delegierten Materie sind bereits in der Delega-tionsgrundlage selbst enthalten
Was versteht man unter Lobbying?
Unter Lobbying versteht man die Einflussnahme Privater auf den politischen Prozess
Was ist ein Referendum?
Ein Referendum ist eine Abstimmung aller Stimmberechtigten über den Erlass oder Änderung einer Regelung auf Verfassungs- oder Gesetzesstufe. Er dient dazu, in der Gesetzgebung einen möglichst breit abgestützten Konsens zu finden.
Welche Arten von Referenden gibt es?
- (Negatives) Referendum: Das Referendum ist ein Vetorecht des Volkes, das eine Vorlage nur als Ganzes annehmen oder ablehnen, nicht aber ändern kann. Die Stimmberechtigten beteiligen sich also grds. nicht am Inhalt der Gesetze.
- obligatorisches Referendum (BV 140): Volksabstimmung fin-det in jedem Fall statt
- fakultatives Referendum (BV 141): Volksabstimmung findet nur unter bestimmten Voraussetzungen (auf Begehren einer be-stimmten zahl von Stimmberechtigten) statt.
- Konstruktives Referendum: Hier kann ein Referendum nur gegen bestimmte (unliebsame) Punkte eines Erlasses ergriffen werden und insofern konstruktiv eingegriffen werden, sodass nicht das ganze Gesetz verworfen werden muss, sondern nur punktuell geändert werden kann. Das konstruktive Referendum ist in seiner praktischen Durch-führung zu kompliziert, weshalb es heute nicht mehr vorhanden ist.
Was ist eine Volksinitiative?
Die Volksinitiative ist das Begehren einer Anzahl Stimmberech-tigten auf Erlass oder Änderung von Regelung auf Verfassungs- oder Gesetzesstufe.
Mit welchen Mitteln kann die Regierung veranlasst werden ein Gesetz auszuarbeiten?
- Postulat (ParlG 119 und 123-124) = parlamentarischer Impuls
- Motion (ParlG 119 und 120-122) = parlamentarischer Impuls
- Selbständige Initiativen der Regierung (BV 181)
Skizziere den Rechtsetzungsprozess im Parlament
- Beginn des Prozesses im Parlament: Einreichung (ParlG 73 III, 74 III)
- Eintretensdebatte (ParlG 74 I)
- Kommissionsanträge
- Detailberatung (ParlG 74 II)
- Rückweisung (ParlG 75)
- Anträge (ParlG 76)
- Gutheissung durch Redaktionskommission (ParlG 81 I i.V.m. 57)
- Schlussabstimmungen (ParlG 81)
Weshalb ist für das Zustandekommen eines Gesetzes die Zustimmung beider Räte erforderlich?
Zweck des Erfordernisses der zweifachen Zustimmung
- Bundesstaatliche Funktion: Vertretung der Kantone
- Intraorgankontrolle, d.h.
- Verhinderung übereilter Beschlüsse
- Förderung der Rationalität der Beratungen
- Förderung der Qualität der Beschlüsse
Was sind die Probleme der parlamentarischen Initiative?
- Sachkundenot: Das Parlament verfügt nicht über das notwendige Fachwissen, um ganze Entwürfe (insb. bei grossen Gesetzgebungsverfahren) auszuarbeiten. Darunter leidet die Qualität der Erlasse (insb. mangelnde Berücksichtigung der Folgen auf andere Rechtsgebiete!).
- Zeitnot: Parlamente stehen immer unter Zeitdruck. Es besteht keine Zeit, durch lange Erklärungen den allgemeinen Informationsstand zu heben. So bestimmten nur einige spezialisierte Mitglieder den Gang der Verhandlung (die anderen müssen auf deren Urteil vertrauen).
- Bewertungsnot: Das Parlament kann aber verwaltungsinterne oder externe Experten beiziehen. Dies hat aber folgende Nachteile:
- Wegen dem fehlenden Fachwissen sind aber erneut nur ein-zelne Parlamentarier dazu fähig, die Vor- und Nachteile der vorgeschlagenen Möglichkeiten richtig zu bewerten.
- Beizug ist gar nicht nötig, da die Verwaltung über die Fach-kenntnisse verfügt und besser zur Ausarbeitung geeignet ist.
- Verwischung der Verantwortlichkeiten.
Wann liegt gesteuerte Selbstregulierung vor?
- Definition: Gesteuerte Selbstregulierung liegt vor, wenn das Gemeinwesen Rechtssetzung durch Private (Wirtschafsverbände, Fachvereinigungen) veranlasst, fördert oder mit ihnen aushandelt. Diese Art von Rechtssetzung bedeutet somit keine mit einem Aufgabenverzicht einhergehende Privatisierung der Gesetzgebung.
Beispiel: FINMAG 7 III und IV (FINMAG 7 I-II = staatliche Rechtssetzung) - Öffentlich-rechtliche Natur
Die gesteuerte Selbstregulierung ist eine spezielle Form staatli-chen Handelns und somit öffentlich-rechtlicher Natur.
Sie weist insofern einen hybriden Charakter auf, indem es sich um eine Form zwischen staatlicher Gesetzgebung und reiner Selbstregulierung handelt.
Was ist eine reine Selbstregulierung?
- Definition: Bei der reinen Selbstregulierung werden für eine gesamte Branche geltende Verhaltensregelungen von privaten Akteuren ohne staatliche Einwirkung geschaffen und durchgesetzt. Der Staat tritt nur als Schiedsrichter auf, um einen angemesse-nen Ausgleich der Interessen der Privaten herzustellen.
- Privatrechtliche Natur: Die reine Selbstregulierung ist privatrechtlicher Natur. Die Regu-lierung erfolgt mittels privatrechtlichen Normierungs-Instrumenten (Verträge, Statuten oder Beschlüsse) durch privatrechtli-che Organisationen.
Nenne die Voraussetzungen für eine dynamische Verweisung
- Verfassungsrechtliche Delegationskompetenz
- Vorliegen einer Verwaltungsaufgabe i.S.v. BV 178 III (bzw. Nichtvorliegen einer wichtigen Norm i.S.v. BV 164 I)
Als Verwaltungsaufgabe können gemäss BGer lediglich Voll-zugsbestimmungen bezeichnet werden, d.h. Normen, welche Gegenstand einer Vollziehungsverordnung sein können (Bsp. rein technische Normen). Hierbei handelt es sich nämlich funk-tional um Verwaltung. Insbesondere kann der Erlass von wich-tigen Normen i.S.v. BV 164 I nicht an Private delegiert werden (diese muss der Gesetzgeber selber erlassen). Das kantonale Verfassungsrecht kann aber eine andere Rege-lung vorsehen (vgl. KV SH 51!). - Hinreichend bestimmte formell-gesetzliche Grundlage auf Gesetzesstufe
- Öffentliches Interesse und Verhältnismässigkeit (BV 5): Bei der Delegation sind zudem das öffentliche Interesse und die Verhältnismässigkeit zu wahren.
- Staatliche Aufsicht (BV 169 I, BV 187 I lit. a )
Private Rechtssetzungstätigkeit muss der staatlichen Aufsicht unterliegen. Damit sollen eine minimale demokratische Kontrolle, Rechtmässigkeit, Wirksamkeit und die Wahrung der öffentlichen Interessen durch die Privaten sichergestellt werden. - Einhaltung der Grundrechte (BV 35 II; insb. BV 29a): Auch Aufgabenträger ausserhalb der Bundesverwaltung sind an die Grundrechte gebunden. Insbesondere darf der Rechtsschutz der Bürger nicht beein-trächtigt werden (BV 29a!). «Der Einfluss der Legislative und Exekutive lässt sich zurückbinden, nicht aber derjenige der Judikative.»
Nenne die Vorausstzungen für eine statische Verweisung
- Die Delegation in Form einer statischen Verweisung auf private Normen ist weitgehend unproblematisch, da das staatliche Organ, welches den Verweis vornimmt, volle Kontrolle über den für anwendbar erklärten privaten Normbestand behält.
- Zugänglichkeit / Publikation (PublG 2 lit. e): Allerdings muss auch bei einem statischen Verweis die Zugänglichkeit der Norm gewährleistet sein. Staatliches Recht muss publiziert werde, damit es Verbindlichkeit erlangt. Zu beachten ist jedoch, dass private Normen unter Umständen urheberrechtlich geschützt sind. Eine Publikation zerstört die-sen Schutz (URG 5 I lit. a). Deshalb muss im Einzelfall abgeklärt werden, ob einer privaten Norm staatliche Verbindlichkeit zu-kommen soll und wenn ja, wie diese Verbindlichkeit unter Wahrung der Urheberrechte zu erzeugen ist.
Nenne Vorteile und Nachteile der gesteuerten Selbstregulierung?
- Vorteil: Wahrung der Subsidiarität, indem private Lösungen staat-licher Regulierung vorgehen sollen.
- Nachteil: Risiko, dass die privaten Lösungen eine Interessengruppe oder Dritte benachteiligt.
-> Diese Form der gesteuerten Selbstregulierung eignet sich deshalb vorwiegend, wenn sich unterschiedliche Interes-sengruppen (Konsumenten und Grossverteiler, Arbeitgeber und Arbeitnehmer) gegenüberstehen.
Wie kann der Staat private Normen ins staatliche Recht übernehmen?
Der Staat kann private Normen wie folgt auch ins staatliche
Recht übernehmen:
- Verbindlicherklärung von privaten Normen (GAV [BV 110]; Rahmenmietverträge [BV 109]).
- Statische Verweisung auf private Normen (bei dynamischer Verweisung handelt es sich um eine Delegation)
- Pflicht der staatlichen Organe, private Regulierungen vorher zu prüfen und diese allenfalls in die Ausführungsgesetzgebung zu übernehmen.
Wann liegt eine Übernahme von privaten Normen vor, wann lediglich eine Anerkennung als Verwaltungspraxis?
- Übernahme liegt vor, wenn eine Rechtsfrage ohne private Normen gar nicht beantwortet werden kann, d.h. wenn eine Verordnung eine Frage nicht hinreichend regelt, sondern auf private Regeln verweist.
- Anerkennung als Verwaltungspraxis liegt vor, wenn alle Rechtsfragen im staatlichen Recht so beantwortet sind, dass sie Grundlage eines Entscheides im Einzelfall sein könnten. Die zusätzliche Angabe eines privaten Regelwerkes dient hier dann nur der Konkretisierung der Praxis.
Was sind Chancen und Risiken der gesteuerten Selbstregulierung
- Chancen:
- Nutzung des Fachwissens von Privatpersonen (notwendig we-gen der wachsenden Komplexität der zu regelnden Materie)
- Steigerung der Qualität der Rechtssetzung, da die Regeln branchennäher und sachgerechter sind (staatliche Subsidiari-tät). Dadurch steigt zudem die Akzeptanz der Regelung.
- Flexibilisierung der Rechtssetzung, da Private schneller auf unerwünschte Folgen reagieren können.
- Möglichkeit zur (inter-)nationalen Harmonisierung der Rechts-setzung
- Entlastung des staatlichen Gesetzgebers: Der Staat wird vom Lenkungs- und Leistungsstaat zum Gewährleistungsstaat, wel-cher weniger interveniert, sondern vor allem die Vorausset-zungen schafft, dass der Staat, die Privaten oder beide ge-meinsam bestimme Ziele erreichen, Aufgaben erfüllen oder Leistungen erbringen
- Risiken:
- fehlende demokratische Legitimation
- Intransparenz des Zustandekommens der Regelung
- evtl. Benachteiligung Dritter (Rechtsgleichheit)
- schwächerer Rechtsschutz
- Eignung: Umweltrecht, Finanzmarktrecht
- Nicht Geeignet: Strafrecht, Prozessrecht, Personen-, Familien und Erbrecht
Nenne die besonderen Regelungstechniken
- Zweckartikel
- Legaldefinition
- Verweisungen
- normative & infomrative Verweisung
- Binnenverweisung und Aussenverweisung
- Statische und dynamische Verweisung
- Fuktionen und gesetzliche Vermutungen
Nenne mögliche Auswirkungen des Konsenses
- Kein neutraler Redaktor, sondern interessengebundene Parteivertreter
- Regelungsgegenstand als Ausdruck von Geschäft und Gegengeschäft
- I.d.R. kein Normkonzept, sondern divergierende Textentwürfe
- I.d.R. nur eine Regelungsstufe
- Vertraulichkeit der Verhandlungen verhindert Vernehmlassungs-verfahren u.Ä.
- Erzielte Verhandlungsergebnisse werden in der Regel nicht mehr widerrufen, keine Änderung von Mängeln
- Vertragsredaktoren sind i.d.R. nicht Vollzugsorgane
- Hang zu übermässiger Dichte: Sicherung von Verhandlungsergebnissen
- Hang zu übermässiger Offenheit: Einebnung materieller Differenzen
- Aufeinandertreffen verschiedener Rechtsetzungskulturen
- Zeitdruck, Zwang zu Ergebnissen
- Arbeit mit Vorbehalten und auslegenden Erklärungen