M5-SI_FFTE_Hänggi

Entwicklungspsychologie: Vorgeburtliche Entwicklung und frühe Kindheit Hellgard Rauh

Entwicklungspsychologie: Vorgeburtliche Entwicklung und frühe Kindheit Hellgard Rauh

Hanspeter Inauen

Hanspeter Inauen

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Langue Deutsch
Catégorie Psychologie
Niveau Université
Crée / Actualisé 25.09.2012 / 25.02.2015
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infant

ein der Sprache noch nicht mächtiges Kind (etwa die ersten zwei Lebensjahre)

toddler

Kind, das sich erst unsicher eigenständig fortbewegt (zweites und drittes Lebensjahr)

Konzeption

Zeugung

Gestationsalter (GA)

intrauterine Zeit des Kindes seit seiner Konzeption

Lebensalter

berechnet sich ab Geburt

Gestationszeit

Zeit der Schwangerschaft aus sicht des Kindes

korrigiertes Lebensalter

Für die Beurteilung der psychologischen Entwicklung des Säuglings (bis ca. 2 Jahre) ist es sinnvoll, die an der vollen Gestationszeit von 40 Wochen fehlende Zeit vom Lebensalter abzuziehen.

Konzeptionsalter

Gestationsalter + Lebensalter

Embryo

menschlicher Keim in den ersten acht bis zwölf Wochen:

Entwicklung der Körperstrukturen und inneren Organe

Fötus

ab drittem Gestationsmonat:

grosse Wachstumsschübe des Gehirns, Differenzieren des ZNS, Funktionsaufnahme der Organe, Entwicklung motorischer Aktivität

--> Kind nimmt bereits in den letzten Wochen vor der Geburt wahrnehmend und lernend an seiner unmittelbaren Umwelt teil

Entwicklung des ZNS

in den ersten Wochen nach der Konzeption: Bildung von Nervenplatte und Chorda (Rückenmarkstrang) sowie deren räumliche Orientierung --> Orte oder Adressen für spätere Funktionen werden festgelegt: in Richtung auf diese Orte wandern die sich bildenden Nervenzellen, gestützt durch ein Gerüst von Gliazellen (Weisse Hirnmasse)

Als Erstes (noch in der Embryonalzeit) werden das visuelle Zentrum und die Platzierung der Augen festgelegt

Am längsten (bis sich Monate nach der Geburt) vermehren sich die Nervenzellen im Kleinhirn --> wichtig für Koordination der Fortbewegung

Gliazellen

weisse Hirnmasse

stützen Nervenzellen bei ihrer Wanderung an die vorgesehenen Orte

sind ein Leben lang regenerierbar

echte Nervenzellen

vermehren sich ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr

Gehirnwachstum

drei Wachstumsschübe:

1) zwischen drittem und fünftem Gestationsmonat: rapide Vermehrung der Nervenzellen und Axone --> in dieser Zeit ist kindliches Gehirn am stärksten gefährdet

2) wenige Wochen vor der Geburt: zweiterWachstumsschub bis vier Monate nach Geburt: Nervenzellen differenzieren sich besonders stark und bilden viele Dendriten und Synapsen; erhebliche Zunahme der Gliazellen

3) drittes Lebensjahr: Höhepunkt der Myelinisierung

Myelinisierung braucht bei einigen Hirnregionen fast 30 Jahre

Das Gehirnwachstum erstreckt sich weit in die postnatale Zeit!

Entwicklungsprinzipien der Gehirnentwicklung

Zunahme: Nervenzellen, Dendriten und Synapsen vermehren sich --> Überproduktion

Abnahme: nicht benötigte Nervenzellen werden eine gewissen Zeit behalten und dienen der Feinabstimmung, Korrektur und Ausbesserung des Gehirns --> werden sie nicht mehr gebraucht, serben sie ab

Selektion: funktionsnotwendige Zellen werden ausgelesen

Heterochronie

Hirnbereiche, Sonnesorgane und Teilfunktionen etwickeln sich unterschiedlich schnell.

Gehirn und Sinnersorgane entwickeln sich zunächst weitgehend unabhängig voneinander --> Verschaltung findet zwischen 23. und 37. Gestationswoche statt

Beispiel:

- visuelle Wahrnehmung: früh funktionsbereit, erhält aber noch keine visuellen Reize

- Gehör und Geschmack, Tast- und Berührungssinne: bereits vor der Geburt ausserhalb des Fötus stimuliert --> dient der Feinabstimmung der Synapsen

Vorgeburtliches Lernen

Hinweise für vorgeburtliches lernen:

- Präferenzen für Speisen durch Nahrungsaufnahme über Mutter

- frühe Präferenz für Muttersprache

- Präferenz für Klangbild der Sprache der eigenen Mutter

Motorische Verhaltensentwicklung

Spntane Aktivität und Aktivitätsmuster ab 8. Gestationswoche:

generalisierte Zuckungen oder Massenbewegungen, isolierte Arm- und Beinbewegungen, Schluckauf, Purzelbäume, Atembewegungen, Berührung des Gesichts, Zunahme Muskeltonus (aufsteigend von Beinen zu Schultergürtel), Zunahme Reflexe (zunehmend vom Gesicht zu den Füssen)

Uyklisierung der Aktivität ab 14. Gestationswoche:

aktivitätsfördernde wie -hemmende neuronale Mechanismen erkennbar, zwei Schlafzustände (ruhig, aktiv), zwei Wachheitsgrade (ruhig, aktiv) --> Aktivität weitgehend vom Tagesrhythmus der Mutter bestimmt: erst zwei bis drei Monate nach Geburt eigener Schlaf- Wachrhythmus

Vorgeburtliche Aktivitätsveränderungen im zweiten Trimester der Gestationszeit:

Atemtempo und Herzrate gegen Ende der Gestationszeit mit Aktivität koordiniert

Funktionen vorgeburtlicher Aktivität

Funktionsaufnahme des sich entwickelnden neuronalen Systems

intrauterine Feinanpassung der Gehirnstrukturen und Synapsen

Abbau überschüssiger Neuronen und Verbindungen

Bereitstellen überlebenswichtiger, vitaler Funktionen für die Zeit unmittelbar nach der Geburt

Vorläufer späterer Verhaltensmuster

Geschlechtsdifferenzierung des Fötus

XX: weiblich

XY: männlich

geschlechtsspezifische Ausbildung der Organe und des Gehirns sowohl durch mütterliche als auch durch embryonale(fötale Hormone gesteuert

Basismodell ist weibliche Entwicklung: männliche Föten produzieren zusätzlich Testosteron

Im Gegensatz zur eindeutigen Dichotomisierung des Geschlechts durch die Chromosomenkombination gibt es in der organischen und neuronalen Ausbildung Überlappungsbereiche zwischen den Geschlechtern.

Vorgeburtliche Risiken

Genetische Risiken:

Extrem junges und fortgeschrittenes Alter der Mutter stellen einen Risikofaktor sowohl für genetische Fehler als auch für die Versorgung des heranwachsenden Fötus dar

Gesundheitliche Risiken:

Infektions- und chronische Krankheiten, schwangerschaftsbedingte gesundheitliche Probleme der werdenen Mutter, Medikamentengebrauch, Umwelteinflüsse, persönlicher Lebensstil

Während des ersten Schwangerschaftsdrittels: Auswirkung vor allem auf Organentwicklung

spätere Einflüsse betreffen vorwiegend Sauerstoff- und Nahrungsversorgung, Gehirnentwicklung, Aktivität

Psychische Belastung:

Schwere psychische Belastungen können beeinträchtigend auf Entwicklung des Fötus wirken

Mangelversorgung:

häufiges Risiko durch plazentare Mangelversorgung --> führt häufig zu Frühgeburt, aber auch längerfristig zu Beeinträchtigung der körperlichen und psychischen Entwicklung

Definition Frühgeburt

vor der 37. Gestationswoche

oder

weniger als 2'500 Gramm

Überlebensrate Frühgeburt

mit medizinischer Unterstützung Überleben ab 24. Gestationswoche und einem Gewicht von 500 g möglich

Kinder unter der 32. Woche oder einem Gewicht unter 1'500 g gelten als extrem frühgevoren und sind besonders gefährdet für neurologische Folgeschäden und Schäden an den Sinnesorganen

Entwicklungsauswirkungen bei Frühgeburt

Frühgeborene schelchter vorbereitet für Atmung, Kreislauf, Ernährung, Verdauung, Wärmeregulation

längerfristige Probleme:

- Erregunskontrolle

- Informationsverarbeitung und Integration

- komplexere kognitive Leistungen

- motorische Kraft und Koordination

häufig zusätzliche biologische Risiken sowie Eltern, die mit emotional besonders schwierigen Aufgaben betraut sind

Känguru-Methode

Veränderte Betreuungspraxis Frühgeborener: u.a. werden Eltern mehr miteinbezogen

Bei der Känguru-Methode ist Kind nur mit einer Windel bekleidet und liegt täglich mehrere Stunden auf dem Körper von Vater oder Mutter --> bessere Sauerstoffversorgung, nehmen schneller zu, können früher entlassen werden, Eltern fühlen sich sicherer und reagieren sensibler auf Bedürfnisse des Kindes, besondere emotionale Beziehung

Modellvorstellungen über vorgeburtliche Entwicklungsfaktoren

kein reiner Reifungsvorgang

Einschränkungen und Möglichkeiten durch Heterochronie:

constraints: Einschränkung der Verhaltensmöglichkeiten durch Zusammenspiel unterschiedlicher Funktionen

opportunities: neue Erfahrungen und neues Verhalten nach Verschaltung einzelner Sinnesorgane und Gehirnregionen

Erfahrungen aus eigener Aktivität und Erfahrungen externen Ursprungs

Zusammenwirken von Reifungs- und Erfahrungsprozessen:

experience dependet (erfahrungsabhängig): motorische, taktile, usw. Erfahrungen regen den Metabolismus (Stoffwechsel) der entsprechenden Hirnreginen an

experience expectant (erfahrungserwartend): neuronale Überproduktion --> aufgrund externer Erfahrung selegiert

Probabilistische Epigenese:

bidirektionale Beziehung zwischen Genen, Gehirn und Verhalten

Prognose aufgrund der vorgeburtlichen Entwicklung

pränatale Diagnostik erlaubt kaum Vorhersage auf späteres Entwicklungstempo oder auf künftige Persönlichkeitsunterschiede

Ausmass der Frühgeburtlichkeit lässt Risikoprognose bis weit in das Schulalter hinein zu --> eher negative Prognose für exterm frühgeborene Kinder: fragiler, erhöhte Vulnerabilität, Probleme im perzeptuell-motorischen, kognitiven und sprachlichen Bereich sowie Situationen mit erhöhten Aufmerksamkeitsanforderungen

besonders Vulnerabel, wenn soziale Probleme im Elternhaus hinzukommen --> angemessene und anregungsreiche Umwelt, feinfühliger und achtungsvoller Umgang mit dem Kind, Sensitivität und angemessene Fürsorglichkeit der Eltern könne helfen, manche durch Frühgeburtlichkeit bedingte Fragiligät aufzufangen und auszugleichen

Funktionelle Anpassung: nach der Phase der Vervenzellbildung mit Überschuss findet bei einem anatomisch geschädigten Gehirn keine wirkliche Heilung mehr statt (deshalb nur begrenzte Wirksamkeit von Therapien).