M4 03407 Sozialpsychologie I K1
Kapitel 1 Einführung
Kapitel 1 Einführung
Kartei Details
Karten | 41 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Psychologie |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 12.04.2016 / 01.03.2021 |
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Hauptziel sozialpsychologischer Forschung
empirisch überprüfbare Theorien und Modele zu entwickeln,
um zu BESCHREIBEN, zu PROGNOSTIZIEREN & zu ERKLÄREN
WIE Menschen sich in SOZIALEN SITUATIONEN VERHALTEN.
- wie sie einander wahrnehmen
- wie sie Einfluss auf einander ausüben
- wie sie ihre Beziehungen zueinander gestalten
Wann liegt eine Interaktion vor?
Eine Interaktion zwischen zwei Einflussfaktoren liegt vor wenn die STÄRKE DES EFFEKTS, den ein bestimmter FAKTOR (z.B. SITUATIONSMERKMAL) auf eine VARIABLE (z.B. bestimmtes VERHALTEN) ausübt, SYSTEMATISCH mit der Ausprägung eines ANDEREN FAKTORS (z.B. PERSONENMERKMAL) variiert.
Bsp. für Person-Situation-Interaktion
- Die gleiche Menge konsumierten Alkohols (UV 1) wirkt sich bei Männern und Frauen (UV 2= Geschlecht) unterschiedlich stark auf die Fahrtüchtigkeit (AV) aus. Der Einfluss des Alkoholkonsums variiert also in Abhängigkeit vom Geschlecht.
- Faktor, Situationsmerkmal = Ausdruck von Mitleid, Variable = Versöhnungsbereitschaft, 2. Variable, Personenmerkmal = Vertrauen des Rezipienten
Zwei breite Forschungsbereiche sozialpsychologischer Forschung
1. intra - & interPERSONALE Prozesse
2. intra - & interGRUPPALE Prozesse
Forschungsschwerpunkte zu intrapersonalen Prozessen
- Erfoschung von EINSTELLUNGEN
Forschungsschwerpunkte zu interpersonalen Prozessen
- soziale Beziehungsforschung
- prosoziales Verhalten
- aggressives Verhalten
Forschungsschwerpunkte zu intragruppalen Prozessen
- Kooperation in Gruppen
- Gruppenleistung
Forschungsschwerpunkte zu intergruppalen Prozessen
- Ursachen von Intergruppendiskriminierung
- Interventionsmaßnahmen
- traditionell insbesondere problematische Aspekte: Vorurteile, Konflikte, Diskriminierung
- heute auch positives Verhalten untersucht: Hilfeverhalten zwischen Gruppen, intergruppale Solidarität
Makroebene
- ÖKONOMISCHE, STRUKTURELLE & POLITISCHE Prozesse
- Phänomene des gesellschaftlichen Zusammenlebens
- Bereich der Politikwissenschaft, Wirtschaftswissenschaft, Soziologie u.a.
Mikroebene
- PSYCHOLOGISCHE oder biologische Prozesse
- Analyseeinheit = Individuum oder kleinere biologische Einheiten (z.B. das Gehirn)
- Allgemeine- & Kognitionspsychologie, Persönlichkeitspsychologie, Humanbiologie, Neurowissenschaften etc...
Mesoebene
- SOZIALE Prozesse – Interaktionen zwischen Individuen, innerhalb von Gruppen oder zwischen Gruppen
- Domäne der Sozialpsychologie -> dort wo Psychisches und Soziales aufeinander treffen
- Wissenschaftliche „Nachbarn“ der Sozialpsychologie u.a. (Mikro-)Soziologie, Kommunikationswissenschaft und Ethnologie.
Zusammenhang der verschiedenen Ebenen (Makro, Meso, Mikro)
- besondere POTENTIAL der Sozialpsychologie = Erklärungen dafür zu liefern, wie und in welcher Weise sich MAKROprozesse (objektive Strukturen) auf MIKROprozesse (subjektives Erleben) auswirken und umgekehrt
- sozialpsychologische Forschung und Theoriebildung durch den „Import“ von theoretischen und empirischen Erkenntnissen aus Nachbardisziplinen beeinflusst. (Aggressionsforschung z.B. durch Erkenntnisse aus Humanbiologie; sozialpsychologische Intergruppenforschung z.B. durch soziologische Theorien)
- Sozialpsychologische Erkenntnisse werden wiederum in andere Disziplinen „exportiert“ (Soziologie, Politikwissenschaft, Kommunikationswissenschaft u.a.).
Hypothetische Konstrukte
- Abstrakte theoretische Begriffe, die sich NICHT direkt BEOBACHTEN lassen, sondern nur mit Hilfe von INDIKATOREN beobachtet oder erschlossen werden können
Variable
messbare INDIKATOREN eines Hypothetischen Konstrukts
Operationalisierung
- Art und Weise, WIE ein hypothetisches Konstrukt in eine beobachtbare Variable überführt wird.
- hat Auswirkungen auf die Validität (Gültigkeit) der wissenschaftlichen Schlussfolgerungen.
Konstruktvalidität
- INWIEWEIT eine beobachtete Variable das zugrunde liegende theoretische Konstrukt angemessen REPRÄSENTIERT.
Hypothesen
- Die Hypothesen einer Theorie SPEZIFIZIEREN die BEZIEHUNG zwischen den hypothetischen Konstrukten.
- Häufig in Form von WENN-DANN-Sätzen (da menschliches Verhalten erklärt & vorhergesagt werden soll)
- Je ALLGEMEINER formuliert, desto GRÖßER der GÜTIGKEITSBEREICH!!!
Gütekriterien zur Beurteilung wissenschaftlicher Theorien
- INNERE Wiederspruchsfreiheit
- ÄUßERE Wiederspruchsfreiheit
- Theorie ist umso BESSER je PRÄZISER ihre Vorhersagen und Erklärungsleistungen sind
- Theorie ist umso BESSER je MEHR Phänomene sie ERKLÄREN und VORHERSAGEN kann.
- Theorie ist umso BESSER je SPARSAMER ihre Annahmen sind
Selektive (konformatorische) Informationssuche
- Menschen tendieren oft dazu, einseitig nach Informationen zu suchen, die ihre Annahmen bestätigen, während sie Informationen, die ihre Annahmen widerlegen könnten, vernachlässigen.
Sozialpsychologische Forschungsmethoden anhand zweier Fragen klassifizierbar.
Frage 1: Findet die Datenerhebung im Feld oder im Labor statt?
Frage 2: Dient die Methode der Beschreibung, der Vorhersage oder der Erklärung sozialer Phänomene?
Laborforschung vs. Feldforschung
Prüfung sozialpsychologischer Theorien und ihrer Anwendbarkeit auf unterschiedliche Kontexte und Populationen stützt sich typischerweise auf eine KOMBINATION aus Feld- und Laborforschung!
LABORFORSCHUNG:
- (+) Kontrollierbarkeit und Standardisierung relevanter Einflussgrößen und Rahmenbedingungen
- (-) Generalisierbarkeit, ungewohntes „Setting“ der Laborsituation kann Ergebnisse verfälschen
FELDFORSCHUNG:
- (+) Erlebens- und Verhaltensdaten in der Umgebung erhoben, in der sie natürlicherweise auftreten. wichtige Rolle für Weiterentwicklung & Modifikation von Theorien, da bislang unberücksichtigte Einflussfaktoren aufgedeckt werden können.
Forschungsziel= Beschreibung sozialer Phänomene
- Methode = BEOBACHTUNG: die sozialen Phänomene werden systematisch beobachtet und protokolliert.
- Beispiel: Ethnographie (unter natürlichen Bedingungen ein Bild von Normen, Bräuchen und Sozialstrukturen u.ä. einer Gruppe oder Kultur zu bekommen)
Forschungsziel = Vorhersage von Phänomene
- KORRELATIONSMETHODE = zwei oder mehrere Variablen werden systematisch gemessen, und es wird die Beziehung zwischen ihnen ermittelt
- Die Ergebnisse von Korrelationsstudien lassen allerdings KEINE eindeutigen KAUSALSCHLÜSSE zu. -> es könnte auch ein umgekehrter kausaler Zusammenhang oder eine dritte Variable verantwortlich sein!
Forschungziel = Erklärung von Phänomenen
Methode = (sozial)psychologische Experiment
- Schlüsselmerkmale des Experiments sind MANIPULATION und KONTROLLE
einfachsten Fall eines Experiments = zwei Schritte
- (1) manipuliert (variiert) Ausprägung der unabhängigen Variable (UV)
- (2) beobachtet (bzw. misst) die daraus resultierenden Veränderungen in der abhängigen Variable (AV).
Kontrolltechniken im Experiment: Wofür?
- um sicherzustellen, dass die beobachtete KOVARIATION von Ursache und Wirkung in einem Experiment allein auf die manipulierte Ursache (UV) und nicht auf andere mit der manipulierten Ursache zufällig variierende Faktoren zurückzuführen ist (= KONFUNDIERUNG der unabhängigen Variable mit einer Störvariable).
wichtigste exterimentelle Kontrolltechnik?
Randomisierung!
- zufällige (randomisierte) Zuteilung der Versuchspersonen auf die verschiedenen Bedingungen des Experiments, durch die unterschiedliche Ausprägungen der UV realisiert werden
Was ist ein ECHTES Experiment?
NUR, wenn
1. Möglichkeit der Manipulation der UV und AUCH
2. Möglichkeit der randomisierten Zuteilung der Versuchspersonen
besteht!!!
Unabhängige Variable (UV)
- auch "Treatment, Faktor"
- Die Variable, für die eine ursächliche Wirkung angenommen wird; sie wird manipuliert.
Abhängige Variable (AV)
- auch "Outcome"
- Die Variable, von deren Ausprägung angenommen wird, dass sie von der UV abhängt; sie wird gemessen.
Moderatorvariable
- Auch "Interagierende Variable"
- Eine im Rahmen der theoretischen Annahmen relevante Variable, die die Stärke des Kausaleffekts der UV auf die AV beeinflusst. Sie erklärt, wann (unter welchen Bedingungen) ein bestimmter Effekt der UV zu erwarten ist; sie wird in Experimenten daher häufig als eine zusätzliche UV manipuliert.
Mediatorvariable
- auch "Vermittelnder Prozess"
- Eine im Rahmen der theoretischen Annahmen relevante Variable, die den Kausaleffekt der UV auf die AV vermittelt. Sie erklärt, warum sich die UV auf die AV auswirkt; sie wird in Experimenten daher häufig zusätzlich zur AV gemessen, oder aber gezielt manipuliert.
Störvariable
- auch "Confoundervariable"
- Variablen, die ebenfalls Einfluss auf die Ausprägung der AV haben können. Dieser Einfluss ist nicht von theoretischem Interesse, er beeinträchtigt aber die Interpretation des Effekts der UV. Störvariablen müssen daher eliminiert oder kontrolliert werden.
Validität
- bezieht sich in der empirischen Forschung auf die Gültigkeit der Schlussfolgerungen, die aus einer Untersuchung gezogen werden können.
interne Validität
- HOCH, wenn die beobachtete Veränderung der AV mit HOHER Wahrscheinlichkeit auf die experimentelle Manipulation der UV zurückzuführen ist
- SICHERHEIT, mit der man aus Ergebnissen des Experiments auf URSACHE-WIRKUNGsbeziehungen schließen kann
- -> Qualität experimenteller Forschung hängt in erster Linie von der internen Validität ab
externe Validität
- inwieweit die Befunde (unter Berücksichtigung relevanter theoretischer Annahmen) auf andere Situationen oder Populationen übertragbar (GENERALISIERBAR) sind.
- wichtiges Kriterium zur Beurteilung der externen Validität = REPLIZIERBARKEIT, d.h. die Bestätigung der Befunde bei unabhängigen Wiederholungen mit Versuchspersonen aus anderen Populationen, in unterschiedlichen Kontexten oder unter Verwendung unterschiedlicher Varianten der Manipulation
Kritik an sozialpsychologischen Laborexperimenten
- Versuchspersonen in „künstliche“ Situationen gebracht würden, denen sie so im Alltag nicht begegnen würden.
- Daraus wird geschlussfolgert, die Ergebnisse seien nicht auf das „reale“ Leben übertragbar
Offensichtlicher vs. psychologischer Realismus
- Entscheidend für die Übertragbarkeit experimenteller Befunde auf andere Situationen ist NICHT, dass die Experimentalsituation einer realen Situation maximal gleicht (OFFENSICHTLICHER Realismus). Entscheidend, dass sie PSYCHOLOGISCHEN Realismus besitzt d.h., dass die in einem Experiment angestoßenen psychologischen Prozesse denjenigen, die unter entsprechenden Bedingungen im „realen Leben“ ablaufen, weitgehend ähneln
- Ist psychologische Realismus HOCH, können gerade Laborexperimente weitreichende GENERALISIERBARE Ergebnisse produzieren, da sie eine Prüfung der theoretischen Annahmen auf einem hochgradig allgemeinen (statt auf situationsspezifischen) Niveau ermöglichen
Demand characteristics
- bestimmte HINWEISREIZE in der Untersuchungssituation
- können INTERNE Validität sozialpsychologischer Experimente bedrohen
- diese Hinweisreize könnten der Versuchsperson nahelegen, welche Verhaltensweisen oder Reaktionen von ihr erwartet werden. Ergebnisse werden verfälscht, da, nicht mehr die spontanen oder „natürlichen“ Reaktionen der Versuchsperson beobachtet werden können.
- Tendenz zur sozialen Erwünschtheit insbesondere, wenn negative Verhaltensweisen untersucht werden
Täuschung
- Methode zur Reduktion von Ergebnisverfälschung durch demand characteristics
- Vp von der Vl über einige Aspekte der Untersuchung getäuscht z.B.:
- einfache Zurückhalten von Informationen über die wahren Ziele der Untersuchung oder
- COVER STORY = absichtliche Irreführung der Versuchspersonen, bei der ihnen vorgespiegelt wird, die Untersuchung verfolge ganz andere Ziele
- wissenschaftliche Sicht gerechtfertigt, ethische Sicht problematisch
Ethik-Richtlinien (wichtige Aspekte)
- Freiwilligkeit der Vp zur Teilnahme
- Verpflichtung Vp keinen psychisch oder physisch schädigenden Einflüssen oder Gefährdungen auszusetzen
- Verpflichtung, Untersuchungen unverzüglich abzubrechen, wenn Vp unerwartete Belastungsreaktionen zeigen.
- VOLLSTÄNDIGE POSTEXPERIMENTELLE AUFKLÄRUNG vorgeschrieben
- VP soll die Möglichkeit gegeben werden, die an ihnen erhobenen Daten zurückzuziehen
Postexperimentelle Aufklärung
- Die VP werden nach dem Experiment vollständig über die Täuschung und das eigentliche Ziel der Untersuchung aufgeklärt;
- die wissenschaftliche Notwendigkeit der Täuschung wird begründet.
- Im Idealfall vermittelt diese Aufklärung den Versuchspersonen ein Verständnis für die Relevanz der Forschungsergebnisse und den Beitrag, den sie dazu geleistet haben