M1_3400 Kap. 7 M1 - Einführung in die Psychologie und ihre Geschichte
B. Sc. Psychologie Fernuniversität Hagen
B. Sc. Psychologie Fernuniversität Hagen
Kartei Details
Karten | 27 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Psychologie |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 14.01.2014 / 20.01.2016 |
Weblink |
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Definition Arbeits- und Organisationspsychologie (AO-Psychologie):
Definition:
AO-Psychologie ist die Wissenschaft vom Verhalten und Erleben von Menschen in (Arbeits-)Organisationen.
Sie beschäftigt sich mit der Gewinnung und Anwendung psychologischer Erkenntnisse in der Arbeitswelt.
Gegenstandsbereich der AO-Psychologie:
- existiert etwa seit Beginn des 20. Jhd.
- In Europa dominierte lange von W. Stern geprägt: Psychotechnik
- Nordamerika: Industrial Psychology
- Früher v.a. Gestaltung von Arbeitsbedingungen ("Objektpsychotechnik") und Auswahl geeigneter Personen ("Subjektpsychotechnik")
- Einfluss der Hawthorne-Studien und Arbeiten Kurt Lewins kam um Jhd.Mitte die Organisationspsychologie als jüngstes eigenständiges Teilgebiet der AO-Psychologie hinzu
- seit dem Nordamerika: Industrial and Organizational (IO) Psychology, in Europa: AO -> sind aber nicht deckungsgleich!
- AO mittlerweile Dreitelung in Arbeit, Personal, Organisation
Arbeits-, Personal-, Organisationspsychologie:
Arbeitspsychologie:
- Im Fokus: Arbeitstätigkeit und Arbeitsbedingungen
- Methoden zur Analyse von Tätigkeitsmerkmalen (Arbeitsanalyse) und ihrer psychologischen Voraussetzungen (Anforderungsanalyse) -> Bewertung humaner Arbeit und Lohngerechtigkeit (Arbeitsbewertung)
- Ebenso: Gestaltung von Arbeitstätigkeiten (Arbeitsgestaltung), äußere Bedingungen (Mensch-Maschine-Interaktion), Erforschung der Folgen von Arbeit (Stress, Fehlbeanspruchung)
- abstrahiert v.a. vom individuellen Arbeitenden, somit greift sie auf Grundlagen der allg. Psy (Wahrnehmen, Denken) zurück
Personalpsychologie:
- Unterschiede zw. Personen und somit Grundlagen aus der Differentiellen Psy und der Diagnostik
- Auswahl und Platzierung von MA (Berufseignungsdiagnostik), Messung und Bewertung individueller Arbeitsleistungen (Leistungsbeurteilung), Veränderung der Leistungsvoraussetzungen (Personalentwicklung)
- in der Praxis meist von Nichtpsychologen durchgeführt
Organisationspsychologie:
- Arbeitsmotivation, Arbeitseinstellung (z.B. Arbeitszufriedenheit)
- Arbeitsbeziehungen, die durch direkte Interaktion geprägt sind (Führung, Arbeitsgruppen) und deren Auswirkungen (z.B. Vertrauen, Konflikte)
- Verständnis (Organistationstheorie) und Gestaltung (Organisationsentwicklung) der gesmaten Organisation als komplexes soziales Gebilde
- Grundlagen der angewandten Sozialpsy und überlappt sich stark mit Industiresoziologie oder betriebswirtschaftl. Organisationslehre
Perspektiven und methodisches Vorgehen der AO-Psychologie:
- Gegensatz von Theorie und Praxis im Alltag, Anwort d. Wissenschaftler mit Zitat von Kurt Lewin: "Nichts ist praktischer als eine gute Theorie."
- scientist-practitioner model: professionelle psychologische Praxis erfordert wissenschaftliches Arbeiten
- wissenschaftlich fundierte Maßnahmen schließen stets die Phasen der Diagnose (oder Analyse), Intervention und der (empirischen) Evaluation ein - in der Praxis meist hemdsärmeliger Ansatz der sich auf die Interventionen (das "Machen") konzentriert
Pädagogische Psychologie:
- anwendungsorientierte Teildisziplin der PSY
- Lehre und Lernen, Enge Beziehung zu Prozessen der Erziehung
- kaum zu unterscheiden: Pädagogische Psychologie und Empirische Pädagogik
- Schnittstellen mit Erziehungs-. Bildungs- und Medienwissenschaften
- "Educational Psychology" im englischsprachigen Bereich
- Zwei Bereiche: Lehren und Lernen / Erziehung und Sozialstation
Lehren und Lernen (Pädagogische PSY):
- Befunde aus der allg. PSY wie Lern-, Denk- Gedächtnis- und Wissenspsychologie (auch Fertigkeitserwerb und Handlungsregulation)
- Themen: Bedingungen, Prozesse und Effekte des Lehrens und Lernens
- Wichtig ist Erforschung der Determinanten von Lernprozessen
- Lerntransfer: jedes Lernen ist von dem abhängig, was man bereits weiß und kann (kann sich positiv aber auch negativ auswirken, von Person zu Person unterschiedlich, abhängig von Lerndomäne (Mathe, Schreiben, praktische Fähigkeiten) und Strukturierung der Lernumgebung
- wesentliches Ziel der Unterrichtsgestaltung: Maximierung von positivem Transfer
- es werden nicht nur Erkenntnisse aus benachbarten Disziplinen verwendet, es wird auch eigene anwedungsorientierte Grundlagenforschung betrieben (z.B. im Rahmen der Unterrichts- und Instruktionspsy, Evaluation von Lehr- und Lernmethoden
Relevante Erkenntnisse aus anderen psychologischen Grundlagendisziplinen:
- Differentielle PSY, Persönlichkeitspsy, Psychologische Diagnostik (individuelle Lernvoraussetzungen, Lernschwierigkeiten)
- Entwicklungspsy: Frühförderung, Schullaufbahnberatung
- Sozialpsy: Gruppendynamik, Einfluss der Gruppe auf die Leistung
- soziokulturelle Stereotypen und Einstellungen von Lehrenden haben auch Auswirkungen ("Pygmalioneffekt")
Erziehung und Sozialstation (Pädagogische PSY):
- Mikroebene: Familienprozesse, Erziehungshadeln der Eltern, Interessen und Bildungsorientierung der Eltern, ob Kind alleine oder mit Geschwistern, welche Freunde und wie sich das alles, die Persönlichkeitsentwicklung, Interessen, Leistungsmotivation und Lernbereitschaft auswirken.
- Mesoebene: Beziehungen zw. Elternhaus und der Schule
- Makroebene: indirekte Einflüsse auf Erziehungs- und Bildungsgeschehen (Arbeitsplatz der Eltern, Medien, Schul- und Kulturpolitik...)
- Interventionsmöglichkeiten hier v.a. auf der Ebene der Erziehungsberatung und Ebene des Austausches zw. Schulen und Eltern
Relevante Erkenntnisse aus anderen psychologischen Anwendungsfächern:
- Psychologische Diagnostik
- Klinische PSY
- AO-Psychologie
- Leistungs- und Lernproblemdiagnostik (Lese-Rechtschreib-Schwäche), Umgang mit Lernbehinderungen, Aufmerksamkeitsstörungen, problematisches Verhalten (Aggression)
- Lehren und Lernen ebenfalls als Arbeitshandlung zu sehen: berufl. Ausbildungsfelder im industriellen, produzierenden, Dienstleistungsgewerbe (Professionalisierung), betriebl. Weiterbildung, Weiterqualifikation von Arbeitslosen
- "distance education" (Fernlernen)
Forschungsmethoden der Pädagogischen PSY:
- große methodische Vielfalt, Anwendung finden alle emp. Forschungsmethoden der PSY und der empirischen Sozialwissenschaften:
- Beobachtungen aller Art (z.B. Unterricht), experimentelle Methoden (z.B. Variation von Lehrmethoden), Leistungsmessungen allser Art (Tests), Einstellungs- und Persönlichkeitstests, Befragung und Interview...
- querschnittlich (z.B. Vergleich mehrerer Klassenstufen) und längschnittlich (z.B. Leistungsänderungen einer oder mehrerer Schulklassen im Laufe eines Schuljahres) möglich
- pädagogische Interventionen aller Art müssen evaluiert werden, da Einführung neuer Lehr-Lernverfahren mit großem materiellen und immaterellen Kosten verbunden ist
Gemeindepsychologie ("Community Psychology")
- Austausch mit anderen gesundheits- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen (Gesundheitspsy, Stadtsoziologie...)
- Beschäftigt sich mit: Wohl von Gemeinden, kommunalen Instituten, Gruppen und Individuen verbessern oder optimieren -> Förderung des Empowerments von Bewohnergruppen, Verbesserung urbaner Lebensqualität, Verbesserung und Prävention psychischer Probleme, Vorbeugung lokaler Kriminalität...
- Gehört in Dtl. (noch) nicht zum traditionellen Spektrum
- relativ junge Anwendungsdisziplin der PSY
Anfänge und Entwicklung der Gemeindepsychologie:
- 1960er Jahre, eng verknüpft mit den politischen und sozialen Bewegungen
- kritische Haltung gegenüber der tradtionellen Psychiatrie. Die Leute bemängelten, dass Interventionsmaßnahmen nur für Individuen gemacht wurden und soziale Komponente (Armut, Diskriminierung...) außer acht gelassen wurde -> daraus entstand gemeindenahe psychologische Versorgung und alltagsnahe Interventionsverfahren
- Stärkerer Schwerpunkt wurde auf Maßnahmen der Prävention gesetzt
- Im Rahmen der APA sind Gemeindepsychologen in einer eigenen Abteilung organisiert: Society for Community Research & Action (SCRA)
Nationale Unterschiede (Gemeindepsy):
- als erstes etabliert: USA, Australien und Neuseeland -> Schwerpunkt auf der Förderung des psychosozialen Wohlbefindens
- Großbritannien: Erforschung und Förderung sozialer und politischer Partizipation und des Empowerments sozial benachteiligter Gruppen
- lateinamerikanische Länder "Socialpsychological Community Psychology" verlgeichbar mit GB
In dtl. noch nicht als traditionelles Anwendungsfach etabliert, da:
- gemeindepsychologische Themen auch Gegenstand bereits etablierter Fächer (Gesundheitspsy, Umweltpsy)
- akademische PSY in Dtl. orientiert sich mehr naturwissenschaftlich und forschungsorientiert als sozialwissenschaftlich und anwendungsorientiert
Ziele und Methoden gemeindepsychologischen Forschens und Handelns:
Versteht sich als kritische Sozialwissenschaft, deren Ziel es ist die Lebensverhältnisse von Menschen zu verbessern und soziale und wirtschaftl. Ungerechtigkeit und Diskriminierung zu verringern.
Organisationsziele der SCRA:
- Förderung der Anwendung sozial- und verhlatenswissenschaftlicher Erkennnisse (zur Förderung des Wohls)
- Förderung der Theorieentwicklung und der Forschung (zur Verständnis menschlichen Verhaltens)
- Förderung eines anhaltenden und wechselseitigen Wissens- und Technologietransfers zw. Gemeindepsychologen und anderen Vertretern (zur Profitierung von den Stärken unterschiedlicher Seiten)
- Einflussnahme auf die Entwicklung und Institutionalisierung wirtschafts- und sozialpolitischer Maßnahmen (soziale Gerechtigkeit, Solidarität, Respekt von Diversität...)
Relevanz anderer psychologischer Disziplinen für die Gemeindepsychologie:
- Sozialpsychologie (Intergruppenforschung: Interventionsmaßnahmen zum Abbau von Feindseligkeiten...)
- Entwicklungspsychologie (Intervention bestimmter Altersgruppen)
- klinische Psychologie
- AO-Psychologie
- Pädagogische PSY
- Gesundheitspsy
- Umweltpsy
Hat auch eigene Modelle und Theorien, z.B. von David W. McMillan und David M. Chavis (1986): "Sense of Community"
Methoden:
- Explorierung und Beschreibung sozialer Prozesse
- Aktionsforschung (wichtige für Intervention): Forscher und Klient sind gleichberechtig, beide gelten als Experten, die sich mit ihrem Wissen gegenseitig ergänzen und gemeinsam einen Problemlösungsprozess initiieren
- Gemeindepsy ist interdisziplinär
Gegenstand der klinischen PSY:
EuV bei psychischen Störungen und die psychischen Aspekte von somatischen Störungen und Krankheiten bei Personen.
Nicht nur Psychotherapie, betreibt auch Grundlagenforschung zu den Begingungen für die Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Störungen.
Themen:
- Ätiologie und Bedingungsanalyse
- Klassifikation und Diagnostik
- Prävention, Psychotherapie und Rehabilitation
- Epidemiologie, Gesundheitsversorgung und Evaluation
Vier Merkmale der Klinischen PSY:
- Konsolidierung: Eine Reihe von wissenschaftlich fundierten Methoden zur Diagnostik und Behandlung psychischer Störungen gelten heute als emp. bewährt.
- Standardisierung: verbindliche Standards
- Differenzierung: auf Persönlichkeitsmerkmale von Patient und Therapeut eingehen und geeignete Strategieen entwickeln
- Pluarlismus: verschiedene Modelle und theoretische Ansätze
Zielsetzung der klinischen Diagnostik der Datensammlung- und Verarbeitung:
- Beschreibung: Identifikation und Definition der Störung
- Klassifikation: Zuordnung einer Person zu einem Element eines Klassifikationssystems
- Erklärung: Bedingungen für Entstehung und Aufrechterhaltung d. Störung
- Indikation: welche Therapieform bei welcher Störung
- Prognose: Vorhersage von Verläufen psychischer Störungen
- Evaluation der Intervention und von Veränderungen im Verlauf
Systeme für Klassifikation psychischer Störungen:
ICD-10 (International Classification of Diseas) herausgegeben von der "WHO":
- Diagnostik erfolgt kategorieal-polythetisch (jede Störung wird anhand mehrerer Symptome bzw. Kriterien beschrieben)
- Identifikation einer bestimmten Anzahl von Symptomen führt zur Diagnose einer bestimmten Störung
- Liste s. S. 199
DSM-IV-TR (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) von der American Psychiatric Association:
- stimmen grundlegend überein, aber bei der Definition einzelner Diagnosen gibt es Unterschiede (zur ICD)
- Liste s. S. 199
Beide multiaxiale Diagnostik: nicht nur klinische Symptomatik sondern auch psychoszoiale und medizinische Merkmale erfassen:
s. Achsen S. 200
Forschungsgegenstände der Klinischen Psychologie: epidemiologische Forschung und Ätiologie-Forschung
epidemiologische Forschung:
- Häufigkeit von Erkrankungen und damit zusammenhängende soziale und strukturelle Merkmale werden ermittelt
- Inzidenz: wie viele Fälle einer Krankheit in einer festen Bevölkerungsgruppe innerhalb eines best. Zeitraums (Strecken- oder Periodenprävalenz) NEU aufgetreten sind --> indiziert Erkrankungsrisiko
- Prävalenz: wie viele psychische Störungen zu einem best. Zeitpunkt (Punktprävalenz) --> Chronizität, der Rückfall und die therapeutischen Möglichkeiten
Ätiologie-Forschung:
- Untersuchung der Bedingungen und "Ursachen" psychischer Störungen
- Merkmal A kann nur als Ursache bezeichnet werden, wenn (1) A zeitlich vor B liegt, (2) A und B kovariieren und (3) für das Auftreten von B nur das Eintreten von A verantwortlich ist
- letzte Forderung für psychische Störungen nicht erfüllbar, da von mehreren Bedingungen abhängig, die nicht mehr alle rekonstruierbar sind
- Prädisponierende Bedingungen (genetisch oder biologische Faktoren, ungünstige Umweltbedingungen in der Kindheit und Jugend) können psych.Stör. begünstigen
- Auslösende Bedingungen sind Ereignisse, die dem ersten oder erneuten Auftreten umittelbar vorausgehen, z.B. traumatische oder bealstende Ereignisse (Life Events)
- --> es hat sich ein biopsychosoziales Modell und die Annahme einer multikausalen Bedingtheit psychischer Ströungen durchgesetzt
Forschungsgegenstände der Klinischen PSY: Psychotherapie- und Interventionsforschung
Psychotherapie- und Interventionsforschung:
- untersucht ob Psychotherapie überhaupt wirksam ist, ob unterschiedl. Therapien versch. wirken und wie sie sich in ihrer Wirksamkeit unterscheiden
- Hans Jürgen Eysenck (1952): "Psychotherapie ist nicht wirksamer als eine Placebo-Behandlung, oder wenn man gar nichts tut" -> mittlerweile belegt, dass einige Psychotherapie-Formen wirken
- Aktuelle Forschung: Prozessgeschehen und Mikroaspekte (was genau machen praktisch tätige Psychotherapeuten im Laufe einer Sitzung).
- weiterer Schwerpunkt: Suche nach Wirkfaktoren, die unterschiedlichen therapeutischen Schulen gemeinsam sind (z.B. Therapeut-Klient-Beziehung)
Prävention psychischer Störungen:
Klinisch-psychologische Intervention ist nicht auf Psychotherapie beschränkt, es umfasst auch:
- Prävention
- Rehabilitation
- Krisenintervention
- Aufklärung
- Ressourcenaktivierung
- Beratung, Training Übung
Prävention:
- Vorbeugen besser als Heilen
- primäre Prävention: Verhinderung des Auftretens einer psychischen Störung, Inzidenz psychischer Störungen senken
- sekundäre Prävention: Senkung der Prävalenzrate (Frühzeitige Behandlungsmethoden sollen z.B. die Erkrankungsdauer verkürzen)
- tertiäre Prävention: durch Rehabilitationsmaßnahmen sollen die negativen Folgen einer psychischen Störung für den Beroffenen und seine Umbegung reduziert werden
Klinisch-psychologische Beratung:
- Grenzen zw. Beratung und Therapie fließend
- es geht weniger um die Wiederherstellung von Funktionen, sondern eher um die Erhaltung und Verbesserung bereits vorhandener Fähigkeiten --> Ressourcenaktivierung
- Vermittlung von Informationen und Aufklärung von Angehörigen und Institutionen
- Ziel: Weichenstellung für weitere funktionale Entwicklungen und Maßnahmen (z.B. Ratsuchenden an einen geeigneten Therapeuten weiter vermitteln)
Bedingungen für Psychotherapie:
nach Perrez (1982):
- Die Wirksamkeit der Psychotherapie muss empirisch ausreichend belegt sein
- Die Wirkungsweise der Psychotherapie muss mit dem aktuellen Wissen der Psychologie vereinbar sein und damit theoretisch begründet werden können
Dies trifft nicht für esoterische und sonstige "Therapien" zu. Psychotherapie erfordert eine langjährige wissenschaftlich fundierte Ausbildung, die i.d.R. an ein mehrjähriges Psychologiestudium erfolgt.
Psychotherapeutsiche Ansätze:
- Psychoanalyse
- kognitiv-behaviorale Therapien (Verhaltenstherapie)
- humanistische Therapieformen (Gesprächspsychotherapie, Gestalttherapie)
- systemische Therapien
Psychoanalyse (kommt neben Kognitiv-behaviorale Therapie am häufigsten zum Einsatz):
Psychoanalyse:
- umfasst allgemeinpsychologische sowie persönlichkeits- und kulturpsychologische Theorieteile
- auch psychotherapeutische Behandlungsform, für Laien Stichwort "Couch", was in der Tat auch vorkommt
- Beginn mit einer Schrift "Studien über Hysterie" (1895) von S. Freud und Josef Breuer -> Fall der Anna O.
- Katharsis Hypothese: hysterische Symptome verschwinden, wenn die traumatischen Erlebnisse erinnert und erlebt werden. Problem, der Patient leistet Widerstand gegen das Bewusstwerden.
- Im weiteren Verlauf Übertragung erwünscht (Patient überträgt liebevolle Gefühle oder Hass auf den Therapeuten und frühere Beziehungserfahrungen werden ausagiert) --> wichtig, damit Gefühle bearbeitet und reflektiert werden können
- Gegenübertragung (Therapeut überträgt Gefühle auf Patient) ist unerwünscht -> Jeder Psychoanalytiker muss innerhalb der Lehranalyse seine eigenen unbewussten und verdrängten Konflikte kennenlernen und bearbeiten, damit Gegnübertragungsprozesse seine spätere Arbeit nicht beeinträchtigen
- Ziel: Einsicht des Klienten in seine verdrängten Konflikte und Erfahrungen und das Ich zu stärken (Wo Es war soll Ich werden) -> kann mehrere Jahre dauern, ist umstritten, aber seit Freud ausdifferenzierter und kürzer und mehrere Varianten vorhanden
Kognitiv-behaviorale Therapien (neben Psychoanalyse am häufigsten): lerntheoretisch
Verhaltenstherapie, kognitive Verhaltenstherapie
Entstand vor dem Hintergrund des lerntheoretischen und später des kognitiven Paradigmas und stützt sich auf aktuell vorhandenes Wissen.
Prinzipen der Verhaltenstherapie nach Franks und Wilson (1978):
- Anwendung von Prinzipien der Psychologie und ihrer Nachbardisziplinen
- Zur Beschreibung, Erklärung und ggf. Veränderung menschlichen Leidens und zur Verbesserung der individuellen Funktionsfähigkeit
- Systematische Erfassung und Bewertung von Effekten
- Vorwiegend Veränderung von Umgebungsvariablen, aber auch von Inneren Variablen des Organismus zur Veränderung von EuV und Kognitionen
- Ziel: verbesserte Selbstkontrolle und Eigensteuerung
- Leitung durch allg. enerkannte ethische Prinzipien
Grundidee: Psychische Störungen als Ergebnis von Lernprozessen, die durch Lernprozesse wieder verändert werden können.
Zweiprozesstheorie für die Entstehung und Aufrechterhaltung von Angststörungen:
- klassische und operante Konditionierung
- kl. Kond.: zu einem neutralen Reiz (z.B. Glockenton) wird ein "Furchtstimulus" (z.B. elektrischer Schlag) dargeboten -> Glockenton löst Angst aus -> Reiz wird vermieden, damit die negative Furchtreaktion ausbleibt -> durch Vermeidungsverhalten wird die Angst negativ verstärkt und aufrechterhalten (op. Kond)
- Technik zur Veränderung von Angst: Exposition mit Reaktionsverhinderung: Klient wird so lange mit dem angstbesetzten Stimulus (z.B. Flugangst, Platzangst...) konfrontiert, bid die massive körperliche Erregung nachlässt und der Klient erlebt, dass die befürchteten Konsequenzen in der Situation nicht eintreten -> Realitätstest, entscheidend, dass verhindert wird, dass der Klient die Situation verlassen oder vermeiden kann (muss aber deutlich länger als ein paar Minuten sein) --> erfordert therapeutisches Geschick und eine professionelle Vorbereitung und eine gute Therapeut-Klient-Beziehung
Kognitiv-behaviorale Therapien (neben Psychoanalyse am häufigsten): kognitiv
Verdeutlichung am Bsp. sozialer Angst bzw. sozialer Phobie
Hochängstliche (Negativitätsbias, dysfunktionale Aufmerksamkeits- und Einschätzungsprozesse):
- attribuieren Erfolg extern (Zufall, Aufgabe leicht) und Misserfolg intern (ich bin zu dumm)
- zentrieren Aufmerksamkeit auf vermeintliche eigene Mängel und potentielle externe Bedrohungen, z.B. Indikatoren für negative Bewertung durch andere
- erwarten negative Reaktionen ihrer Interaktionspartner auch dann, wenn sie sich angemessen verhalten haben
- schätzen sich weniger attraktiv ein
- überschätzen Sichtbarkeit ihrer Angst
- unterschätzen ihre Leistungen
--> könnnen mehr oder weniger stark ausgeprägt sein
Selbstdarstellungstheorie sozialer Angst (Schlenker udn Leary 1982): Soziale Angst entsteht, wenn Personen motiveirt sind, bei anderen einen bestimmten Eindruck hervorzurufen, aber daran zweifeln, ob ihnen das gelingen wird.
Reduktion sozialer Angst:
- Viedofeedback (eigene Leistung zu unterschätzen soll korrigiert werden)
- Aufmerksamkeitstraining (Konzentration soll von Mängeln weg auf die eigentliche Aufgabe gelenkt werden)
Gemeinsame Wirkfaktoren unterschiedlicher Psychotherapie-Formen:
- Therapeut-Klient-Beziehung
- Ressorucenaktivierung: Merkmale eines Klienten als Ressource nutzen, z.B. aufzeigen, was er schon besonders gut kann
- Problemaktualisierung: Probleme erfahrbar machen, gefürchtete Situationen aufsuchen, Rollenspiele
- Motivationale Klärung: Ziele, Motive und Werte des Klienten klären
- Problembewältigung: positive Bewältigungserfahrungen
Klinische Neuropsychologie:
Behandlung psychischer Funktionen bzw. Funktonsstörungen nach Hirnschädigungen. Neuro-psychologische Grundlagen psychischer Strörungen stehen im Mittelpunkt klinisch-neuropsychologischer Forschungsbemühungen.
Verfahren: restitutive, kompensatorische und integrierte
Grundlage: Das Gehirn weist auch im Erwachsenenalter noch eine ausreichende Plastizität auf und kann deshalb funktional verändert werden. (Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörugnen dadurch wieder hergestellt (Restitution), dass die Handlungen häufig wiederholt und neu "eingeschliffen" werden oder Hirngeschädigten mit Checklisten oder elektronischen Impulsgebern ausstatten (Kompensation))