Lernen und Gedächtnis
Memory - Alan Baddeley, Michael W. Eysenck, Michael C. Anderson Vorlesung Uni Bern, FS 2016
Memory - Alan Baddeley, Michael W. Eysenck, Michael C. Anderson Vorlesung Uni Bern, FS 2016
Kartei Details
Karten | 238 |
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Lernende | 20 |
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Psychologie |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 19.06.2016 / 08.07.2024 |
Weblink |
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Organisation von Bedeutung
- Schemata können benutzt werden, um neue Informationen zu speichern; z.B. wird eine Liste mit Farbwörtern besser erinnert, als eine Liste mit verschiedensten, unzusammenhängenden Wörtern.
Typische episodische Gedächtnistests?
- Paarassoziationen.
- Freie Erinnerungen.
- Rekognition.
- abr auch Cued Recall, z.B. Stemcompletion (je nach Instruktion impliziter oder expliziter Gedächtnistest).
Tulving, Befunde zur freien Erinnerung?
- Subjektive Organisation: Menschen bilden Chunks von ähnlichen Wörtern.
- Menschen bilden Chunks (gruppieren Wörter) auch wenn die assoziierten Wörter verteilt vorkommen.
- Tendenz, aus der Welt Sinn zu machen, wird auch unbewusst angewendet.
Arten von Organisation bei Präsentation von Wörtern?
- Hierarchische Struktur.
- Matrix-Struktur.
Organisation durch Verknüpfung?
Was ist zusätzlich bei der Verarbeitung von Sätzen fördern für das Gedächtnis?
Elaborierte Verarbeitung:
- Semantische Beziehung zwischen Wörtern.
- Bildung von Sätzen.
- Bildhaft elaborieren (Generierung von Vorstellungen).
Bei Verarbeitung von Sätzen:
- Starke semantische Beziehung zwischen Wörtern.
- Grammatikalische Beziehung (eingeschränkte Freiheitsgrade sowie Organisation erhöhen Vorhersagbarkeit).
Dualkodierungs-Hypothese
- Paivio (1969, 1971), Kodierprozess.
- Es gibt verschiedene Formen von Repräsentationen.
- Konkrete Wörter können sowohl verbal als auch visuell kodiert werden (und können besser erinnert werden).
- Bei abstrakten Wörtern ist die visuelle Vorstellung schwieriger (und die Erinnerungsleistung dementsprechend schlechter).
Alternativerklärung für Levels of Processing Hypothese
Investierte Zeit als Faktor?
- Aufgabe so gestellt, dass perzeptuelle Verarbeitung eines Worte mehr Zeit in Anspruch nimmt als semantische.
- Ergebnis: LOP-Effekte sind robust.
- Sind unabhängig von Lernintention.
- Zeigen sich auch beim freien Abruf.
Transfer-angemessene Verarbeitung
- Morris, Bransford & Franks (1977)
- Entscheidend sind nicht nur Kodierprozesse, sondern dass Prozesse beim Kodieren und beim Abruf übereindtimmen.
- Lernphase: semantisch oder phonologisch.
- Testphase: semantisch (Diskriminierung), phonologisch (reimt das wort auf eines, das vorgekommen ist?).
- Ergebnis: semantisch kodierte Wörter werden beim phonologischen Abruf schlechter erinnert und umgekehrt.
- Aber: Verarbeitungstiefe ist ein besserer Prädiktor der Erinnerungsleistung.
Kontext-abhängiges Gedächtnis
- Baddeley & Godden (1975)
- Taucherexperiment.
- Ergebnis: Crossover-Interaktion: Gedächtnisleistung ist besser, wenn räumlicher, physiologischer, und kognitiver Kontext beim Abruf und beim Kodieren übereinstimmen.
Effekt von Lernintention
- Absicht zu lernen ist nicht zentral, wichtiger ist, wie man das Lernmaterial verarbeitet.
Studie von Mechanic (1964):
- Inzidentelles vs. intentionales Lernen & sinnlose Silben entweder einmal oder mehrere Male wiederholen.
- Ergebnis: Bei wiederholtem Lernen spielt die Intention keine Rolle, bei einmaligem hingegen schon (zusätzliche Verarbeitungsprozesse werden rekrutiert).
episodisches Gedächtnis
- Nach Tulving zentrale Komponente: mentales Zeitreisen.
- Fähigkeit, sich an das "was", "wo", "wann" eines Ereignisses zu erinnern.
Haben Tiere ein episodisches Gedächtnis?
- Buschhäher scheinen diese Fähigkeit zu haben (Experiment mit Mehlwürmern und Nüssen).
- Auch Tiere haben Fähigkeit zum Planen und mentalen Zeitreisen (siehe auch Affe im Zoo, der Menschen mit Steinen bewirft).
Freies Erinnern
- Recollection (bewusstes, aktives Erinnern).
- Remembering.
Wiedererinnern / Wiedererkennen
- Familiarity (Rekognition, Vertrautheitsgefühl kann bereits helfen).
- Knowing.
Patient Jon
- Entwicklungsamnesie.
- Bilaterale hippocampale Atrophie.
- Schwere Störung des episodischen Gedächtnisses.
- Normale Intelligenz, Schulausbildung - scheinbar intaktes semantisches Gedächtnis.
Dissoziation zwischen Recollection und Familiarity (schlecht bei Recall).
Hirnregionen involviert bei Rekollektion und Rekognition?
- Rekollektion - vor allem Hippocampus für bewusstes Erinnern.
- Rekognition - peri- / rhinaler Kortex für Vertrautheit.
Aber kontrovers, wird weiterhin diskutiert.
HERA-Hypothese
- Hemispheric Encoding & Retrieval Asymmetry (Tulving et al., 1994).
- Beim Kodieren von verbalen Material wird linker frontaler Kortex aktiviert, beim Abruf der rechte frontale Kortex.
- Aber: Beim Kodieren von nicht-verbalem Material ist der rechte frontale Kortex involviert. - Hypothese nicht mehr haltbar.
semantisches Gedächtnis
- Weltwissen (begrifflich).
- Abstrahiertes Wissen, keine Verknüpfung zu räumlich-zeitlichem Kontext.
- Oft intakt bei amnestischen Patienten.
- Auch sensomotorische Aspekte, z.B. wie man eine Schere hält.
- Kontroverse: Geht episodischer Gedächtnisinhalt zu semantische über?
Monohierarchisches Modell
- Tulving (1985).
Unterscheidet drei verschiedene Formen von Gedächtnis:
- Prozedural: basalste Form, beim Säugling vorhanden.
anoetisch, reflexiv
- Semantisch: generelles Wissen, aufbauend auf prozeduralem.
noetisch
- Episodisch: zeitliche Evente.
autonoetisch
Aus Perspektive der Entwicklung geschieht Aufbauprozess von unten nach oben, der Abbauprozess im Alter dann wieder von oben nach unten. - Episodisches gedächtnis ist nach Tulvin am anfälligsten auf neuronale Dysfunktionen.
1. Anterograde Amnesie
2. Retrograde Amnesie
1. Beeinträchtigung beim Erinnern von Ereignissen, die nach dem Ereignis, das zur Amnesie führte, erlebt wurden.
2. Beeinträchtigung beim Erinnern an Information, die vor dem Ereignis, das zur Amnesie führte, erlebt wurden.
semantische Demenz
- Beruht auf Degeneration im AFL.
- Können z.B. einen Gegenstand nicht mehr benennen, aber wissen, was man damit tut.
- Interessant: Resultiert in einer grösseren Abnahme der autobiographischen Erinnerung an Details von Erlebnissen, je länger diese her sind.
- Erklärung: Bei kürzlichen Ereignissen spielen sensorische Prozesse mit, je weiter ein Ereignis zurückliegt, umso stärker ist dessen Abstrahierung.
Struktur des (lexikalischen) semantischen Gedächtnisses
- Beeinhaltet gegen 100'000 Wörter, schneller Zugriff.
- Ist via Anfangsbuchstaben strukturiert (nicht etwa durch letzten Buchstaben).
- Ist in Kategorien / semantisch organisiert (siehe auch nächsten Punkt).
Problem vom semantischen Netzwerkmodell
- Vertrautheit konfundiert mit Distanz zwischen Konzepten und Eigenschaften. (Wenn Vertrautheit kontrolliert wird, kommen keine Unterschiede zwischen Verifikationszeiten für Aussagen vor).
- Typische und untypische Konzepte produzieren gleiche Vorhersagen, aber: Verifikationszeit für untypische Aussagen ist länger.
Kategorien sind nicht so rigide, wie ursprünglich postuliert.
Hierarchisches Netzwerkmodell
- Collins & Quillian (1969)
- Organisation von Konzepten.
- Konzepte als Knoten repräsentiert mit hierarchisch angeordneten Eigenschaften.
- Kognitive Ergonomie.
Spreading Activation Model
- Collins & Loftus (1975)
- Modell beruht auf semantischen Distanzen statt auf rigiden Hierarchien.
- Je weiter weg ein Konzept ist, umso weniger wird es aktiviert. - Erklärt Typikalitätseffekte und semantisches Priming.
Deese-Listen
- Bestehen aus assoziierten Wörtern.
Verbreitetstes Muster bei Patienten mit kategorien-spezifischen Defiziten?
- Massive Probleme bei Identifikation von Lebewesen, aber nicht von Objekten.
1. Patienten mit selektivem Defizit für Lebewesen
2. Patienten mit selektivem Defizit für Objekte
Läsionen an welcher Stelle im Gehirn?
Gainotti (2000), Befunde bei Patienten:
1. medialer Temporallappen
2. fronto-parietale Areale
sensorisch-funktionale Theorie
- Farah & McClelland (1991)
- Lebewesen werden aufgrund visueller Charakteristiken unterschieden.
- Objekte werden aufgrund funktionaler Eigenschaften unterschieden.
- Lexikoneinträge zeigen: Es gibt rund dreimal soviel visuelle als funktionale Deskriptoren im Vokabular. - Kann erklären, warum ein selektives Defizit beim Erkennen von Lebewesen öfter vorkommt.
Multiple Eigenschaften
- Cree & McRae (2003)
- 7 empirische Defizit-Muster, für die keine bisherige Theorie eine Erklärung hat.
- Annahme, dass verschiedene geteilte Eigenschaften zwischen den Kategorien bestehen. - Beeinträchtigung für bestimmte semantische Eigenschaften bewirkt, dass alle Kategorien, die diese Eigenschaften benötigen, ebenfalls beeinträchtigt sind.
Hub and Spokes Modell
- Kern des Modells im ATL (Hub) - Schädigung führt zu generellem Defizit bei semantischer Information.
- Spokes drum herum organisiert in verschiedenen Arealen; Schädigung ist modalitätsspezifisch und führt zu kategorie-spezifischen Ausfällen.
- Erklärt kategorien-spezifische Defizite und auch semantische Demenz.
Konsistenzbias
- Wenn kontroverse Informationen vorhanden sind, erinnert man sich besser an die Komponenten, die mit der eigenen Meinung übereinstimmen.
- Vor allem, wenn es sich um eine neue Wissensdomäne handelt; bei bereits ausgeprägtem schematischem Wissen sind Anknüpfungspunkte für konsistentes und inkonsistentes Wissen vorhanden.
Restorff-Effekt
- Schema-inkonsistente Objekte ziehen Aufmerksamkeit auf sich.
autobiographisches Gedächtnis
- Kein eigenständiges System, sondern Kombination von episodischem und semantischem Gedächtnis.
- Erinnerungen über sich selbst und über Beziehungen.
- Problem: Inhalt kann nicht experimentell variiert werden.
Funktion des autobiographischen Gedächtnisses, spekulativ
- Direktive Funktion: Verwendung von Erfahrungen zum Lösen aktueller Probleme.
- Soziale Funktion: Bindung durch gemeinsame Erinnerungen.
- Repräsentation des Selbst.
- Selbstregulation; sich in schlechten Lebenssituationen an gute Zeiten erinnern.
Untersuchungsmethoden
- Tagebuchstudien
- Memory-Probe - Methode
- Befragung zu spezifischer Zeitspanne / zum Ereignis
Tagebuchstudien
- Ereignisse, die häufiger abgerufen werden, werden viel besser erinnert.
- Je mehr Cues, umso besser die Erinnerungsleistung; "Wer?, Was?, Wo?" - besser als "Wann?".
- Wenn eine andere Person involviert war, ist das ebenfalls besser für den Abruf (soziale Komponente).
- Klassische Gedächtniskurve.
Problem: "atypically well encoded memories".
Memory-Probe - Methode
- Es werden Wörter vorgegeben, dazu müssen jeweils Erinnerungen generiert und datiert werden.
Ergebnisse:
- Kaum Erinnerungen an Ereignisse vor 5. Lebensjahr (Kindheitsamnesie).
- Recency-Effekte.
- Ältere Personen: Anstieg von Erinnerungen an Periode, in der sie 15-30 Jahre alt waren (reminiscence bump).
Reminiscence Bump
- Vermehrte Erinnerungen an Ereignisse aus dem Alter zwischen 15-30 Jahren.
- Bump kann sich verschieben, z.B. wenn Personen auswandern - verschiebt sich dort hin, wo Zeitpunkt des Ereignisses liegt.
- Ist universal.
- Self-serving bias - viel mehr Erinnerungen an positive Ereignisse (besonders beim Bump).
Theorie des autobiographischen Gedächtnisses (Conway, 2005)
- System, das Wissen über das "erlebte Selbst" (me) speichert.
Hierarchische Struktur:
Konzeptuelles Selbst:
- Zuoberst die Lebensgeschichte, unterteilt in Themen (berufliches / privates Selbst).
- Aktuelle Lebensperiode - Working Self: Beruf, Studium, Aktivitäten, Freunde und Ziele, Pläne, verknüpft Wissensbasis und Realität.
- Generelle Ereignisse (z.B. Vorträge, Termine, etc.).
episodisches Gedächtnis:
- Spezifische Ereignisse, Wissensbasis.
- Interagiert mit Working Self; wenn Verknüpfungen verloren gehen, entstehen Konfabulationen.