Lernen und Gedächtnis
Memory - Alan Baddeley, Michael W. Eysenck, Michael C. Anderson Vorlesung Uni Bern, FS 2016
Memory - Alan Baddeley, Michael W. Eysenck, Michael C. Anderson Vorlesung Uni Bern, FS 2016
Set of flashcards Details
Flashcards | 238 |
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Students | 20 |
Language | Deutsch |
Category | Psychology |
Level | University |
Created / Updated | 19.06.2016 / 08.07.2024 |
Weblink |
https://card2brain.ch/box/lernen_und_gedaechtnis1
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1. Selective Rehearsal Hypothesis
2. Encoding Suppression
1. Es werden mehr kognitive Prozesse benötigt, wenn man sich an etwas erinnern soll, da tiefere Elaboration sattfindet.
Gegenteil ist der Fall:
2. Etwas zu vergessen beansprucht mehr Aufmerksamkeit, was für einen aktiven Vergessensprozess spricht.
Retrieval Inhibition Hypothesis
- Inhibition (bewusstes Unterdrücken) führt zu keinem permanenten "Schaden".
- Inhibition vermindert Aktivierung ungewollter Items.
- Items sind schwer abrufbar, aber werden erkannt bei Präsentation, da sie wieder aktiviert werden.
Context Shift Hypothesis
- Bei Instruktion, die erste Liste zu vergessen, wechseln Probanden mantal ihren Kontext.
- Cues werden vermieden, um das Bewusstsein über Erinnerungen zu vermindern.
Cognitive Control
- Fähigkeit, ungewollte Erinnerungen zu unterdrücken, wenn sie auf dem Weg zum Bewusstsein sind.
Think / no Think Paradigma
- Anderson & Green (2001)
- VPn lernen Paarassoziationen.
- 2. Phase: Cues werden gezeigt, VPn müssen sich je nach Instruktion an Target erinnern oder nicht. Baseline: keine Wiederholung.
- Test: Same Probe (gleiche Cues für Abruf), Independentt Probe (neue Cues für alte Targets).
- Ergebnis: Think-Items werden am besten erinnert, no Think Items schlechter als Think und Baseline in beiden Tests (Same / Independent Probe, Leistung im ersteren gesamthaft besser).
- Erkenntnis: Erinnerung hängt von Einstellung ab und nicht allein davon, wie oft etwas präsentiert wird; Cue dient auch der Verdrängung. - Jedoch konnten Ergebnisse nicht zuverlässig repliziert werden.
- Spätere Studien: Gedankenunterdrückung im Think / no Think Paradigma hat nur vorübergehende Wirkung, um Erinnerung langfristig zu behalten, ist es effizienter, Cues komplett auszuweichen oder sie zu substituieren.
fMRI-Ergebnisse bei Think / no Think
- Unterdrückung (no Think) assoziiert mite Aktivierungsuntershieden in Hippocampus und dem rechten PFC. - Rechter PFC hemmt Aktivierung in Hippocampus
- ADHS: Schlechter bei Verdrängung / Inhibition - Aufmerksamkeitssteuerung / kognitive Kontrollprozesse beeinträchtigt.
fMRI-Ergebnisse bei Substitution
- Substitution führt zu Aktivierung im linken PFC.
- Je stärker Aktivierung im linken PFC, umso stärker auch Aktivierung im Hippocampus - Andere Erinnerungen werden abgerufen.
Müller & Pilzecker (1900), Experimentelle Beiträge zur Lehre vom Gedächtnis (wie wird Gedächtnis gespeichert?).
- Inspiriert von Ebbinghaus (sinnlose Silben), aber liessen Listen lernen; betontes Wort sollte als Abrufcue im späteren Test dienen.
- Die ersten, die Cued Recall verwendeten: Betonte Silben als Cue für assoziierte Silbe.
- Listen nicht bis zur perfekten Wiedergabe präsentiert (interessiert an falschen Antworten; Quellenkonfusionen innerhalb der Liste - Perseverationen genannt).
- Ergebnis: Viele Perseverationen / Intrusionen während ersten 10min, danach nehmen sie stark ab; nach einem Tag praktisch gar keine mehr.
- Erkenntnis: Perseverationen sind funktional für Gedächtnisbildung (Konsolidierung); Unterdrückung davon sollte die Leistung verschlechtern, unabhängig vom Material, das zwischen Lern- & Testphase präsentiert wird; -> Retroaktive Interferenz.
Formen von Konsolidierung
Synaptisch:
- Schnell (innert Stunden).
- Morphologische Veränderungen im Hippocampus (Aufbau neuer Verbindungen; Restrukturierung existierender Verbindungen).
- Resultiert in Proteinsynthese.
Systematisch:
- Langsam (innert Tagen).
- Graduelle Reorganisation von Gehirnsystemen, die das Gedächtnis unterstützen.
- Erinnerungen werden z.B. sukzessiv unabhängig vom Hippocampus.
Multiple Trace Theory
- Nadel & Moscovich (1997)
- Alternative zum klassischen Standardmodell.
- Postuliert, dass auch wenn Information immer wieder rekonsolidiert wird, sie nie losgelöst vom Hippocampus ist.
- Hippocampus beeinhaltet spezifische Kontextinformation, die eine Episode episodisch macht; wenn, dann ist es nur möglich, dass semantische Gedächtnisinhalte losgelöst werden.
Funktion von Schlaf für Konsolidierung von episodischem Gedächtnis, Studie
- Gais et al. (2007)
- VPn lernten 90 konkrete Wortpaare; mussten kombinierte Vorstellungen kreieren.
- Abruf nach 30min.
- Hälfte der VPn 24h lang schlafdepriviert, darf aber in der nächsten Nacht schlafen.
- Andere Hälfte darf zuerst schlafen und wird in der 2. Nacht schlafdepriviert.
- 48h nach dem Lernen wird Abruf im fMRI Scanner getestet.
- Bei Konsolidierung sollte Aktivierung in hippocampalen und kortikalen Strukturen sichtbar sein.
- Ergebnis: VPn, die sofort nach dem Lernen schlafdepriviert wurden, zeigten nur Hippocampusaktivität; VPn, die anschliessend schlafen konnten, zeigten korrespondierende Aktivierung im mPFC.
- Erkenntnis: Deuteet auf Veränderung von Organisation der Abrufsysteme hin (Konsolidierung).
Schlaf und Konsolidierung, was passiert genau?
- Interaktion zwischen neokortikalen und hippocampalen Strukturen.
- Synchronisation zwischen Information im Thalamus und Hippocampus im SWS.
Motorische Konsolidierung und implizites Sequenzlernen; liegen ähnliche oder unterschiedliche Mechanismen zugrunde?
Beide hippocampus-unabhängig (zumindest unabhängiger als deklaratives Gedächtnis), aber:
- Motorisches Lernen profitiert von Konsolidierung im Schlaf.
- Implizites Sequenzlernen bleibt unverändert über die Zeit.
- Scheinen auf unterschiedlichen Mechanismen zu beruhen.
zeitlich abgestufte retrograde Amnesie
- Verletzungen im MT beeinträchtigen in der Regel vor allem relativ kürzlich erworbene Informationen, weniger früher erworbenes Wissen.
- Hippocampus spielt nur zeitlich begrenzte Rolle bei Speicherung und beim Abruf (je länger Erinnerung konsolidiert ist, umso unabhängier wird sie vim Hippocampus).
- Sowohl bei autobiographischem, als auch bei semnatischem Gedächtnis beobachtbar.
Vorhersagen über Gedächtnisabruf
1. Ribots Law
2. Standard-Konsolidierungsmodell
3. Multiple Spurentheorie
1. Ältere Gedächtnisspuren sind überdauernder.
2. Abruf länger konsolidierter Information ist unabhängig vom Hippocampus.
3. Ohne Hippocampus sollte keine Erinnerung mehr möglich sein.
Formen von Amnesie
- Retrograde / Anterograde Amnesie.
- Posttraumatische Amnesie (oft nach Schädelhirntrauma).
- Transiente globale Amnesie (vorübergehend, oft ohne anatomische Ursache).
- Entwicklungsamnesie (seit früher geburt).
Ursachen von Amnesie
- Bilaterale Läsionen der MT / Hippocampi.
- Schädigungen im Thalamus (Korsakoff Syndrom).
- Anoxie (Sauerstoffmangel).
- Encephalitis.
- Läsionen im basalen Vorderhirn (Spekulation: signalisiert dem Hippocampus, welche Informationen abgespeichert werden sollen).
Hedonistic Adaptation
- Mere Exposure Effect.
Kindheitsamnesie
- Erwachsene erinnern sich kaum an Erlebnisse vor 5. Lebensjahr.
- Schwierig zu untersuchen: Erlebnisse sind schwierig validierbar; unklar, ob es sich um Originalerinnerungen handelt.
Ab welchem Alter können autobiographische Erinnerungen aufgebaut werden?
- Vor dem Alter von 3 Jahren ist praktisch keine Erinnerung vorhanden (an Geburt eines Geschwisters).
- Aber Fallbeispiel Emily: Mit 21 Monaten erinnerte sich Emily oft fragmentiert an Ereignisse vom vorigen Tag, teilweise lagen si aber 6 Monate zurück.
- Mit 24 Monaten: explizite Regeln und Spekulationen über zukünftige Ereignisse.
- 2-Jährige können schon spezifische Episoden kodieren und abrufen.
Frühe autobiographische Erinnerungen - wie sieht es aus mit verbaler, visueller und Handlungsinformation?
- Junge Kinder erinnern sich am besten an Handlungen.
- Das visuelle Gedächtnis ist ab einem Alter von 3 Jahren recht gut.
- Gedächtnis an verbale Information nimmt etwa linear zu; mit zwei Jaren können sie sich fast gar nicht erinnern.
Verbale Information alleine ist nicht ausreichend, um eine Erklärung für die Kindheitsamnesie zu liefern.
Erklärungen der Kindheitsamnesie (5 Theorien).
Freud:
- Verdrängung - Keine Evidenz, erklärt nicht, warum Positives nicht erinnert wird.
Kognitives Selbst (Howe):
- Voraussetzung für autobiographisches Gedächtnis.
- Entsteht erst im Alter von ca. 2 Jahren - Spiegeltest.
Sozialkulturelle Theorie (Fivush & Nelson):
- Sprache ist zentral (elaborativer Kommunikationsstil mit Kindern, Verknüpfung von Gegenwart und Vergangenheit).
- Evtl. ist auch spezifische Kindersprache zentral (Kontexteffekte).
Zwei-Stufen Theorie (Jack & Hayne):
- Annahme gradueller Abnahme ist falsch.
- Periode absoluter Amnesie endet mit Formung des kognitiven Selbst.
- Graduelles Vergessen für Vorschulzeit (parallel Sprachentwicklung).
Neurogene Hypothese( Josselyn & Frankland)
- In früher Kindheit werden im Hippocampus viele Neuronen generiert.
- Führt zu Vulnerabilität von Gedächtnisspuren und zum Vergessen.
Frühe Gedächtnisentwicklung, Messmethoden
- Gedächtnis ist wegen fehlender Sprache schwierig zu erfassen.
- Messmethoden: Saugverhalten, Imitationsverhalten, physiologische Masse.
Verstärkungsparadigma von Rovee-Collier (1989)
- Mobile mit Fuss verbinden (ab Krabbelalter muss andere Aufgabe - Train-Task - angewendet werden).
Experiment mit 3 Phasen:
- Baseline: Band nicht verbunden.
- Experimentalphase: Band verbunden.
- Testphase: Band nicht verbunden.
- Kickverhalten als AV.
- Wenn Kickverhalten in Testphase stärker ist als in der Baseline-Bedingung, dann hat lernen stattgefunden.
- Bereits 2 / 3 Monate alte Kinder lernen.
- Ergebnis: Vergessenskurve.
Reminder sind wirksam, Erinnerung ist moile und kontext-spezifisch, Transfer ist aber möglich.
- Erkenntnis: Assoziatives Lernen ist sehr früh möglich.
Deferred Imitation, Meltzoff (1985)
- Expliziter Gedächtnistest.
- Experimentalbedingung: Beobachtung, wie VL Spielzeug auseinanderschraubt.
- Kontrollbedingung: Beobachtung, wie der VL das Spielzeug im Kreis dreht.
- Baseline: Spielzeug wird dem Kind direkt zum Spielen gegeben.
- Test nach 24h: Spielzeug zum Spielen.
- Ergebnisse: 14 Monate alte Kinder - 45% der Experimentalbedingung nehmen Spielzeug auseinander (Kontrollbedingung und Baseline jeweils 10%). 24 Monate alte Kinder - 70% nehmen Spielzeug auseinander.
Prinzipien der Gedächtnisentwicklung nach Hayne (2004)
- Jüngere Kinder brauchen mehr Lerndurchgänge für dieselbe Leistung.
- Ältere Kinder behalten länger als jüngere.
- Ältere Kinder können mehr Abrufcues verwenden (18 Monate alte - generalisierung bei aufgeschobener Imitation, 12 Monate alte nicht).
- Vergessen kann durch Reminder wieder aktiviert werden.
Welche Hirnregionen sind bereits bei der Geburt ausgebildet? Wofür sind sie gut?
- Hirnstamm, Cerebellum, Striatum.
- Konditionierung, habituation - implizites Gedächtnis.
Ab wann sind die medialen Temporallappen voll funktional? Wozu sind sie gut?
- Im Alter von 8 - 10 Jahren.
- Episodisches Gedächtnis.
Ab wann sind Neuronen allgemein voll funktionstüchtig?
- Nach Myelinisierung des zentralen Nervensystems, geschieht während dem ersten Lebensjahr.
Ab wann entwickeln sich frontale Funktionen? Wozu sind sie gut?
- Im Jugendalter.
- Episodisches Gedächtnis und exekutive Funktionen.
Deese-Roediger-McDermott Paradigma
- Listen mit Wörtern, die zur selben Kategorie gehören.
- Kleine Kinder machen sowohl bei der Rekognition aber vor allem auch beim Recall weniger Fehler bei der Wiedererinnerung.
- Grund: Mehr Verbatim als Gist.
- Spreading Activation.
Alterseffekte bei impliziten Gedächtnistests
- Priming-Effekte unterscheiden sich nicht signifikant zwischen 4 Jährigen und jungen Erwachsenen.
- Implizites Gedächtnis beruht eher auf basalen Fähigkeiten.
Theorie von Salthouse zur kognitiven Entwicklung über die Lebensspanne
- Verarbeitungsgeschwindigkeit als zentrale komponente, die sich im verlauf des Lebens verändert.
- Genereller Faktor g, der Einfluss auf alle anderen Komponenten hat (Reasoning, Memory, Fluency, Knowledge).
Theorie von Craik & Bialystok zur kognitiven Entwicklung über die Lebensspanne
- Duale Theorie; kognitive Entwicklung abhängig von Wissensrepräsentationen und kognitiver Kontrolle.
- Wissensrepräsentation nimmt zu und bleibt ab Jugend konstant - analog Entwicklung von MTL.
- Kognitive Kontrolle nimmt zu bis Jugend, danach wieder ab - analog Entwicklung von PFC.
Gedächtnisveränderungen im (höheren) Alter
- Starke Effekte bei Arbeitsgedächtnis, Exekutivfunktionen, episodischem Gedächtnis (stärkere Effekte bei Free Recall als bei Recognition).
- Semantisches Gedächtnis (Tip of the tongue Phänomene nehmen zu) - aber sprachliche Fähigkeiten verbessern sich.
- Implizites Gedächtnis bleibt relativ robust.
Ursachen für Alterseffekte bezüglich Gedächtnis
- Verarbeitungsgeschwindigkeit (Salthouse, 1986)
- Verarbeitungskapazität (Craik, 2005)
- Inhibitionsproblem (Hasher & Zacks, 1988)
- Binding - Problem
- Konsolidierungsproblem
- Basale Wahrnehmungsprozesse - Hören, Sehen nehmen ab. (Baltes & Lindenberger, 1997)
- Kraft - sehr hohes Alter (Baltes-Gruppe)
- Dopamin (Erikson-Lindroth et al., 2005)
Verarbeitungskapazität-Theorie / Binding-Theorie (Associative Deficit Hypothesis)
- Wenn verarbeitung bei Jungen ausgelastet wird, sollte Arbeitsgedächtnisleistung von Jungen und Alten vergleichbar sein.
Studie von Naveh-Benjamin (2000):
- Wortpaare lernen, die assoziiert sind (Hund - Knochen) oder nicht (Katze - Buch).
- Rekognitionstest: Alterseffekte nur bei nicht-assoziierten Items.
Studie von Naveh-Benjamin (2004):
- Gesicht-Namen-Paare lernen.
- Gruppen: Alte, Junge, Junge unter geteilter Aufmerksamkeit.
- Rekognitionstest: Gesicht oder Name - kleiner / sehr kleiner Alterseffekt. Beides (Binding nötig) - klarer Alterseffekt; junge mit geteilter Aufmerksamkeit besser als Alte.
Es spricht gegen Verarbeitungskapazität-Theorie und für Binding-Hypothese.
Einfluss von Dopamin auf Gedächtnisleistung
- Dopaminsystem ist an vielen kognitiven Funktionen beteiligt.
- Insbesoondere am fronto-striatalen System (Basalganglien gehören hierzu).
- Zusammenhang zwischen Dopamin und Alter.
Pathologisches Altern
- Alzheimer, eines der grössten probleme unserer alternden gesellschaft.
- Gedächtnisdefizit (episodisch) + 2 zusätzliche Problembereiche (Sprachfähigkeit, Handlungskontrolle, Wahrnehmung, Exekutive Funktionen).
- Progressive Demenz, irreversibel. Allenfalls kann Verlauf verlangsamt werden.
Therapien bei Alzheimer
- Pharmakologisch: Hoffnung auf Durchbruch (Cholinesterase-Inhibitoren).
- Verhaltensbasiert: Gedächtnishilfen verwenden, Gewohnheiten.
- Reminiscence-Therapie: identität beibehalten durch systematisches Erinnern an Autobiographie.