Lernen und Gedächtnis
Memory - Alan Baddeley, Michael W. Eysenck, Michael C. Anderson Vorlesung Uni Bern, FS 2016
Memory - Alan Baddeley, Michael W. Eysenck, Michael C. Anderson Vorlesung Uni Bern, FS 2016
Kartei Details
Karten | 238 |
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Lernende | 20 |
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Psychologie |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 19.06.2016 / 08.07.2024 |
Weblink |
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Formen von Lernen?
- nicht-assoziatives Lernen
- assoziatives Lernen
- begriffliches Lernen
- Lernen als Problemlösen
nicht-assoziatives Lernen?
- Habituation
- Dishabituation
- Sensibilisierung
Assoziatives Lernen?
- klassische Konditionierung (Lernen eines neuen Reizes, der ein altes Verhalten auslöst)
- operante Konditionierung (Lernen eines neuen Verhaltens auf einen alten Reiz)
Begriffliches Lernen?
Lernen neuer Konzepte (begriffliches Wissen)
Was ist Lernen?
- Herstellung von bedingten Reaktionen durch
Assoziation eines bedingten Reizes mit einem
unbedingten, wodurch der bedingte (ursprünglich
neutrale) Reiz die Fähigkeit erhält, die natürliche
Reaktion auf den unbedingten Reiz auszulösen
- Herstellen von Assoziationen zwischen
Vorstellungen
- „Überdauernde, nicht unmittelbar beobachtbare
Verhaltensänderung aufgrund von Erfahrung“.
Was ist nicht Lernen?
- Prägung (angeborene Reaktionstendenz)
- Reifung, Wachstum, Altern
- Ermüdung
- sensorische Gewöhnung
- Einwirkung von Pharmaka
- Verletzung
kurz: alles, das nicht durch Erfahrung geschieht und alles, das dadurch entsteht, dass der Mensch sich nicht anders verhalten kann (zum Punkt "Verletzung")
Kognitive Wende, Faktoren, die sie ausgelöst haben.
- Black-Box ins Zentrum genommen, man hat bemerkt, dass Menschen Pläne haben, die ihr Verhalten strukturieren.
- Computer-Metapher - TOTE-Einheit; Ist-Zustand mit dem Zielzustand vergleichen.
- Informationsverarbeitung ist in drei Schritte gegliedert: Encoding, Storage, Retrieval.
- Kapazitätsgrenzen bei der Informationsverarbeitung (The magical number seven plus or minus two).
Aufgrund der Untersuchung von Kapazitätsgrenzen hat man herausgefunden, dass es verschiedene Gedächtnissysteme gibt (siehe auch Clive Wearing).
Kapazität des visuellen sensorischen Gedächtnisses?
- Wenn Möglichkeit für Nachbild besteht (prefield und postfield black; display-field light), ist die Kapazität höher.
- Um obigen Effekt zu eliminieren, macht man jeweils ein helles prefield und postfield. Ergebnis: Kapazitätsgrenze liegt bei 6 Items.
sensorisches Gedächtnis - visuell, auditiv, Berührung?
- visuell - iconic
- auditiv - echoic (braucht länger, bis Information wegfällt; siehe phonoligische Schleife)
- Berührung - haptic
Idee eines sensorischen Buffers?
- Information gelangt zunächst in sensorischen Buffer; lange genug, um die Aufmerksamkeit darauf zu lenken.
- Information, die die sensorische Verarbeitung nicht übersteht, geht verloren.
veraltete Idee
Kurzzeitgedächtnis und Spannenmasse; wo liegt Kapazitätsgrenze; ab wann gilt die durch Spannenmasse ermittelte Kapazität?
- KZG ist nach Baddeley das, das mit einfachen Spannenmassen gemessen werden kann.
- Typischerweise 7 +/- 2 Items in richtiger Reihenfolge erinnert.
- Spannenmass gilt, wenn man die Items drei mal hintereinander in derselben Länge abrufen kann.
- Zahlenmasse alte Idee, bereits Ende des 19. Jhd. verwendet, um Schulfähigkeit von Kindern zu testen.
Buchstabenspanne, wodurch steigt die Leistung?
- Leistung steigt durch Gruppierung (Chunking).
- 3-er Gruppierung ideal; Chunking kann durch Rhythmus induziert werden.
- Dabei ist Erinnerungsleistung beschränkt auf Anzahl Chunks, kann aber erweitert werden (Experten und Gedächtniskünstler).
Kurzzeitgedächtnis, Definition im wissenschaftlichen Kontext?
- Information, die man etwa 30s lang behalten kann, wenn man nicht gestört wird.
Verwechslungsfehler im KZG?
- Conrad (1964), Untersuchung über Vor- / Nachteile von Buchstaben / Zahlen bei Postcodes.
- Ergebnis: Verwechslungen von Buchstaben sind häufiger wegen ähnlichem Klang (G, D), als wegen ähnlichem Aussehen (E, F).
- Sequenzen von ähnlich klingenden Konsonanten werden schlechter erinnert als von unähnlichen.
- Erkenntnis: KZG beruht auf schnell zerfallendem akkustischen Code.
verbales Kurzzeitgedächtnis
- Baddeley & Hitch (1974), phonological loop.
- Subsystem bestehend aus phonologischem Speicher (inneres Ohr) und artikulatorischem Kontrollprozess (innere Stimme).
Phonologischer Ähnlichkeitseffekt
- Ähnliche lautende Items haben ähnliche Codes, die zu Interferenz führen.
- Es gibt mehr Fehler bei der Wiedergabe.
Wortlängeneffekt
- Kurze Wörter, weniger-silbige Wörter, Wörter mit kurzer Sprechdauer werden länger behalten.
- Subvokale Wiederholung: je länger die Wörter sind, umso weniger können in der artikulatorischen Schleife wiederholt werden.
- Menschen, die schneller sprechen, können daher auch mehr erinnern.
Effekt irrelevanter Sprache
- Obwohl Wörter visuell präsentiert werden, verschlechtert sich die Leistung, wenn gleichzeitig irrelevante Sprache gehört wird.
- Tritt auch bei Fremdsprachen auf, aber nicht bei Lärm.
- Musik mit Gesang stört mehr als Instrumentalmusik.
Free Recall Paradigma beim Kurzzeitgedächtnis
- Populär in 1960er.
- Supraspannen-Listenlänge.
- Items sollten in beliebiger Reihenfolge wiedergegeben werden.
Ergebnisse von Free Recall beim Kurzzeitgedächtnis?
- Erinnerungswahrscheinlichkeit sinkt, je länger die Liste.
- Aber: Absolute Anzahl erinnerter Items steigt mit Listenlänge.
- Primacy- und Recency-Effekte.
Wie können Recency-Effekte eliminiert werden?
- Kurze Distraktoraufgabe.
- Speech-Suffix eliminiert Effekt, Buzzer-Suffix aber nicht.
Crowder Analogie
- Beschreibt Langzeit-Recency-Effekt.
- Recency-Effekt reflektiert hier eine Abrufstrategie; je weiter die Erinnerung ist, desto schwieriger wird die Diskrimination (z.B. Rugby-Spieler befragt, gegen welche Teams sie letzte Saison gespielt haben).
visuell-räumliches Kurzzeitgedächtnis
Besteht aus zwei Komponenten:
- Räumlicher Aspekt - wo?
- Visueller Aspekt - was?
1. Test für räumliche Spanne?
2. Test für visuelle Spanne?
1. Corsi-Spanne (Objekte nachtippen).
2. Pattern Span Task (Muster in einer leeren Matrix wiedergeben).
Womit interferieren visuell-räumliche Tests?
- Corsi-Spanne interferiert mit räumlichen Aufgaben (inkl. mathematische Operationen).
- Pattern-Span-Task interferiert mit visuellen Aufgaben (z.B. Muster beurteilen).
Räumlicher Code interferiert mit dem räumlichen, hingegen nicht mit dem visuellen und umgekehrt.
Patient H.M.
- Entfernung beider Hippocampi aufgrund von Epilepsie.
- LZG-Defizit, insbesondere beim episodischen Gedächtnis (analog Clive Wearing).
- Intakt: Zahlenspanne, Peterson-Paradigma, Recency-Effekt - KZG.
Patient K.F.
- Intaktes LZG, inkl. episodisches Gedächtnis.
- Massive Leistungseinbussen bei Zahlenspanne, Peterson-Paradigma, Recency-Effekt - KZG.
Deutet darauf hin, dass der Informationsfluss nicht mit einem simplen sequentiellen Modell erklärt werden kann.
Warum ein Arbeitsgedächnis?
- Patientenstudien (K.F.)
- Frequenzenwechsel von BBC, obwohl Info wiederholt wurde, gelangte sie nicht ins LZG.
- Befunde über "Levels of Processing" - Craik & Lockhard.
Levels of Processing
- Craik und Lockhart (1972), Kodierprozess
Verarbeitungsstufen:
- perzeptuell / visuell
- phonologisch
- semantisch
Verarbeitungstiefe führt zu besserer Gedächtnisleistung.
Erklärung von Positionseffekten anhand der Levels of Processing?
- Die ersten Items werden tiefer verarbeitet (semantisch).
- Die letzten Items überleben dank phonologischer Kodierung.
Untersuchung des Arbeitsgedächtnisses?
- Baddeley & Hitch (1974) - Doppelaufgaben-Strategie.
- Auslastung des KZG durch Spannenaufgabe & Durchführung einer anderen Aufgabe (z.B. Schlussfolgerungsaufgabe).
- Ergebnis: Zahlenspanne kann noch gut wiedergegeben werden, Schlussfolgerungsaufgabe wird langsamer gelöst, aber Anzahl Fehler bleibt konstant.
- Erkenntnis: Zwischen KZG und Arbeitsgedächtnis besteht ein Unterschied.
Abgrenzung Arbeitsgedächtnis vs. Kurzzeitgedächntis
- "Working"-Memory als betonung aktiver Verarbeitung zur Unterstützung komplexer kognitiver Aktivitäten.
- Abgrenzung zur passiven Konzeption des KZG als Speicher (mit Rehearsal-Schleife).
Beispiel Zusammenspiel der Arbeitsgedächtniskomponenten:
Wie viele Fenster hat Deine Wohnung?
- Wohnung vorstellen: VSSP
- Strategie bilden: ZE
- Mental durch jedes Zimmer wandern (VSSP) und gleichzeitig (ZE) zählen (PL).
Funktion der phonologischen Schleife beim Spracherwerb? Patient P.V.
- Patient: Erworbenes Defizit (Cerebrovascular Accident) der phonologischen Schleife; Zahlenspanne von 2 Items.
- Intakt: LZG, Intelligenz, visuelles KZG, Sprache flüssig und kein offensichtliches Defizit. - Nur bei längeren Sätzen Schwierigkeiten, bei denen der Anfang behalten werden muss.
- Fähigkeit von P.V., eine neue Sprache zu erwerben, getestet.
- Kontrollbedingung: Paarassoziationen (italienisch - italienisch), semantische Kodierung.
- Experimentalbedingung: Wortpaare (italienisch - russisch), phonologische Kodierung.
- Ergebnis: semantische Kodierung intakt, aber phonologisches Defizit.
- Erkenntnis: Phonologische Schleife hat zumindest für Fremdsprachenerwerb eine wichtige Funktion.
Funktion der phonologischen Schleife beim Fremdsprachenerwerb; Studie mit gesunden Erwachsenen?
- Phonologische Schleife durch artikulatorische Unterdrückung auslasten (z.B. Wiederholung eines Wortes; "Rabbit, Rabbit, Rabbit...")
- Ergebnis: Fremdsprachenlernen gestört, Paarassoziationslernen in Muttersprache nicht.
- Aber: Keine Aussage über den (Erst-)Erwerb von Muttersprache möglich.
Funktionen der Phonologischen Schleife?
- Spracherwerb
- Grammatikerwerb
- Lesen (generell)
- Handlungssteuerung (Artikulatorische Unterdrückung interferiert mit Aufgabenwechselleistung)
- Aber auch: Selbstinstruktionen bei komplexen Handlungen (z.B. IKEA‐Kasten zusammenbauen)
Was sagt Lebhaftigkeitvon Vorstellungen über Gedächtnis aus?
- Kein (positiver) Zusammenhang zu visuellem Gedächtnis.
- Lebhaftigkeit täuscht; falsche Erinnerungen werden für wahr gehalten.