Kurs 03412: I. Wahrnehmung IV Aufmerksamkeit

Kurs 03412: I. Wahrnehmung IV Aufmerksamkeit

Kurs 03412: I. Wahrnehmung IV Aufmerksamkeit

Alexander Wahler

Alexander Wahler

Kartei Details

Karten 39
Sprache Deutsch
Kategorie Psychologie
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 27.08.2014 / 05.12.2018
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Mehrdeutigkeit „Aufmerksamkeit“

 

Mehrdeutigkeit „Aufmerksamkeit“

  • „Aufmerksamkeit“ ist wie „Bewusstsein“ ein mehrdeutiger begriff
  • hat auch damit zu tun, dass beide Begriffe verwendet werden, um den jeweils anderen zu definieren

Problem der Mehrfachtätigkeit

Problem der Mehrfachtätigkeit

  • das Problem der „Enge des Bewusstseins“ wurde historisch gesehen in ein Problem der geteilten Aufmerksamkeit verschoben.
  • Dahinter steckt die allen geläufige Erfahrung, dass man in einer bestimmten Zeit nicht beliebig viele Handlungen gleichzeitig ausführen kann
  • Allerdings macht man gelegentlich mehreres gleichzeitig (z.B. Lesen und Radio hören)
  • -> kommt dann etwas interessantes im Radio wandert die Aufmerksamkeit zum Radio, Infos aus dem Lesen nimmt man nicht mehr auf
  • Man kann nur dann mehreres gleichzeitig machen, wenn zumindest eine Handlung routinisiert und fast automatisch, ohne Nachdenken, beherrscht wird

„Aufmerksamkeit“ als Ressource

„Aufmerksamkeit“ als Ressource

  • „Aufmerksamkeit“: begrenzte mentale Ressource, die der Kontrolle der Ausführung von 
Handlungen zu Verfügung steht
  • für die Forschung stellt sich die Frage nach dem Umfang der Grenze und der Ressourcen und wie diese verteilt werden können

Richtercharakteristik der Aufmerksamkeit

 

Richtercharakteristik der Aufmerksamkeit

  • Mit der Orientierung (Orientierungsreaktion, automatisch) wird deutlich, dass die Aufmerksamkeitsressource nicht eine skalare Größe ist, sondern einen vektoriellen Charakter, eine Richtcharakteristik hat
  • Die Aufmerksamkeit kann man von S1 auf S2 richten, wie einen Lichtstrahl, mit dem man in der Dunkelheit ein Objekt nach dem anderen beleuchtet.
  • Da der Lichtstrahl nur eine bestimmte Breite hat und damit nur ein Teil der Umgebung beleuchtet werden kann, muss es Mechanismen geben, die aus der großen Anzahl von möglichen Objekten nur wenige auswählt und diese Auswahl in eine bestimmte Abfolge bringt -> Problem der selektiven Aufmerksamkeit

 

 

Worin wurzelt die Selektivität der Aufmerksamkeit?

 

Worin wurzelt die Selektivität der Aufmerksamkeit?

  • wurzelt in dem Problem, dass Wahrnehmen und Handeln in Raum und Zeit organisiert werden müssen
  •  -> sowohl auf der Wahrnehmungsseite als auch auf der Handlungsseite müssen zahlreiche Selektionen vorgenommen werden, die aber wiederum zielorientiert zu einer Sequenz verbunden werden müssen.

„Aufmerksamkeit“ kein „mentales Ding“

„Aufmerksamkeit“ kein „mentales Ding“

  • „Aufmerksamkeit“ bezeichnet eine Eigenschaft
  • die Eigenschaft „aufmerksam“ kann allen psychischen Prozessen zukommen (d.h. 
aufmerksam tasten, sehen, hören... )
  • „Aufmerksamkeit“ bezeichnet daher ein komplexes Gebiet von Phänomenen, in dem es keine einheitliche Theorie gibt.

Perzeptive Selektive Aufmerksamkeit

Perzeptive Selektive Aufmerksamkeit

  • Informationsselektion in den Wahrnehmungssystem steht im Mittelpunkt der Betrachtung

 

Zentrale Rollen der selektiven Aufmerksamkeit

Zentrale Rollen der selektiven Aufmerksamkeit

  • die selektive Aufmerksamkeit spielt ebenso eine zentrale Rolle bei der Organisation der Bewegungen, Operationen zu einer zielorientierten Handlung zu sequenzieren.
  • -> Es werden dann nicht nur Informationen aus der Umgebung selegiert, sondern auch aus den mentalen Modellen, z. B. müssen Ziele gebildet, Fertigkeiten aus dem Gedächtnis aktiviert etc.
  • selektive Aufmerksamkeit bim lernenden Einüben von Fertigkeiten -> einzelne Handlungsschritte müssen noch überwacht werden
  • -> Kontrolle bezieht sich nicht auf die ganze (fertige) Handlung, sondern auf Handlungsteile und deren Verknüpfung (Prozedualisierung) –> es geht nicht um das was oder wozu einer Handlung, sondern um das wie

Selection for action

Selection for action

  • es ist zweckmäßig, die Aufmerksamkeit als eine wesentliche Eigenschaft der Handlungssteuerun zu betrachten

„exekutive Funktion“

„exekutive Funktion“

  • im Zusammenhang mit selection for action ist es sinnvoll von exekutiver Aufmerksamkeit zu sprechen -> weshalb zahlreiche Aspekte der Aufmerksamkeit daher heute untere dem Stichwort „exekutive Funktion“ erforscht werden
  • aus ökologischer Sicht ist es plausibel, dass die Aufmerksamkeit vor allem im Dienste der Handlungssteuerung und der Orientierung steht
  • -> Problem der Handlungssteuerung ist aus allen möglichen Variationen der Handlungsausführung eine ganz bestimmte zu realisieren -> Selektionsprobleme

Die 5 Aufmerksamkeitsmechanismen

Die 5 Aufmerksamkeitsmechanismen

  • Lösung der Selektionsprobleme
  • Verhaltenshemmung: sorgt dafür, dass nicht versucht wird, mehrere physisch 
unvereinbare Handlungen gleichzeitig auszuführen (z.B. Fahrradfahren und Gehen)
  • Hemmung beim Einsatz von Fertigkeiten: verhindert, dass dieselbe Fertigkeit zum 
gleichen Zeitpunkt mehrfach eingesetzt wird (gleichzeitig langsam und schnell 
Radfahren)
  • Mechanismen der perzeptiven und sensorischen Selektion: zuständig, dass genau 
ein Reiz ausgewählt wird, der die Handlung initiiert und die Ausführung festlegt (so könnte der Fahrradfahrer etwas zwischen einem Rennrad und einem Mountainbike auswählen)
  • Regulation des psychophysischen Erregungsniveaus: sorgt dafür, dass die 
Aufrechterhaltung einer Handlung und die Möglichkeit, diese abzubrechen, richtig 
gewichtet werden (etwa das Weiterfahren und das Anhalten an einer Ampel)
  • Mechanismus Handlungsplanung und Koordination des Handelns: Ermöglichung 
der Kombination vorhandener Fertigkeiten (Bsp. Fahrradfahren und gleichzeitiges Transportieren eines Koffers in der Hand)

Untersuchungsparadigmen in der Forschung zur selektiven Aufmerksamkeit

  •  

Untersuchungsparadigmen in der Forschung zur selektiven Aufmerksamkeit

  • In der auditiven Modalität: Paradigma des dichotischen Hörens und Split-span-Paradigma
  • In der visuellen Modalität: Paradigma der Psychologischen Refraktär-Periode / PRP


 

 

Dichotomes Hören

 

 

Dichotomes Hören

  • Vp bekommt in beide Ohren gleichzeitig eine Nachricht präsentiert
  • sie muss die Nachricht aus einem Ohr laut nachsprechen, womit sie diese beachten muss („shadowing“)
  • Im Anschluss daran waren die Vp nicht in der Lage, Bedeutungsaspekte oder die Änderung der Sprache in der nicht beschatteten Nachricht anzugeben
  • Physikalische Änderungen wie den Wechsel einer männlichen zu einer weiblichen Stimme wurden allerdings bemerkt

 

„Split-Pan“ – Paradigma

„Split-Pan“ – Paradigma

  • Vp sollen eine Sequenz von z.B. 3 Ziffernpaaren vollständig berichten
  • Ziffernpaare werden allerdings simultan getrennt beiden Ohren dargeboten, ein Paarling dem rechten und der andere Paarling dem linken Ohr
  • Beim berichten gaben Vp die Ziffern nicht paarweise wieder, also 1te_Ziffer_rechts – 2te-Ziffer-links, 3te_Ziffer_rechts – 4te_Ziffer_links, sondern getrennt nach Ohr, also z. B. 1te_Ziffer_rechts, 3te_Ziffer_rechts usw. und dann 2te_Ziffer_links, 4te_Ziffer_links.

Paradigma der Psychologischen Refraktärphase

Paradigma der Psychologischen Refraktärphase

  • in visueller Modalität werden zwei Reize in kurzer Abfolge dargeboten
  • Vp muss so schnell wie möglich auf S1 und S2 reagieren
  • Analyse der Reaktionszeit (RT) zeigt, dass die RT auf S2 von der Zeitverzögerung zwischen dem Beginn von S1 und dem Beginn von S2 abhängt
  • Diese Zeitverzögerung wird als SOA, Stimulus Onset Asynchrony, bezeichnet
  • Im Falle von kurzen SOA werden die RT mit immer kürzer werdenden SOA zunehmend länger.
  • Diese RT- Verlängerung wurde als psychologische Refraktärperiode interpretiert, wo man annahm, dass diese auf einen „Engpass“ im Verarbeitungssystem zurückgeht
  • Befund aus dem Paradigma der Psychologischen Refraktär- Periode (PRP) scheint dafür zu sprechen, dass die Reizverarbeitung S1 abgeschlossen sein muss, bevor die Reizverarbeitung S2 beginnen kann.
  • -> Dies legt eine serielle Reizverarbeitung nahe.
  • Da die SOA zwischen S1 und S2 sehr kurz sind, kann man die PRP als Hinweis darauf interpretieren, dass es eine beschränkte zentrale Verarbeitungskapazität gibt.

Donald Boroadbent

Donald Boroadbent

  • aufgabenirrelevante Nachrichten werden schon vor ihrer vollen Verarbeitung abgeblockt
  • Selektion erfolgt aufgrund physikalischer Merkmale
  • Diese Annahmen lagen der Filtertheorie zugrunde

Filtertheorie

 

Filtertheorie

  • Wurde im Rahmen des Informationsverarbeitungsansatzes formuliert
  • Der Theorie zufolge gelangen zwei gleichzeitig dargebotene Eingangsreize oder Nachrichten simultan, d. h. in einer in paralleler Weise ablaufenden Verarbeitung, Zugang zu einem sensorischen Speicher.
  • Nur einer der Reize passiert auf Grund seiner physikalischen Merkmale einen selektiven Filter; der andere Reiz wird blockiert, verbleibt aber für eventuellen späteren Zugriff vorübergehend im Speicher.
  • Die Aufgabe des Filters ist es, ein kapazitätslimitiertes, strikt serielles Verarbeitungssystem jenseits des Filters vor Überlastung zu schützen. Dieses System verarbeitet die Eingangsinformation gründlich, d. h. semantisch.
  • -> Nur Information, die dieses System durchläuft, kann bewusst und im Langzeitgedächtnis gespeichert werden
  • Information wird nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip weitergeleitet

Da es nur einen zentralen Verarbeitungskanal gibt, muss die Aufmerksamkeit zwischen den Eingangskanälen hin und her wechseln, die Aufmerksamkeitsressource muss geteilt, es muss zwischen den Kanälen hin und her geschaltet werden (Multiplexing)

„Cocktail-Party-Phänomen“

 

„Cocktail-Party-Phänomen“

  • Zweifel an der Filtertheorie
  • Moray
  • Ist man auf einer Party im Gespräch mit Leuten, bekommt man das Gewirr um einen herum mit, jedoch fällt es schwer einzelne Äußerungen herauszuhören -> dann kann es vorkommen das man einen Gesprächsfetzen aus der Nachbargruppe mitbekommt, der die Aufmerksamkeit auf sich zieht
  • ExperimentvonMuray: im dichotischen Paradigma konnte gezeigt werden, dass etwa1/3 der Vp im nichtbeachteten Kanal den eigenen Namen bemerkt

  • → die Information im nichtbeachteten Kanal muss auch gelegentlich semantisch verarbeitet werden, da man zeigen konnte, dass die semantische Bearbeitung im beachteten Kanal beeinträchtigt wird

 

Attentuationstheorie

 

Attentuationstheorie

  • wurde auf das „Cocktail-Party-Phänomen“ vorgeschlage
  • Die Attenuationstheorie lässt eine abgeschwächte Weiterleitung und Verarbeitung nichtbeachteter Information zu, d. h., die Verarbeitung erfolgt nach einem Mehr-oder-weniger- Prinzip.
  • Die Lokalisation der Selektion ist flexibel, jedoch auf einer relativ frühen, perzeptiven Stufe, angesetzt.
  • Die Analyse der Eingangsinformation durchläuft eine Hierarchie von Verarbeitungsstufen, wobei das erreichte Analyseniveau von der verfügbaren Verarbeitungskapazität abhängt
  • Entscheidend ist das Konzept der Schwelle, die durch Erfahrung wie persönliche Relevanz verschoben werden kann
  • -> Sind Reize besonders auffällig (Salienz) oder treten häufig auf oder sind persönlich relevant, emotional salient → niedrige Aktivierungsstufe

 

Theorie der späten Selektion

Theorie der späten Selektion

  • Die Theorie geht davon aus, dass die Selektion „spät“ im Verarbeitungssystem lokalisiert ist, d. h. näher bei Prozessen der Reaktionskontrolle.
  • Das bedeutet, dass alle Eingangsreize (semantisch) vollständig analysiert werden.
  • Eine Weiterverarbeitung (wie z. B. Speicherung im Gedächtnis oder Determination einer motorischen Reaktion) erfolgt nur für Reize, die für die momentane Aufgabe relevant sind.
  • -> Dies setzt einen effizienten Prozess der Gewichtung aller Eingangsreize nach ihrer Relevanz voraus, der in einem parallelen Verarbeitungsprozess abläuft
  • Problem ist, dass in relativ kurzer Zeit viele Vergleiche zwischen allen verarbeiteten Reizen durchgeführt werden müssen, um zu einer effektiven Auswahlgewichtung zu kommen.
  • -> Dazu sind parallele Prozesse nötig und konnektionistische Ansätze haben Algorithmen vorgeschlagen, die das Problem multipler Vergleiche lösen können, so dass in dieser Hinsicht die Theorie der späten Selektion nicht unplausibel ist.

Welcher Selektionstheorie sollte man den Vorzug geben?

 

Welcher Selektionstheorie sollte man den Vorzug geben?

  • Momentan keiner
  • Stattdessen geht man davon aus dass der „Ort“ der Selektion verschieblich ist
  • -> Flexibilität der Selektion hängt wesentlich von den Anforderungen der Aufgabe ab
  • -> Die Lösung der Aufgabe ist der Filter, der die Aufgabeninformation nach Relevanz abstuft
  • Bei geringer Aufgabenanforderung: Mitverarbeitung der Distraktoren und ziemlich späte Selektion des Zielreizes

 

Flankierer-Paradigma

Flankierer-Paradigma

  • Zielreiz A wird mit zwei flankierenden Ablenkreizen B gezeigt (BAB)
  • -> reagieren auf A fällt leichter (schneller) wenn vorher Hinweisreiz gegeben wurde an welchem Ort A erscheint („spatial cue“)
  • -> damit wird Inferenz zwischen Ziel- und Ablenkreizen reduziert

Paradigma räumlicher Hinweisreize

Paradigma räumlicher Hinweisreize

  • Vp weiß dass Reiz an zwei möglichen Orten erscheinen kann (z.B.  Kästchen links oder rechts vom Fixationskreuzchen)
  • Vp erhält ortsbezogenen Hinweisreiz, der die Position des nachfolgdenen Zielreizes mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit indiziert
  • -> z.B. wird rechts angezeigt und in 80% der Fälle folgt der Zielreiz auf den Cue (valide Durchgänge), in 20% der Fälle nicht (invalide Durchgänge)
  • Vp hat auf das Einsetzen des Zielreizes (targets) mit Tastendruck zu reagieren (einfache RT-Aufgabe)
  • Neben validen/invaliden gibt es neutrale Durchgänge: Cue fungiert nur als zeitliches Warnsignal (z.B. ein zentrales Kreuz zwischen den Kästchen, woraufhin das target mit gleicher Wahrscheinlichkeit links oder rechts erscheint)
  • Im Vergleich zur neutralen Bedingung ist die RT der validen Durchgänge kürzer, die RT der invaliden Durchgänge hingegen länger.

Aufmerksamkeit als Lichtkegel

Aufmerksamkeit als Lichtkegel

  • Untersuchungen führten zur Vorstellung, dass die visuelle Aufmerksamkeit wie ein Lichtkegel funktioniert, wobei Stimuli an einem beleuchteten Ort rascher und gründlicher verarbeitet werden als solche an „dunkleren“ Orten.
  •  Die Orientirung der Aufmerksamkeit soll dabei durch drei separate Mechanismen, einen Ab- löse-, einen Verschiebungs- und einen Anbindungsmechanismus, gesteuert wer- den
  • -> Der Lichtkegel muss von einem Objekt gelöst und hin zu einem neuen Ort verschoben werden, wo der Lichtkegel auf das neue Objekte gerichtet und gebunden bleiben soll
  • Alternative: Aufmerksamkeit als eine variable Gummilinse konzipiert -> entweder kleiner Bereich mit hoher Auflösung oder verstellen auf weiteren Bereich mit geringerer Auflösung

Inhibition of Return

 

Inhibition of Return

  • Bei Verlagerung der visuellen Beachtung von O1 zu O2: Stattfinden einer kurzzeitige Hemmung 
der Rückverlagerung von O2 auf O1
  •  = Inhibition Of Return /IOR
  • → der frühe Erleichterungseffekt des Cues für die indizierte Position O1 kehrt sich in einen 
späten Inhibitionseffekt bei SOA < 300ms um
  • Die erschwerte Reorientierung auf eine vorher beachtete Position kann somit als eine Voreinstellung in der (gedächtnis- basierten) Steuerung der Aufmerksamkeit verstanden werden, der darauf hinwirkt, dass neue Orte im visuellen Feld abgesucht werden.

 

Objektbasierte Aufmerksamkeit

Objektbasierte Aufmerksamkeit

  • Annahme: selektive Aufmerksamkeitsmechanismen orientieren sich an Objekten
  • Ws wurde experimentell gezeigt, „dass Urteile über zwei Merkmale eines Objekts dieselbe Genauigkeit hatten wie Urteile über ein Merkmal dieses Objekts; die Genauigkeit von Urteilen über zwei Merkmale war dagegen reduziert, wenn sich ein Urteil auf das eine und das andere Urteil auf das andere von zwei Objekten bezog, obwohl beide Objekte am selben Ort (überlappend) dargeboten wurden.
  • Interpretation des Befunds -> dass die entscheidende attentionale Limitation nicht in der ortsbezogenen Aufmerksamkeit liegt, sondern vielmehr darin, dass nur ein Objekt zu einem gegebenen Zeitpunkt attendiert werden kann. Diese objektbezogene Aufmerksamkeit macht dann die Merkmale des entsprechenden Objekts der weiteren Verarbeitung zugänglich.

Dimensionsbasierte Aufmerksamkeit

 

Dimensionsbasierte Aufmerksamkeit

  • Eigenschaftsdimensionen/Objektmerkmale wichtig bei der Selektion
  • Enge Verknüpfung der Theorie dazu mit den Paradigma der visuellen Suche

 

„Aufmerksamkeitsblinzeln“

„Aufmerksamkeitsblinzeln“

  • Prozesse der Aufmerksamkeit können so untersucht werden, dass nicht die Fokus- sierung auf bestimmte zeitliche oder räumliche Bereiche eine zentrale Rolle spielt.
  • Dazu gehören Phänomene, die Müller und Krummenacher (2006) „Aufmerksamkeitsblinzeln“, inattentionalen Blindheit und Wechselblindheit nennen (change blindness ist aber besser mit Veränderungsblindheit übersetzt)
  • „Aufmerksamkeitsblinzeln“ bezeichnet ein transientes Defizit der Verarbeitung sequentiell dargebotener Stimuli
  • Negative und positive Erwartung zusammen büginstigen inattentionale Blindheit
  • Die inattentionale Blindheit wird in einem sequentiellen Aufmerksamkeitsparadigma festgestellt (ein Zielreiz B wird mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nicht ent- deckt, wenn er kurzzeitig inmitten von Distraktoren nach A präsentiert wird).
  • Die attentionale Blindheit wird in einer simultanen Präsentation einer visuellen Szene festgestellt: Man fokussiert die Aufmerksamkeit auf einen bestimmten, markierten Bereich und bemerkt eine Veränderung außerhalb dieses Bereiches nicht (change blindness).

transientes Defizit der Verarbeitung sequentiell gezeigter Reize

transientes Defizit der Verarbeitung sequentiell gezeigter Reize

  • 2 Zielreize werden in einen Strom von Distraktorreizen eingebettet
  •  Werden mit einer Frequenz von 10Hz an derselben Stelle repräsentiert
  • Der 2. Zielreiz wird oft nicht identifiziert, wenn er ca.400ms nach dem ersten Zielreiz dargeboten wird
  • Analoge Limitationen sind bei der räumlichen Aufmerksamkeit zu finden: führen Vp unter Zeitdruck eine schwierige Diskriminationsaufgabe aus, können sie oft nicht ein unerwartetes Objekt erkennen
  • → wird das Objekt erwartet, wird es korrekt identifiziert 

 

Negative Erwartung

 

Negative Erwartung

  • ein Reiz x wird nicht erwartet 

 

Positive Erwartung

 

Positive Erwartung

  • ein Reiz x wird erwartet 

Wie untersuchten Mack und Rock inattentionale Blindheit?

Wie untersuchten Mack und Rock inattentionale Blindheit?

  • Sie präsentierten kurzzeitig Kreuze und die Vpn mussten urteilen, ob die waagrechte oder senkrechte Linie länger war
  • Gelegentlich wurde aber genausolange ein Quadrat eingeblendet
  • Ein gutes Viertel der Vp berichtete im Anschluss, kein Quadrat gesehen zu haben -> inattentional blindness -> Spezialfall von change blindness, also der Tatsache, dass wir viele kurzzeitige Veränderungen (also Ereignisse) nicht wahrnehmen, z. B. ein kurzer Beleuchtungswechsel eines Objektes

Erklärung für inattentionale Blindheit und attentionale Blindheit

 

Erklärung für inattentionale Blindheit und attentionale Blindheit

  • dass Aufmerksamkeit (fast) ausschließlich auf das Objekt ausgerichtet wird, das Gegenstand der zu lösenden Aufgabe ist.
  • Nicht erwartete Objekte können dann nur durch Prozesse verarbeitet werden, die keine Aufmerksamkeit erfordern
  • Beobachter haben auch große Probleme, auffällige Veränderungen eines Objekts oder Objektmerkmals zu entdecken, wenn der Fokus der Aufmerksamkeit nicht auf den sich verändernden Teil einer Szene ausgerichtet ist („Wechselblindheit“).

 

Wann werden Veränderungen in Bildern übersehen?

Wann werden Veränderungen in Bildern übersehen?

  • Veränderungen werden auch in Bildern übersehen, die wiederholt nacheinander am selben Ort dargeboten werden, wenn entweder zwischen den zwei Bildern kurzzeitig ein Bild mit Rauschen oder wenn plötzlich ein ablenkender Stimulus dargeboten wird.

Wovon gehen klassische Informationsverarbeitungsmodelle der Aufmerksamkeit aus?

Wovon gehen klassische Informationsverarbeitungsmodelle der Aufmerksamkeit aus?

  • sie gehen von hierarchischen Stufen der Verarbeitung aus
  • hierarchische Stufenmodelle gehen davon aus, dass nur Reize bewusst werden können, auf die die Aufmerksamkeit gerichtet ist. Diese Formulierung suggeriert, dass sich die Eigenschaften „bewusst“ und „aufmerksam“ unterscheiden, zumindest wenn „aufmerksam“ und „bewusst“ nicht genauer spezifiziert werden

Wann ist die Eigenschaftenkombination „bewusst“ und „nicht aufmerksam“ möglich?

 

Wann ist die Eigenschaftenkombination „bewusst“ und „nicht aufmerksam“ möglich?

  • wenn man „aufmerksam“ als fokussierten bewussten mentalen Prozess versteht und „bewusst“ auf die Bedeutung von Vigilanz im Sinne von angespanntem, erwartungsvollem, aber auf nichts fokussierten mentalen Prozess einschränkt.
  • Die Eigenschaft „aufmerksam“ wäre gewissermaßen ein Organisationsmerkmal der Relation zwischen bewussten mentalen Prozessen
  • Allerdings ist es fragwürdig, ob es eine orientierungslose Vigilanz gibt. Wachheit ist nicht notwendigerweise bewusst, wie Patienten im Wachkoma zeigen

 

Wann ist die Eigenschaftskombination „aufmerksam“ und „nicht bewusst“ möglich?

 

Wann ist die Eigenschaftskombination „aufmerksam“ und „nicht bewusst“ möglich?

  • es finden sich keine Phänomene dafür; es gibt keine orientierungslose Aufmerksamkeit und damit auch keine bewusstlose Aufmerksamkeit

 

Wie findet bewusste Verarbeitung nach neueren Modellen statt? Was sind ihre Annahmen?

Wie findet bewusste Verarbeitung nach neueren Modellen statt? Was sind ihre Annahmen?

  • Nach neueren Modellen findet die bewusste Verarbeitung in der Stufenfolge vor der aufmerksamen Verarbeitung statt
  • Das hierarchische Modell wird durch rekurrente Komponenten ergänzt
  • Angenommen wird, dass bewusste Reaktionen eine Folge bewusster Verarbeitung sind. Für die bewussten Reaktionen kommt es aber nicht nur darauf an, dass die Verarbeitung bewusst ist, sondern in welcher Weise die bewusste Verarbeitung konfiguriert ist, ob z. B. Informationen selegiert werden oder nicht
  • Angenommen wird, dass Bewusstsein über das Vorhandensein von Objekten und anschließend Bewusstsein über die mit den wahrgenommenen Objekten assoziierten (kognitiven) Transformations- und Handlungsmöglichkeiten (Zugangsbewusst- sein) entsteht.
  • Auf Grund des Wettstreits um den Zugang zu höheren Verarbeitungsstufen ist das Zugangsbewusstsein auf eine kleine Anzahl von Objekten beschränkt

Nenne einen Grund warum die Erforschung der Aufmerksamkeit und des Bewusstseins schwierig ist?

 

Nenne einen Grund warum die Erforschung der Aufmerksamkeit und des Bewusstseins schwierig ist?

Einer der Gründe liegt darin, dass versucht wird, einer Fülle von teilweise nur experimentell herstellbaren Phänomenen mit einer unklaren und unnormierten Terminologie beizukommen