KJL

Kinder und Jugendliteratur

Kinder und Jugendliteratur


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Flashcards 32
Language Deutsch
Category Educational Science
Level University
Created / Updated 20.06.2015 / 04.06.2016
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Aspekte des Begriffs Lesen (Definition): 

  • Rezeption und Verstehen schriftlicher Äußerungen; Wahrnehmung und Interpretation visueller Elemente als Zeichen (Reallexikon der deutschen Lit Wissenschaft)

  • Lesen meint komplexe Tätigkeit, schriftsprachliche Zeichenfolgen auf graphemisch-phonologischer, syntaktischer, semantischer und pragmatischer Ebene zu deuten.

 

Aspekte des Lesens:

  1. Lesen bedeutet Suchen, Sammeln und Auflesen. Bereits im Althochdeutschen die bedeutung „Im Buch lesen“

  2. Besondere Fähigkeit des Lesens signalisiert ein wachsendes intellektuelle bzw. soziales Vermögen

  3. Lesen steht für Form v. Autoritätsausübung, für das zuverlässige wie verbindliche Lehren, Erklären, Verkünden wichtiger Dinge. 

Teilfähigkeiten des Lesens:

  • Selektion des Wichtigen aus der Menge des Unwichtigen (Redundanten)

  • die Analyse gestalthafter Ganzheiten in wiederverwendbare ‚Elemente’ und die Synthese von ‚individuellen Zeichen’ zu ‚komplexen Ausdrücken

  • die Antizipation des Kommenden auf Grund syntaktisch-semantischer und enzyklopädisch-pragmatischer Regularitäten

Ursachen der Leseexpansion:

 

  1. mediengeschichtlich: eine leichtere Verfügbarkeit von größeren Papiermengen, die Einführung der Lesebrille und die Verwendung handlicherer Buchformate.

  2. sprachgeschichtlich: der Wechsel vom Latein zu volkssprachlicher Schriftlichkeit und die Entwicklung schriftlicher Normen.

  3. kommunikationsgeschichtlich: die Tendenz zur Ablösung der mündlichen durch die schriftliche Mitteilungspraxis.

  4. sozialgeschichtlich: das wachsende Bedürfnis nach schriftlich dokumentierter Rechtssicherheit und die Konsvervierung eigener Traditionen (kulturelles Gedächtnis).

  5. mentalitätsgeschichtlich: das wechselnde Interesse an geistlichen und weltlichen Stoffen.

  6. gattungsgeschichtlich: das veränderte Verhältnis von Vers und Prosa (= die Prosaauflösung von Vers-Epen).

 

Schriftspracherwerb und Leseentwicklung:

  1. Leseanfänger entziffern einzelne Laute und B-U-C-H-S-T-A-B-E-N, keine ganzen Wörter

  2. Wer das Grundschulalter verlassen bzw. das Lesen erlernt ha, verarbeitet Wörter seriell. Diese Leser überblicken mühelos ganze Sätze.

  3. Grundschüler lesen jeden Tag 20 bis 25 Minuten, davon 5 Minuten in einem Buch. Zu Ende der 6. Klasse hat sich das Lesepensum zu 2 Millionen gelesener Wörter summiert. Wer gern und viel liest, kommt im selben Zeitraum auf ca. 8. Millionen gelesener Wörter.

  4. Entsprechend werden bereits hier die Grundlagen für die sogenannte Bildungskarriere gelegt.

 

Begriff Literaturerwerb:

 

  • Der Begriff Literaturerwerb meint den Aufbau einer literarischen Kompetenz, die schrittweise durch das Aneignen von Regeln erfolgt. Innerhalb dieses Prozesses kommt es dazu, dass die Bau- und Strukturformen poetischer Texte erfasst werden und mit ihnen die jeweiligen Figurenkonzeptionen, Erzählweisen, Gattungsmuster. Der Erwerb von Regeln erfolgt in Verbindung mit den von Piaget entworfenen kognitiven Stufen und somit in einer festgelegten unumkehrbaren Reihenfolge

 

Kennzeichen (Anforderungen) der Anfängerliteratur

  • Einfachheit,

  • Linearität,

  • Regelhaftigkeit,

  • Handlungsdominanz/Aktion,

  • Identifikation, Überschaubarkeit,

  • typisierende Figurengestaltung

Altersabhängige Binnengliederung (Stufenfolge) der KJL:

  1. einfach zu komplexen Strukturen

  2. schrittweisen Übergang von der Oralität (Mündlichkeit, früh) zur Literalität (Schriftlichkeit/spät).

Stufenfolge der KJL:  

  1. Kindervers/Kinderlied (unterste Stufe, begrenzte Zahl von Regeln: Rhythmus, Reim, Wiederholungen, Reihungen, Reduplikationen oder: rituelle Monotonie (Hoppe hoppe Reiter)

  2. Vorlesegeschichten (Geschichten von Hanna Hanisch ("Mein blauer Esel Pim", "Kopfkissen-Geschichten", "Drei-Minuten-Geschichten") oder die von Heinrich Hannover ("Das Pferd Hupp die Wupp ")

 

Orale Stilistik der Anfängerliteratur: 

  • Kindererzählungen an mündlicher Erzählsprache (oraler Stilistik) erkennbar (schriftliche Folklore. Konkrete Gebrauchssituation/auf Vorlesen und Nacherzählen bezogen. Text ist sprechbar, vorlesbar, nacherzählbar und erleichtert Aufnahme

Anfängerliteratur als Sozialisationsliteratur:

  • Literatur als Mittel für das Hineinwachsen in literarische Kultur / lit. Sozialisation

  • Ausstattung mit Bildern verliert an Bedeutung (mediale Adaption nimmt ab)

  • Für Familiengebrauch bleiben Medienerfahrungen unabdingbar. Texte bleiben zum Vorlesen, Angucken usw → Gebrauchsliteratur

 

Jenseits d. Anfängerlit: 

  • die Regelhaftigkeit tritt zurück, und die Komplexität der literarischen Struktur (das WAS und WIE) wächst.

  • Je mehr sich die Erzählung für Kinder der realistischen Prosa annähert, um so weniger sind die Regeln wahrnehmbar

  • Bsp Carlo Calotti: "Es war einmal... 'Ein König!' werden sofort meine kleinen Leser rufen. Nein Kinder, da habt ihr euch geirrt! Es war einmal - ein Stück Holz." (Collodi 1966, 5) Durch den Textanfang spricht der Autor im Bewusstsein der Leser die Struktur an, die zu zerstören er vorhat und lenkt die Aufmerksamkeit auf etwas Neues (Vgl. Lypp 1989, 73). 

Fassetten der KJL:

  • die Gesamtheit der für Kinder und Jugendliche als geeignet empfundenen Literatur (= intentionale KJL)

  • die Gesamtheit der für Kinder und Jugendliche geschriebenen fiktionalen und nichtfiktionalen Texte (= spezifische KJL).

  • die Gesamtheit der von Kindern und Jugendlichen rezipierten fiktionalen und nichtfiktionalen Texte (= Kinder- und Jugendlektüre).

  • ein Teilsystem des gesellschaftlichen Handlung- bzw. Sozialsystems „Literatur“ (= „Subsystem KJL“)

Handlungssystem Literatur: 

  • verfügt über innere Struktur und über Merkmale und Funktionen, die Abgrenzung von anderen Systemen ermöglicht

  • Hat innere Struktur - > lit. Produktion (Autor, Herausgeber usw.), Vermittlung (Verleger, Buchhändler usw) und Rezeption/Verarbeitung (Normalleser usw.)

 

Außen-Innen-Differenzierung:

 

  • ästhetisch-literarische Konvention (ÄLK) → Text kein Wahrheitsgehalt oder praktischen Nutzen

  • Polyvalenzkonventionen (PK) → Vieldeutigkeit der lit. Texte

Funktionen der KJL:

  • Mittel zur Erziehung (Sozialisationsmittel)

  • Kindgemäße Literatur (Anpassung an Leser(Kind) → Adaption)

  • Wiedergeburt der Volkspoesie (breite Gattungspalette sorgt für Wiedergeburt der Poesie)

  • Richtige/Vollwertige Literatur

  • KJL ist das Gegenteil von autonomer Literatur

Symbolsystem:

  • Menge der Texte zu einem historischen Zeitpunkt bilden Symbolsystem (Themen, Darstellungsweisen, Gattungen usw.)

 

Adaption: 

  • Adaption im Subsystem KJL bezeichnet alle Handlungen, Methoden, Formen, einen Text so zu gestalten, zu verändern, zu bewerben, anzupreisen, zu bewerten, auszuwählen, dass er den kognitivpsychischen Dispositionen, den Bedürfnissen, dem Erwartungshorizont des anvisierten Adressatenkreises entspricht.

  • Auf Ebene der a) literarische Produktion; b) der Vermittlung, c) der Rezeption/Verarbeitung

Formen der Adaption:

  • stoffliche A.

  • Formale A.

  • Sprachlich-stilistische A.

  • Mediale A.

Naratologie in der KJL:

  • keine Prinzipielle unterscheidung KJL und Erwachsenen Li. (nurnoch graduell) → in KJL auch morderne Formen des Erzählens

  • Das „was und wie“ des Erzählens sind vergleichbar

  • Frage nach Art und Weise des Erzählens („Wie“) muss diskutiert werden, nicht mehr nur der Inhalt („Was“)

  • deshalb narratologische Fragen entscheidend, um KJL zu erkennen

Moderne Formen des Erzählens:

  • innerer Monolog

  • Bewusstseinsstrom

  • Multiperspektivischen Erzählen

  • Wechsel der Zeiteben

2-Ebenen Modell des Erzähltextes:

  1. Ebene → Wie (discours/lit. Vermittlung) → Zeit, Modus, Stimme (Erzähler) → Zeit: Ordnung, Dauer, Frequenz; Modus: Distanz, Fokalisierung; Stimme: Erzählzeitpunkt, Erzählebene, Involviertheit

     

  2. Ebene → Was (histoire/Geschichte) → Räumliche Konstituenten, Handlung → räuml. Konstituente: Raum, Figuren; Handlung: Geschehnisse, Ereignisse

Erzählanfange:

  • Anfang durch Einführung (Beginn ab ovo)

    • Es wird eine Einführung in die Geschichte gegeben

  • Unmittelbares hineinführen (in medias res)

    • mitten ins Geschehen eingeführt

  • Anfang mit Rückschau (in ultimas res)

    • Beginn mit Ende der Geschichte

  • Einleitung mit Begründung der Geschichte (Invocatio)

 

 

 

Checkliste Figuren:

  • 1. Besonderheiten (Vorgeschichte; wann, wo und in welchem soz. Milieu; äußere Erscheinung; soziale Stellung im Figurenensebmle)

  • 2. äußeres Verhalten (Verhaltensweisen, Eltern, Großeltern usw; Anteil am sozialen Umfeld; Verhalten zur Arbeit, Schule, Wort und Tat; Verhältnis zur Umwelt, Tiere, Natur; ) Inneres Verhalten (wie sieht sie sich?)

  • 3. Grundlagen für das Verhalten ( Weltanschauung, persönliche Motive, warum handelt sie so?)

Auktoriale Erzählsituation: 

  • allwissender Erzähler

  • berichtende Erzählweise

  • Erzähler gehört nicht zur Geschichte

  • vermittelt zwischen fiktiver und realer Welt 

Ich-Erzählsituation:

  • Erzähler mit Figur identisch

  • erzählende Ich und erlebende Ich

 

Personale Erzählsituation:

  • Anwesenheit des Erzählers wird dem Leser nicht bewusst. Der Leser nimmt die Erzählung aus Sicht einer bestimmten Figur

 

Modernisierung: 

  • "technologischen Rationalisierungsschübe und die Veränderung von Arbeit und Organisation, umfaßt darüber hinaus aber auch sehr viel mehr: den Wandel der Sozialcharaktere und Normalbiographien, der Lebensstile und Liebesformen, der Einfluß- und Machtstrukturen, der politischen Unterdrückungs- und Beteiligungsformen, der Wirklichkeitsauffassungen und Erkenntnisnormen."

 

Adoleszenz-Begriff: 

  • Mit der Frage nach dem Adoleszenz-Begriff ist ein Bezug zu den Disziplinen hergestellt, die sich mit jenen Phasen beschäftigen, die das Ende der Kindheit und den Übergang zum Erwachsenenalter anzeigen. Aufgerufen sind mindestens Medizin, Anthropologie, Jugendforschung, Soziologie, Psychologie, Erziehungswissenschaft, Pädagogik, Psychoanalytische Entwicklungstheorie, Empirische Sozialforschung, Gender- und Generationenforschung. lebensgeschichtliche Phase, in der es zu einem Mit- und Gegeneinander von körperlichen, psychischen und sozialen Prozessen kommt. Insofern geht es um die ‚Neuprogrammierung’ der physiologischen, psychologischen und psychosozialen Systeme. 

3 Ebenen der Adoleszenz:

  • 1. Physiologisch = A. umfasst Gesamtheit der somatischen Veränderungen (körperliche Entwicklung u. sexuelle Reifung von besonderer Bedeutung).

  • 2. Psychologisch = A. meint den Komplex individueller Vorgänge, die das Erfahren, die Auseinandersetzung und Bewältigung somatischer und sozialer Veränderungen betreffen (psychosoziale Faktoren besondere Rolle).

  • 3. Soziologisch = A. ist eine Art Zwischenstadium, in dem Jugendliche zu einer verantwortungsvollen, aktiven Teilnahme an gesellschaftlichen Prozessen motiviert werden, aber eine institutionelle Absicherung noch nicht besteht. 

Merkmale Adoleszenzromans:

  • jugendliche Helden, Darstellung in Jugendphase

  • klassisch männliche Protagonisten, moderne o. Postmoderne auch weiblich

  • nicht auf Pubertät beschränkt sonder 11 bis 30er (Identitätssuche)

  • Die jugendliche Hauptfigur wird nicht nur in einer "existentiellen Erschütterung" und "tiefgreifenden Identitätskrise" (Ewers) angetroffen, sondern sie kann die lebensgeschichtliche Phase ebenso als lustvoll und offen erleben, als Möglichkeit, sich Auszuprobieren, als Spielchance, als Gewinn bei der Sinn- und Identitätssuche. 

Handlungsmuster Adoleszenzromane:

  • Ablösung von Eltern

  • Ausbildung eigener Wertvorstellungen (Ethik, Politik, Kultur usw.)

  • erster sex. Kontakt

  • hineinwachsen oder Ablehnen in soziale Rolle

  • A. zumeist ein ‘offenes Ende’, die Protagonisten bleiben auf der Suche, eine Identitätsfindung im Sinne eines festen Wesenskerns muß nicht erfolgen und auch nicht angestrebt sein.