IZPR - Merkwürdiges
Basiert auf Erkenntnissen aus dem Übungsbuch "Die abwesende Opernsängerin und andere Kurzgeschichten" von Schnyder/Jegher
Basiert auf Erkenntnissen aus dem Übungsbuch "Die abwesende Opernsängerin und andere Kurzgeschichten" von Schnyder/Jegher
Kartei Details
Karten | 43 |
---|---|
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Recht |
Stufe | Andere |
Erstellt / Aktualisiert | 23.04.2016 / 11.10.2024 |
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Was gilt nach h.M. in einem Konfliktfall bei der ausschliesslichen Zuständigkeit im LugÜ-Bereich?
Wenn aufgrund der Anwendung der lex fori bspw. im Rahmen von 22 II LugÜ ein Gericht seine Zuständigkeit bejaht, der andere LugÜ-Staat jedoch im Rahmen von 35 I LugÜ bei der Anerkennung seine Zuständigkeit ebenfalls bejaht, somit zweifach eine ausschliessliche Zuständigkeit vorliegen würde, so hat nach der h.L. der Anerkennungsstat NICHT die Möglichkeit, die Anerkennung zu verweigern. Dies folge letztlich aus der Regel von 29 LugÜ: Der erste Staat habe nun Vorrang.
Gerichtsstandvereinbarung nach 23 LugÜ
Die Voraussetzungen von 23 LugÜ stellen nach der Rechtsprechung des EuGH nicht blosse Formvorschriften dar sondern belegen die tatsächliche Willenseinigung; lex causae bestimmt dagegen weiterhin Willensmängel, Stellvertretung, etc.; 4 Varianten:
- Beidseitige Schriftlichkeit
- Ob AGB gültig einbezogen sind, ist Frage der lex causae, auf jeden Fall ist ein eindeutiger Verweis im Vertragstext, nicht bloss ein beilegen der AGB.
- Vorgedruckte AGB auf invitatio ad offerendum: es fehlt an der beidseitigen Schriftlichkeit und - dies ist separat zu prüfen - möglicherweise an einer späteren Bestätigung des AGB-Verfassers (diese darf er nur zeitnah abgeben, nicht Monate oder Jahre später).
- Halbe Schrifltichkeit (nur eine Partei fixiert was mündlich abgemacht wurde);
- Parteigepflogenheiten;
- Handelsbrauch;
Beachte: nach h.L. ist bei einer Gerichtsstandvereinbarung nach 5 IPRG die blosse Angabe "Gerichte der Schweiz" ungenügend, es wird ein Ort (z.B. Zürich) gefordert. Nach 23 LugÜ dagegen reicht es aus, die Gerichte der Schweiz als zuständig zu bezeichnen. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich in der Folge nach IPRG.
Abzustellen ist wohl auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Gerichtsstandsvereinbarung (und nicht etwa Zeitpunkt der Klageeinleitung), da bei anderer Ansicht die Vereinbarung wohl auch mit "Vertrauensschutz" gerettet werden müsste.
Trotz Gerichtsstandsvereinbarung hat das später angerufene Gericht sein Verfahren zunächst nach 27 LugÜ auszusetzen und den Entscheid des zunächst angerufenen abzuwarten, denn jedes Gericht entscheidet autonom über seine Zuständigkeit (und denkbar wäre bspw. eine Einlassung). Lange Dauer etc. ist kein Grund, von 27 LugÜ abzuweichen.
Gerichtsstandsvereinbarungen nach IPRG
Eine Gerichtsstandverseinbarung nach 5 IPRG steht unter dem Vorbehalt des LugÜ (1 II IPRG), so dass dessen Anwendungsbereich stark eingeschränkt ist.
Die Gerichtsstandsvereinbarung ist ein Prozessvertrag, dessen Zustandekommen nach dem von den Parteien gewählten Recht, subsidiär nach dem auf den Prozessvertrag anwendbaren Recht zu bestimmen ist. Mangels Rechtswahl bestimmt sich dieses Recht wie stets nach der lex causea (i.d.R. Nach 116 / 117 IPRG).
Die Zulässigkeit und Wirkung des Prozessvertrages bestimmt hingegen ein Schweizer Gericht stets nach der lex fori, also 5 IPRG, d.h. Es muss sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit handeln, der Vertrag muss in Textform geschlossen sein (wobei beide Parteien in Textform zugestimmt haben müssen (≠ LugÜ), damit die Wirkung der Denotation und / oder Prorogation eintritt.
Anforderungen damit Wirksamkeit gegeben:
- Beidseitige Textform
- Bestimmtes Rechtsverhältnis
- Ortsbezeichnung (≠ Gerichte der Schweiz!)
Erfüllungsortsgerichtsstand nach 113 IPRG
Teil der Lehre will eine weitestgehend gleichgeschaltete Anwendung wie bei 5 I lit. B LugÜ; Zwar ist stets nur auf den Erfüllungsort der charakteristischen Leistung abzustellen, (≠ 5 I lit. A LugÜ), danach jedoch 1. auf Erfüllungsortvereinbarung (ausdrücklich oder sonst eindeutig aus Vertragsbestimmungen hervorgehend), 2. Rechtlicher Erfüllungsort solange nicht geliefert und 3. tatsächlicher Erfüllungsort sofern bereits geliefert
m.E. ist jedoch für die Bestimmung des Erfüllungsorts stets auf die charakteristische Leistung abzustellen, wie dies 113 IPRG fordert, wobei diese nach 117 IPRG zu bestimmen ist; danach ist anhand des daraus anzuwendenden Rechts (lex causae) der Erfüllungsort zu bestimmen, wobei dies - wenn CH-Recht materiell anwendbar ist, nach 74 OR geschieht;
Noch einfacher kann man es mit der dritten Variante haben: man stellt sofort auf die lex fori ab, um den Erfüllungsort zu bestimmen: OR 74
Exorbitanter Gerichtsstand und Urteilsfreizügigkeit
Für eine Anerkennung / Vollstreckung nach 33 ff / 38 ff LugÜ ist nicht erforderlich, dass die Zuständigkeit des Gerichts basierend auf dem LugÜ gegeben war. Im sachlichen Anwendungsbereich herrscht auch Urteilsfreizügigkeit, wenn das urteilende Gericht basierend auf seinem nationalen IPR zuständig war.
Beachte: Auf diesem Umweg kann auch der exorbitante Gerichtsstand von 4 IPRG im LugÜ-Raum Einzug halten. Dabei ist aufgrund von 35 I + III LugÜ eine Anerkennungsverweigerung ausgeschlossen.
Rechtshängigkeitssperre von 27 ff LugÜ
Abzustellen ist (nach wohl h.M.) auf den effektiven Eingang beim Gericht, respektive beim Beklagten (vgl. 30 LugÜ); nicht dagegen die Postaufgabe.
Beachte: in CH wird dies das Schlichtungsgesuch sein (ggf. nicht notwendig nach 198 ZPO).
Vertragsgerichtsstand nach Art. 5 LugÜ - Allgemein
Art. 5 I LugÜ regelt sowohl die (gegenüber Art. 2 LugÜ alternative) internationale wie auch die örtliche Zuständigkeit
Vertrag: autonome Auslegung. Jede freiwillig eingegangene Verpflichtung gegenüber einer anderen Person (≠ keine gesetzliche Pflicht). Erfasst sind auch Sekundär- und Hilfsansprüche (selbst. einklagbare Nebenpflichten) oder die Frage, ob überhaupt ein Vertrag zustande gekommen ist (insoweit ist Vertrag eine Doppelrelevante Tatsache)
Nicht erfasst sind konnexe Ansprüche (bspw. konkurrenzierende Deliktshaftung), diese sind separat einzuklagen.
Aufgrund der weiten Definition fallen auch der Vereinsbeitritt oder ein Gesellschaftsvertrag unter die Vertragsdefinition (selbst wenn einzelne Pflichten anschliessend gesetzlich geregelt sind, so ist der Beitritt ein Vertrag!)
Vertragsgerichtsstand nach 5 I LugÜ (Kaufverträge)
Ansprüche aus Vertrag: Auch wenn das Bestehen (oder Nichtbestehen) streitig ist (≠ CiC ist aber Fall von 5 III LugÜ)
Für die Fälle von lit. b sieht das LugÜ eine autonome Erfüllungsortbestimmung aufgrund der charakteristischen (≠ konkret streitige) Leistung vor:
- Vertraglicher Erfüllungsort (direkt ausdrücklich oder eindeutig aus Vertragsbestimmung)
- Tatsächlicher Lieferort, sofern bereits geliefert
- Rechtlicher Lieferort, sofern noch nicht geliefert
Mehrere Teillieferungen an verschiedene Orte:
- lässt sich ein (wirtschaftlicher) Hauptlieferort bestimmen?
- Wenn nicht, Wahlrecht des Klägers an allen Lieferorten!
- Handelt es sich überhaupt um einen Vertrag mit vielen Lieferungen oder viele Verträge mit einer Lieferung?
Abgrenzung von Kaufverträgen und Dienstleistungsverträgen (autonom):
Kaufvertrag: Lieferung beweglicher Sachen, auch Werklieferverträge, soweit der Besteller nicht (wesentliche) Teile des Materials zur Herstellung selbst zur Verfügung stellt.
Abweichung des vereinbarten Erfüllungsort vom tatsächlichen Erfüllungsort: unklar, was gilt.
- Variante: Abstellen auf tatsächlichen Erfüllungsort
- Variante: Entgegen EuGH auch eine konkludente (Änderungs-)Vereinbarung über Erfüllungsort zulassen
Dienstleistungsvertrag: Durchführung einer Tätigkeit gegen Entgelt; nicht erfasst sind reine Nutzungsüberlassungsverträge (Miete, Pacht, Lizenz), da dort keine eigentliche Tätigkeit durchgeführt wird. DL muss im Vordergrund stehen.
s. andere Karte
Vertragsgerichtsstand nach 5 I LugÜ (Dienstleistungsverträge)
Dienstleistungsvertrag: Durchführung einer Tätigkeit gegen Entgelt; nicht erfasst sind reine Nutzungsüberlassungsverträge (Miete, Pacht, Lizenz), da dort keine eigentliche Tätigkeit durchgeführt wird. Bei gemischten Verträgen hat die Dienstleistung im Vordergrund zu stehen.
- Erfüllungsortvereinbarung
- Tatsächlicher Erfüllungsort (ggf. Schwerpunkt, ggf. Sitz des Erbringers)
Schwerpunkt des Erfüllngsortes --> Sehr kasuistische Rechtsprechung
- Abflugs- und Ankunftsort
- Handelsvertreter: ohne Schwerpunktbestimmung letztlich Wohnsitz des Vertreters
Abweichen von Erfüllungsortvereinbarung mit tatsächlichem Erfüllungsort:
- Zunächst ist auf einen tatsächlichen Erfüllungsort abzustellen;
- Wurde jedoch die Dienstleistung noch nicht erfüllt, dann auf den Ort, an dem die Dienstleistung hätte erbracht werden müssen; wenn an mehreren Orten ohne Schwerpunkt: möglicherweise verallgemeinerung der Wood-Floor-Rechsprechung, wonach bei Handelsvertreter am Sitz des Handelsvertreters geklagt werden muss.
- Da 23 LugÜ Formvorschriften für Gerichtsstandsvereinbarungen (GSV) enthält, wird gefordert, dass eine Erfüllungsortvereinbarung einen Zusammenhang mit der Vertragswirklichkeit aufweist, um keine verkappte GSV zu sein. Sollte sich kein tatsächlicher Bezug zum Erfüllungsort ausmachen lassen, so müssten ggf. die Voraussetzungen einer GSV geprüft werden, wobei man sich auch fragen muss, ob eine Erfüllungsortklausel nach T&G als ausschliessliche GSV verstanden werden durfte und musste.
Negatives Feststellungsinteresse - Besonderheiten im LugÜ-Bereich?
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts vermag das blosse Interesse einer Partei, unter mehreren möglichen Gerichtsständen den ihr zusagenden durch schnelleres Einleiten einer Klage wählen zu können, für sich allein kein schutzwürdiges Feststellungsinteresse zu begründen.
Bestimmung somit in CH nach lex fori; Schutzwürdiges Feststellungsinteresse
- Rechtsbeziehung zwischen Parteien ungewiss
- Ungewissheit darf Kläger nicht mehr länger zugemutet werden;
- weil Ungewissheit die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit behindert
- Abwägung mit Interesse des Beklagten, nicht vorzeitig Prozess führen zu müssen
BGer: In Forum-Running-Situationen sei jedoch das Feststellungsinteresse zu verneinen, weil ja bald in einem anderen Prozess darüber entschieden werde; daraus resultiert eine Gläubigerbevorzugung; man kann dagegen argumentieren, dass gerade der Gläubiger ja einen Prozess auch anstrengen will, somit schon des Schutzes vor vorzeitiger Prozessführung nicht bedarf
Sicherstellung der Parteikosten nach 99 ZPO in internationalen Verfahren
Darf aufgrund diverser internationaler Abkommen nicht gefordert werden, wenn er einzig basierend auf einem ausländischen Wohnsitz erfolgt.
- Art. 17 HÜ-Zivilprozess
- Art. 14 HÜ-Zugang Zivilrechtspflege
- Im Rahmen der LugÜ-Vollstreckung: 51 LugÜ
Anerkennung nach Art. 25 ff IPRG
Art. 25 sieht 3 kumulative Voraussetzungen vor:
- (Indirekte) Zuständigkeit des urteilenden Gerichts
- Definitiver Entscheid
- Kein Verweigerungsgrund nach 27 IPRG
Zur indirekten Zuständigkeit: Art. 26 IPRG sieht generelle Zuständigkeiten vor; daneben ist jedoch im besonderen Teil des IPRG nach spezifischen indirekten Zuständigkeitsvorschriften zu suchen (bspw. 96 / 108 / 149)
Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt (20 I a+b IPRG) im Zusammenhang mit der indirekten Zuständigkeit:
Wohnsitz: Absicht des dauernden Verbleibs; objektive Erkennbarkeit der Mittelpunkt der Lebensinteressen in persönlicher, sozialer und beruflicher Hinsicht
Aufenthalt: Leben und physische Präsenz während längerer Zeit, wobei kürzere Unterbrechungen bei Rückkehr unbeachtlich bleiben.
Ordre Public Vorbehalt von 27 I IPRG: Punitive-Damages des anglo-amerikanischen Rechts sind ein Verstoss gegen den ordre public, denn es gilt das Bereicherungsverbot (wenn auch nicht absolut); denkbar könnte eine Teilanerkennung sein, dem Gedanke von 135 II / 137 II IPRG entsprechend, im Umfang des in der Schweiz zusprechbaren
Generelle Formulierung: Urteil steht in unerträglichem Widerspruch zur Schweizer Rechtsauffassung weil es fundamentale Rechtsgrundsätze verletzt und daher mit der Schweizer Rechts- und Werteordnung schlechthin unvereinbar ist.
Verfahrensrechtlicher ordre public nach 27 II IPRG:
- Pacta sunt servanda
- Rechtsmissbrauchsverbot
- Verbot entschädigungsloser Enteignung
- Grundsatz von Treu und Glauben
- Schutz von Handlungsunfähigen
- Diskriminierungsverbot
Einlassung nach 27 II lit. a IPRG: Nicht derselbe Einlassungsbegriff von Art. 26 IPRG; hier ist jede Handlung, selbst die Unzuständigkeitseinrede, eine Einlassung, da sich daraus ergibt, dass man Gelegenheit hatte, sich zu wehren. Eine nicht gehörige Ladung wird dadurch geheilt. Selbiges gilt im Bereich des LugÜ (24 LugÜ und 34 Z.2 LugÜ).
Bundesgericht spricht von Zustellungsrechtlichem Ordre-Public: Telefonische oder postalische Zustellung ist unzulässig.
Günstigkeitsprinzip: Anerkennung aufgrund eines Staatsvertrages ausgeschlossen, jedoch aufgrund des IPRG möglich, dann gilt doch das IPRG
Säumnisurteil und Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks
Zunächst kann ein Säumnisurteil aus einem LugÜ-Staat im Verfahren nach 38 ff LugÜ problemlos anerkannt werden; erst im Rechtsbehelfsverfahren nach 43 ff LugÜ findet eine Überprüfung tatsächlich statt.
Anerkennung ist im Rechtsbehelfsverfahren (--> 327a ZPO) auf die Gründe von 34/35 LugÜ beschränkt (45 I LugÜ)
Rechtzeitige Zustellung im Besonderen
Verfahrenseinleitendes Schriftstück (vertragsautonom):
- Rechtsbegehren
- Grundlage
- Möglichkeit der Stellungnahme
Rechtzeitigkeit: Umstände des Einzelfalls
"in einer Weise zugestellt" --> Str. ob eigenständige Bedeutung, wohl zu bejahen; nach BGer unter aLugÜ jedoch stets auf dem Zustellungsrechtlichen ordre public beharrt. Massgebend ist das HÜ-Zustellung; wobei die Schweiz einen Vorbehalt zur möglichen Postzustellung von Gerichtsdokumenten nach 10 HÜZ erklärt hat, somit ist dies verboten ("Verstoss gegen den zustellungsrechtlichen Ordre Public")
Beachte: CH hat gemäss Art. III Abs. 1 des Anhang 1 LugÜ einen Vorbehalt zu 34 Ziff. 2 LugÜ angebracht.
Erfolgsort nach 129 IPRG
Nach CH-Rechtsauffassung ist das derjenige Ort, an dem das Primär geschützte Rechtsgut verletzt wurde.
Nicht darunter fallen Orte, an denen ein Folgeschaden eintritt (bspw. Vermögensverlust)
Diese Rechtsprechung gilt auch nach 149 lit. f IPRG
Anerkennung und Vollstreckung einstweiliger Massnahmen
Nach IPRG ist nach nicht unumstrittener Meinung eine Anerkennung und Vollstreckung ausgeschlossen, weil 25 lit. b IPRG nicht erfüllt sein dürfte und zudem aufgrund von 10 IPRG kein Bedürfnis bestehe.
Nach LugÜ fallen solche Massnahmen grundsätzlich in den sachlichen Anwendungsbereich; Anerkennung wird jedoch versagt, wenn - wie bei anderen Entscheiden - die Gegenpartei nicht gehörig geladen worden ist oder wenn die Vollstreckung ohne vorherige Zustellung an diese Partei erfolgen soll. Die erleichterte Anerkennung und Vollstreckung nach 33 ff / 38 ff LugÜ rechtfertige sich nur, wenn zuvor ein kontradiktorisches Verfahren durchgeführt wurde.
Beachte bei unerlaubten Handlungen: Mosaiktheorie. Diese gelte grds. auch für vorsorgliche Massnahmen; allerdings würden der Anerkennung einer - kontradiktorisch erfolgten - vorsorglichen Massnahmen keine Anerkennungsverweigerungsgründe nach 34 / 35 LugÜ entgegenstehen, auch wenn für an einem "nur"-Erfolgsort eine europaweite Massnahme erlassen würde.
Beachte: Ordnungsbussen (oder vergleichbare Massnahmen nach 343 ZPO) fallen nach h.M. nicht unter 49 LugÜ (darunter fallen nur Zahlungen, welche dem Gläubiger, nicht aber dem Staat zufallen würden) und müssen somit im Rahmen der Vollstreckbarerklärung in eine Landesmassnahme "konvertiert" werden; also bspw. in eine durch 343 ZPO vorgesehene Massnahme oder eine nach 292 StGB-Androhung.
Deliktsgerichtsstand 5 III LugÜ
Delikt i.S.v. 5 III LugÜ sind Schadenshaftungen, die nicht an einen Vertrag i.S.v. 5 I LugÜ anknüpfen. Dies erfasst auch eine CiC sowie Kausalhaftungen (= Haftungen, die einer unerlaubten Handlung gleichstehen). Auch möglich ist eine negative Feststellungsklage am (angeblichen) Deliktsort.
- Verkehrsunfälle
- Unlauterer Wettbewerg
- Immaterialgüterrechtsverletzung
- Umweltschädigungen
- ...
"Ort an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" entspricht sowohl Handlungs- wie auch Erfolgsort. Fallen diese auseinander, so hat man als Kläger ein Wahlrecht.
Erfolgsort: Ort, an dem in das geschützte Rechtsgut eingegriffen wurde (≠ Ort, wo Folgeschäden eintreten); von Bedeutung ist dies auch bei Vermögensschäden: dieser tritt dort ein, wo das Vermögen verwaltet wird (und nicht etwa automatisch am Ort des Wohnsitzes des Kontobesitzers).
EuGH verneint Gerichtsstand des Sachzusammenhang für Vertrag und Delikt: Notfalls ist zweimal zu klagen, einmal nach 5 I und einmal nach 5 III LugÜ
Bsp: Verletzung der körperlichen Integrität: Sollte man erst einen Tag später krank werden, ist das ein Folgeschaden
Mosaiktheorie betreffend Erfolgsort im Falle einer Persönlichkeitsverletzung durch Medien: In jedem Land nur der dortige Schaden, am Wohnsitz des Beklagten der Gesamtschaden. Das Gericht am Sitz des Beklagten (2 LugÜ) oder auch (vermutlich) das Gericht am Handlungsort kann stets über den gesamten Schaden befinden.
Persönlichkeitsverletzung im Internet: eDate-Rechtsprechung: obschon grds. Mosaiktheorie darf am Mittelpunkt der Interessen des Geschädigten (grds. Wohnort, ggf. Arbeitsort) der Gesamtschaden eingeklagt werden
Internationales Erbrecht - Zuständigkeit und Statute
Zunächst ist die Zuständigkeit der Gerichte in CH zu prüfen --> 86 ff. IPRG; LugÜ ist nicht anwendbar
Im Zusammenhang mit internationalen Erbfällen sind folgende Statute auseinanderzuhalten
- Erbfolgestatut
- Formstatut
- Eröffnungsstatut
Erbfolgestatut 90 (ff IPRG)
...
Formstatut (93 IPRG)
Dem HÜ über die Form der letztwilligen Verfügungen kommt gemäss 93 IPRG und Art. 6 des Übereinkommens erga omnes Wirkung zu; es folgt dem Grundsatz des favor testamtenti wie sich aus den verschiednen alternativen Gültigkeitsvorschriften des Art. 1 ergibt.
Eröffnungsstatut
Regelt alle Fragen, die so eng mit dem in CH durchzuführenden Massnahmen verknüpft sind, dass sie gemäss 92 II IPRG stets CH-Recht unterstellt sind
Fahrnis - Anwendbares Recht nach 100 IPRG
Das anwendbare Recht auf den Erwerb und Verlust der dinglichen Rechte stellt auf den Zeitpunkt des Vorgangs ab (Abs. 1), während die jeweils aktuelle Wirkung auf den Ort der gelegenen Sache abstellt (Abs. 2).
Bsp: Wurde ein Gegenstand in die Schweiz gebracht und hier käuflich veräussert, so bestimmt sich die Frage, ob das Eigentum im Ausland erworben wurde, nach dem ausländischen Recht am Erwerbsort und die Frage ob in der Schweiz Eigentum erworben wurde, nach Schweizer Recht.
Ob ein etwaiger früherer Besitzer den Gegenstand vom Erwerber in der Schweiz herausfordern kann, bestimmt sich, sofern der Gegenstand immer noch in der Schweiz ist, nach Schweizer Recht. Dabei kann rei vindicatio, Besitzesrechtsklage, aber auch Ersitzung eine Rolle spielen.
Davon zu unterscheiden ist, welchem Recht der Kaufvertrag untersteht zwischen dem Schweizer Veräusserer und dem Schweizer Erwerber: Dies bestimmt sich nach 112 ff. IPRG.
Eigentumsvorbehalt
715 I ZGB: Nur gültig, wenn im Register am jeweiligen Wohnort eingetragen.
102 II IPRG: im Ausland gültige Eigentumsvorbehalte bleiben 3 Monate bestehen, nachdem eine Sache in die Schweiz verbracht wurde (und gemäss 100 II IPRG das Eigentum bereits nach CH-Recht beurteilt würde); jedoch kann er gutgläubigen Dritten nicht entgegengehalten werden (102 III IPRG).
Beachte: Alternativ zum Wohnort soll in Fällen, in denen jemand keinen Wohnsitz in CH hat, auch der Aufenthaltsort oder gar subsidiär am Lageort der Sache möglich sein (Lehrmeinung). Klageerhebung innert 3-Monats-Frist solle genügen (muss es m.E. auch, da eine einseitige Eintragung ohne Zustimmung der Gegenpartei in der Verordung nicht vorgesehen ist).
Immaterialgüterrechte
Zuständigkeit; Umfang der Geltendmachung
Abgrenzung von 5 III LugÜ und 22 IV LugÜ
- Die Verletzung von Immaterialgüterrechten fällt unter den Deliktsgerichtsstand von 5 III LugÜ (Schadenersatz, Unterlassung, oder negative Feststellung dass eben kein Schadenersatz geschuldet).
- Denkbar ist natürlich auch, dass der Gerichsstand 5 I LugÜ infolge Vertragsverletzung Anwendung findet
- Von Art. 22 IV LugÜ erfasst werden hingegen Bestandsklagen (= Ungültigkeit eines Rechts wird geltend gemacht).
Problematisch ist, dass sobald eine Einrede der Ungültigkeit erhoben wird (nicht zu verwechseln mit der blossen Geltendmachung der Nichtverletzung wo jedoch nicht der eigentliche Bestand in Frage gestellt wird), ein ausschliesslicher Gerichtstand gemäss 22 IV LugÜ vorgesehen ist. (OGer ZH habe in solchem Fall entschieden, eine Frist zur Klageeinreichung am ausschliesslich zuständigen Gericht zu tätigen ansonsten die Einrede unbeachtet bliebe). Beachte: die Frage der materiellen Berechtigung am Recht fällt nicht unter 22 IV LugÜ.
Am allg. Gerichtsstand nach 2 LugÜ kann einerseits der Gesamtschaden, andererseits die Gesamtunterlassung des Verhaltens verlangt werden; an den jeweiligen Deliktsgerichtstständen der Handlungs- und/oder Erfolgsort nur der Teilschaden (Ausfluss der Territorialität von Immaterialgüterrechten) sowie nationale Unterlassung.
Anwendbares Recht nach 110 IPRG für die Verletzung und die daraus resultierenden Ansprüche; auf einen Lizenzvertrag als solchen bestimmt sich das anwendbare Recht nach 122 IPRG
Randnotiz: 75 PatG: Exklusivlizenznehmer hat Aktivlegitimation für Klage sofern nicht vertraglich ausgeschlossen
Rechtswahl (116 f. IPRG) und Formvorschriften (124 IPRG)
Rechtswahl: Eindeutig oder aus den Umständen hervorgehend.
Solche Umstände können sich aus dem Abschlussort, dem Gebrauch bestimmter Rechtsbegriffe, dem engen Zusammenhang mit einem anderen Vertrag oder ähnlichem ergeben. Fraglich - und eine Argumentationsfrage - bleibt, wann es genügend eindeutig aus den Umständen hervor geht.
Beachte: Argument für Eigenständigkeit von Sicherungsabreden, die grds. in engen Zusammenhang mit Grundgeschäft stehen, ist 117 III lit. e IPRG: sie wird als charakteristische Leistung eines Sicherungsgeschäfts bezeichnet.
Form von Verträgen
Formgültigkeit wird bevorzugt, jedoch ggf. sind Schutzvorschriften zu beachten (124 I + III IPRG).
Dies hat grosse Auswirkungen: Auch wenn auf ein Vertrag materiell Schweizer Recht anwendbar ist, so kann - wenn dort bspw. öff. Beurkundung gefordert - der Vertrag dennoch Formgültig sein, wenn am Abschlussort lediglich Schriftlichkeit erforderlich).
Übungsbuchbeispiel Bürgschaft: Während öff. Beurkundung durch einfache Schriftlichkeit ersetzt wurde, ist nach BGer-Rechtsprechung die Angabe des Höchstbetrags bei einer Bürgschaft ebenfalls Formvorschrift, die nicht fehlen darf. Im übrigen wäre wohl die öff. Beurkundung keine Schutzvorschrift i.S.v. 124 III IPRG, wie das BGer einst entschied (kein Bestandteil des materiell-rechtlichen ordre public)
Konsumentengerichtsstand - IPRG und LugÜ
Nach IPRG
Zuständigkeit bestimmt sich nach 114 IPRG, das anwendbare Recht nach 120 IPRG; denn gemäss 118 II IPRG ist der Konsumentengerichtsstand ausdrücklich vorbehalten und das Wiener Kaufrecht findet gemäss Art. 2 lit. a keine Anwendung.
Nach LugÜ
Der Konsumentengerichtsstand bestimmt sich nach 15 ff LugÜ; das anwendbare Recht danach wiederum nach 120 IPRG.
Ausrichten: Werbemassnahmen auf das Land ausgerichtet, wobei dies auf für Fälle gelten kann, in denen sich der Konsument im Anschluss für den Vertragsschluss ins Ausland begibt.
Ausländischer Konkurs - Hilfskonkurs nach 166 ff IPRG
Anerkennungsvoraussetzungen eines ausländischen Konkursdekretes:
- Ingress
- Aktivlegitimation richtet sich nach dem ausländischen Recht: wer ist für den Konkurs zuständig?
- Passivlegitimation: der ausländische Gemeinschuldner
- Ausländisches Konkursdekret: Beschluss, der die "konkurstypischen Folgen" auslöst
- Indirekte Zuständigkeit am Sitz des Konkursiten; wobei Sitz nach 21 II IPRG zu bestimmen ist (vgl. separate Karte)
- Vollstreckbarkeit
- Kein Verweigerungsgrund nach 27 IPRG
- Gegenrecht
Rechtsfolge eines erfolgreichen Gesuchs ist ein Hilfs-Konkurs in der Schweiz (Anerkennung als materieller Konkursgrund); wobei in den Art. 170 ff IPRG gewisse Besonderheiten des Hilfskonkurses festgehalten werden
Anfechtungsklagen (171 IPRG; 285 ff SchKG)
- Es gilt die Reihenfolge: Konkursverwaltung; zur Kollokation zugelassene CH-Gläubiger; ausl. Konkursverwaltung
- Die Verdachtsfristen von 285 ff. SchKG laufen ab dem Anerkennungsentscheid in der Schweiz, nicht ab der ausländischen Konkurseröffnung (!!!)
Nach der Rechtspr. des BGer können analog 260 SchKG auch andere Ansprüche an ausl. Konkursverwaltung zwecks gerichtlicher Geltendmachung abgetreten werden, sofern in CH keine Gläubiger kolloziert oder diese bereits ausbezahlt wurden und die übrigen Gläubiger im Ausland angemessen berücksichtigt werden.
Belegenheitsort des Anfechtungsanspruchs: Anwendbarkeit von 167 III IPRG? In der Lehre str.; entweder am Ort des Anfechtungsschuldners; oder nach anderer Meinung, dort wo sich die Vermögenswerte vor der Anfechtbaren Handlung befunden haben. Letztere Auffassung praktisch, wenn Vermögenswerte von der CH-Bank ins Ausland verschoben wurde, da dann immer noch Belegenheitsort CH gilt.
Rückgriff nach 144 IPRG
Zulässigkeit des Rückgriffs richtet sich kumulativ nach zwei Rechten:
- Kausalstatut: Recht zwischen Geschädigtem und dem Leistungserbringer (idR Versicherung)
- Forderungsstatut: Recht zwischen Schädiger und Geschädigtem
Die Durchführung des Rückgriffs dagegen richtet sich nur nach dem Forderungsstatut (144 II 1. Satz IRPG)
Ausländischer Konkurs (Zusätzliche Bemerkungen)
Nach einem Entscheid des (ehemaligen) Zürcher Kassationsgerichts ist der Sitzbegriff nach 166 I IPRG nach allgemeiner Vorschrift von 21 IPRG; es findet keine Abweichung statt, auch wenn der wirtschaftliche Mittelpunkt in einem anderen Staat liegt.
Abhilfe könnte höchsten Rechtsmissbrauch schaffen: Wird ein solcher Sitz zur Gläubigerschädigung verwendet, so stellt dies ein ordre public Verstoss dar und man könnte auf die subsidiäre tatsächliche Verwaltung abstellen, um auch ein Konkursdekret am Ort der tatsächlichen Verwaltung abzustellen.
Beachte. 21 IV IPRG: Zweigniederlassung kann hier sowohl als rechtl. unselbstständige ZN als auch als Tochtergesellschaft verstanden werden
Internationale Schiedsgerichtsbarkeit
Voraussetzungen einer gültigen Schiedsabrede:
- Notwendiger Inhalt der Schiedsvereinbarung:
- Schiedswille (ausschluss staatlicher Gerichte)
- Sitz des Schiedsgerichts bestimmt oder bestimmbar
- Rechtsstreitigkeit / Rechtsverhältnis genügend bestimmt
- Form (178 IPRG)
- Vermögensrechtliche Streitigkeit (177 IPRG) --> "wirtschaftlicher Zweck"
Soweit der Schiedswille erstellt ist, wird versucht, nach dem Vertrauensprinzip eine unklare Schiedsklausel zu ergänzen.
Art. 1 Abs. 2 lit. d LugÜ schliesst Schiedsgerichtsbarkeit von LugÜ-Anwendungsbereich aus. Dabei ist selbstverständlich zu unterschieden, ob es sich - in der Hauptsache - um eine Angelegenheit der Schiedsgerichtsbarkeit handelt (wie bspw. Funtionen des juge d'appui) oder ob die Schiedsgerichtsbarkeit bloss vorfrageweise thematisiert ist. So prüft insb. das Gericht, ob die Schiedsverienbarung gültig ist (und wenn nicht, befindet es über seine Zuständigkeit nach LugÜ).
Fall der Anti-Suit-Injunction: Zwar handelt es sich dabei um eine Schiedsgerichtsfrage, da diese der Durchsetzung der Schiedsklausel dient. Jedoch ist deren Gültigkeit dennoch an den Massstäben des LugÜ zu messen, da sie das Recht jedes Gerichts einschränkt, selbst über seine Zuständigkeit zu befinden. Reicht eine Partei also eine Leistungsklage ein, kann das angerufene Gericht seine Zuständigkeit prüfen, die Anti-Suit-Injunction ist unbeachtlich, soweit die Hauptklage in den Anwendungsbereich des LugÜ fällt.
Beachte: 34 LugÜ setzt nicht voraus, dass der Entscheid nach der Zuständigkeit des LugÜ ergangen ist, Vertragsstaat ist ausreichend. Daher ggf. Feststellungsklage der Gültigkeit der Schiedsvereinbarung, damit spätere Anerkennung des Schiedsurteils gemäss 34 III LugÜ unvereinbar mit früherem Entscheid wäre.
Merkwürdiges / Deliktsrecht / CiC / Vertragsrückabwicklung
- Deliktsrecht (LugÜ 5 III und IPRG)
- Nach LugÜ 5 III kann nicht nur am Handlungsort geklagt werden, sondern auch am Erfolgsort, dort jedoch ggf. nur der jeweils eingetretene Schaden (Mosaiktheorie), möglicherweise am Interessensmittelpunkt der verletzten Person auch der Gesamtschaden (eDate-Rechtsprechung). Solange nicht klar: Am Handlungsort und allg. Gerichtsstand (2 LugÜ) kann stets der Gesamtschaden eingeklagt werden.
- Beachte: Reine Vermögensschäden: Nur Ort des Erstschadens, nicht aber weiterer Folgeschäden; wenn also Vermögensverwaltung im Ausland: Ort wo Vermögen verwaltet wird, nicht aber am Wohnsitz
- Vertragsrückabwicklung: wenn Vertrag dahinfällt, so ist dies nach CH-Recht zwar ungerechtfertigte Bereicherung, nach LugÜ-Zuständigkeit dennoch 5 I LugÜ massgebend.
- CiC fällt nicht unter den Vertragsgerichtsstand von 5 I LugÜ (denn es fehlt an einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung; dafür ist ist 5 III LugÜ zu wählen; dagegen fällt CiC unter den Vertragsgerichtstand gemäss IPRG
Vertragsgerichtsstand nach IPRG
Primär gilt der Wohnsitzgerichtsstand nach 112 IPRG, alternativ (nicht subsidiär) jedoch auch der Erfüllungsgerichtsstand nach Art. 113 IPRG. Dabei wird einheitlich auf die charakteristische Leistung abgesetellt (wie bei den Spezialfällen des LugÜ von Art. 5 Ziff. 1 lit. b LugÜ, aber anders als in den allgemeinen Fällen von Art. 5 Ziff. 1 lit. a LugÜ wo es auf die jeweils Streitige Leistung ankommt).
Unter den vertraglichen Gerichtsstand nach IPRG fallen auch Sekundäransprüche im Zusammenhang mit der Nicht- oder Schlechterfüllung wie Schadenersatz, Culpa in Contrahendo (anders LugÜ: Deliktsgerichtsstand), Verzugszinsforderung oder Klagen, die den Vertrag an sich zum Gegenstand haben.
Kernpunkttheorie (Art. 27 LugÜ und generell auch BGer)
Verfahrenszusammenlegung nach 28 LugÜ
Streitgegenstand bestimmt sich nach Grundlage (Sachverhalt und Rechtsnormen) und Gegenstand (Zweck der Klage)
Situationen, die sich demnach ausschliessen:
- Feststellungsklage, wonach kein Schadenersatz geschuldet sei vs. Schadenersatzklage
- Klage auf Rückerstattung der Leistung vs. Klage auf Unwirksamkeit des Vertrages
- Klage Schadenersatz wegen ungültiger Kündigung vs. Feststellung des wichtigen Kündigungsgrundes
- Gegenseitige Vertragsaufhebungsklage
Achtung: BGer hält bisher daran fest, dass die Begründung eines Gerichtsstands allein noch kein hinreichendes Rechtsschutzinteresse für eine Feststellungsklage darstelle.
Damit Art. 27 LugÜ Anwendung findet, müssen beide Klagen in den sachlichen Anwendungsbereich des Abkommens fallen (≠ 34 III und IV LugÜ)
Der Zeitpunkt der Einreichung muss dabei früh sein, wie aus Art. 30 LugÜ hervorgeht
Verfahrenszusammenlegung: Der sachliche Zusammenhang kann sehr weit verstanden werden (nicht etwa beschränkt auf Unvereinbarkeit nach 34 LugÜ), auch blos zu faktischer Entscheidungsharmonie, bspw. wenn ein Prozess über eine Forderungbereits hängig ist und in einem weiteren Prozess diese Forderung verrechnungsweise geltend gemacht wird
Gerichtsstände des Sachzusammenhangs (Art. 6 LugÜ)
Umstritten ist, ob Art. 6 LugÜ (der die internationale wie auch die örtliche Zuständigkeit regelt) auch anwendbar ist, wenn die Beklagten ihren Wohnsitz im gleichen LugÜ-Staat haben (denn der Ingress weicht in der Formulierung von demjenigen von Art. 5 LugÜ ab). Letztlich ist mit Art. 8a ff. IPRG jedoch die Debatte heute nicht mehr derart wichtig, da das IPRG eine örtliche (aber nicht internationale) Zuständigkeit begründet.
Streitgenossenschaft (Art. 6 I LugÜ)
- Wenn unterschiedliche Urteile bei gleicher Sach- und Rechtslage drohen, wobei dies beim einen auf Delikt und beim anderen auf Vertrag beruhen kann.
- Züständigkeit gegen Streitgenossen bleibt (Vorbehalt: Missbrauch) auch bei Abweisung der Erstklage bestehen.
Gewährleistungsklage (6 II LugÜ)
- Schweiz bietet mit 78 ff. ZPO entsprechende Klagemöglichkeiten
Widerklage (Art. 6 III LugÜ)
- LugÜ bietet bloss den Gerichtsstand. Zulässigkeit an sich, Voraussetzungen und spätester Zeitpunkt einer Widerklage richtet sich dagegen nach der lex fori (ZPO).
- Die Verrechnungseinrede ist nach h.L. nicht von der Zuständigkeit nach 6 III LugÜ abhängig. Ob sie geltend gemacht werden darf, bestimmt das nationale Prozessrecht (lex fori), die Wirkungen bestimmen sich nach der lex causae.
Gerichtsstand für Immobiliengeschäfte (Art. 6 IV LugÜ)
- Wenn bspw. Klage aus einer Hypothek, kann dies mit einer Klage auf Leistung von Zinszahlung verbunden werden
Verbrauchergerichtsstand von Art. 15 ff. LugÜ
Der Verbrauchergerichtsstand steht nur Konsumenten offen. Schutzzweck der schwächeren Vertragspartei. Im Falle einer Abtretung einer Forderung an einen Nicht-Konsumenten fällt der Schutzzweck und in der Folge auch der Klägergerichtsstand von Art. 15 LugÜ dahin!
Ausrichten: insb. beim Internet von Bedeutung: Indizien sind Sprache, Domainendung, Zahlungswährungen;
- Strittig ist, ob die Ausrichtung kausal für den Kaufentscheid des Konsumenten gewesen sein muss
Grundsatz ist in Art. 4 LugÜ festgehalten: ohne Wohnsitz in Vertragsstaat gilt das IPRG. Hat Vertragspartner jedoch eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung, wird er wie mit Sitz in Vertragsstaat behandelt (Art. 15 II LugÜ). Wichtig ist, dass diese ZN mitgewirkt hat, unbeachtlich jedoch die Art der Mitwirkung (Abschluss mit ZN oder diese bloss als Botin gehandelt).
Nach h.L. ist bei Art. 15 ff. LugÜ wie bei Art. 5 LugÜ Voraussetzung, dass Parteien in verschiedenen Vertragsstaaten sind.
Ausschluss von Konkursverfahren nach 1 II lit. b LugÜ
Vom Ausschluss nach 1 II lit. b LugÜ erfasst sind neben dem Konkursverfahren auch solche, die unmittelbar aus diesem hervorgehen und sich eng innerhalb des Rahmens des Konkursverfahrens halten. Man spricht von Annexverfahren.
- Bezug auf Konkursverfahren
- unmittelbar daraus hervorgehend
- eng im Rahmen des Konkursverfahrens
Dies trifft zu auf:
- Anfechtungsklagen im Konkurs (≠ Anfechtungsklage ausserhalb des Konkurses!)
- Kollokationsklage (und ausländische kann nicht nach 207 SchKG / 63 KOV anerkannt werden, BGer)
- Aussonderungs- und Admassierungsklage nach 242 SchKG
Achtung: Anfechtungsklage im Konkurs, wenn nach 260 SchKG an einzelne Gläubiger abgetreten, dann nach der F-Tex-Urteil des EuGH kein Fall von 1 II lit. b LugÜ, sondern von diesem erfasst!
Anwendungsbereich von Art. 22 V LugÜ - Vollstreckungsverfahren
Grundsatz als Orientierungshilfe: Titelproduktionsverfahren und Titelvollstreckungsverfahren. Jedoch kann in der Schweiz ohne einen Titel bloss durch reine Betreibung vollstreckt werden, sofern sich der Schuldner nicht wehrt. Dient nun das gerichtliche Verfahren der Fällung einer (materiellen ≠ RÖ) Entscheidung (i.S. einer Titelproduktion), damit anschliessend basierend darauf das Vollstreckungsverfahren fortgeführt werden kann. Dient das Verfahren der Vollstreckung einer bereits gefällten Entscheidung, so findet hingegen - da nun "Zwangsvollstreckung aus Entscheidung" - Art. 22 V LugÜ Anwendung.
Erfasst von der ausschliesslichen Zuständigkeit nach Art. 22 V LugÜ sind:
- Provisorische und definitive Rechtsöffnung
- Zahlungsbefehl für titulierte Forderung (= vollstreckbarer Titel liegt vor)*
- Widerspruchsklagen zwischen Gläubiger und Drittansprecher
- Arresteinspracheverfahren (oder generell betreibunsgrechtliche Beschwerden)
- 291 ZGB: Schuldneranweisung
- Allgemein: Betreibunsgrechtliche Verfahren mit Reflexwirkung auf das materielle Recht
Nicht erfasst - und damit den allgemeinen Zuständigkeiten des LugÜ unterliegend - sind hingegen:
- Zahlungsbefehl für nicht titulierte Forderung
- Anerkennungs- und Aberkennungsklage (79 SchKG / 83 Abs. 2 SchKG)
- negative Feststellungsklage (85a SchKG)
- Anfechtungsklagen nach 285 ff. SchKG ausserhalb Konkurs oder infolge Abtretung nach 260 SchKG (**)
- Arrestprosequierungsklage (279 SchKG)***
- Widerspruchsklage zwischen Schuldner und Drittansprecher
- Allgemein: Verfahren, denen volle materielle Rechtskraft zukommt
* Ob der Zahlungsbefehl überhaupt vom LugÜ erfasst ist, ist umstritten.
** Fallbezogene Prüfung im Falle von Anfechtungsklagen nach 285 ff. nach Konkurs: Wenn nicht abgetreten, sondern Ansprüche durch Konkursverwaltung geltend gemacht, dann ist das LugÜ aufgrund von 1 II lit. b LugÜ nicht anwendbar
*** im Zshg. mit LugÜ als exorbitanten Gerichtsstand beachten. Prosequierung auf Betreibungsweg jedoch an Arrestort zulässig (str.)
Rügelose Einlassung nach 24 LugÜ
Säumnisurteil nach 25 / 26 LugÜ
Einlassung auf das Gerichtsverfahren: Einlassung in der Sache (wobei das Schlichtungsverfahren sowie Einlassung eventualiter nebst Unzuständigkeitseinrede nicht als Einlassung gilt).
Nichteinlassung riskiert ein Säumnisurteil, wobei das angerufene Gericht nach 25 / 26 LugÜ vorgeht.
- Gericht muss Klage zustellen, soweit nicht ein Fall von 22 LugÜ vorliegt, denn Einlassung ist möglich
- Risiko der Nichteinlassung: Gericht erklärt sich fälschlicherweise für zuständig, wobei diese Zuständigkeit im späteren Anerkennungsverfahren nicht mehr geprüft wird!
Beachte: Art. 26 II LugÜ findet nur ggü Österreich Anwendung, für alle anderen LugÜ-Staaten gilt Art. 15 des HZÜ.
Art. 22 Abs. 1 LugÜ - Ausschliessliche Zuständigkeit für dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen
Klage, die dingliche Rechte zum Gegenstand hat, ist darauf ausgerichtet, Umfang oder Bestand einer unbeweglichen Sache festzustellen, so dass Eigentum, Besitz oder der Bestand anderer dinglichen Rechte damit für Wirkung gegen allen festzustellen / zu ändern.
(Dingliche Rechte kann man getrost anhang CH-Recht und des numerus clausus prüfen).
Nicht erfasst sind daher alle obligatorischen Rechte (mit Ausnahme von Miete / Pacht) sowie sonstige, ggf. auch vollstreckungsrechtliche Fragen, soweit die Urteile lediglich inter partes-Wirkung zeitigen.
Bei Ferienwohnung etc. zusammen mit weiteren Leistungen ist zu sehen, was der Schwerpunkt des Vertrages bildet. Soweit diese nur nebensächlich sind, bleibt Art. 22 I anwendbar.
Art. 22 Abs. 2 LugÜ - Gesellschaften und juristische Personen
Begriff der Gesellschaft ist autonom auszulegen, wobei im Falle einer eigenen Rechtspersönlichkeit der Fall klar ist.
Wichtig ist, dass es um Fragen des Bestandes der Gesellschaft geh oder um die Gültigkeit von Beschlüssen (nicht etwa deren Umsetzung)t, weil dies gegenüber einer Vielzahl von Personen wirkt und daher an einem Ort konzentriert werden solle.
Ausschlussklagen: nach Wortlaut nicht erfasst, die Lehre ist jedoch grösstenteils der Auffassung, dass diese ebenfalls unter 22 II LugÜ subsumiert werden sollten.
Schwierig wird es, wenn es um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit geht: Es ist ein bestimmter Organisationsgrad vorauszusetzen, so dass mindestens die einfache Gesellschaft nicht erfasst ist.
Unklar, ob die Stockwerkeigentümerschaft als Gesellschaft gitl. Nach CH-Aufassung sicher nicht, jedoch aufgrund der autonomen Auslegung und der Fähigkeit, eigenes Vermögen zu bilden, ist dies nicht ausgeschlossen, sie im Sinne dieser Bestimmung als Gesellschaft zu betrachten.
Vertragsgerichtsstand Art. 5 I LugÜ - Normalfall von lit. a
Es ist auf die konkret streitige Leistung abzustellen und deren Erfüllungsort (mangels vertraglicher Regelung zu Bestimmen nach der lex causae, wobei hierzu vorfrageweise nach der lex fori (IPRG) der Erfüllungsort anhand der charakteristischen Leistung zu bestimmen ist, danach in Anwendung des OR der Erfüllungsort zu bestimmen ist und wenn dieser in der Schweiz liegt, dann die Zuständigkeit zu bejahend, andernsfalls abzulehnen).
Soweit aus einem Vertrag mehrere (Haupt-)Ansprüche bestehen, so ist für jede dieser Leistungen gesondert den Erfüllungsort zu bestimmen (keine objektive Klagenhäufung ohne gesonderte Zuständigkeit!). Nebenpflichten können jedoch zusammen mit der Hauptleistungspflicht eingeklagt werden. Sekundäransprüche (Zinsen, Schadenersatz) sind am Erfüllungsort der Primärpflicht einzuklagen.
Nach lit. a bestimmt sich auch die Zuständigkeit, wenn der Erfüllungsort nach lit. b nicht in einem Vertragsstaat liegt.
Aberkennungsklage nach 83 II SchKG und LugÜ
Grundsätzlich ist eine Aberkennungsklage eine materiellrechtliche Klage und die Zuständigkeit ist nach den allgemeinen Regeln von Art. 2 ff. LugÜ zu bestimmen.
Soweit jedoch ein Gläubiger in der Schweiz eine Betreibung einleitet und hier in der Folge auch provisorische Rechtsöffnung erlangt, darf der Schuldner unabhängig vom LugÜ-Gerichtsstand in der Schweiz am Betreibungsort auf Aberkennung klagen. Dies begründet das BGer damit, dass hier der Schuldner lediglich formell der Kläger ist, materiell handelt es sich jedoch beim Gläubiger um den Kläger.
Das Rechtsöffnungsverfahren ist überdies ein Anwendungsfall von Art. 22 V LugÜ, denn dabei wird nicht materiell über die Forderung entschieden, sondern lediglich über deren Vollstreckbarkeit. Soweit also nicht bereits ein Titel vorliegt und definitive Rechtsöffnung erteilt werden kann, folgt auf die provisorische Rechtsöffnung i.d.R. eine Aberkennungsklage.
Dieser hat überdies das Verfahren in der Schweiz eingeleitet, was als Einlassung bezeichnet werden könnte.
Gerichtsstandvereinbarung mit Alternativen
Eine Gerichtsstandsvereinbarung, die die Gerichte eines Vertragsstaates prorogiert, ist gemäss Art. 23 Abs. 1 LugÜ auch dann nach LugÜ zu beurteilen, unabhängig davon, ob der Kläger oder der Beklagte Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat.
Nach der Rechtsprechung des EuGH solle die Derogation eines Gerichtsstandes eines Vertragsstaates zugunsten von Drittstaaten ausschliesslich nach dem jeweiligen IPR zu beurteilen.
Im Fall, dass einer Partei ein Wahlrecht eingeräumt wird, das auch Drittstaatengerichte erlaubt, ist unklar, ob die Zulässigkeit auch nach IPR gelöst werden solle. M.E. zumindest dann nicht, wenn eine Partei zwingend nur in Vertragsstaat klagen dürfte (und dies kann nicht wahlweise geschehen, denn sonst wäre die Vereinbarung möglicherweiese je nach Kläger gültig oder nicht).
Rechtsöffnung im internationalen LugÜ-Rahmen
Rechtsöffnung fällt gemäss nach BGer sowohl für die provisorische wie auch die definitive unter Art. 22 V LugÜ, wodurch sich die örtliche Zuständigkeit nach Art. 84 Abs. 1 SchKG nach dem Betreibungsort richtet.
Die Anerkennung eines LugÜ-Entscheides kann in selbstständigem Verfahren (nach 29 Abs. 1 IPRG und 33 Abs. 2 LugÜ) oder inzident erfolgen. Inzidente Anerkennung (vgl. Art. 29 Abs. 3 IPRG, vgl. 33 Abs. 1 und 3 LugÜ).
Soweit sowohl die Anerkennung (nicht bloss inzidente Prüfung) wie auch die Vollstreckung eines Urteils verlangt wird, ist dies ein Fall der objektiven Klagenhäufung, wonach Art. 90 ZPO zur Anwendung kommt: gleiche Verfahrensart und sachliche Zuständigkeit.
Wenn nur vorfrageweise geprüft wird, ob ein Entscheid anerkennungsfähig ist, dann steht ausschliesslich die Beschwerde nach Art. 319 ZPO gegen den Rechtsöffnungsentscheid zur Verfügung (nicht etwa auch noch die Beschwerde nach LugÜ). Somit ist der Entscheid dann auch sofort vollstreckbar (vgl. 325 ZPO).