IPR
Grundbegriffe
Grundbegriffe
Set of flashcards Details
Flashcards | 31 |
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Language | Deutsch |
Category | Law |
Level | University |
Created / Updated | 10.05.2016 / 28.10.2022 |
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Was bestimmt die Verweisungsnorm? Wie nennt man die Verweisungsnorm sonst?
- Sie bestimmt das für eine bestimmte Rechtsfrage massgebliche Recht.
- Auch Kollisionsnorm genannt
Was enthält die Verweisungsnorm? Was bilden den Tatbestand einer Verweisungs/Kollisionsnorm?
- Wie eine Norm des materiellen Privatrechts verfügt eine Verweisungsnorm über Tatbestand und Rechtsfolge.
- Den Tatbestand einer Verweisungs- oder Kollisionsnorm bildet(n) die aus dem Sachverhalt sich ergebende(n) konkrete(n) Rechtsfrage(n).
Wie wird der Tatbestand einer Verweisungsnorm/Kollisionsnorm sonst noch genannt?
Der Tatbestand einer Verweisungsnorm wird auch Anknüpfungsgegenstand oder Verweisungsbegriff genannt.
Was ist die Rechtsfolge einer Verweisungsnorm/Kollisionsnorm?
Rechtsfolge einer Verweisungs- oder Kollisionsnorm bildet die Berufung der anwendbaren Rechtsordnung; die Verweisung führt zu dem in der Sache anwendbaren materiellen Recht (auch lex causae oder Wirkungsstatut genannt).
Wie wird die zuständige Rechtsordnung bestimmt?
Die schliesslich zuständige Rechtsordnung wird mittels eines Anknüpfungspunktes (auch Anknüpfungsbegriff) bestimmt.
Zeige den Aufbau der Kollisionsnorm anhand:
- IPRG 35: DIe Handlungsfähigkeit untersteht dem Recht am Wohnsitz.
- IPRG 68 I: Die Entstehung des Kidnesverhältnisses sowie dessen Feststellung oder Anfechtung unterstehen dem Recht am gewähnlichen Aufenthalt des Kindes
- IPRG 119
- Verträge über Grundstücke [...] unterstehen dem Recht des Staates, in dem sich die Grundstücke befinden.
- Eine Rechtswahl ist zulässig
- Die Form untersteht dem Recht des Staates, in dem sich das Grundstück befindet [...].
- Art. 35 Satz 1 IPRG:
- Handlungsfähigkeit (Rechtsfrage) als Verweisungsbegriff/Anknüpfungsgegenstand/Tatbestand,
- Wohnsitz als Anknüpfungspunkt/Anküpfungsbegriff, Berufung des Wohnsitzrechts
- IPRG 68 I:
- Entstehung des Kindesverhältnisses als Verweisungsbegriff/Anknüpfungsgegenstand/Tatbestand
- gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes als Anknüpfungspunkt/Anküpfungsbegriff
- IPRG 119:
- Zustandekommenen eines Vertrages über einen Grundstückkauf als Verweisungsbegriff/Anknüpfungsgegenstand/Tatbestand
- Von den Parteien gewähltes Recht als Anknüpfungspunkt/Anküpfungsbegriff; SUBSIDIÄR: Recht des Staates, in dem das Grundstück belegen ist als Anknüpfungspunkt/Anküpfungsbegriff
Was meint die indirekte Zuständigkeit? Nenne ein Beispiel
- Zuständigkeit einer Behörde (eines Gerichts) als Voraussetzung der Anerkennung und Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung.
- z.B. Zuständigkeit an einem der in Art. 149 IPRG genannten Orte
Was meint Alternativanknüpfung? Nenne ein Beispiel
- Zur Beurteilung der konkreten Rechtsfrage(n) stehen mehrere Rechtsordnungen zur Verfügung; die Kollisionsnorm verweist nicht auf eine einzige Rechtsordnung.
- z.B. Art. 56 oder Art. 124 IPRG.
Was meint Kaskadenanknüpfung? Nenne ein Beispiel
- So nennt man eine stufenweise Anknüpfung, bei der das Gesetz eine Abfolge von (Ersatz-)Anknüpfungen vorsieht – je nachdem, welcher Sachverhalt beziehungsweise welcher Anknüpfungspunkt erfüllt wird; Differenzierung durch Stufenleiter.
- Beispiel: etwa Art. 54 oder Art. 133 IPRG.
Was meint Akzessorische Anknüpfung? Nenne Beispiele
- Eine solche unterstellt einzelne oder mehrere Rechtsfragen derselben Rechtsordnung, die für andere Fragen berufen wird. Die „Zweitanknüpfung“ folgt einer Erstverweisung.
- z.B.: Art. 126 Abs. 1 und Abs. 4; Art. 133 Abs. 3 IPRG.
Was verstehen Sie unter Renvoi? Wie ist er im IPR-Gesetz geregelt? Wie kann man sich eine Situation vorstellen, in welcher auf schweizerisches Recht zurückverwiesen wird?
- Renvoi: stellt eine Rück- oder eine Weiterverweisung (auf schweizerisches Recht oder eine dritte Rechtsordnung) durch ausländisches IPR dar.
- Die Regelung findet sich in Art. 14 IPRG; in der Regel sind die Verweisungen des IPRG danach Sachnormverweisungen. Nur in den in Art. 14 genannten Fällen findet eine Gesamtverweisung statt, die überdies eingeschränkt sein kann (Abs. 2 von Art. 14 IPRG).
- Rückverweisung auf schweizerisches Recht: Berufene ausländische Kollisionsrechtsordnung (z.B. am Wohnsitz: Art. 37 Abs. 1 2. Halbsatz IPRG) knüpft an Staatsangehörigkeit an, und relevante Anknüpfungsperson ist SchweizerIn.
Was sind „Eingriffsnormen“; wie ist deren Anknüpfung im IPR-Gesetz geregelt?
- Eingriffsnormen sind qualifiziert zwingende Bestimmungen, die unabhängig von der an sich berufenen Rechtsordnung (lex causae) beachtet sein wollen.
- Schweizerische Eingriffsnormen: Art. 18 IPRG, welcher eine unbedingte Durchsetzung anordnet.
- Ausländische Eingriffsnormen: Art. 19 IPRG, mit differenzierenden Anwendungsvoraussetzungen.
Welcher Theorie folgt das IPR-Gesetz bei der Bestimmung des Sitzes einer Gesellschaft? Aus welchen Vorschriften des Gesetzes leiten Sie Ihre Antwort ab: für die (direkte) Zuständigkeit, für die Frage des anwendbaren Rechts?
- Das IPRG folgt der (sogenannten) Inkorporationstheorie.
Das bedeutet, dass für die Bestimmung des Sitzes primär nicht auf den wirtschaftlichen Mittelpunkt, nicht auf die effektive Verwaltung der Gesellschaft abgestellt wird, sondern auf den (formal-juristischen) statutarischen Sitz, nach welcher Rechtsordnung die Gesellschaft errichtet worden ist. - Zuständigkeit: Art. 21 Abs. 2 IPRG.
- Anwendbares Recht: Art. 154 Abs. 1 IPRG.
Was bringen die Art. 135 Abs. 2 und Art. 137 Abs. 2 IPR-Gesetz zum Ausdruck? Um was für Klauseln handelt es sich dabei?
- Sie bringen zum Ausdruck, dass in diesen Fällen die Anwendung eines ausländischen Deliktsrechts (Deliktsstatut) nicht gegen die Grundprinzipien des schweizerischen Haftungsrechts verstossen soll.
- Insbesondere sind die Normen gegen ausländische Rechte gerichtet, die Mehrfachund/oder Strafschadenersatz vorsehen (lex americana).
- Es handelt sich um spezielle, explizite Vorbehaltsklauseln, die eine Konkretisierung von Art. 17 IPRG darstellen.
Was bedeutet Direkte internationale Zuständigkeit? Nenne ein Beispiel
- Welchen Staates Behörden/Gerichte sind zuständig, einen international gelagerten Fall zu entscheiden? Kompetenz insbesondere, auf eine Klage einzutreten.
- z.B. Zuständigkeit an einem der in Art. 129 IPRG genannten Orte
Was bedeutet Ordre public? Nenne ein Beispiel
- Ordre public (öffentliche Ordnung) enthält die grundlegenden, fundamentalen Wertvorstellungen der inländischen Rechtsordnung.
- Beispiel: Art. 17 IPRG; Diskriminierungsverbot; Kindeswohl;
Was bedeutet Statutenwechsel?
- Bedeutet eine Änderung der materiell massgeblichen Rechtsordnung, etwa dadurch, dass Behörden eines anderen Staates zuständig werden und anders anknüpfen, oder durch Veränderung von Anknüpfungstatsachen (z.B. Verlegung des Wohnsitzes).
- Art. 100 Abs. 2 IPRG, Art. 55 Abs. 1 IPRG; weitere.
Wie bestimmt sich die Staatsangehörigkeit einer natürlichen Person? Auf welche Staatsangehörigkeit kommt es im IPR-Gesetz bei Personen mit mehrfacher Staatsangehörigkeit an?
- Bestimmung der Staatsangehörigkeit
Art. 22 IPRG: Die Staatsangehörigkeit bestimmt sich nach dem Recht des Staates, zu dem die Staatsangehörigkeit in Frage steht. - Mehrfache Staatsangehörigkeit
Es muss unterschieden werden:- Art. 23 Abs. 1 IPRG: Für die Begründung eines Heimatgerichtsstandes in der Schweiz kommt es (ausschliesslich) auf die schweizerische Staatsangehörigkeit an.
- Art. 23 Abs. 2 IPRG: Grundsatz der effektiven Staatsangehörigkeit bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts
- Art. 23 Abs. 3 IPRG: Im Rahmen der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in der Schweiz genügt die Beachtung einer der Staatsangehörigkeiten.
Wie gelangen inländische Eingriffsnormen vor einem schweizerischen Gericht zur Durchsetzung? Nennen Sie ein Beispiel einer inländischen Eingriffsnorm.
- über Art. 18 IPRG
- Nichtigkeitsanordnung für Rechtsgeschäfte in der sogenannten Lex Koller (BewG); Klagerecht des Bundes gemäss UWG; Kartellrecht; weitere.
- Wie gelangen ausländische Eingriffsnormen vor einem schweizerischen Gericht zur Durchsetzung – wenn sie
- (1.) dem Wirkungsstatut (z.B. dem Vertragsstatut) angehören,
- (2.) wenn sie Teil einer dritten Rechtsordnung sind?
- Nennen Sie ein Beispiel für eine ausländische Eingriffsnorm.
- (1.) als Bestandteil der lex causae: Art. 13 IPRG.
- (2.) über Art. 19 IPRG.
- Beispiel: EU-Wettbewerbsrecht, Devisenrecht, Import-/Exportverbote; weitere
In welchen Fällen beachtet das IPRG mit seinen Verweisungen ausländisches Kollisionsrecht? Nenne ein Beispiel
- Ausgangspunkt/sedes materiae der Regelung ist Art. 14 IPRG.
Nach Art. 14 Abs. 1 IPRG wird danach ein Renvoi vollumfänglich beachtet, wenn das Gesetz dies vorsieht.
Das ist in zwei Fällen der Fall: Art. 37 Abs. 1 2. Satzhälfte; Art. 91 Abs. 1 IPRG.
Im Übrigen wird (lediglich) eine Rückverweisung auf schweizerisches Recht anerkannt, wenn es sich um eine Frage des Personen- oder Familienstandes handelt: Art. 14 Abs. 2 IPRG. - Beispiel: Scheidungsrecht nach Art. 61 Abs. 2 IPRG.
Wann ist das UN-Kaufrecht (CISG) gemäss seiner Anordnung räumlich-geographisch anwendbar?
- Einschlägig ist Art. 1 Abs. 1 CISG.
- Danach ist das Übereinkommen anwendbar, wenn die Vertragsparteien ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben und
- a) wenn diese Staaten Vertragsstaaten des CISG sind oder
- b) wenn das IPR des Forums zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates führt.
Wie werden nach IPRG angeknüpft:
- a) Handlungsfähigkeit im Allgemeinen?
- b) Vertragsfähigkeit?
- c) Deliktsfähigkeit?
- a) Art. 35 IPRG: Wohnsitzrecht.
- b) Sonderanknüpfung nach Art. 35 IPRG
- c) Art. 142 Abs. 1 IPRG: nach dem Deliktsstatut/nach dem auf die unerlaubte Handlung anwendbaren Rech
Welchem Statut unterliegt nach IPRG die Haftung des vollmachtlosen Vertreters (falsus procurator)? Um was für eine Anknüpfung handelt es sich dabei?
- Zu beachten ist Art. 126 Abs. 4 IPRG.
- Die Haftung unterliegt dem nach Art. 126 Abs. 2 IPRG zu bestimmenden Recht, welches die Voraussetzungen regelt, bei deren Erfüllung eine Handlung des Vertreters dem Vertretenen zugerechnet wird. Es handelt sich bei Art. 126 Abs. 4 um eine akzessorische Anknüpfung.
Was bedeutet lex fori? Welche Bedeutungsgehalte kommen dem Begriff zu?
- Lex fori bedeutet das Recht am Gerichtsort.
- Dem Begriff können drei Bedeutungen zukommen:
- 1. Verfahrensrechtliche lex fori: Anwendbarkeit des Verfahrens-, insbesondere des Zuständigkeitsrechts am Ort des angerufenen Gerichts;
- 2. Verweisungs- oder kollisionsrechtliche lex fori: Zu beachten ist das IPR des Forums;
- 3. Materiellrechtliche lex fori: die (berufenen) Sachnormen am Ort des zuständigen Gerichts.
Was verstehen Sie unter doppelrelevanten Tatsachen? Welche rechtliche Handhabung derselben gibt das Bundesgericht vor?
- Es handelt sich dabei um Tatsachen/Sachverhaltselemente, die sowohl für die Bestimmung der Gerichtszuständigkeit als auch für die Anknüpfung von Rechtsfragen/Ansprüchen auf der Ebene des anwendbaren Rechts (IPR i.e.S.) von Bedeutung sind. Beispiel: Deliktsort.
- Das Bundesgericht lässt es im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung genügen, dass das behauptete Klagefundament mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit gegeben ist.
- Wie werden Personen, die über mehrere Staatsangehörigkeiten verfügen, durch das IPR-Gesetz behandelt:
- bei der direkten Zuständigkeit,
- bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts,
- bei der Anerkennung ausländischer Entscheide?
- Machen Sie ein Beispiel für zwei der drei Fragestellungen.
- a) direkte Zuständigkeit: Einschlägig ist Art. 23 Abs. 1 IPRG. Die Bestimmung bezieht sich auf Personen, die neben der schweizerischen noch eine andere Staatsangehörigkeit besitzen. Betroffen sind damit Auslandschweizer. Für die Begründung eines Heimatgerichtsstandes in der Schweiz kommt es (nur) auf die schweizerische Staatsangehörigkeit an.
- b) Bestimmung des anwendbaren Rechts: Einschlägig ist Abs. 2 von Art. 23 IPRG. Es gilt der Effektivitätsgrundsatz; d.h. es kommt auf die Staatsangehörigkeit an, zu dessen Staat eine Person die engste Verbindung hat. Das gilt, sofern das IPRG nichts anderes vorsieht.
- c) Anerkennung ausländischer Entscheide: Einschlägig ist Abs. 3 von Art. 23 IPRG. Es genügt die Beachtung einer der Staatsangehörigkeiten. Darin kommt der Gedanke des favor recognitionis zum Ausdruck.
- Beispiele: etwa für a: Art. 87 Abs. 1 oder Art. 60 IPRG. für b: Art. 61 Abs. 2 IPRG. für c: Art. 65 Abs. 1 IPRG
Stellen Sie den Zusammenhang her zwischen Art. 17 und Art. 137 Abs. 2 IPRG.
Art. 137 Abs. 2 IPRG ist eine besondere Vorbehaltsklausel und damit eine Konkretisierung des Ordre public. Die Bestimmung statuiert das schweizerische Schadenersatzrecht als Standard bei der Berufung ausländischen Kartellrechts.
Gilt der Grundsatz „iura novit curia“ auch mit Bezug auf ausländisches Recht? Was sagt dazu das IPRG?
- Prinzipiell gilt der Grundsatz auch für ausländisches Recht: Art. 16 Abs. 1 Satz 1 IPRG. Allerdings enthält das IPRG zwei Relativierungen:
- Es kann (generell) die Mitwirkung der Parteien verlangt werden: Satz 2 von Art. 16 Abs. 1 IPRG.
- Sodann: Bei vermögensrechtlichen Ansprüchen kann den Parteien der Nachweis ausländischen Rechts überbunden werden.
Was verstehen Sie unter einer „Vorfrage“ im IPR? Wie werden Vorfragen auf der Ebene der Bestimmung des anwendbaren Rechts angeknüpft? Geben Sie ein Beispiel.
- Die Vorfrage stellt eine präjudizielle Frage im Rahmen einer Verweisungsnorm dar. D.h.: Der Tatbestand oder ein Tatbestandsmerkmal einer Kollisionsnorm setzt das Bestehen eines anderen Rechtsverhältnisses voraus.
- Vorfragen sind grundsätzlich selbständig anzuknüpfen.
- Beispiel: Im Rahmen einer Ehescheidung ist zunächst zu prüfen, ob eine Ehe überhaupt gültig geschlossen worden ist.
Wie wird der Anwendungsbereich des Übereinkommens über den internationalen Warenkauf (CISG) in räumlich-geographischer sowie sachlicher Hinsicht bestimmt?
- a) räumlich-geographisch: Art. 1 Abs. 1 CISG; zwei Möglichkeiten: die betroffenen Staaten sind Vertragsstaaten oder das IPR des Forums verweist auf das Recht eines Vertragsstaates.
- b) sachlich: Kaufverträge gemäss Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 ff. CISG.