Interkulturelle Bildung
Modul 1B
Modul 1B
Fichier Détails
Cartes-fiches | 58 |
---|---|
Langue | Deutsch |
Catégorie | Affaires sociales |
Niveau | École primaire |
Crée / Actualisé | 27.08.2013 / 03.10.2019 |
Lien de web |
https://card2brain.ch/box/interkulturelle_bildung
|
Intégrer |
<iframe src="https://card2brain.ch/box/interkulturelle_bildung/embed" width="780" height="150" scrolling="no" frameborder="0"></iframe>
|
Einführung
Seit wann gibt es sprachliche und kulturelle Heterogenität?
- zu jeder Zeit
- ein Normalfall der Geschichte
Einführung
Seit wann wird sprachliche und kulturelle Heterogenität als Problem definiert?
- gegen Ende des 18.Jhd.
- mit Aufkommen des "Zusammenunterrichts" statt Einzelunterweisung
Einführung
Was gab es für tiefgreifende politische und gesellschaftliche Veränderungen nach 1945?
- politisch/ ökonomische Entwicklung der BRD
- Verpflichtung zur Beachtung der Menschenrechte ---> Unterzeichnung internationaler Vereinbarungen
- Grundlegung europäischer Einigung
- Auflösung des Kolonialsystems --> Auslösung umfangreicher Migrationsbedingungen
- gezielte Anwerbung von Arbeitskräften in ökonomisch schwächeren Ländern
- Zerfall des Ostblocks
--> ... erfordern: qualitativ anderen Umgang mit sprachlich - kultureller Vielfalt
- erste Reaktionen auf diese Veränderungen in BRD ab 1960er Jahren
Zum Verlauf der Diskussion über IKB & E
1960er/70er Jahre
- in „westlicher Diskussion“ IKB&E Zielgruppe ausschließlich „ausländische“ Kinder, Jugendliche & ihre Familien, sowie deren Eingliederung in dt. Schule/ Gesellschaft
Zum Verlauf der Diskssion über IKB & E
ab 1980er Jahren
- interkulturelle Problematik nicht nur an spezifische Zielgruppe/ Migration gebunden
--> sondern: Notwendigkeit der Gewinnung einer neuen supranationalen resp. transnationalen Perspektive im Bereich IKB & E
- lange Vergangenheit im Blick: richtiger Umgang mit Heterogenität im nationalen Bildungswesen seit dessen Anfängen
--> doch kein spezielles Arbeits- und Forschungsgebiet
Zum Verlauf der Diskussion über IKB & E
1990er Jahre
- intensive Diskussion über Pluralität, Differenz und Gleichheit
- Thematisierung der Verschränkung verschiedener Differenz-Diskurse, wie Geschlechterforschung, IKB, Integrationspädagogik, Ungleichheitsforschung (i.B. auf Sozialstatus)
- IKB & E erscheint als Erziehung und Bildung in einer und für eine sprachlich, ethnisch, national, sozial & kulturell pluralisierte(n) demokratische(n) Gesellschaft
--> als Schlüsselqualifikation und Querschnittsaufgabe
- inflationäre Verwendung des Begriffs „interkulturell“ als Zeichen für Perspektivwechsel
Notwendigkeit von IKB & E
Welche 3 Entwicklungen/Momente der Internationaliserung gibt es, die IKB & E notwendig machen?
1) internationale Migration
2) europäische Einigung
3) Prozess der Globalisierung
--> alle Momente haben historische Vorläufer
Notwendigkeit von IKB & E
Wie ist die nationalstaatlich homogenisierende Sichtweise?
- Nationalstaaten definierten sich als sprachlich, ethnisch und kulturell homogen
--> zum Zweck der Einigung nach innen & der Abgrenzung nach außen
- staatliches Territorium zum „Eigenen“ erklärt, auf dem man schon immer siedelte, sowie (Re-)Konstruktionen „eigener“ Geschichte/ „eigenem“ kulturellen Erbes
- sprachlich – kulturelle Heterogenität im Staatsinneren gilt als (zu überwindender) Einzelfall
- „Fast alle Nationen rechtfertigen ihre Existenz durch eine wohlzementierte Selbstzuschreibung. Die Unterscheidung zwischen „eigenen“ und „fremden“ Leuten kommt ihnen ganz natürlich vor, auch wenn sie historisch äußert fragwürdig ist. Wer an ihr festhalten will, müsste eigentlich, seiner eigenen Logik folgend , behaupten, er sei schon immer dagewesen – eine These, die nur allzu leicht zu widerlegen ist“ (ENZENSBERGER 1992)
Notwendigkeit von IKB & E
Welche Gründe gibt es für eine neue Migrationspolitik in Deutschland?
- D. beginnt sich zunehmend als Ein-/ Zuwanderungsland zu verstehen
- zunehmende „Vergreisung“ der bundesrepublikanischen Bevölkerung
- Fehlen qualifizierter Arbeitskräfte
- ungesicherte Rentenfrage
Notwendigkeit von IKB & E
Was bedeutet Globalisierung infolge der abnehmenden Bedeutung der Nationalstaaten?
a) Verlust der „Mechanismen sozialer Integration auf innerstaatlicher Ebene“
und b) „Systemintegration auf globaler Ebene“
--> also (historisch gebildete) „integrative Leistung der Nationalstaaten eine kohärente nationale & ethnische Identität zu schaffen und zu wahren“ durch Globalisierung in Frage gestellt
Notwendigkeit von IKB & E
Was stellt die KMK in diesem Zusammenhang fest?
tiefreichende Widersprüche, die den Alltag prägen
z.B. Globalisierung von Erlebnis- und Erfahrungshorizont Jugendlicher & internationaler Jugendkultur, aber gleichzeitig Unterschiede in Alltagserfahrungen Jugendlicher
IKB als Querschnittsaufgabe
- alle Bereiche der Erziehungswissenschaft & pädagogische Praxis
--> eine Dimension der ErWi, die Perspektivwechsel/ Neudenken fordert (in Teildisziplinen & Fachrichtungen) unter Perspektive sprachlich – kultureller Heterogenität
IKB als Schlüsselqualifikation
- subjektive Seite
- zu erwerbende Kompetenzen jedes/r Schüler/in
IKB als Fachrichtung
- innerhalb der ErWi
- Auseinandersetzung mit Folgen der Migration und Globalisierung für Bildung & Erziehung
und Umgang mit sprachlich/ kultureller Heterogenität
Wie stellt die Fachrichtung IKB den ALlgemeingültigkeitsanspruch der allgemeinen Pädagogik infrage?
- gegen Verallgemeinerung einer ethnozentrischen, national - & kulturspezifischen Weltsicht
- und sich daraus ergebender Legitimationen politischer & sozialer Machtverhältnisse
- IKB „erziehungswissenschaftlich nur dann legitimiert, wenn sie selbst um ihre Abhängigkeit von allgemeinen Fragestellungen, Theorie & Methoden [wisse] und dieses entsprechend bei ihren Arbeiten berücksichtig[e]“
(HOHMANN 1989)
- fehlende Reflektion der Allgemeinen Pädagogikihres historischen Standortes
Zum aktuellen Stand der Diskussion um IKB
- weitgehend Konsens in Bezug auf :
1) IKB & E als Querschnittsaufgabe und Schlüsselfunktion
2) IKB als Fachrichtung
3) spezielle Sprach-, Integrations- oder Förderangebote für (neu) Zugewanderte
in folgenden Punkten:
- richtet sich an alle à kein spezielles Konzept für Personen mit Migrationshintergrund
- schließt aus, dass IKB & E nur in Schulen bzw. mit nennenswerter Anzahl von Migranten relevant sei
- kein gesondertes (Unterrichts-)Fach oder Gegenstand einzelner Fächer, sondern Schlüsselqualifikation & Querschnittsaufgabe in allen pädagogischen Tätigkeitsfeldern
- interkulturelle & europäische Bildung nicht voneinander zu trennen
- IKB & E ist Teil allgemeiner Bildung und kein Projekt, sondern eine Haltung
- zielt auf Veränderungen von Deutungsmustern, Einstellung und Haltungen
- keine Umerziehung der Majorität im toleranten Umgang mit Minorität
--> schließt alle ein, da jeder in Gefahr, die eigene Sichtweise für normal und selbstverständlich zu halten
Was sind kritische Momente beim aktuellen Stand der Diskussion um IKB?
- in Öffentlichkeit vorgenommene Trennung von interkultureller & europäischer Bildung
- IKB verstanden als „Reparaturpädagogik für Migrationsschäden“ und „Toleranztraining für die Einheimischen“
- europäische Bildung als Vermittlung zusätzlicher Kenntnisse um auf (europäischen) Arbeitsmarkt konkurrenzfähig zu sein
Was verlangt IKB & E?
- eine Beteiligung aller an dieser Entwicklungsaufgabe
- Neudenken bisheriger Deutungs- , Entscheidungs- & Handlungsmuster
- nicht vorrangig neue & zusätzliche Inhalte/ Methoden schaffen, sondern kritische Überprüfung bisheriger Gewohnheiten, Selbstverständlichkeiten, Routinen
Versuch einer chronologischen Ordnung des Feldes
1950
Anwerbung der Arbeitsmigranten
Versuch einer chronologischen Ordnung
1960er
Frage nach Integration und der richtigen Beschulung der Kinder
--> aber Migration eher als voübergehende Erscheinung wahrgenommen
Versuch einer chronologischen Ordnung
1970er
Ausländische Schüler/innen als Problemfälle definiert:
- Verständnis- / Sprachschwierigkeiten
- Überforderung der Lehrer (Gefühl nicht richtig vorbereitet/ ausgebildet zu sein)
Versuch einer chronologischen Ordnung
Anfang des 21.Jhd.
- zu wenig junge, anders ausgebildete Lehrkräfte
- propagierte Maxime, die BRD wäre kein Einwanderungsland, spielte eine entscheidende Rolle und bremste/ verhinderte Umdenken in Politik & Gesellschaft
- Ignorieren der sprachlich – kulturellen Pluralisierung aller pädagogischen Arbeitsfelder
Versuch einer chronologischen Ordnung
Entwicklung der Fachrichtung IKB
- steigende Publikationen & Tagungen zum Thema
- wissenschaftliche Begleitung & Evaluation von Forschungsversuchen
- umfangreiche Forschungen in 80er Jahren
- spezielle „Orte“ der Information & des Austauschs wurden geschaffen, z.B. Vereine, Zeitschriften, Aus - & Fortbildungsangebote
- Herausbildung einer „Selbstverständnisdiskussion“ in kritischer Absicht
Versuch einer chronologischen Darstellung
Probleme
- Darstellung eines stufenförmigen Entwicklungsablaufs impliziert, dass mit jeder neuen Phase die alten Denk- und Handlungsmuster verschwunden wären
-Kriterien, nach denen Ereignisse Anfang oder Ende einer Phase markieren sollen, unklar/ problematisch
- problematische Sichtweisen:
- die Geschichte der IKB als Fortschrittsgeschichte
--> „…von der Ausländerpädagogik zur Interkulturellen Pädagogik"
oder
- die Geschichte der IKB als Stagnation bzw. Verfallsgeschichte
Versuch einer chronologischen Ordnung
Welche Grundregeln muss man beachten?
1) nicht den Eindruck vermitteln, es gäbe einen „Zeitpunkt Null“, an dem IKB aus dem Nichts heraus kam
2) es gäbe eine unlineare, stufenförmige Entwicklung in deren Phasen die jeweils aufkommenden Probleme gelöst werden bevor eine neue begann
3) es müssen verschiedene Ebenen/ Bereiche unterschieden werden
--> bildungspolitische Diskussionen & Entscheidungenfolgen anderem Rhythmus als wissenschaftliche Diskussion oder pädagogische Praxis
Versuch einer chronologischen Darstellung
Was gab es für deutliche Einschnitte auf bildungspolitischer Ebene?
- KMK-Beschluss von 1964 zur Schulpflichtfrage (vorher ausländische Kinder nicht in Schulpflichtfrage einbezogen)
- KMK – Beschluss von 1996 zur Notwendigkeit eines Perspektivwechsels im Bildungsbereich
Versuch einer chronologischen Ordnung
Gefahr der historischen Verkürzung
- für meisten Autor/innen beginnt Geschichte der Interkulturellen Pädagogik erst seit ein neues Arbeits- & Forschungsfeld sichtbar wurde
- als Reaktion auf 1) Arbeitsmigration
2) Fluchtmigration
3) Zuwanderung von Aussiedlern aus osteuropäischen Ländern
--> fälschlicherweise der Eindruck, es wäre eine neuartige Aufgabe mit der die Schule sich vorher nicht beschäftigen musst
- unter welchen Bedingungen Kinder ausländischer Staatsangehörigkeit und/ oder anderer Familiensprache die öffentliche, staatliche Schule besuchen sollten, ist schon Teil der Schulgeschichte seit Ende des 18.Jhd.
--> historische Verkürzung & Geschichtsblindheit ist erst aufgehoben, wenn:
- konsequent Frage nach Kontinuität & Diskontinuität der Denk-, Handlungs- und Entscheidungsmuster gestellt wird
- Geschichte von Bildung & Erziehung (speziell Schule) als Geschichte des (ausgrenzenden) Umgangs mit sprachlich – kultureller & nationaler Heterogenität begriffen wird
Versuch einer chronologischen Ordnung
Niekes Periodisierung in 80ern
1) 1960er – Ende 70er -->Ausländerpädagogik als Nothilfe
2) Ende 70er – Anfang 80er
-->Kritik an der Ausländerpädagogik
3) Anfang 80er --> Konsequenzen aus der Kritik: Interkulturelle Erziehung
- sein (von ihm selbst genannter) roter Faden: Fortgang der wissenschaftlichen Beschäftigung mit den Folgen der Migration für Bildung und Erziehung seitens der Erziehungswissenschaften
Versuch einer chronologischen Ordnung
Problematik an Niekes Einteilung
- N. geht fälschlicherweise davon aus, dass die deutsche Schule sich in 1960ern/70ern Jahren erstmals Herausforderung stellen musste sprachlich-kulturell heterogene Lerngruppe zu unterrichten
--> so entschuldigt er auch inadäquate ausländerpädagogische Reaktion
Exkurs in die "lange Vergangenheit" der IKB
Differenz und Gleichheit in der Geschichte des nationalen Bildungswesen
- die für alle Kinder des „eigenen“ Landes geschaffene Schule war stets mit dem Problem konfrontiert „unterschiedlich verschiedene“ Kinder zu unterrichten
--> also nichts Neues, das Schule auf Heterogenität der Schülerschaft reagieren muss - Strategien der Homogenisierung:
„heterogene Masse“ in möglichst „homogene“ Lerngruppen zu „sortieren“ & aus „unterschiedlichen“ Kindern „gleiche“ Schüler zu machen
z.B. Reichsgrundschulgesetz 1920
--> Trennung in niederes und höheres Schulwesen (nach sozialer Lage)
Trennung nach Konfessionen
- Mittel der Homogenisierung im Bereich Schule:
Nicht-Einbeziehung Kinder fremder Staatsangehörigkeit in Schulpflicht – Verweis in private Bildungseinrichtungen - Schule bis heute ohne diese „Ordnungsprinzipien“ nicht vorstellbar
--> einzelne Trennlinien mittlerweile verschoben, aber nicht aufgehoben
- Studien wie PISA & IGLU zeigen Risikofaktoren im deutschen Bildungssystem:
„niedrige soziale Schicht, niedriges Bildungsniveau und Migrationshintergrund der Herkunftsfamilie sowie männliches Geschlecht
Für was war Homogenisierung ein wichtiger Moment?
- Homogenisierung als historisch wichtiger Moment der Demokratisierung
--> also H. hat auch positive Seiten
z.B. trug durchgesetzte Monolingualität entscheidend zur innerstaatlichen & sozialen Mobilität bei und öffnete Möglichkeiten politischer Partizipation
Differenzlinie Staatsangehörigkeit
-
Schaffen eines staatlichen Bildungssystems einhergehend mit Ausschluss von Nichtstaatsangehörigen
-
bis nach dem 1.WK gelten in Preußen auch Angehörige anderer deutscher Staaten als Ausländer
--> gleichberechtigter Zugang nur mit zwischenstaatlichen Abkommen -
Artikel der Reichsverfassung von 1919:
Art.143 --> „für die Bildung der Jugend […] durch öffentliche Anstalten zu sorgen“
Art. 145 --> allgemeine Schulpflicht in der unentgeltlichen „Volksschule mit mind. acht Schuljahren“ -
gesetzliche Gleichstellung reichsinländischer Schüler im Verlauf der 1920er Jahre
--> jedoch Ausgrenzung reichsausländischer Schüler; Ausnahme österreichischer Kinder (Preußen & Österreich schlossen 1926 Staatsvertrag, wegen gescheiterter Einbeziehung Ö.‘s ins Deutsche Reich 1918/19), Österreicher wären formal Ausländer, sprachlich und ethnisch seien sie deutsch -
zu Argumenten pro & kontra Einbeziehung reichsausländischer Kinder in Schulpflicht s.S. 78f.
-
Beschulung reichsausländischer Schüler hatte zwar keine rechtliche Grundlage, fand aber im Preußen der 20er Jahre aufgrund zwischenstaatlicher Probleme trotzdem statt
-
noch immer gibt es strukturelle Unterschiede in Bildungsbeteiligung von Kindern aus deutschen & zugewanderten Ehen
-
Ausländerstatus bzw. Zuwanderung mindestens eines Elternteils ein Risikofaktor für Schulkarriere
-
POPP 1998 über Integrationsfunktion der Schule:
- Ausländerstatus schließe von staatsbürgerlichen Rechten und politische Partizipation aus
- Schulsystem kann seinen Erziehungs- und Bildungsauftrag nur eingeschränkt nachkommen
Differenzlinie Ethnizität
- auf Territorium des sich bildenden Deutschen Reiches in 19.Jahrhundert lebten verschiedene Minderheiten, die als ethnisch und sprachlich fremd galten
--> autochthone Minderheiten - Art. 113 der Reichsverfassung von 1919:
„fremdsprachige Volksteile“ waren „Inländer“ - Staatsbürger des Staates/ Landes in dem sie lebten & zugleich deutsche Reichsbürger
--> galten jedoch als fremd - Kinder unterlagen Schulpflicht und waren nach Reichsgründung 1871 immer stärkerem Assimilationsdruck
- Minderheitenschutz nach 1.WK über internationale Verträge als wichtige übernationale Aufgabe definiert
- Völkerbund überwachte zuständigen Schutz
- aktiver Minderheitenschutz in Deutschland aus außenpolitischen Interessen
- aktiver Minderheitenschutz in Deutschland aus außenpolitischen Interessen
- Zugeständnisse an innerstaatliche Minderheiten aufs Notwendigste beschränkt
- nicht einklagbare, jederzeit widerrufbare Erlasse
- nur wenige Gruppen (z.B. polnische und dänische) berücksichtigt
- Differenz zwischen Text & Praxis : minderheitspolitische Praxis eindeutig restriktiv
Differenzlinie Ethnizität
Minderheitenpolitik ab 1933
- Minderheitenpolitik ab 1933:
- jeglicher Versuch der Germanisierung als unzulässig
- Ausschluss aus dem Deutschtum
- Sprache & Kultur der Minderheiten als minderwertig erklärt
- jüdische Schüler/innen wurden in „eigene“ Schulen versetzt, bis zum Verbot derjüdischen Schule 1942
- repressive Schul- und Sprachpolitik in besetzten Gebiete:
- Schulen und Hochschulen geschlossen
- Grund- und Berufsschule in reduzierter Zahl und auf deutsch
- allerdings nur rudimentäre Kenntnisse des Deutschen vermittelt da:
„Eindeutschung von Polen […] nicht nur unerwünscht, sondern nationalsozialistisch falsch“
„in den polnischen Schulen […] deutsch nur soweit gelehrt werden, als es notwendig ist, dass der polnische Arbeiternachwuchs, den wir zur Erfüllung der Kriegs- und der Aufbauarbeit brauchen , sich in deutscher Sprache verständlich machen kann: d.h. die deutsche Sprache wird vokabelmäßig gelernt, darf aber grammatikalisch nicht richtig gesprochen werden“
(Schreiben des Reichsstatthalters 1943)
„[der] deutschsprachige Pole [sollte auch] in der Zukunft stets an seiner fehlerhaften Ausdrucksweise und Aussprache erkennbar bleiben“ (Sprachverordnung 1943)
Differenzlinie Sprache
- im Falle reichsausländischer Kinder war fremde Staatsangehörigkeit schon Grund genug für einen Ausschluss
à war dann die Sprache der reichsausländischen Kinder noch identisch mit der einer innerstaatlichen Minderheit wurde dies als zusätzliches Ausschlusskriterium genommen - „Schwierigkeiten, […] insbesondere in den Landesteilen mit gemischtsprachiger Bevölkerung […] hat eine wesentliche Steigerung erfahren, und die Förderung des Deutschtums durch die Schule [würde] beeinträchtigt werden“ (Minister des Innern, 4.September 1899)
- Zweisprachigkeit als Konfliktpunkt, seit 19. Jhd. heftig diskutiert
- nationalpolitisch motivierte Homogenisierungsbestrebungen:
ein Staat – ein Volk – eine Sprache - jedoch viele pro Religionsunterricht in Minderheitensprache
--> Unterscheidung zwischen „Seelensprache“ und der Sprache, die für intellektuelle Entwicklung förderlich sei - Durchsetzung der „richtigen“ Sprache auch gegen Mundarten:
Status als Sprache wurde Mundarten abgesprochen, jedoch Bedeutung als regionale, identitätsstiftende Faktoren zugestanden - Idee von der Einsprachigkeit als Normalfall bis in die 1960er Jahre
Differenzlinie Sprache
Pro von Zweisprachigkeit im 19.Jhd,
- Muttersprache (Familiensprache) unerlässlich für psychische, emotionale & soziale Entwicklung des Kindes
- „aus Nützlichkeitsgründen […] im Namen des zunehmenden Verkehrs und eines erfolgreichen Betriebes“ (Blocher, 1909)
- kompromissbereite (Schul-)Sprachenpolitik könne sich positiv auf innerstaatlichen Frieden auswirken & unterdrücken in Hass münden
Differenzlinie Sprache
Kontra von Zweisprachigkeit
- Gefahr des Zerrissenseins zwischen zwei Sprachen, Kulturen und Heimaten
- deutschsprachige Beschulung als zivilisatorischen Akt & Beitrag zur politischen Erziehung im Sinne von „Volk-Bildung“
à also Gleichsetzung der Muttersprache nicht mit Familiensprache, sondern mit Staatssprache
- „Kein Uebel ist schlimmer in der Bildung als das der Volks- und Sprachverzwitterung. […] Die polnischen Schlesier oder die schlesischen Polen sind weder Polen noch Deutsche, sprechen weder polnisch noch deutsch. Der Staat muß mit allem Eifer darauf halten , dieses Gezwitter zu vertilgen und Geistliche und Schullehrer müssen ihm Hand bieten, wenn sie es redlich meinen mit dem Vaterlande“ (Der Schulrath an der Oder, 1815)
- Zweisprachigkeit schädlich und gesunde Entwicklung könne nur in einer (Landes-)Sprache stattfinden
à Kultursprache nicht „irgendeine Bauernsprache“ der „zum Dialekt verkommenen Sprache“
- Zweisprachigkeit verführe zu Arroganz und Gesinnungslosigkeit
Differenzlinie Sprache
aktuelle Positionen in Fragem von Zweisprachigkeit
- Erlernen anderer Sprachen gilt als notwendig
- frühes Fremdsprachenlernen politisch gefordert & gefördert
- sprachliche Vielfalt als positives Kennzeichen
- wichtiges & identitätsförderndes Merkmal des EU – Bürgertums
- migrationsbedingte Mehrsprachigkeit weiterhin als problematisch eingeschätzt und wirkt sich negativ auf Bildungschancen aus
- Idee von der Einsprachigkeit des Landes bis heute in Alltagsbewusstsein
Differenzlinie Kultur
Schule & nationale Identität
- Beitrag der staatlichen Schule zur kulturellen & internationalen Integration: Schaffung eines Wir-Gefühls durch die Vermittlung der Idee von einer gemeinsamen Geschichte und Kultur
- in niederen bzw. Volksschulen das „Eigene“ im Mittelpunkt
- in höheren auch Beschäftigung mit dem Fremden mit dem Ziel das Eigene zu stärken
Differenzlinie Kultur
ontologischer Kulturbegriff
- Kultur als „einzigartiges Wesen des Volkes“
- das es rein zu halten gelte
- dabei stand/ steht jedes „Volk“ in Kontakt mit andern „Völkern“ und somithaben „fremde“ stets auf „eigene“ Kultur eingewirkt
- Kultur oft als etwas in sich Geschlossenes/ Gegebenes aufgefasst, dass esvor der Auflösung & dem Eindringen „fremder“ Kulturen zu schützen gelte