Grundzüge der Politikwissenschaft
Universität Innsbruck, Pallaver
Universität Innsbruck, Pallaver
Kartei Details
Karten | 85 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Politik |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 08.09.2014 / 26.07.2022 |
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Definition Sozialwissenschaft
- empirische Wissenschaften im weitesten Sinn
- Erkenntnisse über gesellschaftliche Zusammenhänge
- Es geht um gesellschaftliche Wirklichkeit -> Aussagen sind an Wirklichkeit messbar
- Keine strenge Abgrenzung der Teildisziplinen, sondern unterschiedliche Schwerpunktsetzung bei gleichzeitiger Überlappung der Forschungsgebiete
Definition Politikwissenschaft
- Lehre vom tatsächlichen Zustand gesellschaftlicher und politischer Verhältnisse
- (Wie andere Sozialwissenschaften) wertfrei und nicht wertfrei zugleich -> Forschung soll um Wertfreiheit bemüht sein -> jedoch ist diese in Wissenschaftsbetrieb hineingestellt, der für sich nicht wertfrei ist
- Verwertung politikwissenschaftlichen Erkenntnisse hängt auch von Interessen und Werten ab
- Unterscheidung zu anderen Sozialwissenschaften durch ihr Forschungsobjekt -> Grenzziehung aber fließend
Hauptrichtungen der Politikwissenschaft
nicht voneinander streng abgegrenzt -> Unterscheidung durch unterschiedliche Prioritäten
- Empirisch-analytische Richtung
- Normativ-praktische Richtung
- Kritisch-dialektische Richtung
Keine Abgrenzung, sondern Nutzung durch Vermischung verschiedener Ansätze
PoWi kann ohne internen Pluralismus nicht auskommen
Bsp. Klaus von Beyme
Empirisch-analytische Richtung
- Möglichst Wirklichkeitsnahe und wertfreie Wiedergabe der politischen Wirklichkeit
- Kritik an andere -> Vermengung von Politik und Politikwissenschaft
- Politikwissenschaftlichen Behaviorismus / Verhaltenslehre -> menschliches Verhalten in politischen Zusammenhängen möglichst exakt beschreiben
- Heinz Eulau
Normativ-praktische Richtung
- Sinnvolle Verwertung politikwissenschaftlicher Erkenntnisse in politischer Praxis
- Kritik an anderen -> akademischer Elfenbeinturm
- Maurice Duverger -> Fragen des Parteien- und Wahlsystems
Kritisch-dialektische Richtung
- Analyse politischer Vorgänge im Zusammenhang mit gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen
- Deutung im Sinne eines weiten Politikbegriffs
- Kritik an andere -> Diener der jeweilig herrschenden Verhältnisse
- Marxistisch beeinflussten Strömungen
- Ralph Miliband
- Genderforschung
Politikbegriffe 1
- Gouvernemental
- Auf Staat bezogen
- Wissenschaft vom Staat
- Partizipatorisch
- auf Individuum bezogen
- PoWi ohne Staat
Politikbereiche 2
- Normativ
- Wertbezogen
- An Sollzustand orientiert
- Deskriptiv
- Beschreibend
- An Seinzustand orientiert
Politikbereiche 3
- konfliktorientiert
- Verknüpfung von Poltik und Konflikt
- Konsensbezogen
- Ausgleichs- und Friedensfunktion der Politik
Politikbereiche 4
- historisierende
- Im Mittelpunkt steht gesellschaftliche Abhängigkeit und Veränderbarkeit
- Ahistorische
- Zeitlosigkeit und Unveränderbarkeit der Politik
Einzeldefiniton des Politikbegriffs -> Politik ist ...
- Sicherung und Ordnung des Zusammenlebens
- Bemühen um die gute Ordnung
- Verwirklichung der Staatszwecke
- Kampf um und Benutzung von Macht
- Streben nach Herrschaft im Staat
- Unterscheidung von Freund und Feind
- Kunst der Führung von Menschen
- Entscheidungsfindung auf öffentlichem Weg
- Kampf der Klassen und ihrer Parteien
- Kampf um Veränderung / Bewährung bestehender Verhältnisse
Enger Vs. Weiter Politikbegriff
- Enger Politikbegriff
- Tradition des gouvernementalen Politikverständnisses
- Klammert breite Bereiche der Gesellschaft aus
- Devensiv -> bestehende Zusatände verteidigen
- Weiter Politikbegriff
- Kein gesellschaftlicher Bereich ist von vornherein unpolitisch -> alle Sektoren sind potentiell politisch
- Offensiv -> Veränderbarkeit bestehender Zustände hervorheben
Englischer Politikgebrauch
- Polity
- Formale Organisation -> Verfassung, Normen, Institutionen
- Mittelpunkt des Politischen ist Ordnung
- Policy (Policies)
- Betrifft Inhalte politischer Entscheidungen
- Richtet sich auf Ziele und programmatischer Orientierung der Politik
- Gestaltung als Aufgabe von Politik
- Politics
- Beschreibt politischen Prozess und seinen Rahmen
- Ist auf Interessen orientiert und hebt die Durchsetzung dieser hervor
Politikwissenschaftlichen Systemtheorie
- input
- Politische Eingaben
- Impulse aus Gesellschaft veranlassen politisches System zu Entscheidungen
- Output
- Politische Ausgaben
- Diese Entscheidungen wirken auf Gesellschaft
- Feed-back
- in Rückkoppelungsschlaufe auf Gesellschaft zurückwirken
Merkmale des Politischen
politik wird zwar immer historisch verstanden, aber bestimmte Merkmale bleiben unverändert
- Knappheit
- Konflikt
- Macht
Merkmale des Politischen -> Knappheit
- Die von der Gesellschaft als wertvoll eingestuften(materiellen und immateriellen) Güter sind knapp
- Knappheit heißt, dass nicht alle Interessen an diesen Gütern voll befriedigt werden
- Um die Verteilung der knappen Güter entstehen Konflikte
Merkmale des Politischen -> Konflikt
- Konflikt, weil Politik immer mit Verteilung zu tun hat
- Politik gibt es überall wo konkurrierende Wertvorstellungen und Interessen entstehen
- Konflikte müssen ausgetragen und entschieden werden = Aufgabe der Politik
- Wenn Entscheidung mit Verbindlichkeit durchgesetzt werden kann ist sie mit Macht verbunden
Merkmale des Politischen -> Macht
- Macht ist unvermeidlicher Bestandteil des Politischen
- Max Weber: Macht bedeutet die Fähigkeit den eigenen Willen auch gegen Widerstrebende durchzusetzen
Merkmale des Politischen -> Sonstiges
- "Wissenschaft von Interesse" da Interessenvermittlung in der Gesellschaft prägende Bedeutung hat
- PoWi ist Die Lehre von Gestaltung und Veränderung der Machtverhältnisse -> Macht gibt es überall, deshalb ist Politik überall vorhanden, zumindest als Möglichkeit
- Politik ist auf das Verhalten anderer bezogenes Handeln mit dem Ziel gesellschaftliche Konflikte verbindlich zu regeln
Grenzen des Politischen
Diese Grenzen liegen im Wesen des menschlichen Zusammenlebens
- Begrenzung durch die Menschenrechte
- Grenzen der politischen Machbarkeit
- Grenzen der Partizipationsbereitschaft und Partizipationsmöglichkeit
Grenzen des Politischen -> Menschenrechte
- Einerseits Errungenschaft der politischen Entwicklung, andererseits begrenzen sie die Politik
- Zwar Politikverbot, aber Produkt von Politik
- Politisch bewusst der Politik Grenzen setzen
- Über Politikverbot wachen Gerichte -> z.B. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
Grenzen des Politischen -> politische Machbarkeit
- nicht alles politisch beschlossene kann von Politik in Wirklichkeit umgesetzt werden
- Grenzen des wirtschaftlich Machbaren im Zusammenhang von Verteilungspolitik
- Grenzen des technisch Machbaren -> ökologische Tatsachen im Zusammenhang mit der Gestaltung des natürlichen Umfeldes der Gesellschaft
- Grenzen von Raum und Zeit -> Entscheidungen des Parlament nur für bestimmte Zeit und Raum wirksam
- Grenzen verschieben sich ständig -> nicht alles kann politisch gesteuert werden
Grenzen des Politischen -> Partizipation
- Bereitschaft für Interesse an Politik ist eingeschränkt
- Lipset
- Mehrzahl unter stabilen politischen Verhältnissen nur eingeschränktes Interesse
- Minderheit intensiv bzw. gar nicht
- Grenze kann weder in Demokratie noch Diktatur aufgehoben werden
Interesse an Politik
- intensives Politikinteresse kann nur in kurzen historischen Abschnitten erreicht werden
- Zuspitzung in revolutionären Situationen
- Im Zusammenhang mit Zusammenbruch eines Systems und dem Übergang zu anderem System
- Lipset
- Paradoxon: stabile Demokratien nur begrenztes Interesse an Politik
- Grenzen zu überschreiten ist weder möglich noch wünschenswert
- D 1932: hohe Wahlbeteiligung war Mitursache für Destabilisierung von Demokratie
- USA 1932: geringe Wahlbeteiligung Ursache für stabile Demokratie
Bio-Politik
- Foucault
- Grenze des Politischen wird dadurch umschrieben
- Die in der Natur des Menschen angelegte Grenzen -> Alter, Geschlecht -> alte erfahren Politik anders als junge
Politik und Wissenschaft allgemein
- in jeden Wissenschaftsbetrieb wirken politisches Interesse und Wertvorstellungen hinein
- Grundsätzliches Interesse an Wissenschaft -> als Instrument nützen
- Interesse an Politik -> zur Finanzierung nützen
- Brauchen einander zur wechselseitigen Bestätigung
Formen der Beziehung zwischen Politik und Wissenschaft
zwischen JEDER Wissenschaft
- Dezisionistisches Modell
- Technokratisches Modell
- Diskursives Modell
Formen der Beziehung -> dezisionistisches Modell
- Möglichst voneinander getrennt -> Wissenschaft möglichst Politikbereiche forschen/lehren und Politik unabhängig davon Entscheidungen treffen/Macht ausüben
- Wissenschaft leistet der Politik Entscheidungshilfe
- Kritik: Wissenschafter sind nicht neutral
- Aufgrund des hohen Spezialisierungsgrades ist Überblick für Politiker schwer
Formen der Beziehung -> technokratisches Modell
- Vorrangigkeit der Wissenschaft
- Wissenschaftliche Vorschläge als "best ohne way" akzeptieren
- Kritik
- Wegen Pluralität der Wissenschaft kann sie der Politik Entscheidungen nicht abnehmen
- Vorrang der Wissenschaft bedeutet das Ende der Demokratie
Formen der Beziehung -> diskursives Modell
- Teilweise öffnet sich Politik der Wissenschaft und umgekehrt
- Strenge Trennlinie ist unmöglich
- Grundtypen
- Sachverständigste Politiker
- Politisch sensibler Wissenschafter
- Von Jürgen Habermas entwickelt
- Vorteil: es ist relativ offen, flexibel und verschließt sich nicht vor der Demokratie
Beziehung zwischen Politik und Wissenschaft -> allgemein
- politischer Missbrauch von Wissenschaft und (Pseudo) wissenschaftlicher Missbrauch von Politik ist möglich
- bsp. Lebensbedrohende und -zerstörende Versuche mit Menschen in Diktaturen -> wertfreie, aber politisch gesteuerte Wissenschaft, die lebenswertem Leben nützt, indem sie lebensunwertes Leben vernichtet
- aktuelles Beispile: Gen-Forschung
Direkte und indirekte Demokratie
- Demokratien müssen beide Elemente beinhalten
- Direkte = plebiszitär
- Indirekte = repräsentativ
- In modernen politischen Systemen Akzente stärker in die plebiszitäre oder repräsentative Richtung
- Demokratie braucht Gleichgewicht zwischen diesen Elementen
Direkte Demokratie
- plebiszitäre Demokratie
- Das Volk herrscht direkt und ohne Zwischenschaltung (Volksvertreter)
- = utopischer Kern des Demokratiebegriffs
- schweiz: lange Tradition der Gemeindeversammlungen und der Landesgemeinden (Versammlung aller Aktivbürger) = Ausdruck einer direkten Demokratie
- Würde in der kleinen Einheit entwickelt -> attische Polis, Gemeinden und Kantonen in der Schweiz, Kommunen Neu-Englands, Kibbuzim in Israel -> kommen aber nicht ohne repräsentative Elemente aus
- In großen Einheiten Probleme aufgrund der Kommunikation und Information
Indirekte Demokratie
- repräsentative Demokratie
- In moderner Gesellschaft können nicht alle Bürger über alle Probleme selbst entscheiden
- Um herrschen zu können braucht das Volk Vertreter
- = Synthese von demokratischer Utopie und gesellschaftlicher Wirklichkeit
- Großbritannien: traditionelle Vorherrschaft der repräsentativen Elemente
Plebiszitäre Elemente
- Plebiszit = Volksabstimmung
- bürgerliche Entscheidung ohne Zwischeninstanz/Volksvertretung
- Volksinitiative = Volksbegehren
- Volksvertretung stimmt über bürgerlichen Vorschlag ab
- Walen
- Bürgerliche Vertretung, Parlament und Präsident direkt gewählt
- Demoskopie = Meinungsforschung
- erhobene Meinung beeinflussen die Politik der Parteien
Repräsentative Elemente
- Parlamentarismus
- Parlament, Regierung, Verwaltung
- Parteien
- Zwischen Wähler und Gewählten aufbauend auf gemeinsamen Interessen
- Verbände
- Organisation gemeinsamer Interessen zur Druckausübung
- Neokorporatismus = Sozialpartnerschaft
- Zusammenspiel von Verbänden und Verfassungsorganen
Konflikt
- offener Konflitk um die Macht erlaubt die Mitwirkung des Volkes an den Vorgängen
- Bedarf gewisser Spielregeln, die auf bestimmte Grundwerte beruhen
- Wenn mehrere Alternativen dem Bürger zur Auswahl stehen, bekommt Wahl Sinn
Konsens
- Demokratie braucht formalen und inhaltlichen Konsens
- Formal: Anerkennung der Spielregeln
- Inhaltlich: Anerkennung von Grund- und Freiheitsrechten -> Anerkennung eines bestimmten Menschen- und Gesellschaftsbildes
- Kann in Verfassung verankert werden oder nur in politischer Praxis existieren
- Präambel = allgemeine Erklärung, die am Beginn der Verfassung steht
Gesichtspunkt in modernen politischen Systemen
Unterschied besteht in der Setzung des Schwerpunktes
- Gesichtspunkt des Konfliktes ist stärker -> Konkurrenzmodell
- Gesichtspunkt des Konsens ist stärker -> Konkordanzmodell
Konkurrenzmodell
- Muster der Konfliktlösung ist primär der Konflikt um die Zustimmung des Volkes
- Schumpeter, Downs
- An US-amerikanischem und britischen Zweiparteiensystem orientiert
- Setzt Normalverteilung voraus -> Annäherung der Parteien in Richtung Mitte