Theoretische Grundlagen


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Langue Deutsch
Catégorie Affaires sociales
Niveau Université
Crée / Actualisé 31.01.2016 / 03.02.2016
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Ziel von Theorien

Gesetzesartigkeit, generalisierbares Wissen über alle denkbaren Fälle

Warum gibt es Fachsprache?

Alltagssprache ist zu vieldeutig
- spezialisiert, formalisiert, konsistent
- neue Begrifflichkeiten sind notwendig für wissenschaftlichen Erkenntnisprozess

wissenschaftliches Wissen

- Wissensform neben Alltagswissen etc.
- wissenschaftliches Wissen hat sich noch nicht als falsch erwiesen

Theorien = gut begründete Annahmen über Zusammenhänge der Welt, Erlauben Vermutungen abzuleiten
Begründung, intersubjektive Nachvollziehbarkeit, Universalität
 

Erkenntnisprozess und -verlauf von Gesellschaftswissenschaften

anders als Naturwissenschaften, denn Gesellschaftswissenschaftler als Teil des Untersuchten und Untersuchtes reagiert

Wahrheitsverständnis des empirischen Forschungsparadigmas
a. Aristoteles
b. Acquin
c. Hegel

a. Seiende ist, Nicht-Seiende ist nicht
b. Übereinstimmung Verstand und Sache
c. Übereinstimmung Wissen über Objekt und Realität, Erkennen entspricht Welt wie sie ist

Korrespondenztheorie der Wahrheit

- Wahrheit als Relation von Sätzen und Hypothesen
- Korrespondenz von Basissätzen und Objektdaten = vorläufig richtige Theorie bis Gegenteil erwiesen ist (Fallibilismus)
 

ungeeignet für Theorien sind:

Tautologien: fehlende Empirie, aus logischen Gründen richtig

Widersprüche und Kontradiktionen

präspektive Sätze/Sollens-Sätze: Falschheit kann nicht nachgewiesen werden; keine Aussagen über Welt, sondern vorschreibend

heuristische (Chaiken) bzw. periphere (Petty/Cacioppo) Informationsverarbeitung

- ohne großen Aufwand Meinungen und Urteile bilden
- kognitive Heuristiken, Daumenregeln
-> statt Elaboration: Hinweise und Signale (peripheral cues)
- Art der Quelle (Experte, Attraktivität, Sympathie = mehr Vertrauen)
- Argumentation status quo
- Mehrheitswissen

systematische (Chaiken) bzw. zentrale (Petty/Cacioppo) Informationsverarbeitung
Drei Bedingungen

dual process und Kontinuum mit heuristisch/peripher

- mit mehr Aufwand verbunden

- Prüfung aller Informationen, Abwägen

1. Motivation abhängig vom Interesse, persönlicher Betroffenheit

2. Persönlichkeitsmerkmal need for cognition (Wissensdurst) unabhängig vom Thema

3. Ability: intellektuelle Fähigkeit, Fähigkeit zur Informationsverarbeitung, Vorwissen steigert und Störung senkt

-> fehlende Motivation oder Fähigkeit: Argumente sind sinnlos, Informationen werden nicht verarbeitet

 

Gemeinsamkeiten und Unterschiede der heuristischen/peripheren und systematisch/zentralen Verarbeitung

- können beide zu gleichen richtigen und guten Urteilen führen
- Mensch ist motiviert wahre und stimmige Urteile über Welt zu bilden (subjektiv)
-> Aufwand möglichst minimal halten (kognitiver Geizhals, Kognitionskosten sparen)

- auf peripheral cues basierende Einstellungen und Urteile sind anfälliger für Veränderungen
- systematische/zentrale Ebene: sehr gute Argumente führen eventuell zu Veränderung

Bedeutung der Informationsweisen für Kowi

Einschätzung des Publikums bei persuasiver Kommunikation:
peripher verarbeitendes Publikum = peripheral cues/heuristische Hinweisreize liefern

Online-Judgement

- Informationsreflexion während Informationszufuhr

- Verarbeitung in Echtzeit mit Revidierungen (update)

- kein Abspeichern der Argumente, sondern nur das Ergebnis

in Situationen:
- wenn man Gefühl hat sofort urteilsfähig und entscheidungsbereit sein zu müssen

- empirische Präsenz, Evidenz auf denen man Urteil basieren kann

Memory-base (speicherbasiert)

Bedeutung für Kowi

Urteile sind abhängig von Zugänglichkeit der Informationen im Gedächtnisspeicher (accessbility)

welche Inhalte werden als wichtig/hilfreich/nützlich bewertet

Bedeutung:
Medieninhalte fließen in Gedächtnisspeicher und dienen als Grundlage für spätere Urteilsbildung

1960er Jahre: Medienwirkung

nicht nur von Eigenschaften der Botschaft, sondern auch von Informationsverarbeitung des Individuums abhängig

Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger)
Prämisse 1: Harmoniebestreben

- Menschen streben danach im kognitiven Gleichgewicht zu leben = Streben nach Konsistenz

- unbalancierter Zustand erzeugt Spannung und motiviert Person zu Reduzieren

Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger)
2. Prämisse: Organisation und Verbindung des Informationsbestandes

neue Informationen werden mit bereits Bekanntem verknüpft (kognitive Schemata)
Ursache-Wirkungs-Beziehungen

Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger)
Def. Kognition

Kenntnis, Meinung, Wertvorstellung, Einstellung
- über eigenes Verhalten bezogen auf Umwelt, dessen ich mir bewusst bin
- Kognitionen beziehen und spiegeln Realität wieder
- Verbindung der Kognitionen

Art und Beziehung unterschiedlicher kognitiver Elemente
1. Dissonanz
2. Konsonanz
3. irrelevant

Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger)
Entstehung von Dissonanz

abhängig von dem was Person gelernt/erwartet/angemessen/üblich ist

1. Logische Inkonsistenz

2. Kulturelle Gebräuche

3. Bestimmte Meinung ist per Definition in allgemeineren Meinung enthalten

4. Einsicht in Unvereinbarkeit aus Erfahrung

Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger)
Leben mit Dissonanz

1. wahrgenommene Wichtigkeit der Sache

2. Fähigkeit Dissonanz zu rationalisieren oder rechtzufertigen

3. Dissonanzquotient: Stärke des Drucks ist Funktion der Stärke der Dissonanz
Gesamtdissonanz: gewichteter Anteil aller zwischen den beiden Elementen stehenden relevanten Dissonanzen

Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger)
Möglichkeiten der Dissonanzreduzierung

1. Dissonanz zwischen Verhalten und Normen: Verhalten oder Gefühl ändern

2. Elemente der Umwelt verändern (Ursachen bzw. unterstützende Personen)

-> schwierig zu ändern, keine ausreichende Kontrolle über Umwelt

3. Hinzufügen konsonanter Elemente, Modifikation des Wissens

Versuche! Können scheitern -> Erfolg abhängig vom Veränderungswiderstand
aktives Vermeiden von Situationen und Informationen, die Dissonanz erhöhen können

Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger)
Determinante des Änderungswiderstandes
maximale Dissonansstärke

= Ausmaß des Schmerzes und Verlustes, die Veränderung mit sich bringen würde

- durch Umwelt verursacht werden (bspw. Unterstützer können nicht gefunden werden)
- Befriedigung durch gegenwärtige Handlung
- Unwiderrufbarkeit der Handlung
- Entstehung neuer Dissonanzen durch Veränderung
- Dissonanz ist unveränderbar (bspw. nicht unter willentlicher Kontrolle)

maximale Dissonanzstärke: Gesamtänderungswiderstand des am wenigsten widerstandsfähigen Elements

Mediennutzung vor dem Hintergrund der Dissonanz

Mediennutzung abhängig von Dissonanzvermeidung -> Medien sollten mit meinen Kognitionen konsonant sein

1. These der selektiven Zuwendung
- selektives Vorgehen bei Suche nach Unterstützung und Information
- wenn ich sicher bin, dass ich widerlegen kann, suche ich dissonante Situationen gezielt auf

2. These der selektiven Aufmerksamkeit
- bei besonders starken Dissonanzen suche ich dissonanz-verstärkende Situationen auf, damit Kognition in sich zusammen fällt

3. These der selektiven Akzeptanz
- Medien können nur vorhandene Meinungen verstärken, aber nicht korrigieren

Konstruktivismus

Erkenntnisse sind subjektiv -> keine objektive Realität
Konstruktionen sind unbewusst und nicht absichtsvoll, implizites Erzeugen einer Realität
konventionell: Einigkeit über Sammlung von Daten über Realität

Sozial-Konstruktivismus

- soziale Wirklichkeit kulturell vermittelt und geprägt (durch Kommunikation und Interaktion)

- Thomas-Theorem: das, was Menschen als real definieren, ist real in seinen Konsequenzen

- jeder handelt auf Basis seiner Annahmen über die Wirklichkeit (zig verschiedene Realitätskonstruktionen, Beschreibungen, Werte, Risiken etc.)

- Sozialinstitutionen: von Menschen gemachte Verhältnisse und Konstrukte, die trotzdem als naturgegeben angenommen werden (gefestigt durch soziale Praxis)

-> Massenmedien als wichtigster Konstrukteur sozialer Wirklichkeiten (erlauben uns Annahme der gemeinsamen Wirklichkeit)

Naturalistischer Konstruktivismus (~ 30 Jahren)

strukturelle Koppelung des Gehirns an Umwelt:
Umwelt stellt zur Verfügung -> Sinnesorgane nehmen auf -> Anreize für das Gehirn zur Aktivität (selbstreferentielles System)
Entitäten werden angenommen und Gehirn erstellt Repräsentation seiner eigenen Realität
Wissen über Welt durch Selbstbetrachtung unseres Innerem

Qualitätsunterschiede im Gehirn = unterschiedliche subjektive Wahrnehmungen und Empfindungen
 

 

Beobachtungskybernetik (Foerster)

Beobachten -> Entscheiden und Bezeichnen, was ist und was nicht ist -> wird erst so informationslastig (Welt enthält nur Zustände und Sachverhalten)

= Erkennen (Prozessieren von Entscheidungen)
Konstruktion ist abhängig vom Beobachter und seiner Art zu entscheiden

Trotz radikalem Konstruktivismus gibt es viele Ähnlichkeiten in der Betrachtung der Dinge:

Kultur (= Summe der Entscheidungen): typische Unterscheidungen, die Zusammenleben in Gesellschaft regeln und viabel sind

Beobachtungskybernetik (Foerster)
Selektivität und Limität

Entscheidungen bestimmen, was beobachtet wird (als Beobachter sieht man nur das, was man sich erlaubt zu sehen)

Beobachtung zweiter Ordnung (Latenzbeobachtung)

Beobachtung des Beobachters erlaubt Beobachtungen zu beobachten

Bedeutung der Beobachtungskybernetik für Kowi

- Medien zeigen wie andere beobachten

- tägliches Mittel zur Beobachtung zweiter Ordnung

- blinde Flecke: Teile des Selbst, die nicht wahrgenommen werden können

- Produktion und Rezeption der Medien -> Bestätigungen, erlaubt uns Einbildung, dass wir alle in selber Welt leben

Aussage des Beobachters = über ihn oder über Realität?

Rational-Choice-Theory
Erhaltung gesellschaftlicher Ordnung und kooperativen Zusammenwirken nach Adam Smith

- durch Eigennutz und Selbstinteresse (Altruismus ist zu labil)

- Egoismus des Gegenübers zu Nutzen machen -> sein Vorteil

homo oeconomicus (Eduard Spranger)

- Leitung durch unbefriedigte Bedrüfnisse

- Nützlichkeit der Beziehung (beiderseiten = sozial kooperativ)

- Handlungsmotive: Eigennutz, Egoismus, Nutzenmaximierung

1. Eigennutzaktion und Kosten-Nutzen-Rechnung

- auf eigenen Vorteil bedacht ("gegenseitige desinteressierte Vernünftigkeit")

Nutzenmaximierung (subjektiv eingschätzt und bewertet):
- rationale Kalkulation von Nutzen, Aufwand (Nutzen nicht genutzter Handlungsalternativen) und Kosten
- eventueller Zusatzwert, Gewohnheitsentscheidungen
- bezieht sich auf Wahl und nicht Ergebnis

Nutzenvorstellungen entstehen durch kulturelle Rahmungen und lagespezifische Stile
-> systematische vorhersagbar, ökonomisch durchrechenbar

Opportunitätskosten: entgehender Nutzen der Verfolgung anderer Ziele

Kritik an 1. Eigennutzaktion und Kosten-Nutzen-Rechnung

- unklare Definition von Nutzen (beliebige Variable); unklares Einschätzen von Nutzen

- Tautologie

- Überdehnung des Erklärungsmodells

- keine verallgemeinernde Aussagen über typische Nutzenorientierungen, denn in sozialen Situationen muss Nutzen und Verlust des Akteurs spezifiziert werden

- fehlende oder falsche Informationsbasis

- unbewusste Präferenzen

- überforderte intellektuelle Kapazität

Rationalität

- keine perfekte Rationalität: alle Handlungsalternativen kennen

sondern: begrenzte Rationalität (Komplexität von Entscheidungssituationen hat durch Pluralisierung etc. zugenommen)
-> optimizing statt satisficing

Rationalitätsfiktionen: Anschein als hätte man abgewogen
+ Unsicherheitsabsorption, Zeitgewinn, legitimatorische Funktion
Massenmedien erlauben uns Erfolgsentscheidungen zu beobachten und zu kopieren

2. Individuelle Präferenzen

= Eigennutz und Wertschätzung gegenüber Handlungsalternativen kennen
Annahme: relativ stabil über längeren Zeitraum und homogen
Veränderungen, wenn sich Konsumentenstruktur ändert

Kritik an 2. Individuelle Präferenzen

- auch in Gruppen individuell verschieden

- fehlende oder unbewusste Präferenzen

- erst im Handlungsvollzug zeigt sich, welche Präferenz

- Wertewandel und -pluralisierung

3. Handlungsrestriktionen

- objektive und subjektive

- Unterstellung, dass Individuum alle Handlungsalternativen kennt

Kritik an der Rational-Choice Theorie

- kann nur für Teilbereich und monetär verwertbare Güter gelten (nicht für soziale Beziehungen)
Freedman/Becker: über Ökonomie hinaus, denn universelle Knappheit an Ressourcen

- Reichweite der Theorie: nicht für alle Gesellschaftsformen, da anderer Menschentypus

- gesetzesartige Aussage bröckelt (Hegemonie)

- Funktionen von Modellen ist Simplifizierung, aber Modell ist zu reduzierend (Fehlen von Habitus, emotionalen Zuständen, Wahrnehmung etc.)

 

Rational-Choice Theorie für Kowi

Journalist als homo oeconomicus:
- (Nicht)Veröffentlichung bestimmter Inhalte (Präferenzen, Restriktionen)
- Nutzenmaximierung: größte Aufmerksamkeit mit geringstem Aufwand

aktiv handelnder Rezipient:
- Medien zur Bedürfnisbefriedigung (situationsabhängige Präferenzen, Nutzungserwartungen, Restriktionen)