Familienrecht 3 - Güterrecht
van der Meer, Repetitorium Familienrecht, Orell Füssli Verlag AG, 3. Auflage, Zürich 2015
van der Meer, Repetitorium Familienrecht, Orell Füssli Verlag AG, 3. Auflage, Zürich 2015
Set of flashcards Details
Flashcards | 21 |
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Students | 18 |
Language | Deutsch |
Category | Law |
Level | University |
Created / Updated | 30.09.2015 / 16.06.2025 |
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1. Was ist eine altrechtliche Ehe?
Eine Ehe die vor Inkrafttreten des neuen Eherechts geschlossen wurde (vor 1.1.1988).
2. Welche Auswirkung hat eine altrechtliche Ehe auf die Güterstände der Ehegatten?
Ehe geschlossen vor 1.1.1912: SchlT ZGB 9 (wohl keine Relevanz mehr)
Ehe geschlossen vor 1.1.1988: SchlT ZGB 9a:
Bestimmung des Güterstands
- Grundsatz: Güterrecht: für bestehende Ehen Wechsel zum neuen Recht (SchlT ZGB 9a I), für aufgelöste Ehen gilt das alte Recht (keine Rückwirkung);
- Ausnahme: Ehevertrag (SchlT ZGB 10).
Vorgang des Wechsels des Güterstandes:
- Grundsatz: Güterverbindung wird ex tunc zur Errungenschaftsbeteiligung (SchlT ZGB 9b)
- Aufteilung Eigengut/Errungenschaft gemäss neuem Recht
- ehevertragliches Sondergut wird Eigengut
- Ehefrau nimmt eingebrachtes Gut zurück oder macht Ersatzforderung geltend (gegen Ehemann)
- Ausnahme: Schriftliche Erklärung der Ehegatten Güterverbindung beibehalten zu wollen
Güterrechtliche Auseinandersetzung (Scheidung/Tod):
- Grundsatz: nach neuem Recht (SchlT ZGB 9d I)
- Ausnahme: Auflösung bereits nach altem Recht geschehen (SchlT ZGB 9d II)
3. Wodurch unterscheiden sich ordentlicher, ausserordenlticher und vertraglicher (begründeter) Güterstand?
ordentlicher/nichtvertraglicher Güterstand: Errungenschaftsbeteiligung; kommt immer zur Anwendung, wenn weder durch Vertrag noch durch Gericht etwas anderes vereinbart/angeordnet wurde.
ausserordentlicher Güterstand: Gütertrennung; kommt zur Anwendung bei Krisensituationen aufgrund einer gerichtlichen Anordnung (bisheriger Güterstand wird aufgehoben und Gütertrennung angeordnet).
vertraglicher Güterstand: Gütertrennung oder Gütergemeinschaft; können durch Ehevertrag vereinbart werden.
pro memoria:
mit Ehevertrag kann die Errungenschaftsbeteiligung modifiziert oder vom bisherigen Güterstand zur Errungenschaft gewechselt werden, sie kann aber nicht durch Ehevertrag begründet werden.
4. Unter welchen Voraussetzungen ist ein Ehevertrag gültig geschlossen?
- Parteien: Urteilsfähig (ZGB 183 I); Ausnahme: Minderjährige/Verbeiständete nur mit Zustimmung des gestzlichen Vertreters (ZGB 183 II)
- Form: öffentliche Urkunde (ZGB 184); Ausnahme: Ausschluss Mehrwertanteil bei Beiträgen zu fremder Gütermasse (ZGB 206 III; einfache Schriftlichkeit)
- Zeitpunkt: jederzeit; Ausnahme: bei Gütertrennung qua Konkurs eines Ehegatten (ZGB 188) resp. wegen Pfändung des Anteils am Gesamtgut (ZGB 191)
- Inhalt: Typengebundenheit und gesetzlich erlaubte Modifikationen
pro memoria:
ehevertragliche Modifikationen über die Vorschlagszuweisung, gelten nur bei ausdrücklicher Vereinbarung auch für den Fall der Scheidung, Trennung, Ungültigerklärung der Ehe und im Fall der gerichtlichen anordnung der Gütertrennung.
5. Wie wirkt sich ein Güterstandswechsel im Aussenverhältnis aus?
ZGB 193: Gläubigern kann ein Güterstandswechsel nicht entgegengehalten werden (Haftungssubstrat bleibt erhalten)
Solche unzulässigen Vermögensverschiebungen können auch nach SchKG 285 ff. (actio pauliana) angefochten werden.
6. Was regelt ZGB 195 hinsichltich der Vermögensverwaltung durch einen Ehegatten auf?
bei ausdrücklicher oder stillschweigender Überlassung der Vermögensverwaltung durch einen Ehegatten gegenüber seinem Ehgatten, kommen die auftragsrechtlichen Bestimmungen (analog) zur Anwendung.
Vorbehalten bleiben in jedem Fall die Bestimmungen über die Tilgung von Schulden zwischen den Ehegatten (Möglichkeit die Einräumung von Fristen zu Verlangen, ZGB 203 II, 235 II, 250 II).
7. Was ist der Sinn eines Inventars nach ZGB 195a?
Es dient dazu Beweisschwierigkeiten der Zuordnung von Vermögensgegenständen zu begegnen.
Ein solches Inventar wird mit öffentlicher Urkunde zum vollen Beweis für die verurkundeten Tatsachen, wenn deren Unrichtigkeit nicht nachgewiesen werden kann (ZGB 9)
Verweigert der Ehegatte seine Mitwirkung an diesem Inventar, so kann der andere Ehegatte den Eheschutzrichter anrufen (ZPO 271 f).
8. Was zählt zur Errungenschaft?
Errungenschaft (ZGB 197):
- Was der Ehegatte während der Ehe entgeltlich erwirbt (Vermögen/Schulden)
- und nicht durch Ehevertrag dem Eigengut zugeteilt (ZGB 199)
- insbesondere
- Erträge des Eigenguts (dispositiv; Früchte, Zinsen, Dividenden)
- Ersatzanschaffungen für Errungenschaft
- Arbeitserwerb
- Leistungen der Personalfürsorge, Sozialversicherungen, Sozialfürsorge, beachte: Kapitalleistungen ZGB 207 II
- Entschädigungen für Arbeitsunfähigkeit
9. Was zählt zum Eigengut
- was im Ehevertrag als Eigengut bezeichnet wird (ZGB 199; für Beruf bestimmt, Erträge des Eigengut).
- von Gesetzes wegen:
- voreheliches Vermögen/Schulden
- Ersatzanschaffung für Eigengut (auch entgeltliche)
- Gegenstände des persönlichen Gebrauchs (Kleider, Schmuck, Hobbyartikel)
- während der Ehe unentgeltlich zugefallenes Vermögen (insb. Erbschaft, Schenkungen, Fund, Aneignung)
- Genugtuungsansprüche
10. Wer haftet für die Schulden des Ehegatten im Güterstand der Errungenschaft?
Grundsatz: der Ehegatte allein mit seinem gesamten Vermögen.
Ausnahme: solidarische Haftung des anderen Ehegatten von Gesetzes wegen oder vertraglich vereinbart.
- während des Getrenntlebens: OR 32 ff.
- während des Zusammenlebens
- für laufende Bedürfnisse (ZGB 166 I,)
- für übrige Bedürfnisse,
- mit Ermächtigung/Genehmigung des anderen Ehegatten/Gericht (ZGB 166 II 1)
- ohne Ermächtigung/Genehmigung bei Dringlichkeit (ZGB 166 II 2)
- sofern für Gläubiger Übertretung der Verfügungsbefugnis nicht erkennbar (ZGB 166 III)
11. Welchen Anspruch hat der Ehemann (EM), welchen die Ehefrau (EF)?
- Errungenschaft EM: 100'000
- Eigengut EM: 200'000
- Errungenschaft EF: 300'000
- Eigengut EF: 10'000
EM: 1/2 x 300'000.- = 150'000.-
EF: 1/2 x 100'000.- = 50'000.-
Da die Ansprüche aus Errungenschaft, gleichzeitig fällig, gleichartig und gegenseitig sind, können sie verrechnet werden, so dass dem Ehemann eine Forderung von 100'000 gegen die Ehefrau zusteht.
12. Welchen Anspruch hat der Ehemann (EM), welchen die Ehefrau (EF)?
- Errungenschaft EM: 30'000
- Eigengut EM: 2'000
- Errungenschaft EF: -2'000
- Eigengut EF: 100'000
EM: 1/2 x -2'000.- = - 1'000.-
EF: 1/2 x 30'000.- = 15'000.-
da ein negativer Saldo (Rückschlag) ignoriert wird, steht nur der Ehefrau eine Forderung von 15'000 gegen den Ehemann zu.
13. Was gehört zur Errungenschaft?
14. Was gehört zum Eigengut?
15. Wie partizipieren die verschiedenen Gütermassen der Ehegatten am Mehrwert des Hauses?
EF erbt 1999 eine Liegenschaft im Wert von 500'000.-. Sie investiert im selben Jahr aus ihrem Arbeitserwerb 100'000.- für Renovations- und Instandsstellungsarbeiten. EM steuert im Jahr 2002 200'000.- aus einem Darlehen für einen Anbau bei. Der Verkehrswert 2002 betrug 1'400'000.-.
1999-2002: Total investiert: 800'000, Verkehrswert: 1'400'000.-; Mehrwert: 600'000.-
- EG-EF: 500'000.- (62,5 %)
- ER-EF: 100'000.- (12,5 %; Ersatzforderung)
- EG-EM: 0.-
- ER-EM: 200'000.- (25 %; Ersatzforderung)
Die Gütermassenn partizipieren im Umfang ihres Beitrages zum Erwerb/Verbesserung/Erhaltung:
- Eigengut Ehefrau: 62,5 % v. 600'000.- = 375'000.- (plus Erbschaft über 500'000.-)
- Errungenschaft EF: 12,5 % v. 600'000.- = 75'000.- (plus Ersatzforderung über 100'000.-)
- Errungenschaft EM: 25 % v. 600'000.- = 150'000.- (plus Ersatzforderung über 200'000.-)
16. Wie partizipieren die verschiedenen Gütermassen der Ehegatten am Minderwert des Hauses?
EF erbt 1999 eine Liegenschaft im Wert von 1'000'000.-. Sie investiert im selben Jahr aus ihrem Arbeitserwerb 1'000'000.- für Renovations- und Instandsstellungsarbeiten. EM steuert im Jahr 2002 250'000.- aus einem Darlehen für einen Anbau bei. 2003 erbt EM 250'000.-. Er zahlt davon 50'000.- des Dahrelens zurück und investiert 200'000.- in das Haus. Der Verkehrswert des Hauses beträgt im Jahr 2005 noch 2'000'000.-.
- Errungenschaft EM: 250'000.- (Ersatzforderung; Nennwertgarantie)
- Eigengut EM: 250'000.- (Ersatzforderung; Nennwertgarantie)
- Errungenschaft EF: - 200'000.- (40% Beteiligung = 40% Minderwert) + 1'000'000.- (Ersatzforderung) = 800'000.-
- Eigengut EF: -200'000.- (40% Minderwert) + 1'000'000.- (Erbschaft) = 800'000
Die Gütermassenn des EM partizipieren nicht am Minderwert (Nennwertgarantie)! Die Errungenschaft der EF partizipiert im Umfang ihres Beitrages zum Erwerb/Verbesserung/Erhaltung.
pro memoria:
Nicht zu beachten ist, dass die Ansprüche (Investitionen) den Wert des Hauses übersteigen (Verkehrswert: 2 Mio.; Ansprüche: 2.1 Mio.). Solche "Wertvernichtungen" können im Extremfall zu einem Rückschlag (negativ Saldo) führen.
17. Wie partizipieren die verschiedenen Gütermassen der Ehegatten am Minderwert/Mehrwert?
Haus (Verkehrswert: 2'000'000.-); Beteilungen:
- Errungenschaft EM: 250'000.- (Ersatzforderung)
- Eigengut EM: 250'000.- (Ersatzforderung)
- Errungenschaft EF: 1'000'000.- (Ersatzforderung)
- Eigengut Ehefrau: 1'000'000.- (Erbschaft)
Aktienpaket (Verkehrswert: 4'000'000.-); Beteiligungen:
- Errungenschaft EM: 0.-
- Eigengut EM: 250'000.- (Ersatzforderung)
- Errungenschaft EF: 500'000.- (Ersatzforderung)
- Eigengut Ehefrau: 250'000.- (vorehelich)
Haus (Verkehrswert [2 Mio.] - Beteiligungen [2.5 Mio.] = Minderwert: 500'000.-); Partizipation bei Globalrechnung:
- Errungenschaft EM: 250'000.- (Ersatzforderung) - 50'000.- (10% Beteiligung = 10% Minderwert)
- Eigengut EM: 250'000.- (Ersatzforderung) - 50'000.- (10% Minderwert)
- Errungenschaft EF: 1'000'000.- (Ersatzforderung) - 200'000.- (40% Minderwert)
- Eigengut Ehefrau: 1'000'000.- (Erbschaft) -200'000.- (40% Minderwert)
Aktienpaket (Verkehrswert-Beteiligungen = Mehrwert: 3'000'000.-); Partizipation:
- Errungenschaft EM: 0.-
- Eigengut EM: 250'000.- (Ersatzforderung) + 750'000.- (1/4 Mehrwert)
- Errungenschaft EF: 500'000.- (Ersatzforderung) + 1'500'000.- (1/2 Mehrwert)
- Eigengut Ehefrau: 250'000.- (vorehelich) + 750'000.- (1/4 Mehrwert)
Um am Mehrwert des Aktienpakets zu partizipieren, muss der EM auch am Minderwert des Hauses partizipieren. Folglich steht dem EM zu: 750'000.- (Mehrwert Aktien) - 50'000 (Minderwert Haus ER) - 50'000.- (Minderwert Haus EG) = 650'000.- aus Mehrwertbeteiligung (plus jeweilige Ersatzforderungen)
18. Welche Formen der Gütergemeinschaft gibt es?
- Allgemeine Gütergemeinschaft (ZGB 222)
- Gesamtgut: Alles Vermögen & alle Erträge (auch des Eigenguts)
- Eigengut: persönliche Gegenstände, Genugtuungsansprüche, Zuwendungen die ausdrücklich ins Eigengut fallen sollen (ZGB 225 I)
- im Zweifelsfalle: Gesamtgut (ZGB 226)
- Errungenschaftsgemeinschaft (ZGB 223)
- Gesamtgut: Auf Errungenschaft (ZGB 197) beschränkt; während der Ehe entgeltlich erworben
- Eigengut: wie in Errungenschaftsbeteiligung (ZGB 198)
- Ausschlussgemeinschaft (ZGB 224)
- Gesamtgut: Alles was nicht durch Ehevertrag dem Eigengut zugewiesen wird
- Eigengut: persönliche Gegenstände, Genugtuungsansprüche & was durch Ehevertrag dem Eigengut zugewiesen wird; Erträge des Eigengut fallen ins Eigengut (dispositiv)
pro memoria:
Unabhängig von der Variante der Gütergemeinschaft, steht das Gesamtgut stets im Gesamteigentum (ZGB 652) beider Ehegatten. Ebenso stehen persönliche Gegenstände und Genugtuungsansprüche stehts im Eigengut.
19. Wer haftet für Schulden eines Ehegatten im Güterstand der Gütergemeinschaft?
Vollschulden: der Ehegatte mit seinem Eigengut und dem ganzen Gesamtgut
Eigenschulden: der Ehegatte mit seinem Eigengut und der Hälfte des Gesamtguts
pro memoria:
Vollschulden sind Schulden, die ein Ehegatte
- in Vertretung der ehelichen Gemeinschaft eingegangen ist (ZGB 233 I & III i.V.m. 166)
- zur Verwaltung des Gesamtgutes eingegangen ist (ZGB 233 I)
- in Ausübung seines Berufs/Gewerbes eingegangen ist, wenn dessen Erträge ins Gesamtgut fallen oder dafür Mittel des Gesamtgut aufgewendet werden (ZGB 233 II)
- zusammen mit dem Gläubiger und dem anderen als Solidarschuld vereinbart haben (ZGB 233 IV)
20. Wie unterscheidet sich die Auflösung der Gütergemeinschaft durch Scheidung von derjenigen durch Tod?
ZGB 241: Bei Auflösung durch Tod (oder bei Vereinbarung auch durch Güterstandswechsel), wird das Gesamtgut hälftig geteilt.
ZGB 242: Bei Auflösung durch Scheidung (oder Trennung, Ungültigkeit, gesetzlicher/gerichtlicher Gütertrennung) wird das Eigengut nach der Errungenschaftsbeteiligung bestimmt und der Rest des Gesamtgutes hälftig geteilt.
pro memoria:
ZGB 242 I ist zwingend, d.h. die Vergrösserung des Eigenguts kann nicht wegbedungen werden.
21. Aus welchen Gründen kann die Gütertrennung eintreten?
- Von Gesetzes wegen
- Konkurs eines Ehegatten in Gütergemeinschaft (ZGB 188)
- durch richterliche Trennung der Ehegatten (ZGB 118 I)
- Auf Begehren eines Ehegatten durch richterliche Anordnung
- Überschuldung eines Ehegatten / Pfändung des Gesamtgutanteils (ZGB 185 II 1, auch durch SchKG-Aufsichtsbehörde)
- bei Interessengefährdung (ZGB 185 II 2)
- Verweigerung der Zustimmung zu Verfügungen über Gesamtgut (ZGB 185 II 3)
- Auskunftsverweigerung über Einkommen/Vermögen/Schulden (ZGB 185 II 4)
- dauernde Urteilsunfähigkeit des Ehegatten (ZGB 185 II 5)