Europarecht
§ 14/1 Grundfreiheiten (Allgemeines)
§ 14/1 Grundfreiheiten (Allgemeines)
Set of flashcards Details
Flashcards | 22 |
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Language | Deutsch |
Category | Law |
Level | University |
Created / Updated | 13.09.2014 / 04.01.2017 |
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Unterschied zwischen Grundrechte und Grundfreiheiten?
Grundrechte:
hat der EuGH als allgemeine Rechtsgrundsätze aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der MS und internationalen Menschrechtsverträgen der EMRK, abgeleitet und sind nunmehr in der GrC kodifiziert
Grundfreiheiten:
sie erfassen ausschließlich Behinderungen des Wirtschaftsverkehrs in der Union (Ausnahme: Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit auch gegenüber Drittstaaten)
Nenne die 6 Grundfreiheiten und
erkläre die Parallelität der Grundfreiheiten?
. Warenverkehrsfreiheit
2. Arbeitnehmerfreizügigkeit
3. Niederlassungsfreiheit
4. Dienstleistungsfreiheit
5. Kapitalverkehrsfreiheit
6. Zahlungsverkehrsfreiheit
„Parallelität der Grundfreiheiten“ = Grundsätze aus dem Recht einer Freiheit sind grds auf andere Grundfreiheiten übertragbar
Prüfungsschema der Grundfreiheiten
1. Anwendungsbereich
) sachlich: Grenzüberschreitung zB keine Inländerdiskriminierung, aber schon bei Rückkehrerfall
b) persönlich: zB Waren, Arbeitnehmer, etc
c) Ausnahmen: nur wenn ausdrückliche Ausnahmebestimmungen bestehen zB 45 Abs 4 AEUV für die öffentliche Verwaltung
d) keine lex specialis: zB Art 39 ff, 346 AEUV, Sekundärrecht
Entstehung von Inländerdiskriminierung bei den Grundfreiheiten?
entsteht, weil die Grundfreiheiten auch nichtdiskriminierende Beschränkungen für den Zugang von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital aus anderen MS verbieten. Verstößt eine solches Zugangshindernis gegen eine Grundfreiheit, bewirkt der Vorrang des U-Rechts, dass diese unanwendbar wird. Die betroffene nationale Regelung ist jedoch keineswegs nichtig, sondern gilt weiterhin für SV, die nicht dem U-Recht unterliegen
sie entsteht, weil sich die MS weigern, die nat Regelungen anzupassen, die Diskriminierung ist deshalb kein Gegenstand des U-Rechts und stell keine verbotene Diskriminierung dar, weil sie sich nicht im Handel zwischen den MS abspielt und kann nur nach Verfassungsrecht verboten sein
Berufung auf Grundfreiheiten im Rückkehrerfall?
Vorwurf, dass die Berufung untersagt wird, weil sie diese rechtsmissbräuchlich zum Zwecke der Umgehung der für sie im Herkunftsland geltenden nat Vorschriften in Anspruch nehmen, aber EuGH stellt fest, dass U-Bürger die rechtlichen Vorteile ausnutzen dürfen, somit gewähren die Grundfreiheiten ein Recht auf die Wahl der günstigeren Rechtsordnung
Berechtigte der einzelnen Grundfreiheiten?
grds können sich nat und jur Personen auf die Grundfreiheiten berufen
jur Personen, sofern diese
nach den Rechtsvorschriften eines MS gegründet worden sind und
ihren satzungsmäßigen Sit ihre Hauptverwaltung oder –niederlassung innerhalb der Union haben
Grundfreiheiten sind unmittelbar anwendbar und schaffen individuelle Rechte für den Einzelnen vor nat Gerichten/Behörden
Personenverkehr: U-Bürger und ihre Angehörigen aus Drittstaaten
Warenverkehrsfreiheit: knüpft an die Herkunft: Unionswaren
Kapital- und Zahlungsverkehr: Kapitalleistungen und Zahlungen im Verhältnis zu Drittstaaten den Wertübertragungen innerhalb der Union gleichgestellt
Prüfungsschema der Grundfreiheiten
2. Maßnahmen
Verpflichtete (Adressaten) der Grundfreiheiten?
Mitgliedstaaten: staatliches Tun oder Unterlassen und staatliche Schutzpflichten (jeden rechtswidrigen Eingriff in den freien Verkehr von dritter Seite zu unterbinden, auch gegenüber privat errichteten Hindernissen aufgrund der Loyalitätspflicht)
Privatpersonen: private Maßnahmen: = Horizontalwirkung, die durch Effektivitätsprinzip begründet wird. Gilt für individuelle oder kollektive Maßnahmen, Private können sich auch auf Rechtfertigungsgründe berufen
Unionsmaßnahmen: dürfen Grundfreiheiten nicht beschränken à Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen nicht so genau geprüft wie bei anderen 2 wegen Ermessenspielraum
Horizontalwirkung bei den Grundfreiheiten
es handelt sich um eine unmittelbare Einwirkung der Grundfreiheiten auf den Privatrechtsbereich dh die Freiheiten sind im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen Privatpersonen vor nat Gerichten direkt anwendbar und nicht nur Auslegungsmaßstab
gilt für alle Freiheiten des Personen- und Dienstleistungsverkehrs, nicht aber für die Warenverkehrsfreiheit
gilt für kollektive Maßnahmen (Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen) und für individuelle (alle Verträge zwischen Privatpersonen) in Bezug auf das Diskriminierungsverbot
Prüfungsschema der Grundfreiheiten
3. Beschränkungen
als Begriff für die von den Grundfreiheiten verbotenen Maßnahmen wird der Begriff der „Beschränkung“ verwendet
Verbot von Diskriminierung: unmittelbar und mittelbar (dass die Vorschrift dazu geeignet ist reicht)
Verbot nichtdiskriminierende Beschränkungen:
a) Grundsatz: Verbot jeder Behinderung des freien Verkehrs = allgemeines Beschränkungsverbot (Dassonville-Formel)
b) Eingrenzung auf nichtdiskriminierende Beschränkungen des Marktzugangs (Keck-Formel)
c) Eingrenzung für nichtdiskriminierende Beschränkungen durch weitere Kriteren (Kausalitätsprüfung)
Dassonville-Formel?
- Jede Handelsregelung der MS, die geeignet ist, den inner(unionalen) Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, ist als Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung anzusehen
- später auch auf alle Personenverkehrsfreiheiten übertragen (Parallelität)
- nat Recht wurde einer Verhältnismäßigkeitskontrolle unterworfen
viele begannen sich auf Grundfreiheiten zu berufen, obwohl kein Zusammenhang zu U-Recht bestand à daher: Eingrenzung durch EuGH à „bestimmte nat Vorschriften sind nicht geeignet, den Marktzugang zu versperren, sofern sie nichtdiskriminierender Natur sind = Konkretisierung der Dassonville-Formel, des Begriffs der Eignung zur Behinderung des innerunionalen Handels
Unterschied zwischen verkaufsbezogenen (Verkaufsmodalitäten) und produktbezogenen Bestimmungen?
verkaufsbezogene: die Art und Weise des Verkaufs von Waren
produktbezogene: betreffen die Ware selbst, dh bestimmte Vorschriften über Bezeichnung, Form, Abmessung, Gewicht, Zusammensetzung, Aufmachung, Etikettierung und Verpackung der Ware à sind stets verbotene Maßnahmen, selbst wenn sie nichtdiskriminierender Natur sind
Keck-Formel?
Die Anwendung von nat Bestimmungen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten, auf Erzeugnisse aus anderen MS ist nicht geeignet, den Handel zwischen den MS i Sd Urteil Dassonville unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, sofern diese Bestimmungen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen MS rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren
Erlaubte und nicht erlaubte Bestimmungen der Personenverkehrsfreiheiten?
erlaubt: Bestimmungen, die die Berufsausübung regeln, sie fallen nicht in den Anwendungsbereich der GrFr, sofern sie nichtdiskriminierender Natur sind
nicht erlaubt: Bestimmungen, die den Zugang zu einem bestimmten Beruf einschränken
daher: à Recht auf Marktzugang, das durch Zugangsbeschränkungen eines Bestimmungslandes oder durch Wegzugsbeschränkungen des Herkunftslandes verletz werden kann
Kausalitätsprüfung, ob nichtdiskriminierende Beschränkung vorliegt oder nicht?
Beschränkung der Grundfreiheiten scheidet aus, wenn die Behinderung des zwischenstaatlichen Handels nicht spürbar ist:
dh die aufgrund der nat Maßnahme geltend gemachte Beschränkung darf nicht von einem zukünftigen hypothetischen Ereignis also von einem ungewissen oder indirekten Ereignis, abhängig gemacht werden = Zurechnungszusammenhang zwischen Maßnahme und Handelsbeschränkung herstellen
Prüfungsschema der Grundfreiheiten
4. Rechtfertigungsgrund
Wann kann man sich darauf berufen?
Welche Rechtfertigungsgründe sind gerechtfertigt?
Was müssen die MS beachten?
wenn der betreffende Gesichtspunkt nicht durch Sekundärrecht abschließend geregelt ist sind diskr und nichtdisk RFG gerechtfertig
Rechtfertigungsründe sind ausschließlich nichtwirtschaftlicher Natur
- ausdrückliche:
Rechtfertigungsgrund im Primärrecht = eng zu interpretieren, Beurteilungsspielraum der MS bei Auslegung, keine wirtschaftlichen Motive
- (ungeschriebene) zwingende Gründe des Allgemeininteresses (Gebhard) bzw zwingende Erfordernisse (Cassis de Dijon) = jeder Grund, soweit nicht rein wirtschaftlich
- Unionsgrundrechte als Rechtfertigungsgrund
Verhältnismäßigkeit:
- geeignet
- erforderlich
angemessen
Nenne ausdrückliche Rechtfertigungsgründe?
- öffentliche Ordnung und Sicherheit
- öffentliche Sittlichkeit
- Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen
- Schutz des Lebens von Tieren und Pflanzen
sind vertraglich ausdrücklich vorgesehene Ausnahmen, diskriminierende und nichtdiskriminierende Beschränkungen rechtfertigen
Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe
der EuGH ha zusätzlich zu den geschriebenen Ausnahmen noch ungeschriebene Schranken für die Grundfreiheiten geschaffen, da die geschriebenen alleine nicht ausreichen, verbotenen nat Maßnahmen, die ein legitimes Regelungsziel verfolgen, zu rechtfertigen
der GH wendet auf beide Rechtfertigungstatbestände (geschrieben und ungeschrieben) dieselben Kriterien an, insb das Verhältnismäßigkeitsprinzip
Cassis de Dijon-Formel (ungeschriebenen Rechtfertigungsgründe für Warenverkehrsfreiheit
Nat Handelsregelungen sind grds zulässig wenn
1) eine spezielle U-Regelung fehlt, weil der Rechtsbereich nocht nicht harmonisiert wurde
2) die nat Regelung nichtdiskriminierender Natur ist
3) sie erlassen wurde, um zwingende Erfordernisse im Allgemeininteresse gerecht zu werden und
4) verhältnismäßig ist
Nenne zwingende Erfordernisse des Allgemeininteresses?
- Zweck einer wirksamen steuerlichen Kontrolle, des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Lauterkeit, des Handelsverkehrs und des Verbraucherschutzes
- kulturelle Gründe
- Erfordernisse des Umweltschutzes
- Schutz der Medienvielfalt
Schutz der Sozialversicherungssysteme
Gebhard-Formel (ungeschriebene Rechtfertigungsgründe für die Personenverkehrsfreiheiten)
Grundgedanke der Cassis-Formel auf Personenverkehrsfreiheiten übertragen:
Nat Maßnahmen, die die Ausübung der durch den Vertrag garantierten grundlegende Freiheiten behindern oder weniger attraktiv machen können, müssen vier Voraussetzungen erfüllen:
1) müssen in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden
2) müssen aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein
3) müssen geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten
4) sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung diesds Zieles erforderlich ist
Verhältnismäßigkeitsprinzip bei der Einschränkung durch Rechtfertigungsgründe durch MS?
die zum Schutz bestimmter Rechtsgüter ergriffenen Maßnahmen müssen gerechtfertigt sein(also unterliegen Befugnisse der MS gewissen Schranken) dh:
- jede Regelung zur Einschränkung der Grundfreiheiten muss geeignet sein, das verfolgte Ziel zu erreichen
- die Eingriffe dürfen nicht darüber hinausgehen, was für das angestrebte Ziel erforderlich ist
- der Eingriff muss angemessen sein, als geeignetstes und mildestes Mittel wählen ( = Abwägung der betroffenen Rechtsgüter, zB werden nichtdiskriminierende Maßnahmen günstiger beurteilt als diskriminierende, oder Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung von Schutzstandards der MS)
à früher strenge Prüfung durch EuGH heute: Sache der einzelnen MS, ob eine Beschränkung einer Grundfreiheit zum Schutz der betroffenen Interessen wirklich erforderlich ist = nat Spielraum
Vorsorgeprinzip als allgemeiner Rechtsgrundsatz?
ist das Recht, auch bei unsicherer Beweislage zu handeln = Beweiserleichterung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zB: wenn Gesundheitsschädigung eines best Stoffes nicht derzeitigen Stand der Wissenschaft nicht exakt festgestellt werden kann, reicht schon der Verdacht, dass es gesundheitsschädlich sein kann